Urteil des LG Detmold vom 26.05.2007

LG Detmold: gespräch, mangel, stute, rücktritt, anhörung, kaufpreis, rückabwicklung, beweismittel, beweisergebnis, rückgabe

Landgericht Detmold, 12 O 243/07
Datum:
26.05.2007
Gericht:
Landgericht Detmold
Spruchkörper:
Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 243/07
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000,-- € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
28.11.2007 Zug um Zug gegen Herausgabe der braunen Stute C, , ,
nebst Eigentumsurkunde und Equidenpass, zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der
vorbezeichneten Stute in Verzug befindet.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle
künftigen Aufwendungen für die Erhaltung der vorbezeichneten Stute zu
ersetzen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand :
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Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrags vom Mai 2007.
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Die Klägerin hatte in der Zeit vor dem Kauf das ihr gehörende Springpferd "F" auf dem
Reiterhof des Herrn C2 in E3 untergestellt. Nachdem sie gegenüber mehreren Personen
geäußert hatte, sie suche anstelle eines Springpferdes ein Dressurpferd, wurde sie an
die Beklagte verwiesen, die auf diesem Hof als Reitlehrerin tätig war und der die jetzt
streitgegenständliche Stute gehörte. Diese Stute litt unter einem sogenannten Sommer-
Ekzem und wurde daher von der Beklagten seit dem Jahr 2006 unter einer sogenannten
Ekzemerdecke gehalten, die vom Schweif bis zu den Ohren des Pferdes reichte, letztere
aber nicht bedeckte.
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Außerdem hatte das Pferd im Jahr 2006 unter einer Pilzinfektion gelitten.
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Die Klägerin ritt das Pferd vor dem Kauf an vier bis fünf Terminen zur Probe.
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Am 09.05.2007 fand ein Verkaufsgespräch im "R" des Reiterhofes C2 statt, anlässlich
dessen sich die Klägerin nach der Decke erkundigte. Dabei wurde auch darüber
gesprochen, ob das Pferd unter einem Sommerekzem bzw. einer Sommerräude leide,
wobei der Ablauf und der Inhalt dieses Gesprächs im Weiteren streitig ist. Bei dem
Gespräch war auch der Ehemann der Klägerin, Herr Dr. G, anwesend.
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An das Gespräch schlossen sich mehrere Telefonate an, in denen noch über den
Kaufpreis verhandelt wurde. Man einigte sich schließlich auf einen Kaufpreis von
25.000,-- €, der in Höhe von 20.000,-- € durch Geldzahlung und in Höhe von 5.000,-- €
durch Inzahlungnahme des Pferdes "Fräuleinwunder" beglichen werden sollte. Die
20.000,-- € wurden am 15.05.2007 überwiesen.
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In der Folge fand im Reiterstübchen eine Feier anlässlich des Pferdekaufs statt. Auch
hierbei wurde – in Anwesenheit u.a. der Herren T und Gerhard L3 – über das Pferd
gesprochen, wobei auch der Inhalt dieses Gesprächs teilweise streitig ist.
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Im Sommer 2007 ritt die Klägerin das streitgegenständliche Pferd hobbymäßig auf
mehreren Turnieren. Darüber hinaus nutzte sie es nicht. Zu dieser Zeit hielt die Klägerin
das Pferd teilweise ohne Sommerdecke, wobei es nach dem Kontakt mit Insekten starke
allergische Reaktionen zeigte. Der von der Klägerin eingeschaltete Tierarzt Dr. L4
diagnostizierte daraufhin im September 2007 aufgrund einer Blutuntersuchung bei dem
Pferd das Vorliegen des Sommerekzems.
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In der Klageschrift, die am 27.11.2007 zugestellt wurde, erklärte die Klägerin den
Rücktritt vom Kaufvertrag und verfolgt mit der Klage nunmehr die Rückabwicklung des
Kaufvertrags.
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Die Klägerin behauptet, in dem Gespräch am 09.05.2007 habe sie die Beklagte nach
der auffälligen Decke und einer eventuellen "Sommerräude" des Pferdes gefragt. Die
Beklagte habe dieses verneint und darauf verwiesen, sie sei lediglich putzfaul.
