Urteil des LG Detmold vom 31.07.2007
LG Detmold: ermittlungsverfahren, strafverfahren, post, entstehung, vergleich, meinung, datum
Landgericht Detmold, 4 KLs 31 Js 553/06
Datum:
31.07.2007
Gericht:
Landgericht Detmold
Spruchkörper:
Strafkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 KLs 31 Js 553/06
Schlagworte:
Auslagenpauschale
Normen:
RVG § 17, RVG § 18, RVG VV 7002
Leitsätze:
Vorbereitendes Verfahren (staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren) und
anschließendes gerichtliches Strafverfahren betreffen gebührenrechtlich
dieselbe Angelegenheit
Tenor:
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche
Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
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Mit Beschluss vom 28. August 2006 ordnete die Kammer den Erinnerungsführer dem
Angeklagten zu 1) als notwendigen Verteidiger bei. Mit seinem Vergütungsantrag vom
15. Januar 2007 begehrte er die Festsetzung seiner Pflichtverteidigergebühren für das
Verfahren vor dem Landgericht und das vorangegangene Ermittlungsverfahren in Höhe
von insgesamt 1.084,58 EUR einschließlich Umsatzsteuer. Dabei meldete er die
Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach VV Nr.
7002 RVG in Höhe von 20,00 EUR nebst anteiliger Umsatzsteuer zweifach – sowohl für
das Ermittlungsverfahren als auch für das Hauptverfahren – zur Erstattung an. Durch die
angefochtene Kostenfestsetzungsverfügung setzte der Urkundsbeamte der
Geschäftsstelle des Landgerichts Detmold nur eine statt der beantragten zwei
Auslagenpauschalen in Höhe von 20,00 EUR gegen die Landeskasse fest.
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Dagegen wendet sich der notwendige Verteidiger des Angeklagten zu 1) mit seiner
Erinnerung. Er vertritt die Auffassung, die Auslagenpauschale falle für das vorbereitende
und das sich anschließende gerichtliche Verfahren jeweils gesondert an.
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Der Bezirksrevisor hat beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen. Zur Begründung hat
er darauf verwiesen, dass nach ganz herrschender Meinung Ermittlungsverfahren und
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er darauf verwiesen, dass nach ganz herrschender Meinung Ermittlungsverfahren und
gerichtliches Verfahren nur eine Angelegenheit darstellten.
Die Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat für die Tätigkeit des Erinnerungsführers im
Ermittlungs- und dem sich anschließenden Hauptverfahren zu Recht nur eine
Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach VV Nr.
7002 RVG festgesetzt. Die Kammer tritt der Stellungnahme des Bezirksrevisors bei und
folgt insoweit der in Rechtssprechung und Literatur überwiegend vertretenen
Auffassung, der zufolge das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und das sich
hieran anschließende gerichtliche Strafverfahren erster Instanz gebührenrechtlich
dieselbe Angelegenheit betreffen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, Aufl. 37, § 15 RVG,
Rz. 44; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt/v. Eicken, Madert, Müller-Rabe, RVG, Aufl. 17, §
17, Rz. 59; LG Koblenz, Beschluss v. 9. Mai 2005 – Az. 2 KLs 2090 Js 36906/04; LG
Düsseldorf, Beschluss v. 10. Juni 2005 – Az. XI 1 Qs 66/05; OLG Saarbrücken,
Beschluss v. 15. Dezember 2006 – Az. 1 Ws 249/06). Unter der Geltung der
Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung stand dies außer Streit mit der Folge, dass der
Verteidiger den früheren Pauschsatz gemäß § 26 S. 2 BRAGO für Ermittlungs- und
Hauptverfahren nur einmal verlangen konnte. An dieser Rechtslage hat sich durch die
Einführung des RVG nichts geändert. Vor- und Hauptverfahren gelten weder als
verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 17 RVG noch als besondere
Angelegenheiten nach § 18 RVG. Eine doppelte Geltendmachung der
Auslagenpauschale ist daher aufgrund dieser Vorschriften nicht gerechtfertigt. Vielmehr
lässt die Nichtaufnahme des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und des
gerichtlichen Verfahrens in die jeweils abschließenden Aufzählungen darauf schließen,
dass eine Abweichung von der bisherigen Rechtspraxis gerade nicht beabsichtigt ist.
Dafür spricht auch die in § 17 Nr. 10 RVG nunmehr für das eingestellte
Ermittlungsverfahren und das sich anschließende Bußgeldverfahren getroffene
Regelung, die beide Verfahren als verschiedene Angelegenheiten ausweist und damit
eine im Geltungszeitraum der BRAGO umstrittene Rechtsfrage ausdrücklich
beantwortet. Einer solchen Klarstellung hätte es aber nicht bedurft, wenn bereits das
strafrechtliche Ermittlungs- und das Hauptverfahren als zwei separate Angelegenheiten
anzusehen wären. Insoweit hätte sich bereits aus einem Erst-recht-Schluss ergeben,
dass dies bei einem eingestellten Ermittlungsverfahren und einem sich daran
anschließenden Bußgeldverfahren nicht anders beurteilt werden kann. Hinzu kommt,
dass im Vergleich zu Verfahren auf anderen Rechtsgebieten zwischen dem
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und dem gerichtlichen Strafverfahren ein
enger Zusammenhang besteht. In diesem Zusammenhang hat der Urkundsbeamte der
Geschäftsstelle zutreffend darauf verwiesen, dass dem gerichtlichen Verfahren in
Strafsachen notwendig ein Ermittlungsverfahren vorausgeht, dass zum gerichtlichen
Strafverfahren hinführt und gerade nicht auf die abschließende Erledigung der Sache
ohne gerichtliche Hilfe gerichtet ist.
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Ein Anspruch auf eine zweifache Auslagenerstattung wird letztlich auch nicht dadurch
begründet, dass die Entstehung einer gesonderten Verfahrensgebühr für das
Ermittlungs- und das gerichtliche Hauptverfahren im Vergütungsverzeichnis des RVG –
allein formal – in verschiedenen Unterabschnitten für das vorbereitende (VV Nr. 4104
RVG f.) und das gerichtliche Verfahren geregelt ist (VV Nr. 4106 ff.). Inhaltlich geht aus
den Bestimmungen lediglich hervor, dass unterschiedliche Verfahrensgebühren
nebeneinander entstehen können. Sowohl nach früherer als auch nach geltender
Rechtslage ist der Anfall verschiedener Verfahrensgebühren in ein und derselben
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Angelegenheit gesetzlich vorgesehen.
Die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß VV
Nr. 7002 RVG ist damit nur einmal angefallen, so dass die darüber hinaus von dem
Erinnerungsführer zur Erstattung angemeldete weitere Pauschale abzusetzen war.
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Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nach § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG nicht
veranlasst.
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