Urteil des LG Dortmund vom 30.08.2007
LG Dortmund: straftat, beleidigung, nötigung, unübersichtliche stelle, invaliditätsgrad, versicherungsschutz, ausschluss, ausführung, gewalt, verzug
Landgericht Dortmund, 2 O 178/07
Datum:
30.08.2007
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 178/07
Schlagworte:
Unfallversicherung Ausschluss Straftat
Normen:
AUB 2000 Ziff. 5.1.2
Leitsätze:
1. Der Ausschluss nach Ziff. 5.1.2 AUB 2000 (Unfälle bei Ausführung
einer vorsätzlichen Straftat) greift nur ein, wenn sich mit dem Unfall der
für die Straftat eigentümliche Gefahrenbereich verwirklicht.
2. An einem solchen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn der VN
als Fahrzeugführer sein Fahrzeug wegen eines vermeintlichen
verkehrswidrigen Verhaltens seines Hintermannes anhält, diesen mit
möglicherweise beleidigenden Worten zur Rede stellt und bei der
Rückkehr zu seinem Fahrzeug von einem im Gegenverkehr fahrenden
Verkehrsteilnehmer erfasst und schwer verletzt wird.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
Versicherungsschutz anlässlich des Unfallereignisses vom 29.12.2004
gegen 22:58 Uhr auf der Staatsstraße #### bei Kilometer 23,1 im
Bereich der Gemeinde X für Herrn U, geb. am ##.##.####, aus dem
Unfallversicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer
############### zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert
von bis 750.000,00 € die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund eines Unfallereignisses vom 29.12.2004 in
2
Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund eines Unfallereignisses vom 29.12.2004 in
Anspruch.
2
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung mit der
Nr. #############, Typ "Unfallrente Q" mit dem Tarif "XXL". Versicherte Person ist
unter anderem der am 14.08.1986 geborene Sohn des Klägers, Herr U.
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Im Versicherungsfall des Sohnes sollte eine monatliche Rente in Höhe von 2.000 €, mit
garantiert jährlicher Erhöhung bei Rentenbezug um 2 % bis auf maximal 3.624 € und mit
zehnjähriger Rentengarantie sowie zusätzlich bei einem Invaliditätsgrad ab 1 % eine
Kapitalleistung bis 600.000 € gezahlt werden.
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Vertragsbestandteil sind die von der Beklagten verwendeten AUB2000 sowie die
Bedingungen für Versicherungen einer Unfallrente bei einem Invaliditätsgrad ab 50 %
mit jährlicher Rentenerhöhung und Kapitalleistung ab 1 % Invaliditätsgrad (Unfallrente Q
2).
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Der Sohn des Klägers befuhr am 29.12.2004 mit seinem Fahrzeug Ford Focus die
Staatsstraße #### in südlicher Richtung. Herr M fuhr mit seinem Fahrzeug hinter dem
Fahrzeug des Sohnes des Klägers her, wobei er über längere Zeit dicht auffuhr, ohne
ihn zu überholen. Der Sohn des Klägers fühlte sich dadurch bedrängt und hielt sein
Fahrzeug an. Auch Herr M hielt sein Fahrzeug an. Der Sohn des Klägers stieg aus
seinem Fahrzeug aus, begab sich zum Fahrzeug des Herrn M und stellte diesen zur
Rede. Nachdem das Gespräch beendet war und der Sohn des Klägers sich zu seinem
Fahrzeug zurückbegeben wollte, erschien ein drittes Fahrzeug aus der Gegenrichtung
und erfasste den Sohn des Klägers. Dieser erlitt durch den Unfall ein Epiduralhämatom
links, eine Kalottenfraktur links, eine Unterschenkelfraktur rechts mit
Kompartmentsyndrom, ein Kompartmentsyndrom am linken Unterschenkel, eine
Acetabulumfraktur links, eine Leberlazeration, eine Milzlazeration, eine
Rippenserienfraktur links sowie eine traumatische Subarachnoidalblutung bei
schwerem Schädelhirntrauma im Rahmen eines Polytraumas (spastische Tetraparese,
schweres hirnorganisches Psychosyndrom).
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Ärztlicherseits wurden unter dem 12.10.2005 dauernde motorische Störungen (rechte
Hand, Gehen), Kommunikationsstörungen sowie neuropsychologische Störungen
diagnostiziert. Der Kläger wurde zum Betreuer seines Sohnes eingesetzt.
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Der Kläger zeigte der Beklagten den Versicherungsfall an.
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Diese lehnte ihre Einstandspflicht unter dem 23.10.2006 mit der Begründung ab, dem
Sohn des Klägers sei der Unfall zugestoßen, da er vorsätzlich eine Straftat versuchte
oder begangen habe, Ziffer 5.1.2 AUB2000.