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Die Klägerin ist der Ansicht, sowohl das Vorliegen des Sommerekzems als auch die
vorangegangene Pilzerkrankung, von der sie behauptet, es handele sich um eine
Lungenpilzerkrankung, seien Mängel, die zum Rücktritt berechtigten.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2007 Zug um Zug gegen
Herausgabe der braunen Stute C, geboren am 04.06.2002, nebst
Eigentumsurkunde und Equidenpass, zu zahlen,
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festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vorbezeichneten Stute
in Verzug befindet, sowie
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle künftigen Aufwendungen für
die vorbezeichnete Stute (Kosten des Stalles, des Hufschmiedes, der Tierärzte, der
Tierhalterhaftpflichtversicherung usw.) zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, der Antrag auf Feststellung der Erstattungspflicht sei zu
unbestimmt und daher bereits unzulässig.
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Sie behauptet, sie habe die Klägerin in dem Gespräch vom 09.05.2007 von sich aus auf
das Sommerekzem hingewiesen.
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Zudem habe die Klägerin bereits bei anderer Gelegenheit von dem Ekzem erfahren.
Sie, die Beklagte, habe das Pferd nämlich regelmäßig mit einer "Aktivlotion"
eingerieben, was bei einer Gelegenheit auch die Klägerin mitbekommen habe. Es habe
nämlich einen Termin zum Probereiten gegeben, zu dem die Klägerin sich verspätet
habe. Deswegen habe eine Frau L das Pferd für die Klägerin vorbereitet. Die Beklagte
habe später, in Anwesenheit der Klägerin, die Frau L gefragt, ob sie die Aktivlotion
bereits aufgetragen habe. Frau L habe dies zunächst verneint und daraufhin das Pferd
im Beisein der Klägerin mit der Aktivlotion eingerieben.
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Dass die Klägerin von dem Sommerekzem gewusst habe, ergebe sich außerdem
daraus, dass sie in mehreren Gespräche nach dem Kauf geäußert habe, es handle sich
trotz des vorliegenden Sommerekzems bei dem streitgegenständlichen Pferd um ein
sehr gutes Tier. Dies sei u.a. in dem bereits angesprochenen Gespräch im
Reiterstübchen nach dem Kauf so besprochen worden.
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Im Übrigen sei das Pferd bei ordnungsgemäßer Haltung und Pflege uneingeschränkt
nutzbar, was sich ihrer Ansicht nach auch daran zeige, dass die Klägerin das Pferd auf
mehreren Turnieren geritten habe.
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Hinsichtlich der Pilzerkrankung behauptet die Beklagte, diese Erkrankung sei
vollkommen ausgeheilt gewesen. Deswegen seien auch keine Folgeerkrankungen zu
erwarten gewesen. Sie ist daher der Ansicht, diese Vorerkrankung stelle bereits keinen
Mangel dar und habe der Klägerin jedenfalls vor dem Kauf nicht mitgeteilt werden
müssen.
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Die Klägerin bestreitet die Behauptung der Beklagten, es habe ein Gespräch in
Anwesenheit der Parteien und der Frau L gegeben, damit, dass sie eine Frau L nicht
kenne. Sie habe im Übrigen das Pferd jedesmal selbst vorbereitet, wenn sie es
probegeritten habe.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. G, T2, X, L, G L3,
C2 und T.
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Wegen des Ablaufs und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll
der Sitzung vom 05.05.2008 (Bl. 82 d. A.) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Die Klage ist zulässig.
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Dies gilt auch für den Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger
Aufwendungen. Dieser Antrag ist hinreichend bestimmt, denn die Formulierung "alle
Aufwendungen" ist als die Gesamtheit der zu erwartenden Aufwendungen hinreichend
bestimmbar. Soweit die Klägerin innerhalb dieses Antrags die Formulierung "(Kosten
des Stalles, des Hufschmieds, der Tierärzte, der Tierhaftpflichtversicherung usw.)"
verwendet, ist der Antrag nicht wegen der Formulierung "usw." zu unbestimmt. Denn
diese beispielhafte Aufzählung dient nur dazu, klarzustellen, dass lediglich die
Feststellung der Ersatzpflicht für notwendige bzw. erhaltende Aufwendungen und nicht
auch für Luxusaufwendungen beantragt ist.
