Urteil des LG Dortmund vom 11.03.2010

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Landgericht Dortmund, 18 O 90/09
Datum:
11.03.2010
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
IV. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 O 90/09
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder einer
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt jedoch höchstens 2 Jahre zu
unterlassen im Wettbewerb handelnd im eigenen Wettbüro mehr als 3
Geldspielgeräte aufzustellen und/oder aufgestellt zu haben und/oder zu
betreiben.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 208,65 € (in Worten:
zweihundertacht 65/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.08.2009
zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Dieses Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
10.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger verfolgt mit der Klage einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch
sowie den Ersatz von Aufwendungen für vorgerichtliche Tätigkeit seiner
Prozessbevollmächtigten.
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Bei dem Kläger handelt es sich um eine - gerichtsbekannt - gemäß § 8 Abs. 3 Ziffer 2
UWG legitimierte Organisation zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen des
Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Der Beklagte betreibt unter der
Bezeichnung "U" in E ein Wettbüro.
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Aufgrund eines dem Gericht nicht näher mitgeteilten Hinweises eines gegenüber dem
Gericht nicht namenhaft gemachten Dritten an den Bundesverband für
Automatenunternehmer e. V., Berlin dahingehend, dass in der Wettannahmestelle des
Beklagten vier Geldspielgeräte betrieben wurden, begaben sich im Auftrag des
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Beklagten vier Geldspielgeräte betrieben wurden, begaben sich im Auftrag des
Bundesverbandes für Automatenunternehmer e. V. die Detektive und Zeugen S und S2
am 09. Januar und 27. Februar 2009 in das Geschäftslokal des Beklagten. Das
Ergebnis ihrer Überprüfung ist zwischen den Parteien streitig. Unter dem 16.02.2009
mahnte der Kläger den Beklagten vergeblich wegen des Betriebes von vier
Geldspielgeräten unter Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ab; hierdurch entstanden ihm Kosten und Auslagen in Höhe
von 208,65 €.
Der Kläger behauptet, in dem Geschäftslokal des Beklagten seien in den Monaten
Januar und Februar 2009 vier Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten aufgestellt und
betrieben worden. Der Kläger meint, nach § 3 Abs. 1 der Verordnung über Spielgeräte
und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit des Landes Nordrhein-Westfalen
(Spielverordnung-SpielV) sei in Geschäftslokalen der betriebenen Art nur die
Aufstellung von maximal drei Geldspielgeräten zulässig. Wenn der Beklagte mehr als
die erlaubten Geldspielgeräte aufstelle, verstoße er gegen eine Marktverhaltensregel im
Sinne von § 4 Nr. 11 UWG und sei deshalb zur Unterlassung verpflichtet, ebenso wie
die Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 UWG die Erstattung der ihr durch die Abmahnung
entstandenen Auslagen begehren könne.
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Nachdem die Klägerin zunächst die Verurteilung zur Unterlassung des Aufstellens
jeglicher Geldspielgeräte zu beantragen angekündigt hatte, hat sie dies konkretisiert
und beantragt jetzt,
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den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, insgesamt jedoch höchstens 2 Jahre zu unterlassen, im Wettbewerb
handelnd im eigenen Wettbüro mehr als drei Geldspielgeräte aufzustellen und/oder
aufgestellt zu haben und/oder zu betreiben,
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ferner
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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, mithin
seit dem 06.08.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er behauptet, es seien zur fraglichen Zeit nur drei Geldspielgeräte aufgestellt gewesen.
Bei einem vierten, von den Zeugen S + S2 festgestellten Gerät habe es sich
möglicherweise um ein Unterhaltungsgerät mit Touch-Screen gehandelt, das dort
vorhanden gewesen sei. Der Beklagte behauptet, dieses vierte Unterhaltungsgerät sei
einem Geldspielautomaten sehr ähnlich, weil in praktisch demselben Gehäuse
untergebracht. Im Übrigen vertritt der Beklagte die Auffassung, nicht er, sondern die N,
mit der er einen Automatenaufstellvertrag geschlossen habe, sei für rechtswidrige
Zustände verantwortlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S, S2, P
und I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom
11.03.2010 (Bl. 69 - 78 d. A.) verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
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Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz
SpielV NW verlangen, dass dieser es unterlässt, in seinem Geschäftslokal in der F
Straße ### in E mehr als drei Geldspielgeräte zu betreiben.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung fest, dass der
Beklagte gegen diese sich aus dem Gesetz ergebende Verpflichtung verstoßen hat; da
er sich geweigert hat, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, ist auch
die für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs erforderliche
Wiederholungsgefahr gegeben.
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Der Zeuge S hat wahrgehalten, dass er im Auftrag des Bundesverbandes der
Automatenaufsteller e. V. am 09. Januar 2009 den Spielbetrieb des Beklagten
kontrolliert und bei dieser Gelegenheit vier Geldspielgeräte der Marke "Novoline"
festgestellt hat. Zwar hat der Zeuge S eingeräumt, kaum noch eine präsente Erinnerung
an den Vorgang selbst zu haben. Dies ist auch in Anbetracht des Zeitablaufes und des
Umstandes, dass es sich für den Zeugen S, der ständig mit solchen Kontrollen
beauftragt ist, um eine Routineangelegenheit gehandelt hat, ohne weiteres
nachvollziehbar. Gleichwohl ist seine Aussage ergiebig, denn der Zeuge S hat
bekundet, das Ergebnis seiner Kontrolle seinerzeit richtig protokolliert zu haben.