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Der Kläger verlangt mit der Klage Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, aus
dem Unfallereignis vom 29.12.2004 bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu
erteilten und dass sie sich mit ihrer Leistungspflicht seit dem 23.10.2006 in Verzug
befindet.
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Er trägt dazu vor, dass der Ausschluss gemäß Ziffer 5.1.2 AUB2000 nicht greife, da sein
Sohn keine Straftat begangen habe. Er habe weder den Tatbestand der Nötigung noch
den der Beleidigung erfüllt. Es sei unrichtig, dass sein Sohn beabsichtigt habe, sein
Fahrzeug dergestalt anzuhalten, dass Herr M dieses nicht mehr habe passieren können.
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Zudem habe sich der Anhaltevorgang nicht an einer unübersichtlichen Stelle ereignet.
In jedem Fall stünden die seinem Sohn zur Last gelegten Straftaten nicht in kausalem
Zusammenhang zu dem Unfallereignis.
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Bei seinem Sohn liege ein Invaliditätsgrad von mindestens 50 %, namentlich 100 % vor.
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Er beantragt,
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Versicherungsschutz
anlässlich des Schadensereignisses vom 29.12.2004 gegen 22.58 Uhr auf der
Staatsstraße #### bei Kilometer 23,1 im Bereich der Gemeinde X für Herrn U,
geboren am ##.##.#### aus dem Unfallversicherungsvertrag mit der
Versicherungsnummer ############ zu gewähren,
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weiterhin festzustellen, dass sich die Beklagte mit ihrer Verpflichtung, ihre
vertraglichen Leistungen aus dem Unfallversicherungsvertrag Nr.
############# zu erbringen, seit dem 23.10.2006 in Verzug befindet.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bestreitet zunächst, dass das Unfallereignis zu einem Invaliditätsgrad von
mindestens 50 %, namentlich 100 %, beim Sohn des Klägers geführt habe.
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Ferner beruft sie sich auf den Ausschlusstatbestand in Ziffer 5.1.2 AUB2000. Der Sohn
des Klägers habe den Tatbestand der Nötigung und Beleidigung erfüllt. Der Sohn des
Klägers habe sein Fahrzeug, als das Fahrzeug des Herrn M dicht aufgefahren sei, erst
leicht, dann immer stärker abgebremst, so dass Herr M gezwungen gewesen sei, auch
sein Fahrzeug anzuhalten. Der Sohn des Klägers habe dabei eine unübersichtliche
Stelle gewählt, so dass Herr M ein Überholen unmöglich gewesen sei. Sodann habe der
Sohn des Klägers sich zu Herrn M begeben und diesen beleidigt. Dann habe der Sohn
des Klägers –was zwischen den Parteien unstreitig ist- sich leicht von dem Fahrzeug
des Herrn M abgewendet und sei von dem dritten Fahrzeug erfasst worden. Dadurch,
dass er sich in Dunkelheit an einer unübersichtlichen Stelle in dunkler Kleidung
befunden habe, habe er bei Durchführung einer Straftat einen Gefahrentatbestand
geschaffen, der sich dann auch verwirklicht habe. Der Unfall sei für das dritte Fahrzeug
unvermeidbar gewesen.
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Zu dem Vortrag der Parteien im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 1 zulässig und begründet, im
Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 2 bereits unzulässig.
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Der gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag zu Ziffer 1 hat auch in der Sache
Erfolg.
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Dem Kläger steht gemäß Ziffer 1.2 AUB2000 der Beklagten in Verbindung mit den
zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag dem Grunde nach ein
Anspruch gegenüber der Beklagten zu, aus dem streitgegenständlichen
Schadensereignis vom 29.12.2004 vertragsgemäßen Versicherungsschutz zu
gewähren.
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Die Voraussetzungen der Ziffern 1.1, 1.3, 2.1.1.1 AUB2000 der Beklagten sind erfüllt.
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Unstreitig hat der mitversicherte Sohn des Klägers am 29.12.2004 einen Unfall im Sinne
der Ziffer 1.3 AUB2000 der Beklagten erlitten, als er auf der Fahrbahn der Staatsstraße
#### stand und dort von einem Fahrzeug erfasst wurde.
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Durch den Unfall ist der Sohn des Klägers auf Dauer in seiner körperlichen und
geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Seit dem Unfallereignis leidet der Sohn des
Klägers an dauernden motorischen Störungen (rechte Hand, Gehen),
Kommunikationsstörungen sowie neuropsychologischen Störungen.