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Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückgewähr der von ihr erbrachten Leistungen
Zug um Zug gegen Rückgabe der von ihr empfangenen Leistungen aus §§ 433, 90a,
434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 346 BGB, denn sie ist wirksam vom Vertrag zurückgetreten.
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Auf den Verlauf und die eventuellen Folgen der Pilzerkrankung des Pferdes "C" aus den
Jahr 2006 kommt es insofern nicht an. Denn die Klägerin hat bereits wegen des
Sommerekzems ein Recht zum Rücktritt von dem im Mai 2007 geschlossenen
Kaufvertrag.
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Das Vorliegen eines Sommerekzems stellt, unabhängig davon, inwieweit die Nutzung
des Pferdes eingeschränkt ist, wegen des erhöhten Aufwandes bei Haltung und Pflege
einen Mangel im Sinne des § 434 BGB dar (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 67. Aufl.,
§ 434, Rn. 96). Eine Nacherfüllung hinsichtlich dieses Mangels war nicht möglich. Die
Klägerin hat den Rücktritt in der Klageschrift außerdem fristgerecht im Sinne der §§ 438
Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 S. 1, 218 Abs. 1 BGB erklärt.
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Der Rücktritt ist auch nicht gem. § 442 BGB ausgeschlossen. Danach sind Rechte des
Käufers wegen eines Mangels nur dann ausgeschlossen, wenn dieser bei
Vertragsschluss entweder den Mangel kennt oder ihm der Mangel infolge grober
Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist.
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Letzteres kommt hier nicht in Betracht, denn nach dem unstreitigen Parteivorbringen ist
über ein mögliches Sommerekzem bei dem Pferd gesprochen worden. Insofern schließt
sowohl der streitige Vortrag der Klägerin, sie habe in Unkenntnis der genauen
Begrifflichkeit "Sommerekzem" nach einer "Sommerräude" gefragt, als auch der streitige
Vortrag der Beklagten, sie habe die Klägerin wahrheitsgemäß über das Vorliegen des
Sommerekzems informiert, einen Fall grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels aus.
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Gegen eine positive Kenntnis der Klägerin von dem Mangel, die als einzige Möglichkeit
für einen Ausschluss des Rücktritts verbleibt, § 442 Abs. 1 S. 1 BGB, spricht bereits das
Verhalten der Klägerin, die das streitgegenständliche Pferd zu dem nicht unerheblichen
Preis von 25.000,-- € kaufte, ohne es vorher tierärztlich untersuchen zu lassen. Es
spricht vieles dafür, dass die Klägerin, wenn sie von einer Erkrankung des Pferdes
gewusst hätte, die Schwere dieser Erkrankung vor einer Kaufentscheidung durch einen
Fachmann hätte begutachten lassen.
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Dies mag aber offen bleiben. Denn die Beklagte als Verkäuferin hat die Kenntnis der
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Klägerin von dem Mangel zu beweisen (Palandt-Weidenkaff, § 442 Rn. 6). Das gelingt
ihr nicht.
Zunächst kann die Beklagte nicht beweisen, dass sie die Klägerin in dem
Verkaufsgespräch vom 09.05.2007 ordnungsgemäß über das Vorliegen des
Sommerekzems informiert hat.
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Da der Beklagten für dieses Gespräch kein Beweismittel zur Verfügung steht, der
Klägerin hingegen der Zeuge Dr. G, ist der Anhörung der Beklagten zur Sache gem.
§ 141 Abs. 1 ZPO bei der Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO unter dem Gesichtspunkt
der prozessualen Waffengleichheit ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. Zöller-
Greger, ZPO, 26. Aufl., § 448 Rn. 2a). In der persönlichen Anhörung zur Sache bestätigt
die Beklagte ihr schriftsätzliches Vorbringen. Dies geschieht auch insofern glaubhaft, als
die Beklagte durchaus einräumt, sich als "putzfaul" bezeichnet zu haben, was allerdings
lediglich einen untergeordneten Teil ihrer Erklärung für die Nutzung der Decke darstelle.
Diese habe gleichsam den Nebenzweck gehabt, einer übermäßigen Verschmutzung
des Pferdes vorzubeugen, primär aber ein Scheuern des Tieres verhindern sollen.
