Urteil des LG Darmstadt vom 07.07.2009

LG Darmstadt: irreführende werbung, einstweilige verfügung, treu und glauben, umkehr der beweislast, vergleichende werbung, bestehende anlage, berufliche tätigkeit, öffentliche urkunde, gebäude

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Gericht:
LG Darmstadt 4.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 O 142/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 UWG, § 5 Abs 1 Nr 1 UWG,
§ 5 Abs 2 UWG
(Wettbewerbsverstoß: Irreführende Werbung im Internet
mit wissenschaftlich ungesicherten Wirkungsbehauptungen
für ein Mauerentfeuchtungsgerät; Beweislastumkehr)
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 18. Mai 2009 wird bestätigt.
Die Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu
tragen.
Tatbestand
Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen
Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder,
insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren
Wettbewerbs eingehalten werden. Er ist gemäß § 1 Ziffer 4
Unterlassungsklageverordnung als branchenübergreifend und überregional tätiger
Wettbewerbsverband im Sinne von § 13 Abs. 5 Nr. 2 Unterlassungsklagengesetz
festgestellt (Anlage A 1, Bl. 23 d. A.). Mitglied bei dem Verfügungskläger ist der
Deutsche Holz- und Bautenschutzverband e. V. (DHBV).
Die Verfügungsbeklagte ist selbstständige Handelspartnerin und -vertreterin der ...
wasserpolarisationstechnische Geräte GmbH in .... Sie vertreibt unter der
Bezeichnung "..." Gerätschaften zum Zwecke der Trockenlegung feuchter
Gebäudemauern. Für diese wirbt sie im Internet unter der Domain ..., wie aus den
mit der Anlage A 2 (Bl. 24 – 41 d. A.) vorgelegten Ausdrucken ersichtlich.
Der Verfügungskläger hat nach seinem auf die Datumsangaben in der Anlage A 2
gestützten Vortrag am 23.04.2009 Kenntnis von dem Werbeauftritt der
Verfügungsbeklagten im Internet erlangt.
Mit Schreiben vom 27.04.2009 (Anlage A 3, Bl. 42 ff. d. A.) mahnte der
Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte wegen angeblich irreführender
werblicher Aussagen ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auf.
Mit Schreiben vom 05.05.2009 (Anlage A 4, Bl. 51 d. A.) gab die
Verfügungsbeklagte eine entsprechende Unterlassungserklärung nur hinsichtlich
folgender Werbeaussage ab:
"Baubiologen und Radiästeten als auch ein großer Teil der Kunden bestätigen eine
neutral bis eher positive Wirkung des Gerätefeldes.
Geopathogene Reizzonen werden durch das ...I-System sogar teilweise in
biologisch positive Felder umgewandelt, wodurch der störende, Krankheiten
verursachende oder auslösende Faktor der geopathogenen Reizzonen
nachweisbar reduziert wird."
Mit Antragsschrift vom 13.05.2009 (Bl. 1 ff. d. A.) hat der Verfügungskläger im
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Mit Antragsschrift vom 13.05.2009 (Bl. 1 ff. d. A.) hat der Verfügungskläger im
einstweiligen Verfügungsverfahren die Unterlassung der weiteren abgemahnten
Werbeaussagen der Verfügungsbeklagten zu dem Gerät "... " begehrt.
Durch Beschluss vom 18.05.2009 (Bl. 194 ff. d. A.) ist der Verfügungsbeklagten bei
Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden,
I. im geschäftlichen Verkehr für das Gerät "... " mit einer mauerentfeuchtenden
Wirkung zu werben, insbesondere zu werben:
1. "Sie haben ein Feuchtigkeitsproblem an Ihrem Gebäude und suchen
dafür die ideale Lösung?
Dann sind Sie hier richtig! Hier finden Sie wichtige Informationen zur
effektiven und dauerhaften Lösung des Problems",
2. "Mauertrockenlegung innovativ mit umweltfreundlicher Technologie",
3. "... nutzt dieses natürliche Prinzip der kapillar aufsteigenden Feuchtigkeit
und polarisiert es um. Dadurch wird das Wasser langsam, aber stetig und
anhaltend, nach unten abgeleitet und dauerhaft auf Erdniveau gehalten",
4. "Die umweltschonende ...-Mauertrockenlegungsmethode beseitigt die
Mauerfeuchte schnell, preiswert und sicher ...",
5. "Trockenlegungsgarantie mit Geldrückgabe",
6. "20-jährige Trockenhaltungsgarantie",
7. "Die immer vorhandene Erdfeuchtigkeit in Verbindung mit den
Kapillarsystemen des Erdreiches und des unisolierten Mauerwerks verursacht
feuchte Mauern.