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Die Invalidität des Sohnes des Klägers ist auch innerhalb eines Jahres nach dem Unfall
eingetreten und ist innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich
festgestellt und von Seiten des Klägers gegenüber der Beklagten geltend gemacht
worden, so dass auch die Voraussetzungen der Ziffer 2.1.1.1 AUB2000 der Beklagten
erfüllt sind.
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Der Anspruch des Klägers ist auch nicht gemäß Ziffer 5.1.2 AUB2000 der Beklagten
ausgeschlossen. Nach dieser Ziffer besteht kein Versicherungsschutz für Unfälle, die
der versicherten Person dadurch zustoßen, dass sie vorsätzlich eine Straftat ausführt
oder auszuführen versucht. Zwischen Ausführung der vermeintlichen Straftat und dem
Unfall muss dabei ein adäquat ursächlicher Zusammenhang bestehen. Dieses ist
zwingende Voraussetzung für die Verwirklichung des Ausschlusstatbestandes (OLG
Hamm ZfS 2007, 401). Die Beklagte ist für diesen Umstand darlegungs- und
beweispflichtig.
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Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, sein Sohn habe vorliegend den Straftatbestand
der Beleidigung erfüllt, kann es dahinstehen, ob dieses tatsächlich der Fall war oder
nicht. Denn in jedem Fall stünde eine solche Straftat in keinem adäquat ursächlichen
Zusammenhang zu dem Unfallereignis vom 29.12.2004.
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Dieses steht zur Überzeugung der Kammer fest. Zwar umfasst Ziffer 5.1.2 AUB2000 der
Beklagten auch ein Unfallereignis, dass sich nach Vollendung und Beendigung einer
Straftat ereignet hat. Das heißt, die "Ausführung" einer Straftat beschränkt sich nicht auf
den Zeitraum, in dem der Straftatbestand verwirklicht wird, sondern sie wirkt darüber
hinaus, so dass auch Unfälle beim Rückzug vom Tatort, auf der Flucht usw. vom
Ausschluss erfasst werden (vergleiche OLG Hamm ZfS 2007, 401).
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An einer zurechenbaren Kausalität fehlt es jedoch, wenn der Unfall lediglich zufällig
zeitgleich parallel zu einer Straftat geschieht. Entscheidend für die Beurteilung ist das
Vorliegen einer typischen, vom Zweck des Risikoausschlusses mitumfassten
Gefahrerhöhung durch die Straftat. Verwirklicht sich im Unfallereignis der für die Straftat
eigentümliche Gefahrenbereich, greift der Ausschluss, der darauf abzielt, die
Gemeinschaft der Versicherten nicht mit den selbstverschuldeten besonderen
Unfallrisiken zu belasten, die Folge von Straftaten sind (BGHZ 23, 76; OLG Hamm ZfS
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2007,401).
Vorliegend hat sich die typische, vom Sinn und Zweck des Risikoausschluss erfasste
Gefahrerhöhung durch die behauptete Beleidigung gerade nicht verwirklicht. In dem
Unfall hat sich nicht der für die Beleidigung typische Gefahrenbereich verwirklicht. Eine
typische Verwirklichung des Gefahrenbereiches wäre es beispielsweise gewesen,
wenn der dem Beleidigungsangriff Ausgesetzte, hier Herr M, dahingehend reagiert
hätte, dass er den Sohn des Klägers tätlich angegriffen hätte. Es gehört dagegen zur
Überzeugung der Kammer nicht zum Gefahrenbereich einer Beleidigung, wenn nach
Beendigung der behaupteten Beleidigung der Sohn des Klägers sich auf dem Rückweg
zu seinem Fahrzeug befand und dabei von einem Fahrzeug einer dritten Person erfasst
wird.
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Ein solcher Geschehensablauf liegt jedenfalls außerhalb der durch eine Beleidigung
geschaffenen Gefahrenlage, zumal der Schädiger von der Beleidigung weder tangiert
wurde noch davon wusste.
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Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, sein Sohn habe den Tatbestand der Nötigung
erfüllt, gilt Entsprechendes. Auch hier fehlt es nach Überzeugung der Kammer an dem
für die Bejahung des Ausschlusstatbestandes der Ziffer 5.1.2 AUB2000 der Beklagten
erforderlichen adäquat ursächlichen Zusammenhang zwischen Ausführung der
Nötigung und dem Unfallereignis vom 29.12.2004.
