Urteil des LG Dortmund vom 02.11.2007

LG Dortmund: kaufpreis, grundstück, bereicherung, einfamilienhaus, verkehrswert, grundbuch, steigerung, betrug, kausalzusammenhang, weiterverkauf

Landgericht Dortmund, 3 O 131/07
Datum:
02.11.2007
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 131/07
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.025,13 € (in Worten:
achttausendfünfundzwanzig 13/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.07.2007
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 88 % und die
Beklagte 12 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.06.2005 (Einzelheiten Blatt 11 – 34 d. A.)
verkaufte die Beklagte dem Kläger ein 508 m² großes Baugrundstück in dem Baugebiet
"Wohnpark X" in I, eingetragen im Grundbuch von I Bl. ######. Der Kaufpreis betrug
79.248,00 €. Die Beklagte bewilligte zu Gunsten des Klägers die Eintragung einer
Erwerbsvormerkung. Beide Parteien bevollmächtigten drei Notariatsangestellte
unwiderruflich, alle Erklärungen zur Löschung der eingetragenen Erwerbsvormerkung
abzugeben und die Löschung zu beantragen, wenn der Vertrag nicht durchgeführt
werden sollte. Zudem vereinbarten die Parteien diverse "Werkleistungen im
Zusammenhang mit der Errichtung eines Wohnhauses" (Vermessungsarbeiten,
Anschlussschächte, Hausanschlüsse) und einen dafür von dem Kläger zu zahlenden
Werklohn in Höhe von 10.000,00 €.
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Auf dem Grundstück errichtete die Firma N ein Ausbauhaus. Grundlage war der
schriftliche Vertrag mit dem Kläger vom 04.05.2005 (Bl. 60 – 69 d. A.). Vereinbart
worden war ein "Kaufpreis" in Höhe von 88.670,00 €, zahlbar in Raten nach
Baufortschritt. Der Umfang der von der Fa. N erbrachten Leistungen ist streitig.
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Der Kläger zahlte den Kaufpreis an die Beklagte nicht. Die Beklagte erklärte mit
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Der Kläger zahlte den Kaufpreis an die Beklagte nicht. Die Beklagte erklärte mit
Schreiben vom 13.10.2005 (Bl. 35 d. A.) den Rücktritt, nachdem sie dem Kläger zuvor
mit Schreiben vom 12.09.2005 eine Zahlungsfrist bis zum 23.09.2005 gesetzt hatte.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.12.2005 (Einzelheiten Bl. 38 – 54 d. A.)
verkaufte die Beklagte das Grundstück an T und L und verpflichtete sich, das "bereits im
Rohbau nebst Verklinkerung und Dacheindeckung fertig gestellte Einfamilienhaus"
entsprechend der Baubeschreibung "schlüsselfertig" auszubauen. Der Kaufpreis betrug
150.000,00 €, zahlbar in Raten nach Baufortschritt.
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Die zugunsten des Klägers im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung wurde
gelöscht und zugunsten der Käufer T und L wurde eine Auflassungsvormerkung
eingetragen (Bl. 55 d. A.).
6
Die Fa. N stellte dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2006 (Bl. 36 und 37 d. A.)
70.682,66 € in Rechnung, die der Kläger nicht bezahlte. Die Fa. MHS nahm den Kläger
daraufhin in dem Verfahren 5 0 126/06 – Landgericht Dortmund – auf Zahlung dieses
Betrages in Anspruch. Der Beklagten wurde der Streit verkündet. Sie trat dem
Rechtsstreit auf Seiten des Klägers (des Beklagten des Vorprozesses) bei. Am
06.12.2006 schlossen der Kläger und die Fa. MHS zu Protokoll des Landgerichts
Dortmund einen Vergleich, dem die Beklagte nicht beitrat. Der Kläger verpflichtet zur
Zahlung von 65.000,00 € zur Abgeltung der Klageforderung. Mit der vorliegenden Klage
begehrt der Kläger Schadensersatz in Höhe dieses Betrages.
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Der Kläger behauptet, die Fa. N habe sämtliche in der Rechnung vom 15.02.2006
dargestellten Leistungen erbracht. Das Einfamilienhaus sei fast fertig gestellt gewesen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 65.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, die Fa. N habe auf dem Grundstück eine "Bauruine" hinterlassen, die
den Wert des Grundstücks herabgesetzt habe. Ihr seien Kosten in Höhe von 52.726,87€
entstanden, um das Einfamilienhaus schlüsselfertig herzustellen und mit dem Vertrag
vom 30.12.2005 weiter zu veräußern. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den
Schriftsatz der Beklagten vom 11.09.2007 (Bl. 157 – 162 nebst unstreitiger Anlagen Bl.
163 – 216 d. A.) Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 347 Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch auf
Zahlung in Höhe von 8.025,13 €. § 347 Abs. 2 BGB enthält eine abschließende
Regelung, mit der Folge, dass Ersatz für Verwendungen und Aufwendungen nicht nach
anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere nicht aus dem Bereicherungsrecht
verlangt werden kann (Münchner Kommentar, § 347 Rn. 15).