Das ... – System nutzt natürlich vorhandene, magnetokinetische Kräfte,
um diese kapillar aufsteigende Feuchtigkeit ins Erdreich zurückzudrängen",
8. "Durch die Reduzierung der Mauerfeuchtigkeit erfährt das Gebäude eine
verbesserte Wärmedämmung und somit eine Absenkung der Heizkosten. Auch
leben die Bewohner trockengelegter Gebäude weitaus gesünder",
9. mit den Abbildungen und/oder dem Text:
10. "Europaweit wurden bereits über 40.000 ...-Geräte eingesetzt. Die
seitenlange Referenzliste der trockengelegten Objekte kann sich international
sehen lassen – vom Einfamilienhaus über Kirchen und Schlösser – findet man alle
Größenordnungen von Objekten",
11. "Parlament Budapest
Beschreibung:
Wie viele Bauten aus der ehemaligen österreich-ungarischen Monarchie
leidet auch das Parlament in Budapest an aufsteigender Bodenfeuchte. Die in der
Vergangenheit angewandten Methoden der Trockenlegung – wie chemische
Injektagen oder Elektroosmose schlugen fehl, oder waren nicht zufrieden stellend.
Relativ hohe Versalzungsgrade der Mauer machten diesen Systemen schwer zu
schaffen und die eingebrachten, horizontalen Sperren wieder unwirksam. Die
zukünftige Trockenlegungsmethode sollte, wenn möglich, diesen Risikofaktor total
ausschalten, keinen oder nur minimalen Eingriff in die Bausubstanz benötigen und
vor allem durch Langlebigkeit wirtschaftlich sein. Die zuständigen Stadtbaumeister
und -architekten entschieden sich für das unkonventionelle aber viel
versprechende ... – System. Somit wurden die vorher genannten Risikofaktoren
komplett ausgeschaltet,
In einem Teilbereich des Parlaments wurden am 27.08.1991 das ... –
Anlage montiert. Nach einem Jahr war das Ziel einer erfolgreichen Trockenlegung
erreicht. Die bestehende ... – Anlage hält nun ohne jegliche Betriebskosten das
Mauerwerk im Wirkbereich trocken, mit einer zu erwartenden Lebensdauer von 70
– 100 Jahren",
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12. "Vinothek-Stift K ...
Die Wahl fiel letztlich auf ....
Dass die Wahl richtig war, stellte sich bereits nach einem Jahr heraus.
Die im Auftrag beinhaltete begleitende Messung der Feuchtigkeitswerte der
Mauern zeigte einen sehr starken Rückgang der Mauerfeuchte. Dieser Trend
setzte sich im Laufe des zweiten Jahres weiter fort.
Diese erfreuliche Verbesserung ist auch rein atmosphärisch
festzustellen. Es herrscht in der Vinothek ein ausgezeichnetes Klima, keine Spur
von Modergeruch und keine unangenehmen Salzausblühungen. Die relative
Luftfeuchtigkeit im Raum beträgt nun, für einen Keller ungewöhnlich niedrig, 40 –
50 % und die Temperatur hat sich bei 19°C eingependelt.
Auf Grund dieses offensichtlichen Erfolges wurde von meinem Büro
bereits bei zwei weiteren Altbausanierungen wiederum ... eingesetzt",
13. "In der reformierten Kirche in ... haben wir gerade vor 20 Jahren das ... –
System bestellt und dann installieren lassen. Nach dem ersten Jahr verschwanden
die grünen Flecken von den Wänden und auch die leicht muffige Luft (Kirchenduft)
ist verschwunden.
Die Mitarbeiter der Fa. ... haben mehrmals Kontrollarbeiten
durchgeführt und als die Wände trocken geworden sind, haben sie uns einen
Vorschlag für die Sanierung der Gebäude unterbreitet. Der Putz wurde von außen
und innen erneuert und seitdem ist die frühere Feuchte nicht mehr zu sehen ..."
..., 16. August 2007
...
...
