Urteil des LG Darmstadt vom 11.09.2007

LG Darmstadt: einstweilige verfügung, vermieter, kaution, pfandgläubiger, wohnraummiete, einziehung, ermessen, hauptsache, auszahlung, offenkundig

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Gericht:
LG Darmstadt 25.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
25 S 135/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 551 BGB, § 1228 BGB, §
1282 BGB, § 935 ZPO
Wohnraummiete: Mietkaution als Sicherheit bei strittigen
Ansprüchen
Tenor
Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache werden die Kosten des
Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt.
Streitwert der Berufungsinstanz: 1.000,– Euro.
Gründe
Nachdem die beiden Parteien den Rechtsstreits in der Berufungsinstanz
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits
gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes
nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führt zur Auferlegung der Kosten auf
den Beklagten, da er ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem
Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre.
Auch nach der Auffassung der Berufungskammer kann ein Wohnungsmieter im
Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen, dass der Vermieter die Einziehung
der Forderung aus dem bei einem Bankinstitut verpfändeten Mietkautionskonto
unterlässt (vgl. auch Amtsgericht Bremen, Beschluss vom 15.05.2007 – 4 C
166/07 –; Landgericht Darmstadt, Beschluss vom 13.12.2004 – 11 T 11/04 –;
Amtsgericht Lichtenberg, Urteil vom 01.04.2004 – 4 C 1002/04 –; Landgericht
Wuppertal, Urteil vom 27.11.2003 – 9 S 194/03 –; Amtsgericht Tiergarten, Urteil
vom 11.03.2003 – 6 C 290/03 –; Landgericht Berlin, Beschluss vom 05.09.2002 –
65 T 64/02 –). Insofern ist die ursprüngliche Entscheidung des Amtsgerichts
Darmstadt vom 30.03.2007, mit dem die beantragte einstweilige Verfügung
erlassen worden ist, nicht zu beanstanden. Eine Aufhebung dieser einstweiligen
Verfügung mit dem angefochtenen Urteil vom 23.05.2007 hätte nicht erfolgen
dürfen.
Gemäß § 1282 BGB ist der Pfandgläubiger – hier der Vermieter – zur Einziehung
der verpfändeten Forderung nur berechtigt, soweit Pfandreife gemäß § 1228 Abs. 2
BGB eingetreten ist, d. h. die Forderung ganz oder zum Teil fällig ist. Dabei muss
der Pfandgläubiger grundsätzlich nicht nur sein Pfandrecht, sondern auch die
Pfandreife beweisen. Soweit nach dem Inhalt der Verpfändungsvereinbarung der
Parteien vom 16.09.2003 allein der Vermieter der Bank gegenüber
verfügungsbefugt ist, so dass eine Auszahlung der Sicherheitsleistung auch ohne
diesen Nachweis erfolgen kann, bedeutet dies nur eine Erleichterung für das
Bankinstitut, das nicht in die evtl. Streitigkeiten der Parteien untereinander
hineingezogen werden soll. Daraus folgt aber nicht, dass die Einziehungsbefugnis
des Vermieters nicht von der Pfandreife abhängen soll. Vielmehr darf der
Vermieter die Kaution nur einziehen, wenn er berechtigte, verrechenbare
Gegenforderungen hat. Wenn diese Ansprüche nicht unstreitig sind, muss er das
Bestehen derartiger Forderungen auf dem Rechtsweg klären lassen. Für eine
solche Klärung ist aber das einstweilige Verfügungsverfahren nicht geeignet. Im
Übrigen soll die Mietkaution die berechtigten Ansprüche des Vermieters lediglich
sichern, ihm jedoch nicht die Möglichkeit geben, sich vor Austragung des Streites
über bestehende Ansprüche vollständig zu befriedigen.
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Der ebenfalls glaubhaft gemachte Verfügungsgrund ergibt sich aus § 935 BGB.
Danach ist eine einstweilige Verfügung zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch
eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts
einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Aus § 551 Abs. 3 S.
3 BGB sowie der Sicherungsfunktion der Kaution ergibt sich, dass diese getrennt
vom Vermögen des Vermieters zu verwahren ist, so dass sie stets dem Zugriff
etwaiger Gläubiger desselben entzogen bleiben muss. Zieht der Vermieter
dennoch die Sicherheit ein, ist die Gefahr des Gläubigerzugriffs offenkundig. Sie
soll – wie bereits dargelegt – bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage lediglich
der Sicherung, nicht aber der Erfüllung dienen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.