Urteil des LG Dortmund vom 16.12.2010

LG Dortmund (amtliches kennzeichen, fahrzeug, versicherungsleistung, entwendung, höhe, ermittlung, rückzahlung, käufer, zeuge, polizei)

Landgericht Dortmund, 2 O 141/10
Datum:
16.12.2010
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 141/10
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.161,03 € (in Worten:
siebzehntausendeinhunderteinundsechzig 03/100 Euro) nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
15.03.2010 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 17.161,03
€ der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des je-weils
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Versicherungsbetruges auf Rückzahlung
erbrachter Versicherungsleistung sowie auf Schadensersatz in Anspruch.
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Sie war Kasko-Versicherer des Beklagten. Dieser zeigte 2009 einen Teilediebstahl
betreffend seinen bei der Klägerin versicherten BMW X5 amtliches Kennzeichen ##-##
#### an, den die Klägerin nach Ermittlung der Schadenshöhe mit 14.831,10 €
entschädigte. Nachdem der Beklagte das Fahrzeug verkauft hatte, ließ die Klägerin es
beim Käufer nachbesichtigen. Dabei wurde ihrer Behauptung nach festgestellt, dass es
exakt mit den Originalteilen versehen war, die der Beklagte als entwendet angezeigt
und die die Klägerin entschädigt hatte. Sie folgert daraus, dass die angezeigte
Entwendung nur vorgetäuscht war und fordert die Regulierungssumme nebst Kosten für
die Ermittlung der Schadenshöhe und Aufdeckung des Versicherungsbetruges zurück.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.161,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2010 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er behauptet, dass ihm die entwendeten Fahrzeugteile von einem namentlich
Unbekannten gegen Zahlung von 5.000,00 € wieder eingebaut worden seien. Er
bestreitet, dass es sich dabei um die Originalteile des Fahrzeugs gehandelt habe.
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Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, dass die am
ehemaligen Fahrzeug des Beklagten ersetzten Ersatzteile die Originalteile sind. Ferner
hat es den Beklagten zu den Umständen der Fahrzeugreparatur nach der behaupteten
Entwendung von Fahrzeugteilen angehört.
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Wegen des Ergebnisses von Anhörung und Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsprotokolle vom 19.08. und 16.12.2010, wegen der weiteren Einzelheiten des
Vorbringens der Parteien auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist begründet.
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Die KIägerin kann von dem Beklagten gemäß §§ 812, 823 Abs. 2, 263 StGB
Rückzahlung der erbrachten Versicherungsleistung sowie Schadensersatz für die
Aufdeckung des Versicherungsbetruges verlangen. Der beweispflichtigen (OLG Köln
r+s 2007, 101) Klägerin ist der Beweis gelungen, dass der von ihr entschädigte
Fahrzeugteilediebstahl nur vorgetäuscht war.
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Durch sachverständiges Zeugnis des vom Gericht vernommenen W ist bewiesen, dass
die nach dem Verkauf des angeblich von einem Teilediebstahl betroffenen BMW X5 am
Fahrzeug befindlichen, erneuerten Fahrzeugteile exakt diejenigen sind, die auch schon
bei der Herstellung des Fahrzeugs in dieses eingebaut worden sind. Dies hat der Zeuge
im Auftrag der Klägerin beim Käufer des Fahrzeugs ermittelt. Er konnte sowohl an den
FIN-Nummern, soweit diese an den Fahrzeugteilen angebracht waren oder aber an den
mit der Herstellungsliste abgeglichenen Ident-Nummern sowie den ausgewiesenen
Produktionsdaten eindeutig feststellen, dass die von der Klägerin als entwendet
entschädigten Fahrzeugteile - Vordersitze, Sitzbank hinten, Fahrertür, Lenkrad,
Navigationsgerät mit Rechner und Radio/CD-Spieler -schon bei der Produktion des
Fahrzeugs in dieses eingebaut worden waren. Schon diese Identität von angeblich
entwendeten und später wieder eingebauten Fahrzeugteilen spricht eindeutig dafür,
dass die Entwendung nur vorgetäuscht worden ist, um ungerechtfertigterweise die
Versicherungsleistung zu kassieren.
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Bekräftigt wird dieses Schlussfolgerung durch die Umstände, die der Beklagte dem
Gericht hinsichtlich des Einbaus der angeblich entwendeten Teile geschildert hat. Dazu
hat der Beklagte angegeben, dass er im Internet nach Ersatzteilen gesucht hat, die ihm
auch angeboten worden seien, jedoch jeweils nur einzeln und nicht in Gesamtheit. Die
gesamten entwendeten Fahrzeugteile seien ihm erst telefonisch angeboten worden. Er
sei auf den Handel eingegangen und habe sich für 5.000,00 € die Teile wieder in das
Fahrzeug einbauen lassen. Diese Angaben des Beklagten sind unglaubhaft. Zu ihrer
Untermauerung konnte der Beklagte lediglich eine - nichtssagende - Quittung vorlegen.
Es gibt keinen Kaufvertrag, keinen Namen des Verkäufers und auch sonst keine
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Umstände, anhand derer die Angaben des Beklagten objektiviert werden könnten.
Dabei kann das Gericht unterstellen, dass sich der Beklagte von einem Verwandten
5.000,00 € geliehen hat. Auch diese Tatsache würde das vom Beklagten geschilderte
Geschehen nicht glaubhafter machen. Dem Gericht ist schon nicht nachvollziehbar,
dass der Beklagte nicht die Polizei verständigt hat, nachdem ihm die Ersatzteile in ihrer
Gesamtheit wieder angeboten worden sind. Es hätte nahe gelegen, der Polizei einen
Hinweis zu geben, damit diese hätte überprüfen können, ob der angebliche Anbieter der
Ersatzteile nicht auch der angebliche Dieb gewesen ist. Erst recht erscheint dem Gericht
völlig unglaubhaft, dass der Beklagte sich von einem ihm völlig unbekannten Dritten u.
a. ein Lenkrad mit Airbag an sein Fahrzeug hat einbauen lassen, ohne irgendetwas über
die Fähigkeiten des Einbauenden und die Qualität des eingebauten Lenkrades zu
wissen, zumal der Beklagte kurz nach dem Einbau mit seiner gesamten Familie nach
Osteuropa in den Urlaub gefahren ist, und dabei mit dem Fahrzeug mehrere tausend
Kilometer zurückgelegt hat. Bei lebensnaher Würdigung hält es das Gericht für
ausgeschlossen, dass der Beklagte oder irgendein Dritter ein derartiges Risiko
eingegangen wäre. Hinzu kommt, dass der sachverständige Zeuge bekundet hat, dass
der Einbau der Ersatzteile nicht innerhalb einer halben Stunde so bewerkstelligen sei,
eine Zeit, die nach den Angaben des Beklagten der Unbekannte noch nicht einmal
gebraucht haben soll, um vor der Garage des Beklagten an einem Samstag die
Ersatzteile einzubauen.
Bei dieser Beweiswürdigung lässt das Gericht ausdrücklich unberücksichtigt, dass der
Beklagte von einem weiteren Diebstahlschaden betreffend sein Kraftfahrzeug betroffen
sein soll, wie in der mündlichen Verhandlung eher beiläufig zur Sprache gekommen ist.
Die Beweislage gegen den Beklagten ist ohnehin schon so erdrückend, dass es dieses
zusätzlichen Umstandes nicht bedarf, um das Gericht von einem durch den Beklagten
begangenen Versicherungsbetrug zu Lasten der Klägerin zu überzeugen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
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