Bischof der Kirchengemeinde ...",
14. "Große Auszeichnung für ...: Der "Verband Polnischer Bauingenieure
und Bautechniker" in ... erteilte auf Antrag des ebenfalls in ... ansässigen
"Technischen und Organisatorischen Zentrums für Bauwesen" ... Polen eine
Empfehlungsurkunde. Dabei handelt es sich laut Urkunde (Zitat) um "eine
Empfehlung im Bereich der Mauertrockenlegung von Objekten durch (die) ...-
Gravomagnetische Methode". Die Empfehlung stellt laut Ausstellungsdokument
eine Garantiedauer dar und kann bei öffentlichen Ausschreibungen eingesetzt
werden",
15. "Die Tatsache, dass der polnische Verband von Bauingenieuren und
Bautechniker in ... die ...-Technologie zur sauberen und umweltfreundlichen
Trockenlegung von feuchten Mauern mit einer "Empfehlungsurkunde"
ausgezeichnet hat, beweist einmal mehr, dass das ...I-System eine zuverlässige
und effektive Methode zur Mauerentfeuchtung darstellt, erklärt Ing. W M, der
Erfinder der ...-Methode",
16. "Die ...-Technologie zur umweltfreundlichen Gebäudetrockenlegung legt
seit 1985 erfolgreich Mauern trocken. Das durchfeuchtete Mauerwerk wird weder
geschnitten, es wird keine Chemie injiziert, noch wird Strom verwendet. Ein im
Gebäude zentral platziertes Gerät als patentierter Eigenenergieversorger bewirkt
die Mauerentfeuchtung, wodurch die Wärmedämmung enorm erhöht wird",
17. "Die ...-Methode wurde europaweit bereits mehr als 40.000 Mal
eingesetzt. Zahlreiche Referenzen zeugen von erfolgreichen Trockenlegungen mit
dem ...-System, wie etwa ein Trakt des ungarischen Parlaments in Budapest,
Rogners Fuchs-Palast/Kärnten, Schloss Reitenau in der Steiermark und die
Stiftsvinothek in K u. v. m.".
Mit Schriftsatz vom 03.06.2009 (Bl. 206 f. d. A.) hat die Verfügungsbeklagte
Widerspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 16.06.2009 (Bl. 243 ff. d. A.)
begründet.
Der Verfügungskläger nimmt zu seiner Prozessführungsbefugnis und
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Der Verfügungskläger nimmt zu seiner Prozessführungsbefugnis und
Aktivlegitimation auf das Protokoll der zeugenschaftlichen Vernehmung des
Geschäftsführers des Deutschen Holz- und Bautenschutz Verbandes e. V. (DHBV),
..., vom 23.04.2009 in dem Verfahren 44 HK O 224/08 des Landgerichts Dresden
Bezug (Anlage A 20, Bl. 175 ff. d. A.). Danach gehörten dem DHBV allein 278
Mitglieder an, die konkret im Bereich der Bauwerksabdichtung tätig seien.
Der Verfügungskläger macht geltend, mit sämtlichen der angegriffenen Angaben
werde bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung erweckt, es könne
mit dem angepriesenem "...-Gerät eine Wirkung gegen Mauerfeuchte erzielt
werden. Diese Vorstellung sei jedoch falsch. Bei der von der Verfügungsbeklagten
angepriesenen Methode zur "Gebäudetrockenlegung" handele es sich um ein
gänzlich ungeeignetes Verfahren. Das "..."- Gerät solle nicht nur ohne Kontakt zum
Mauerwerk und auf drahtlosem Wege wirken; es "funktioniere", wie in der Werbung
der Verfügungsbeklagten mehrfach betont, ohne Strom und als
"Eigenenergieversorger" in der Weise, dass von oben eine angebliche
"Raumenergie" in das Gerät fließe, von unten eine angebliche "Bodenenergie"
angesaugt und beide Energien dann in ein angebliches "Wirkfeld" umgewandelt
und ins Mauerwerk gesandt würden. Die Wirkungsweise sei jedoch noch nicht
gemessen worden und der heute hoch entwickelten Wissenschaft der Physik nicht
ansatzweise bekannt. In Wahrheit sei die Werbung der Verfügungsbeklagten nichts
anderes als eine Mixtur von Begrifflichkeiten aus der Physik, pseudo-
wissenschaftlich-esoterischen Begrifflichkeiten und ökologischer Romantik. Die
Werbung sei dazu bestimmt, Personen, denen Grundkenntnisse der Physik fehlten,
eine "Innovation" vorzugaukeln. Tatsächlich aber handele es sich bei einem
derartigen Gerät, eingesetzt zum Zwecke der Mauertrockenlegung, um nichts
anderes als um pseudo-technologisches Blendwerk, um den angesprochenen
Publikum den Blick auf die wesentliche Tatsache zu vernebeln, dass derartige
Geräte von vornherein nicht funktionieren könnten. Das Gerät sei "der pure
Schwindel".
Die Untauglichkeit ergebe sich auf den ersten Blick aus der baulichen
Zusammensetzung des Geräts. Dieses bestehe aus einem zusammen genieteten
Behältnis aus Aluminium, in welches drei Plastikstifte eingebaut seien, die
wiederum zwei kreisrunde mit Rillen versehene Plastikscheiben trügen, zwischen
denen ein Nagel angebracht sei. Der Verfügungskläger verweist auf die Lichtbilder
in den Anlagen A 5 (Bl. 42 – 56 d. A.) und A 6 (Bl. 57 – 60 d. A.).
