Urteil des LG Dortmund vom 21.05.1992

LG Dortmund (kläger, zaun, schmerzensgeld, höhe, krankenhaus, spielplatz, mitverschulden, unfall, ermessen, verletzung)

Landgericht Dortmund, 8 O 567/91
Datum:
21.05.1992
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
8. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 O 567/91
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 252,-- DM ( i. W.
zweihundertundzweiundfünfzig Deutsche Mark) nebst 6 %Zinsen seit
dem
04.03.1992 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt 95 % der Kosten des Rechtsstreits und die Beklagte 5
%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 750,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d
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Die Beklagte unterhält in V, Ortsteil M,
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einen öffentlichen Spielplatz. Der Spielplatz grenzt
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an der nördlichen Seite an eine öffentliche Straße und
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ist mit Büschen gegen die Straße abgesichert. An der
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südlichen Seite schließt sich unmittelbar an den Spielplatz
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ein Acker an. Dort hat die Beklagte einen Metallzaun
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errichtet. Es handelt sich dabei um senkrecht stehende,
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ca. 1,20 m hohe Rundeisen, die von jeweils zwei Querstäben
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gehalten werden. Am oberen Ende des Zaunes ragen die
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senkrechten Metallstäbe um ca. 5 cm über die Querstäbe
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hinaus. Am unteren Ende schließt der Zaun mit den runden
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Querstäben ab. Die senkrechten Rundeisen stehen hier
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nicht über.
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Am 03.10.1990 hat der Kläger auf dem Spielplatz mit anderen
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Kindern Fußball gespielt. Dabei ist der Ball über den
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Zaun auf den benachbarten Acker geflogen. Der Kläger
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kletterte über den Zaun, um den Ball wiederzuholen, dabei
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hat er sich auf die Querstäbe abgestützt. Als er den
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rechten Arm bereits in voller Länge über den Zaun hinweg-
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geführt hatte, ist er abgerutscht. Er ist mit dem rechten
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Arm an den Metallspitzen hängen geblieben. Dabei hat
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er sich einen winkeIförmigen Hautriß in der rechten Achselhöhle
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zugezogen. Die Wunde ist im Krankenhaus erstversorgt
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worden. Sie ist in lokalanästhesie genäht worden. In
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der Folgezeit ist ein etwa pfenniggroßes Stück Haut abgestorben.
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Dabei ist es zu einer leicht eitrigen Entzündung
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gekommen. Es haben sich subfibrale Temperaturen eingestellt.
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Die weitere Behandlung ist von dem Hausarzt durchgeführt
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worden. Sie dauerte noch weitere vier Wochen.
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Wegen der unfallbedingten Auswirkungen hat der Kläger
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ein ärztliches Attest vom 10.10.1990 des Chefarztes
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E vom evangelischen Krankenhaus in V
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vorgelegt (BI. 6 u. 7 d. A.). Vom 15.10.1991 datiert
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ein weiterer ärztlicher Bericht des E. Auf
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den Inhalt dieses Berichtes (BI. 19 u. 20 d. A.) wird
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Bezug genommen.
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Der Kläger ist von seinen Eltern insgesamt 16 mal ins
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Krankenhaus nach V zur Behandlung gefahren worden.
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Die Entfernung zwischen Wohnung und Krankenhaus beträgt
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10 Kilometer. Der Kläger verlangt die Erstattung von
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Fahrtkosten, wobei er pro Kilometer 0,42 DM beansprucht,
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mithin insgesamt 134,50 DM. Für den ärztlichen Bericht
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vom 10.10.1990 hat der Kläger 65,00 DM und weitere 9,00 DM
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als Schreibauslagen gezahlt. Der Kläger mußte unfallbedingt
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vorübergehend von den Nachbarn beaufsichtigt und versorgt
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werden. Hierfür hat der Kläger 24,00 DM aufgewendet.
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Bei dem Unfall ist das Hemd des Klägers am rechten Arm
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eingerissen. Das Hemd hatte einen Neupreis von 40,00 DM.
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Der Kläger verlangt den Zeitwert in Höhe von 20,00 DM.
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Insgesamt beziffert der Kläger seinen Schadensersatzanspruch
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auf 252,40 DM.