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Auch im Hinblick auf den Vorwurf der Nötigung hat sich nach Überzeugung der Kammer
die typische, von Sinn und Zweck des Risikoausschlusses erfasste Gefahrerhöhung
nicht verwirklicht. In dem streitgegenständlichen Unfall hat sich wiederum nicht der für
die Straftat typische Gefahrenbereich verwirklicht. Ein typischer Gefahrenbereich der
behaupteten Nötigung wäre es beispielsweise gewesen, dass der vermeintlich
Genötigte, Herr M, auf das Fahrzeug des Sohnes des Klägers auffährt oder dass er,
nachdem beide Fahrzeuge angehalten haben, den Sohn des Klägers in eine tätliche
Auseinandersetzung verwickelt. Der tatsächliche Geschehensablauf, namentlich dass
der Sohn des Klägers nachdem er den vermeintlichen Tatort verlassen will, von einem
dritten Fahrzeug erfasst und verletzt wird, liegt –wie bereits im Zusammenhang mit der
Beleidigung erörtert- außerhalb jeder Lebenserfahrung und ist von daher nicht mehr
vom Zweck der Ziffer 5.1.2 AUB2000 der Beklagten umfasst. Dieses gilt selbst dann,
wenn der Sohn des Klägers in Dunkelheit an einer unübersichtlichen Stelle in dunkler
Kleidung befunden haben sollte. Denn der eigentliche "Nötigungsvorgang" (das
Anhalten) barg nicht die Gefahr in sich, vom Gegenverkehr erfasst und überrollt zu
werden.
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Unabhängig von dem fehlenden adäquat ursächlichen Zusammenhang zwischen
vermeintlicher Nötigung und dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis, scheitert
der Ausschlusstatbestand der Ziffer 5.1.2 AUB2000 der Beklagten im Hinblick auf den
Vorwurf der Nötigung bereits daran, dass der Sohn des Klägers die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Nötigungen gemäß § 240 StGB nicht erfüllt hat.
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Für die Annahme willensbeugender Gewalt (vis compulsiva) im Straßenverkehr ist die
Intensität der Einwirkung des beanstandeten Fahrverhaltens im Regelfall entscheidend.
Notwendig ist regelmäßig eine Zwangswirkung von gewisser Dauer (vergleiche
Tröndle-Fischer, StGB, § 240 Rn. 15 ff.). Vorliegend ist eine solche willensbeugende
Gewalt –selbst nach dem eigenen Vortrag der Beklagten- nicht erkennbar. Unstreitig hat
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der Sohn des Klägers den hinterfahrenden Herrn M nicht veranlasst, sein Fahrzeug
abrupt abzubremsen. Er hat sich lediglich darauf beschränkt, sein Fahrzeug erst leicht,
und dann immer stärker abzubremsen. Dieses "langsame Ausbremsen" würde nach
Überzeugung der Kammer angesichts der relativ geringen Gewalteinwirkung jedoch erst
dann zu einer Nötigung im Sinne des § 240 StGB, wenn dieser Vorgang über einen
längeren Zeitraum angedauert hätte. Dass dieses der Fall war, wird von der Beklagten
selbst nicht behauptet.
Im Übrigen fehlt es nach Überzeugung der Kammer an der Voraussetzung des § 240
Abs. 2 StGB. Danach muss die Anwendung der Gewalt zu dem angestrebten Zweck als
verwerflich anzusehen sein. Das heißt, Nötigungsmittel und Nötigungszweck sind in
ihrer Verknüpfung in einer Gesamtwürdigung in Beziehung zu setzen (Tröndle/Fischer,
StGB, § 240 Rn. 22).
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Vorliegend ergibt eine solche Gesamtwürdigung, dass die Anwendung der Gewalt
vorliegend im Hinblick auf den angestrebten Zweck nicht als verwerflich anzusehen ist.
Unstreitig hat der vermeintlich Genötigte, Herr M, den Sohn des Klägers im Vorfeld der
vermeintlichen Nötigungshandlung "provoziert", indem er auf das Fahrzeug des Sohnes
des Klägers dicht aufgefahren ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht "sozial
unerträglich", einen solchen Verkehrsteilnehmer zu einem langsamen Anhalten zu
bewegen und diesen dann im Anschluss wegen seines Verhaltens zur Rede zu stellen.
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Im Ergebnis greift damit der Ausschlusstatbestand der Ziffer 5.1.2 AUB2000 der
Beklagten nicht.
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Das zwischen den Parteien des Rechtsstreits der Invaliditätsgrad des Sohnes des
Klägers in Streit steht, ist vorliegend unerheblich, da der Kläger lediglich
Feststellungsklage erhebt.
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Der Antrag zu Ziffer 2 war abzuweisen, da diesem das erforderliche
Feststellungsinteresse fehlt. Eine abstrakte Rechtsfrage (Verzug) ist kein
Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rn.
5). Ein Ausnahmefall, der in diesen Fällen ausnahmsweise ein Feststellungsinteresse
begründet, -wie beispielsweise im Fall des § 726 Abs. 2 ZPO- liegt erkennbar nicht vor.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche Grundlage in § 709 ZPO.
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