Der Verfügungskläger führt aus, mit sämtlichen angegriffenen Werbeangaben
werde zu Verkaufsförderungszwecken eine mauerentfeuchtende Wirkung der
angepriesenen "..."-Geräte behauptet, welche es in Wirklichkeit nicht gebe.
Der Verfügungskläger ist unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung der
Auffassung, dass derjenige, der im geschäftlichen Verkehr mit Wirkungsaussagen
Werbung treibe, die wissenschaftlich ungesichert seien, darzulegen und zu
beweisen habe, dass seine Angaben zutreffend und richtig sind. Maßstab sei
insoweit der Stand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis, dem die
Werbebehauptung entsprechen müsse. Hieran fehle es, wenn eine Einschätzung
der Wirksamkeit und Geeignetheit der jeweiligen Methode durch die in der
jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliege oder
wenn die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als
ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteile. Diese für den Medizinbereich
entwickelten Grundsätze müssten auch für Geräte zur Trockenlegung von
Gebäuden gelten. Dazu gehöre ein Ursache-Wirkungs- Nachweis, d. h. ein
Nachweis dafür, dass das jeweils in Rede stehende Gerät tatsächlich nach den
anerkannten Regeln der Physik entsprechend funktioniere und die angeblich
mauertrocknende Wirkung ursächlich herbeiführe. Die Verfügungsbeklagte sei zu
einer entsprechenden wissenschaftlich- technisch plausiblen Erklärung nicht in der
Lage.
Der Verfügungskläger beantragt,
wie erkannt.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 18.05.2009 aufzuheben und den auf
ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte rügt die fehlende Aktivlegitimation des Verfügungsklägers.
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Die Verfügungsbeklagte rügt die fehlende Aktivlegitimation des Verfügungsklägers.
Er könne diese nicht durch die Mitgliedschaft des DHBV begründen. Die Aussage
des Zeugen ... vor dem Landgericht Dresden sei in Teilen unzutreffend. Auf die
diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 06.07.2009
nebst Anlagen (Bl. 781 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
Die Verfügungsbeklagte meint, es bestehe kein Verfügungsgrund. Der Vortrag des
Verfügungsklägers, er bzw. der hinter ihm stehende DHBV habe erst am
23.04.2009 von ihrer Internetpräsenz und ihrem Angebot Kenntnis erlangt, sei
unglaubwürdig, da der Verfügungskläger ausweislich der Anlagen AG 15 – AG 20
(Bl. 598 – 632 d. A.) in einem Eilverfahren beim Landgericht Dresden – 42 HK O
207/08 – versucht habe, das Gericht über die Eilbedürftigkeit zu täuschen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, der Verfügungskläger habe nicht
glaubhaft gemacht, dass ihre Werbeaussagen irreführend und damit
wettbewerbswidrig seien. Eine Umkehr der Beweislast gemäß den vom
Bundesgerichtshof für den Medizinbereich entwickelten Grundsätzen sei nicht
gerechtfertigt. Die mauertrocknende Wirkung der "..."-Geräte beruhe auf einem
vom Firmengründer selbst entwickeltem Verfahren, dass durch ein zu seinem
Gunsten eingetragenes Patent geschützt sei (Anlage AG 1, Bl. 267 ff. d. A.). Die ...
GmbH sei im Jahre 1985 gegründet worden und seitdem auf dem Markt aktiv. Sie
unterhalte Vertretungen in der Schweiz, Italien, Norwegen und Deutschland sowie
weiteren europäischen Staaten und habe mehr als 42.000 Geräte eingesetzt. Die
Geräte von ...I überzeugten in der Praxis durch ihre Wirksamkeit im Bereich der
aufsteigenden Bodenfeuchte. Dies ergebe sich aus einer Zusammenstellung von
143 Messprotokollen (Anlage AG 2, Bl. 278 – 388 d. A.). Nach dem Einbau der
Geräte konnte in einem Großteil der Gebäude eine deutliche Abnahme der
Durchfeuchtung festgestellt werden. Dabei sei die Austrocknung auf einen
Zeitraum von max. 3 Jahren erfolgt. Die Messungen seien mittels der anerkannten
gravimagnetischen (DARR) Methode vorgenommen worden (Anlage AG 3, Bl. 389
ff. d. A. und Anlage AG 4, Bl. 421 ff. d. A.). Neben diesen Protokollen seien die
Erfolge der von der Verfügungsbeklagten verkauften Geräte auch mittels
eidesstattlicher Versicherungen und Aussagen von zufriedenen Kunden sowie
umfangreicher Dokumentationen von Referenzobjekten und Auszeichnungen zu
untermauern (Anlagen AG 5 – AG 12, Bl. 425 – 586 d. A.).