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Dem Ergebnis der Anhörung der Beklagten steht aber die Aussage des Zeugen Dr. G
entgegen. Dieser hat bekundet, die "Putzfaulheit" sei in dem Gespräch als einzige
Begründung für das Tragen der Decke angeführt worden. Auf eine direkte Nachfrage
nach einer "Sommerräude" habe die Beklagte geantwortet, dass diese nicht vorläge. Sie
habe auch nicht erklärt, dass die Decke vor Scheuerstellen schützen solle.
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Auch die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Insbesondere hat er sich im Rahmen der
Aussage an Details des Randgeschehens erinnert, die die Parteien, die sich auf das
Kerngeschehen konzentrierten, nicht vorgetragen haben. So hat er auf die Frage der
Anwesenden im Reiterstübchen anlässlich dieses Gesprächs ausgesagt, dass außer
ihm und den Parteien auch noch sein damals einjähriger Sohn anwesend gewesen sei.
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Der Glaubwürdigkeit des Zeugen steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass er als
Ehemann der Klägerin ein Interesse an deren Obsiegen in diesem Rechtsstreit hat.
Angehörige von Parteien sind nämlich nicht ohne weiteres als weniger glaubwürdig
anzusehen.
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Insgesamt ist nicht ersichtlich, dass entweder die Anhörung der Beklagten zur Sache
oder die Bekundungen des Zeugen Dr. G glaubhafter oder glaubwürdiger als das
jeweils andere Beweismittel gewesen wären. Das offene Beweisergebnis geht wegen
der oben dargestellten Beweislastregelung zu Lasten der Beklagten.
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Auch aus dem Verhalten der Klägerin nach dem Kauf lassen sich keine Rückschlüsse
auf eine Kenntnis von dem Mangel bereits bei Vertragsabschluss ziehen.
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Die Beklagte hat die insofern von ihr behaupteten Indizien nicht bewiesen.
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Zwar hat der Zeuge L3 ausgesagt, nach dem Kauf habe es eine Feier im Reiterstübchen
gegeben. In den Gesprächen auf dieser Feier sei auch das vorliegende Sommerekzem
thematisiert worden. Die Klägerin sei aber trotz des Vorliegens dieses Ekzems mit dem
Kauf zufrieden gewesen, da es sich um ein sehr gutes Pferd gehandelt habe.
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Der Zeuge hat allerdings im Rahmen seiner Aussage deutlich gemacht, dass er ein
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Sommerekzem nicht als "echten" Mangel ansehe. Zudem hat er zu Beginn seiner
Aussage auch deutlich gemacht, dass er die Rücktrittserklärung der Klägerin lediglich
als einen Fall von Kaufreue ansehe, da ihre reiterischen Fähigkeiten zu schlecht seien.
Er hat nämlich ausgesagt, er sehe das Problem dieses Rechtsstreits darin, dass man mit
dem Pferd "das Reiten nicht mitverkaufen" könne. Diese Haltung spiegelte sich im
seinem Aussageverhalten wider, wodurch die Glaubwürdigkeit zumindest eingeschränkt
ist.
Seiner Aussage steht außerdem die Aussage des Zeugen T entgegen, der bekundet
hat, er habe mehrfach mit der Klägerin nach dem Kauf des Pferdes gesprochen und sei
auch bei der Kauffeier im Reiterstübchen anwesend gewesen. In keinem der Gespräche
habe die Klägerin über ein Sommerekzem gesprochen. Vielmehr sei sie sehr
euphorisch gewesen und habe keine Bedenken wegen der Gesundheit des Pferdes
geäußert.
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Der Zeuge T hat sich betont neutral verhalten und steht – als einziger der vernommenen
Zeugen – nicht eindeutig im Lager einer der beiden Parteien. Er ist nämlich sowohl
Nachbar der Klägerin als auch ein guter Freund des ebenfalls als Zeugen
vernommenen Herrn C2 und als solcher regelmäßig auf der Reitanlage und mit allen
übrigen Beteiligten des Rechtsstreits bekannt. Er hat deutlich zum Ausdruck gebracht,
dass er die Klägerin darüber informiert hätte, wenn er im Vorfeld des Kaufes sicher von
einem Sommerekzem erfahren hätte. Dies habe er jedoch nicht getan.