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Bei den Kosten für die Bebauung eines unbebauten Grundstücks handelt es sich nicht
um Verwendungen, die nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB ohne Einschränkungen zu ersetzen
sind, sondern um Aufwendungen, deren Ersatzpflicht sich nach § 347 Abs. 2 S. 2 BGB
richtet (Münchener Kommentar, § 347 Rn. 18 und Rn. 21).
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Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die der Sache zu Gute kommen sollen,
ohne sie grundlegend zu verändern. Die Bebauung eines unbebauten Grundstücks
zählt nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs nicht dazu (BGH NJW 1953,
1466, NJW 1964, 1125, Münchner Kommentar, § 347 Rn. 18).
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Gegenüber Verwendungen handelt es sich bei Aufwendungen im Sinne des § 347 Abs.
2 S. 2 BGB um alle zweckbestimmten freiwilligen Vermögensopfer. Dazu zählen auch
die Kosten für die Bebauung eines fremden Grundstücks – wie vorliegend – (Münchener
Kommentar, § 347 Rn. 21).
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Zusätzliche Voraussetzung des Ersatzanspruches für Aufwendungen ist, dass diese
Aufwendungen zu einer Bereicherung des Rückgewährgläubigers, mithin der
Beklagten, geführt haben. Die Höhe des Aufwendungsersatzes bemisst sich nach der
Steigerung des Verkehrswertes des Grundstücks und im Falle der Veräußerung – wie
im vorliegenden Fall – nach dem Verkaufserlös bis zur Höhe des gemeinen
Verkehrswertes (vgl. dazu Palandt § 818 Rn. 37).
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§ 347 Abs. 2 S. 2 BGB enthält zwar keine Rechtsfolgenverweisung auf das
Bereicherungsrecht. Ein Wegfall der Bereicherung ist aber entsprechend dem
Rechtsgedanken der Regelung in § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen (Münchener
Kommentar, § 347 Rn. 22). Die Beklagte kann damit alle Aufwendungen auf die
veräußerte Sache – mithin das Grundstück – anspruchsmindernd geltend machen, die
mit dem Bereicherungsvorgang – hier der Veräußerung an T und L mit Vertrag vom
3.12.2005 – in einem Kausalzusammenhang stehen (Palandt § 818 Rn. 30, 37, 40 ff.).
Es kommt nicht darauf an, ob die Aufwendungen notwendig oder werterhöhend waren.
Auch auf den Umfang der Leistungen der Fa. N kommt es nicht an. Entscheidend ist
allein die Vermögenssituation auf Seiten der Beklagten.
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Es ergibt sich damit folgende Abrechnung:
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Verkaufserlös für das veräußerte und schlüsselfertig bebaute Grundstück (Palandt § 818
Rn. 37). Anhaltspunkte, dass der Verkaufserlös nicht dem Verkehrswert entsprach, sind
weder ersichtlich noch dargelegt
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150.000,00 €
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abzüglich der im Schriftsatz vom 11.09.2007 (Bl. 157 ff. d. A.) nebst Anlagen
substantiiert dargelegten Aufwendungen, denen der Klägerin nicht entgegengetreten ist
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- 52.726,87 €
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abzüglich des Kaufpreises, den der Kläger zu zahlen gehabt hätte, weil
herausgabepflichtig nur die Bereicherung der Beklagten durch die Steigerung des
Verkehrswertes durch die Bebauung durch den Kläger ist und keine Anhaltspunkte
ersichtlich oder dargelegt sind, dass der Kaufpreis nicht dem Verkehrswert entsprach
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- 79.248,00 €
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abzüglich des Werklohnes, den der Kläger zu zahlen gehabt hätte (insoweit gilt das zu
dem von dem Kläger zu zahlenden Kaufpreis gesagte entsprechend)
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- 10.000,00 €
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Bereicherung der Beklagten durch den Weiterverkauf 8.025,13 €
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Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 291 BGB.
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Weitergehende Schadensersatzansprüche stehen dem Kläger aus keinem Rechtsgrund
zu. Dahinstehen kann, ob der Löschungsbewilligung der Auflassungsvormerkung durch
eine der Notariatsangestellten im Namen des Klägers eine entsprechende Aufforderung
des Klägers vorausgehen musste und ein Vollmachtsmissbrauch gegeben sein kann.
Der Vollmachtsmissbrauch – sofern er gegeben sein sollte – fällt nicht der Beklagten zur
Last und hat zudem, was entscheidend ist, keinen Schaden verursacht. Der Kläger war
wegen des wirksamen Rücktritts wegen Zahlungsverzuges durch die Beklagte zur
Bewilligung der Löschung verpflichtet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und berücksichtigt das jeweilige
Unterliegen der Parteien. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt
aus § 709 ZPO.
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