Die Verfügungsbeklagte meint, auch wenn der wissenschaftliche Nachweis der
wirkenden Energien, d. h. der Wirkweise, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
möglich sei, so könne deren Existenz im Hinblick auf die überzeugenden
praktischen Ergebnisse nicht bestritten werden. Der Verfügungskläger habe seiner
Glaubhaftmachungspflicht nicht genügt, dass die ...I-Geräte nicht funktionierten.
Jedenfalls sei von einer "non liquet" -Situation auszugehen, die zu einer Aufhebung
der einstweiligen Verfügung führen müsse. Dies gebiete auch das in Artikel 12 GG
geregelte Grundrecht der Berufsfreiheit. Der Verfügungsbeklagten könnten nicht in
einem summarischen Eilverfahren Unterlassungsverpflichtungen auferlegt werden,
die zu einem Erliegen ihrer unternehmerischen Tätigkeit führten.
Zu den weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und den Verfahrensabläufen
wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen
Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet, so
dass im Widerspruchsverfahren der Beschluss vom 18.05.2009 zu bestätigen war
(§§ 925, 936 ZPO).
Der Verfügungskläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prozessführungsbefugt bzw.
aktivlegitimiert. Er hat durch die Vorlage des Protokolls der zeugenschaftlichen
Vernehmung des Geschäftsführers ... des DHBV vor dem Landgericht Dresden
vom 23.04.2009 nebst Mitgliederliste glaubhaft gemacht, dass ihm über die
Mitgliedschaft des DHBV 278 Unternehmen angehören, die konkret im Bereich
Bauwerksabdichtung tätig sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Protokoll
als öffentliche Urkunde (§ 415 Abs. 1 ZPO) als Beweismittel eine höhere Wertigkeit
zukommt als einseitig abgegebenen und nicht hinterfragten eidesstattliche
Versicherungen.
Selbst wenn, wie die Verfügungsbeklagte einwendet, einige der angegebenen
Unternehmen nicht auf dem Gebiet der Mauertrockenlegung tätig oder als
Franchisegeber und Franchisenehmer doppelt aufgelistet sind, verbleibt eine
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Franchisegeber und Franchisenehmer doppelt aufgelistet sind, verbleibt eine
erhebliche Anzahl von Unternehmen, die Dienstleistungen gleicher oder
verwandter Art auf demselben Markt wie die Verfügungsbeklagte anbietet. Eine
Mindestanzahl ist nicht erforderlich. Es müssen lediglich Unternehmen aus dem
Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt nach Anzahl und/oder Größe,
Marktbedeutung und wirtschaftlichem Gewicht repräsentativ vertreten sein, so
dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann
(Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 8 UWG Rdn. 3.42). Diese
Voraussetzungen sind durch die protokollierte Aussage des Zeugen Dr. Remes
glaubhaft gemacht.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten beschränkt sich der "Markt"
nicht nur auf den näherem Umkreis des Geschäftssitzes der Verfügungsbeklagten
in Offenbach am Main, denn sie wirbt mit ihrem Internetauftritt überregional im
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird gemäß § 12 Abs. 2
UWG vermutet. Sie wird gestützt durch die Datumsangabe "23.04.2009" auf den
von dem Verfügungskläger vorgelegten Ausdrucken aus dem Internetauftritt der
Verfügungsbeklagten, die eindeutig gegen eine vorherige Kenntnis von der
angegriffenen Werbung sprechen. Die von der Verfügungsbeklagten ausführlich
dargestellten Vorgänge zur Frage der Eilbedürftigkeit in dem einstweiligen
Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Dresden widerlegen die gesetzliche
Vermutung nicht. Es gibt keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass der
Verfügungskläger im vorliegenden Verfahren zur Frage des Zeitpunkts der
Kenntniserlangung falsch vorgetragen hat. Insoweit bleibt die Verfügungsbeklagte
– anders als vor dem Landgericht Dresden- konkrete Indizien oder Nachweise
schuldig.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet aus den §§ 3, 5 Abs.
1 Nr. 1, Abs. 2, 8 Abs. 1 UWG.
Die Kammer folgt den von dem Verfügungskläger mit den Anlagen A 11 – A 18 (Bl.