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Da nicht ersichtlich ist, dass der Zeuge L3 glaubwürdiger bzw. seine Aussage
glaubhafter ist als die des Zeugen T, ist auch insofern das Beweisergebnis offen, was zu
Lasten der beweisbelasteten Beklagten geht.
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Schließlich kann die Beklagte auch nicht beweisen, dass die Klägerin bei anderen, dem
Verkaufsgespräch vorgelagerten Gelegenheiten Kenntnis von dem Sommerekzem
erlangt hat.
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Der Zeuge X hat insofern nicht bekundet, die Klägerin über das Pferd konkret aufgeklärt
zu haben. Seiner Aussage nach hat er lediglich abstrakt über die ihm erinnerlichen
Eigenschaften einer Ekzemerdecke gesprochen. Hierbei habe er den Begriff einer
Ekzemerdecke jedoch seiner Erinnerung nach nicht verwendet. Seine Aussage
gegenüber der Klägerin, ein Pferd lebe unter einer solchen Decke "quasi in seinem
eigenen Stall" ist auch so vage, dass diese dadurch keine Kenntnis von dem
Sommerekzem erlangen konnte.
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Auch das von ihr behauptete Gespräch mit der Klägerin und der Zeugin L kann die
Beklagte nicht beweisen.
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Die Zeugin L hat zwar ausgesagt, sie habe das streitgegenständliche Pferd vor einem
Termin zum Probereiten vorbereitet. In Anwesenheit der Klägerin und der Beklagten
habe die Beklagte sie nach der noch aufzutragenden Aktivlotion gefragt, was die
Klägerin gehört haben müsse.
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Diese Aussage ist jedoch nicht glaubhaft, da sie in mehreren Punkten widersprüchlich
ist. So hat die Zeugin zunächst bekundet, dieses Gespräch habe im Juni oder Juli auf
dem Putzplatz stattgefunden. Das Pferd habe ab Mitte Juni dauerhaft unter der
Ekzemerdecke gestanden. Erst auf Nachfrage hin hat sie erklärt, dieser Termin hätte
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auch im Mai gewesen sein können. Weiterhin weicht die Aussage der Zeugin von den
Angaben der Beklagten insofern ab, als die Beklagte vorträgt, die Zeugin L habe auf
Nachfrage die Pflegelotion aufgetragen, die Zeugin jedoch bekundet hat, dies habe die
Beklagte selbst getan.
Die Zeugin hat außerdem durch ihr Aussageverhalten zu erkennen gegeben, dass sie
selbst bereits geschlussfolgert habe, die Klägerin müsse von dem Sommerekzem
gewusst haben. Sie hat nämlich in Bezug auf die Ekzemerdecke ausgesagt, dabei
handele es sich "um eine Schutzdecke, was jedem Reiter signalisieren muss, dass
dieses Pferd sich scheuert. Das weiß man als Reiter.". Sie hat weiter zu erkennen
gegeben, dass sie ein Sommerekzem nicht als Einschränkung der Leistungsfähigkeit
und somit nicht als "echten" Mangel ansieht.
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Die vorgenannten Punkte werde nicht dadurch überwogen, dass sich die Zeugin nicht
vollständig auf das Kerngeschehen konzentriert hat, sondern sich – teils selbständig,
teils auf Nachfrage – an einzelne Details aus dem Randgeschehen, wie z. B. die Farbe
der Flasche der Aktivlotion oder die Tatsache, dass sich die Klägerin bei ihr für das
Vorbereiten des Pferdes bedankt habe, erinnerte.
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Vielmehr spricht die Wortwahl der Zeugin für die Behauptung der Klägerin, sie kenne
diese Zeugin nicht. Die Zeugin L hat nämlich bekundet, sie sei auf dem Reiterhof geduzt
oder mit "Eva" angesprochen worden.
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Sie hat auch in ihrer Aussage die Beklagte regelmäßig als "Hedda" bezeichnet, also
geduzt. Die Klägerin wurde von der Zeugin hingegen regelmäßig als "Frau Dr. E2
bezeichnet, also gesiezt, was dafür spricht, dass sie diese nicht kannte. Dass die Zeugin
L auf Nachfrage hin einmal auch die Zeugin T2 als "Frau T2" bezeichnete, steht dieser
Schlussfolgerung nicht entgegen, da sie insofern direkt nach der Zeugin T2 gefragt
worden war. Das Siezen der Klägerin geschah aber nicht nur auf unmittelbare
Nachfrage hin, sondern auch dann, wenn die Zeugin frei zur Sache aussagte.