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Desweiteren verlangt der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld,
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welches er in das Ermessen des Gerichts stellt.
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Er macht geltend, daß ein Betrag in Höhe von 3.000,00 DM
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angemessen sei.
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Die Haftpflichtversicherung der Beklagten hat am 21.11.1991
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1.000,00 DM auf die Ansprüche des Klägers gezahlt.
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Die Klageschrift ist der Beklagten am 04.03.1992 zugestellt
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worden.
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Der Kläger macht geltend, es sei nicht vorhersehbar,
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ob in Zukunft noch weitere Behandlungen notwendig seien.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 252,00 DM und
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ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld
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zu zahlen, das nicht unter 3.000,00 DM liegen
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sollte, nebst 6 % Zinsen seit dem 26.08.1991, abzüglich
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am 21.11.1991 gezahlter 1.000,00 DM,
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festzustellen, daß die Beklagte für alle Schäden,
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die durch den Unfall vom 03.10.1990 verursacht worden
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sind, auch zukünftig haftet.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte macht geltend: Durch die Montage des Zaunes
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habe sie, die Beklagte, die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht
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nicht verletzt. Zumindest müsse sich der
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Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Verletzung
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sei komplikationslos verheilt, so daß ein Dauerschaden
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nicht verbleibe. Das von dem Kläger geforderte Schmerzensgeld
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sei überhöht.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist in Höhe von 252,00 DM begründet und unterliegt
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im übrigen der Abweisung.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch
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gem. § 823 BGB. Die Beklagte hat die ihr obliegende
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Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie hat dadurch,
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daß sie den Zaun mit den offenstehenden Spitzen montiert
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hat, einen gefährlichen Zustand geschaffen. Die Gefahr
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einer Verletzung liegt insbesondere bei der Montage auf
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einem Kinderspielplatz nahe. Zwischenzeitlich hat die
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Beklagte auch, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung
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vom 21.05.1992 ausgeführt hat, die offenen Spitzen des
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Zaunes entfernen lassen.
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Ein Mitverschulden des Klägers liegt nicht vor. Der Kläger
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war zur Unfallzeit noch keine acht Jahre alt. Der Kläger
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ist am 13.02.1983 geboren. Kinder unter sieben Jahren
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trifft kein Verschulden (§ 828, § 276 BGB). Für Jugendliche
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über sieben Jahren richtet sich das Verschulden nach
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§ 276 BGB. Für ein entsprechendes Mitverschulden ist
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die Beklagte darlegungspflichtig. Mangels entsprechenden
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Sachvortrages ist davon auszugehen, daß ein normal entwickelter
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Jungendlicher des Alters des Klägers in der
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konkreten Situation, die dem Unfall zugrunde lag, weder
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die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen können
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noch entsprechend dieser Einsicht hätte handeln können.
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Der dem Kläger zu erstattende Sachschaden beläuft sich
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unstreitig auf 252,40 DM.
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Dem Kläger steht im übrigen ein Schmerzensgeld gemäß
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§ 847 BGB zu. Angesichts der erlittenen Verletzungen
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und der ertragenen Schmerzen erachtet das Gericht ein
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Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 DM für angemessen.
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Diesen Betrag hat die Beklagte bereits gezahlt. Ein weitergehender
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Anspruch steht dem Kläger insoweit nicht zu.
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Der Feststellungsantrag des Klägers ist zurückzuweisen.
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Es besteht kein Rechtsschutzinteresse für das Feststellungsbegehren.
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Nach dem Inhalt des Attestes des E
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vom 15.10.1991 ist mit einer völligen Ausheilung und
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vorraussichtlich nicht mit zurückbleibenden Dauerschäden
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zu rechnen. In dem Attest vom 10.10.1990 hatte der Arzt
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noch angegeben, daß die Frage von Folgeschäden seinerzeit
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nicht beurteilt werden konnte. Das Attest vom 15.10.1991
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ist jedoch neueren Datums. Der Kläger selbst greift das
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Attest inhaltlich nicht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO.
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Soweit die Versicherung der Beklagten vor Rechtshängigkeit
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1.000,00 DM gezahlt hat und der Kläger dies in seinem
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Antrag berücksichtigt hat, geht das Gericht von einer
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teilweisen Klagerücknahme aus.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
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folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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