100 – 171 d. A.) und mit der Anlage A 24 (Bl. 748 – 768 d. A.) vorgelegten
einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen. In dem zuletzt genannten
Berufungsurteil vom 29.05.2009 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren hat
das Oberlandesgericht Naumburg Folgendes ausgeführt:
a) Der Tatbestand der Irreführung nach § 5 Abs. 1 UWG ist erfüllt, wenn
eine Werbeangabe geeignet ist, bei den angesprochenen Verkehrskreisen, an die
sich die Werbung richtet, konkrete Fehlvorstellungen hervor zu rufen und diese zu
falschen Entscheidungen zu beeinflussen (vgl. Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG Rnd. 2.65). Dabei ist stets
auf den Empfängerhorizont des beworbenen Verkehrskreises abzustellen.
Irreführend ist eine Werbeaussage in jedem Fall dann, wenn ein objektiv falscher
Tatbestand behauptet wird ("unwahre Angaben" im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
UWG). Aber selbst objektiv zutreffende Angaben können irreführend sein, wenn ein
beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise damit unrichtige
Vorstellungen verbindet (vgl. BGH GRUR 1998, 1043; Saarländisches OLG
Saarbrücken OLGR Saarbrücken 2006, 831 – 835 zitiert nach juris; Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.71). Es kommt
mithin maßgeblich darauf an, wie die angesprochenen Verbraucher- bzw.
Kundenkreise die beanstandeten Werbebotschaften des Verfügungsbeklagten
verstehen und ob die von der Werbung erweckten Vorstellungen, soweit sie einen
nachprüfbaren Inhalt haben, mit den wirklichen Verhältnissen übereinstimmen.
b) Mit der auf seiner Homepage aufgeführten Internetwerbung wendet sich
der Verfügungsbeklagte in erster Linie an interessierte Bauherrn, die eine
grundlegende Mauerwerkssanierung ihrer Gebäude wegen bestehender
Baufeuchte beabsichtigen und sich zu diesem Zweck im Internet über
verschiedene Verfahrensweisen zur Trockenlegung feuchten Mauerwerks
erkundigen. Adressat der Internetwerbung ist danach ein eher allgemeines
Publikum. Dabei handelt es sich primär nicht um versierte Baufachleute, sondern
um im Bauwesen nicht allzu bewanderte Laien, die mit der technischen
Wirkungsweise des angebotenen ...-Gerätes in keiner Weise vertraut sind.
Die insoweit angesprochenen Verbraucherkreise entnehmen den
Werbeaussagen des Verfügungsbeklagten auf seiner Homepage, dass die
angepriesenen Entfeuchtungssysteme ohne größeren Arbeits- und Kostenaufwand
und ohne Substanzeingriffe in die Gebäudesubstanz zu der erwünschten
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und ohne Substanzeingriffe in die Gebäudesubstanz zu der erwünschten
nachhaltigen Trockenlegung des feuchten Mauerwerkes führen. Der interessierte
Internetkunde setzt dabei voraus, dass die von dem Verfügungsbeklagten
angebotene Methode in der Praxis nach bestimmten Standards erprobt ist,
tatsächlich – wie dargestellt - funktioniert und die ihr zugeschriebene Wirkung
entfaltet und damit den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik entspricht.
Denn dies ist der Mindeststandard, zu dem sich ein Bauunternehmen bei
Abschluss eines Werkvertrages mit Blick auf § 633 BGB zumindest stillschweigend
verpflichtet. Der Verbraucher geht daher davon aus, dass die Werbebehauptung
dem Stand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis des Baufaches entspricht,
zumal sich der Verfügungsbeklagte hier eines bekannten physikalischen
Wirkungsprinzips berühmt, nämlich der Elektroosmose, das einer
wissenschaftlichen Nachprüfung aber ohne weiteres zugänglich ist.
Lässt das beworbene System hingegen eine fundierte, technisch bzw.
physikalisch nachvollziehbare Grundlage vermissen, wird der interessierte Kunde in
den durch die Werbeaussagen hervorgerufenen Erwartungen an das Produkt
getäuscht.
c) Bei der Feststellung einer irreführenden Werbung nach § 5 Abs. 1 UWG
trifft zwar grundsätzlich den Unterlassungskläger die Darlegungs- und Beweislast
bzw. die Glaubhaftmachungslast für die Unrichtigkeit der Werbebehauptung, hier
mithin die fehlende Zwecktauglichkeit des angepriesenen Produktes, da es sich
insoweit um eine anspruchsbegründende Voraussetzung des
Irreführungstatbestandes handelt (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1391 – 1392- Reumalind
II – zitiert nach juris; OLG Karlsruhe MD 2006, 612 – 618 zitiert nach juris). Denn
auch im Wettbewerbsprozess gilt der allgemeine prozessrechtliche Grundsatz,
dass die Partei, die ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die rechtsbegründenden
Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat (vgl. BGH BB 1978, 276 – 277 zitiert
nach juris; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG
Rdn. 3.19).
