Urteil des LG Dortmund vom 23.09.1985
LG Dortmund (geschäftsführer, gesetz, antrag, rücknahme, beschwerde, führer, firma, voraussetzung, wechsel, eröffnung)
Landgericht Dortmund, 9 T 560/85
Datum:
23.09.1985
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
9. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 T 560/85
Vorinstanz:
Amtsgericht Hamm, 21 N 192/85
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die
Beschwerdeführerin nach einem Gegenstandswert
von 30.000,-- DM.
Gründe
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Mit Schreiben vom 25.07.1985 hat der seinerzeitige Geschäfts-
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führer der Firma Q GmbH, S, beantragt, das
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Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wegen
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Zahlungseinstellung und Überschuldung zu eröffnen. Mit
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Schreiben vom 29.07.1985 der Gesellschafter wurde der
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Geschäftsführer entlassen.
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Mit Schreiben vorn 05.08.1985 meldete sich als neuer Ge-
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schäftsführer der Firma Q Herr F und
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erklärte gegenüber dem Amtsgericht, der Konkursantrag werde
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von ihm mit sofortiger Wirkung zurückgezogen.
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Mit Schreiben vom 06.08.1985 legte der frühere Geschäfts-
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führer S entsprechend einer Aufforderung des Amts-
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gerichts vom 30.07.1985 eine Übersicht über die Vermögens-
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masse der Gesellschaft im Zeitpunkt seines Antrags auf
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Konkurseröffnung vor.
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Das Amtsgericht hat am 16.08.1985 mit dem angefochtenen
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Beschluß ein allgemeines Veräußerungsverbot über das Vermögen
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der Firma Q erlassen.
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Mit seinem "Einspruch" vom 29.08.1985 gegen diesen Beschluß
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beruft sich der neue Geschäftsführer auf die von ihm erklärte
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Rücknahme des Konkursantrags.
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Der als sofortige Beschwerde geltende "Einspruch" ist gemäß §
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73 Abs. 3 KO zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene
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Beschluß ist gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO zu Recht ergangen.
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Allerdings ist Voraussetzung für ein Veräußerungsverbot im
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Rahmen von § 106 KO, daß ein zulässiger Konkursantrag
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-noch-vorliegt (vgl. Böhle-Stamschräder-Kilger, § 106 Anm.1).
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Diese Voraussetzung ist aber durch den Antrag des früheren
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Geschäftsführers S gegeben und duch die Erklärung des
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neuen Geschäftsführers nicht weggefallen. Zwar kann der
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Antrag auf Konkurseröffnung bis zum Zeitpunkt der Konkurser-
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öffnung zurückgenommen werden (vgl. Böhle-Stamschräder-
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Kilger, § 103 Anm. 2 m.w.N.). Auch wird der Antrag durch den
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Geschäftsführer für die GmbH gestellt (vgl. Scholz-Schmidt,
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GmbH-Gesetz, § 63 Anm. 18 und 20) und kann demzufolge für die
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GmbH nur vom Geschäftsführer zurückgenommen werden.
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Der von einem Geschäftsführer gestellte Konkursantrag kann
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aber nicht von einem späteren Geschäftsführer zurückgenommen
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Für den Fall, daß einer von mehreren Geschäftsführern den
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Konkursantrag stellt und ein anderer gleichzeitig amtierender
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Geschäftsführer diesen Antrag zurücknehmen will, ist aner-
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kannt, daß der Antragsrücknahme keine Wirkung zukommt (vgl.
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LG Tübingen, KTS 1961, 158; Scholz-Schmidt, § 63 Anm. 20;
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Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).
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Gleiches gilt, wenn der den Konkursantrag stellende Ge-
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schäftsführer abgelöst wird und sein Nachfolger den Antrag
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zurücknehmen will.
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Das Kammergericht hat diese Frage in einem Beschluß vom
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13.05.1965 offengelassen (KG NJW 1965, 2157 ff., 2159).
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Jaeger (KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22) meint, daß mit dem
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Widerruf der Bestellung des antragstellenden Geschäftsführers
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eine Rücknahme des Konkursantrags durch die übrigen Ge-
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schäftsführer möglich werde.
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Nach Ansicht der Kammer ist dagegen weder durch die Ab-
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berufung des Geschäftsführers,der den Konkursantrag gestellt
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hat, noch durch die Neubestellung eines anderen Geschäfts-
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führers die Möglichkeit geschaffen, den Konkursantrag eines
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Geschäftsführers durch einen anderen (neuen) Geschäftsführer
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zurückzunehmen.
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Die Pflicht zur Stellung des Konkursantrags besteht für den
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Geschäftsführer nach § 64 GmbH-Gesetz persönlich und auch im
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öffentlichen Interesse (vgl. Hachenburg-Ulmer, § 64 Anm. 1).
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Selbst entgegenstehende Weisungen können den Geschäftsführer
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nicht von dieser persönlichen Verpflichtung befreien (vgl.
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Hachenburg-Ulmer, GmbH-Gesetz, § 64 Anm. 7 und 32; Mentzel-
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Kuhn-Uhlenbruck, 9. Aufl., Vorbemerkung D 14 vor § 207;
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Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).
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Deshalb kann der Wechsel im Amt des Geschäftsführers nicht
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die Möglichkeit der Rücknahme des Konkursantrags durch einen
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neuen Geschäftsführer begründen. Der durch § 64 GmbH-Gesetz
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angestrebte Zweck würde gefährdet, wenn man die Rücknahme des
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Konkursantrags durch den Nachfolgegeschäftsführer für wirksam
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halten wollte.
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Der neue Geschäftsführer kann im Rahmen der Prüfung des
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Konkursgerichts nach § 105 Abs. 2 KO, ob Konkursreife gegeben
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ist, darlegen, daß die sonstigen Voraussetzungen der Konkurs-
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eröffnung nicht gegeben sind. Diese Möglichkeiten für den
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neuen Geschäftsführer im Rahmen der Amtsermittlung des
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Konkursgerichts sind als ausreichend anzusehen. Denn mit dem
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Bestand des Konkursantrags ist noch nicht über die Konkurs-
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eröffnung entschieden und die Erfüllung der gesetzlichen
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Verpflichtung aus § 64 GmbH-Gesetz durch einen Geschäfts-
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führer darf nicht durch den Wechsel der Person des Ge-
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schäftsführers und gegenteilige Erklärungen eines späteren
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Geschäftsführers hinfällig werden.
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Die sofortige Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Die
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Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 ZPO, 35 GKG,
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3 ZPO.
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