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Für den Vortrag der Klägerin, sie kenne die Zeugin nicht, spricht auch, dass sie ein
entsprechendes Verhalten bereits zu einem Zeitpunkt zeigte, als sie noch nicht wusste,
was die Zeugin aussagen würde. Die Beklagte hat die behauptete Gesprächssituation
nämlich erst im Termin und nicht bereits in den vorbereitenden Schriftsätzen
vorgetragen. Auch die Vernehmung der Zeugin L wurde nicht schriftsätzlich vorab
beantragt, sondern Frau L erschien als präsente Zeugin zum Verhandlungstermin.
Unabhängig davon, dass bereits dies ungewöhnlich ist, da das schriftliche Vorverfahren
über sechs Monate andauerte, bedeutete es für die Klägerin, dass sie nicht wusste, zu
welchem Thema die Zeugin aussagen werde, als sie sie am Morgen des Sitzungstages
vor dem Sitzungssaal traf. Frau L hat aber bekundet, die Klägerin habe schon bei
diesem Zusammentreffen den Eindruck erweckt, als kenne sie sie nicht. Das spricht
dafür, dass die Klägerin sich authentisch verhalten hat. Sie hat nämlich ihren Vortrag,
sie kenne die Zeugin nicht, nicht erst als Reaktion auf die Vernehmung der Beklagten
zur Sache hin entwickelt, in der diese das Gespräch mit der Klägerin und der Zeugin
erstmals behauptete.
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Die vorstehende Gesprächssituation wird auch nicht durch die Aussage der Zeugin T2
bewiesen.
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Diese hat zwar bekundet, die Klägerin sei einmal dabei gewesen, als das Pferd
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behandelt worden sei. Dies sei bei Vorbereitung des Pferdes auch das Probereiten
gewesen. Die Zeugin konnte allerdings nicht sicher bekunden, wo dieses Gespräch
stattgefunden habe. Sie hat zunächst ausgesagt, dies sei auf der Stallgasse gewesen,
danach, dies sei an einer von mehreren Putzanbindestellen gewesen und schließlich,
auf direkte Nachfrage hin, es sei an dem von der Beklagten beschriebenen Waschplatz
gewesen. An Details des Randgeschehens konnte sich die Zeugin nicht mehr erinnern.
Sie beschränkte sich regelmäßig nur auf das von der Beklagten vorgetragene
Kerngeschehen.
Zudem war die Aussage der Zeugin U der Grundtendenz getragen, die Klägerin habe
wissen müssen, dass es sich bei der Decke auch um eine Ekzemerdecke handele und
dass das Pferd deswegen an einem Sommerekzem leide, außerdem, dass ein
Sommerekzem keinen "echten" Mangel darstelle, weil das Pferd nicht beeinträchtigt
werde.
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Nach alledem ist die Aussage der Zeugin nicht glaubhaft. Sie bestätigt den Vortrag der
Beklagten außerdem nur eingeschränkt, da die Zeugin ausdrücklich bekundet hat, sie
habe von Gesprächen der Parteien untereinander nichts mitbekommen.
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Da der Beklagten die Rückgabe des in Zahlung genommenen Pferdes "F" nicht mehr
möglich ist, weil sie dieses weiterverkauft hat, schuldet sie gem. § 346 Abs. 2 Nr. 2
Wertersatz in Höhe der für dieses Pferd vom Kaufpreis angerechneten 5.000,-- €.
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Der Zinsanspruch besteht aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO.
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Da der mit Zustellung der Klageschrift erklärte Rücktritt berechtigterweise erfolgte, ist
auch der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begründet, denn
sie hat die Rückabwicklung des Kaufvertrags bisher verweigert.
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Da sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet, ist auch der Antrag auf Feststellung
der Ersatzpflicht für Aufwendungen der Klägerin begründet, denn die Beklagte hat diese
Aufwendungen gem. § 304 BGB zu tragen.
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Die Kostenentscheidung und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht
auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
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Dr. L2
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