Dem Unterlassungsgläubiger kommen allerdings Darlegungs- und
Beweiserleichterungen zugute, wenn es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die
– wie auch hier – in den Verantwortungsbereich des werbenden Beklagten fallen
(vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG Rdn.
3.23). Gerade bei Werbebehauptungen fehlt dem außerhalb des
Geschehensablaufs stehenden Kläger oftmals eine genaue Kenntnis der
entscheidenden Tatumstände, da es sich zumeist um innerbetriebliche,
rechtserhebliche Tatsachen handelt, so dass es ihm nicht möglich ist, den
Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während der Beklagte in der Regel über
diese Kenntnisse verfügt und die notwendige Aufklärung ohne weiteres leisten
kann. Da der Nachweis der Unrichtigkeit von Werbeangaben häufig besonders
schwierig ist, kann es dem Gebot einer redlichen, mit Treu und Glauben zu
vereinbarenden Prozessführung widersprechen, dass sich der Beklagte auf ein
einfaches Bestreiten beschränkt. Ihm obliegen vielmehr in einem solchen Fall
ebenfalls prozessuale Erklärungspflichten, und er kann dementsprechend gehalten
sein, die für die Beurteilung der Irreführungsgefahr maßgebenden,
innerbetrieblichen Umstände näher darzulegen und die erforderliche Aufklärung zu
leisten, sofern ihm dies nach den Umständen zuzumuten ist. Kommt der Beklagte
seiner Darlegungspflicht nicht nach, so kann das Gericht davon ausgehen, dass
die Behauptung unrichtig oder jedenfalls irreführend ist (vgl. BGH BB 1978, 276 –
278 zitiert nach juris; OLG Karlsruhe MD 2006, 612 – 618 zitiert nach juris;
Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. § 5 UWG Rdn. 3.23).
Im vorliegenden Fall ist das Landgericht darüber hinaus zu Recht von einer
Umkehr der Glaubhaftmachungslast zulasten des Verfügungsbeklagten
ausgegangen. Stützt sich der Werbende nämlich auf eine fachlich umstrittene,
wissenschaftlich nicht abgesicherte Behauptung, ohne die Gegenansicht in seiner
Werbung zu erwähnen, hat er damit zugleich die Verantwortung für die objektive
Richtigkeit der Angaben übernommen. Er muss sie dann im Streitfall – entgegen
der eigentlichen Beweisregel des § 5 UWG – unter Umständen sogar beweisen
bzw. hier glaubhaft machen (vgl. BGH NJW 1958, 1235 – 1237- Odol – zitiert nach
juris; BGH NJW RR 1991, 1931 – 1392 – Reumalind II – zitiert nach juris; BGH GRUR
2002, 273 – 275 – EUSOVIT – zitiert nach juris; BGH GRUR 2990, 75 – 79 zitiert
nach juris; OLG Saarbrücken OLGR Saarbrücken 2006, 831 – 835 zitiert nach juris;
OLG Frankfurt OLGR Frankfurt 2007, 140 – 142 zitiert nach juris; Hanseatisches
OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 88 – 91 zitiert nach juris; OLG Karlsruhe
Magazindienst 2006, 612 – 618 zitiert nach juris; Bornkamm in
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Magazindienst 2006, 612 – 618 zitiert nach juris; Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG Rdn. 3.26 zitiert nach juris).
Diese Grundsätze zur Beweislastumkehr sind in der Rechtsprechung zwar in erster
Linie für Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens entwickelt
worden, für die besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit
und Klarheit der Aussagen gelten. Auf den Bereich der gesundheitsbezogenen
Werbung lassen sich diese Grundsätze jedoch nicht beschränken, sie
beanspruchen vielmehr in gleicher Weise auch bei anderen fachlich umstrittenen
wissenschaftlich nicht abgesicherten Behauptungen Geltung (vgl. Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG Rdn. 3.26; Köhler in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 12 UWG Rdn. 2.96 m. w. N), sofern
die umstrittene Wirksamkeitsbehauptung einem Wirkungsnachweis grundsätzlich
zugänglich ist.
Diese von der Rechtsprechung seit langem anerkannte Begründung einer
Beweislastumkehr bei Wirksamkeitsbehauptungen ist seit dem Ablauf der
Umsetzungsfrist der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung durch deren
Art. 6 lit. a, b geboten. Auf eine explizite Umsetzung dieser Richtlinien – Norm
wurde in Deutschland nämlich stets unter Hinweis auf die bereits fest etablierte
Spruchpraxis der Gerichte verzichtet (vgl. OLG Karlsruhe Magazindienst 2006, 612
– 618 zitiert nach juris; BT-Drucks. 14/2969, S. 9; Bornkamm in ...