Bestätigt wird dies durch die Aussage des Zeugen S2, der zwar ebenfalls vorbehaltlos
eingeräumt hat, an den fraglichen Vorgang keinerlei aktuelle Erinnerung zu haben.
Auch er hat aber wahrgehalten, dass seinerzeit wahr und richtig protokolliert wurde.
Damit kann auch seine Aussage als ergiebig angesehen werden.
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Beide Aussagen sind glaubhaft. Dem Zeugen S kommt hinreichende
Wahrnehmungsfähigkeit zu, denn er kann aufgrund seiner langjährigen, seit 1993
gesammelten Erfahrungen auf diesem Gebiet auf fundierte Fachkenntnisse
zurückgreifen. Dies hat er, indem er dem Gericht die Funktions- und
Erkennungsmerkmale eines Geldspielgerätes nachvollziehbar dargelegt hat, schlagend
unter Beweis gestellt. Seine Aussage sowie die Aussage des Zeugen S2 zum
generellen Ablauf solcher Kontrollen sind stimmig und nachvollziehbar. Hinzu tritt, dass
das Ergebnis ihrer Kontrolle konform geht mit den Feststellungen jenes unbekannten
Dritten, der dem Bundesverband der Automatenaufsteller e. V. den (wohl anonymen)
Hinweis auf die rechtswidrige Anzahl der dort aufgestellten Geldautomaten gegeben
hatte. Dabei geht das Gericht davon aus, dass es sich bei diesem Anzeigeerstatter
ebenfalls um einen Kenner der Materie (wahrscheinlich einem Mitbewerber des
Beklagten) gehandelt haben muss, weil niemand sonst überhaupt Kenntnis von der
Möglichkeit der Anzeige solcher rechtswidriger Zustände an einen Bundesverband
zukommen dürfte. Insgesamt waren es damit drei Personen, die eine Anzahl von vier
Geldspielgeräten im Geschäftslokal des Beklagten festgestellt haben.
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Der Zeuge S ist auch uneingeschränkt glaubwürdig. Er ist aufgrund eines langjährigen
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Rahmenvertrages mit dem Bundesverband der Automatenaufsteller e. V. tätig geworden
und erhält für seine Tätigkeit ein fixes Salär. Eine "Fangprämie" für den Fall einer
erfolgreichen Kontrolle wird ihm nicht gewährt, so dass ihm kein eigenes
wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits zukommt. Im Gegenteil stünde
aus seiner Sicht zu befürchten, dass er im Falle einer bewusst unrichtigen
Berichterstattung an den Bundesverband mit der Konsequenz eines Unterliegens im
Rechtsstreit einer langjährigen, sicheren Einkommensquelle verlustig gehen würde.
Denn in diesem Fall müsste er befürchten, dass der Bundesverband die
Geschäftsbeziehung mit ihm beendet.
Demgegenüber ist der Gegenbeweis nicht gelungen. Sowohl die Aussagen des Zeugen
P, wie auch die des Zeugen I waren insoweit unergiebig, als sie zur Einrichtung des
Geschäftslokals des Beklagten konkret am 09. Januar und 27. Februar 2009 nichts
beitragen konnten. Der in Ablichtung vorgelegte Automatenaufstellvertrag (Bl. 54 - 56 d.
A.), der sich lediglich über die Aufstellung von bis zu drei Geldspielgeräten mit
Gewinnmöglichkeit verhält, ist ebenso wenig geeignet, das Gericht vom Gegenteil zu
überzeugen, denn einmal wäre es aus Sicht der N, ebenfalls mit entsprechendem
Fachwissen begabt, töricht, einen schriftlichen Vertrag über eine höhere als die
zulässige Anzahl von Geldspielgeräten niederzulegen. Dass die N auf der anderen
Seite durchaus auch Spielautomaten aufstellt, ohne dass eine schriftliche
Dokumentation stattfindet, zeigt der Fall des vom Beklagten behaupteten aufgestellten
"Unterhalters", für den - unstreitig - ebenfalls nichts schriftlich gemacht wurde. Nach
allem verbleiben die Möglichkeiten, dass entweder der Beklagte allein und
selbstverantwortlich hinter dem Rücken der N oder in kollusivem Zusammenwirken mit
dem Zeugen I verbotenerweise ein viertes Geldspielgerät aufgestellt hat, um so einen
"Nebenverdienst" zu generieren, oder sogar dass im Interesse der Ertragssteigerung ein
kollusives Zusammenwirken zwischen dem Beklagten und der N vorlag, wobei die
wirkliche Anzahl der aufgestellten Geldspielgeräte in dem schriftlichen Vertrag
unerwähnt blieb. Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen der
Zeugen S+S2 bestehen für das Gericht jedenfalls nicht.
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Die ihm entstandenen Auslagen durch die vergebliche vorgerichtliche Abmahnung kann
der Kläger von der Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 UWG ersetzt verlangen. Zinsen ab
Rechtshängigkeit schuldet der Beklagte dem Kläger darauf gemäß § 291 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
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