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 UWG Rdn. 3.20, 3.31). Im
Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5 UWG ist zudem Art. 7 der
Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung zu beachten,
wonach die Zivilgerichte die Befugnis haben müssen, vom Werbenden Beweise für
die Richtigkeit von in der Werbung angestellten Tatsachenbehauptungen zu
verlangen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten
Interessen der Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die
Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint.
Hier kommt hinzu, dass der Verfügungsbeklagte mit einer "Geld-Zurück-
Garantie" wirbt und damit die Wirksamkeit des von ihm beworbenen Produktes
ausdrücklich zusichert. Die Übernahme einer Garantie für eine behauptete
Wirksamkeit der beworbenen Produkte stellt aber ein Fall dar, in dem es unter
Berücksichtigung der Interessen der Werbenden und der anderen
Verfahrensbeteiligten durchaus als angemessen erscheint, von dem Werbenden
Beweise für die Richtigkeit der in der Werbung enthaltenen
Tatsachenbehauptungen zu verlangen (vgl. OLG Karlsruhe Magazindienst 2006,
612 – 618 zitiert nach juris).
Diese ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des Oberlandesgerichts
Naumburg sind auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Die Irreführung
ergibt sich hier daraus, dass die Verfügungsbeklagte für das von ihr vertriebene ...-
Gerät mit den im einzelnen im Tenor genannten Wirkungsaussagen wirbt, obwohl
wissenschaftlich gesicherte Ursache-Wirkung- Nachweise für die verwendete
Methode nicht vorliegen. Nach Einschätzung der in der Tradition der Aufklärung
stehenden Mitglieder der Kammer sprechen bereits die simplen Komponenten und
der Aufbau des Geräts dagegen, dass es Energien zu erzeugen vermag, welche
die nach den Gesetzen der Kapillarität aufsteigende Feuchtigkeit veranlassen
könnte, sich wieder gen Erdreich zu bewegen. Das Gerät nimmt Energie weder auf,
noch gibt es diese ab. Es arbeitet weder mit Elektrizität noch mit Magnetfeldern.
Gar nicht nachvollziehbar ist, wie die Verfügungsbeklagte im Kammertermin
erläutert hat, die angeblich mauerentfeuchtende Wirkung auf einer Fläche von
über 200 m² mit nur einem Gerät, mithin unter Einwirkung auch auf die
Nachbarräume, in denen kein entsprechendes Gerät aufgestellt wird.
Die von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Messprotokolle, Patente,
Belobigungen und Auszeichnungen geben keinen Aufschluss über das Ursache-
Wirkungsprinzip, welches dem Gerät zugrunde liegen soll. Die von der
Verfügungsbeklagten und der Herstellerin in ihren Werbebroschüren gegebenen
Erklärungsversuche entsprechen nicht dem aktuellen gesicherten Stand der Physik
und der Wissenschaft. Die von dem Gerät angeblich ausgehenden Energien sind
bislang nicht gemessen und erfasst worden. Nach dem heutigen Stand von
Forschung und Technik ist es ersichtlich nicht möglich, anhand bekannter Größen
und Kriterien der Physik plausibel zu machen, wie ein so primitiv konstruierter
Apparat, der hängend in einem Raum angebracht wird, Mauern – sogar in
Nachbarräumen – trocknen soll.
Der Verurteilung der Verfügungsbeklagten im Eilverfahren steht nicht das
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Der Verurteilung der Verfügungsbeklagten im Eilverfahren steht nicht das
Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) entgegen. Das Recht zur Ausübung
eines bestimmten Berufes ist nicht schrankenlos, sondern kann durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Die unternehmerische berufliche
Tätigkeit erfährt Einschränkungen, soweit – wie hier – gegen Vorschriften zum
Schutze der Verbraucher verstoßen wird. Die gebotene Abwägung des Schutzes
der Allgemeinheit vor irreführender Werbung und des Rechts zur Berufsausübung
gebietet es nicht, von der gesetzlich eröffneten Möglichkeit der Anordnung von
Unterlassungsverpflichtungen im einstweiligen Verfügungsverfahren abzusehen
und eine endgültige Klärung in einem – möglicherweise langwierigen –
Hauptverfahren abzuwarten.
Die Verfügungsbeklagte ist als unterlegene Partei kostentragungspflichtig (§ 91
Abs. 1 ZPO).
Das bestätigende Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren ist ohne die
Notwendigkeit eines entsprechenden Ausspruchs wegen der Natur der Sache
vorläufig vollstreckbar (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 63. Aufl., § 708 Rdn. 8).
...
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.