Urteil des LG Cottbus vom 08.02.2008

LG Cottbus: eidesstattliche erklärung, fahrtkosten, zeugenentschädigung, bach, verdienstausfall, tarifvertrag, verfügung, beschwerdekammer, rechtsmissbrauch, konzern

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Gericht:
LG Cottbus 4.
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 Qs 60/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 S 1 JVEG, § 4 Abs 1 Nr
1 JVEG, § 5 JVEG, § 6 Abs 2 JVEG,
§ 19 Abs 1 Nr 1 JVEG
Zeugenentschädigung: Erstattung von Kosten für Fahrt und
Unterkunft
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird in Abänderung des Beschlusses des
Amtsgerichts Lübben vom 08.02.2008 die dem Beschwerdegegner zu gewährende
Zeugenentschädigung auf insgesamt 430,98 Euro festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Beschwerdegegner, der seinerzeit beruflich als Zugbegleiter bei der Deutschen
Bahn tätig war und seinen Wohnsitz in 97724 Burglauer, Ringstraße 19 hatte (und hat),
war als vom Gericht geladener Zeuge in einer von dem Amtsgericht Lübben auf den
08.05.2007, 13.20 Uhr anberaumten Hauptverhandlung in der vorliegenden Strafsache
erschienen. Er wurde gem. Auszahlungsbeleg Bl. 42 um 13.40 Uhr entlassen. Auf seinen
Antrag hin wurden ihm noch am gleichen Tag durch die Anweisungsstelle des
Amtsgerichts 361,39 Euro als Zeugenentschädigung ausgezahlt (Bl. 42); da der Zeuge
Übernachtungskosten nicht geltend gemacht hat, sind solche darin nicht enthalten.
Wegen der vorgelegten Unterlagen und der Einzelheiten über die Auszahlung der
Zeugenvergütung wird auf Bl. 42 bis 44 verwiesen. Am 13.06.2007 ging beim
Amtsgericht eine auf den Namen des Zeugen ausgestellte Rechnung (Nr. 379) der
Pension …, Berlin vom 09.05.2007 über einen Betrag von 40 Euro für eine Übernachtung
vom 8. auf den 09.05.2007 ein (Bl. 77), um deren Erstattung es u.a. vorliegend geht.
Der Zeuge erschien in dieser Strafsache am 05.06.2007 zu einem weiteren auf 13 Uhr
anberaumten Hauptverhandlungstermin (Bl. 45, 49). Hierfür wurde ihm ein Betrag von
414,49 Euro als Zeugenentschädigung, darin 40 Euro an Übernachtungskosten gemäß
Rechnung Nr. 114 der Pension …, Berlin für eine Übernachtung vom 04. auf den
05.06.2007 (Bl. 63 a), ausgezahlt (Bl. 62). Auf die Bescheinigung seines Arbeitgebers
über den Verdienstausfall vom 21.05.2007 (Bl. 63), auf dessen Bescheinigung über
vorschussweise gezahlte Entgelte vom 30.05.2007 für die Wahrnehmung des Termins
am 05.06.2007 (Bl. 64) und auf die Aussagegenehmigung vom 30.05.2007 (Bl. 81) wird
Bezug genommen.
Die Anweisungsbeamtin des Amtsgerichts wies mit Verfügung vom 23.07.2007 (Bl. 75)
„den Antrag (des Zeugen) auf Rückerstattung“ (gemeint ist: Erstattung) der
Übernachtungskosten gem. o.a. Rechnung vom 09.05.2007 zurück. Sie bezog sich dabei
auf die Stellungnahme des Beteiligten zu 1. vom 06.07.2007 (Bl. 72), in der dieser die
Notwendigkeit einer Übernachtung verneint hatte, da der Zeuge die Rückfahrt an seinen
Wohnort direkt nach der Verhandlung vom 08.05.2007, die laut Protokoll um 13.45 Uhr
beendet gewesen sei (Bl. 38), hätte antreten können. Es habe eine Bahnverbindung um
14.54 Uhr ab Lübben mit Ankunft in Burglauer um 21.33 Uhr bestanden. Die Ankunft am
Wohnort sei in analoger Anwendung der reisekostenrechtlichen Bestimmungen für
Beamte bis 24.00 Uhr zumutbar gewesen.
Des Weiteren beantragte der Beteiligte zu 1. ebenfalls unter dem 06.07.2007 (Bl. 73 f)
die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung des Zeugen … gemäß § 4 JVEG. Dazu
trägt er vor:
Als Zugbegleiter bei der Deutschen Bahn AG sei er berechtigt und insoweit auch als
Zeuge verpflichtet, kostenlos mit der Bahn zu fahren. Er - der Beteiligte zu 1. - gehe
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Zeuge verpflichtet, kostenlos mit der Bahn zu fahren. Er - der Beteiligte zu 1. - gehe
aufgrund bestimmter Umstände, die er darlegt, davon aus, dass der Zeuge auch
tatsächlich mit dem Zug, und zwar kostenlos, gereist sei. Wegen fehlender Auslagen
stünden ihm keine Entschädigungsansprüche zu. Die mit Anweisung vom 05.06.2007
gezahlten Übernachtungskosten von 40 Euro seien nur in Höhe von 37,60 Euro zu
erstatten. Der hier angemessene Übernachtungspreis, in dem jedoch auch die Kosten
für ein Frühstück enthalten gewesen sei, sei gemäß § 6 Abs. 2 BRKG um den
Verpflegungsanteil zu kürzen, da die Kosten des Frühstücks aus dem gesondert
gezahlten Tagegeld zu bestreiten seien. Der Zeuge habe ein Tagegeld gemäß § 6 Abs. 1
JVEG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 b EStG in Höhe von 12,00 Euro erhalten. Davon seien gemäß
§ 6 Abs. 2 BRKG 20 % für das Frühstück abzuziehen, mithin 2,40 Euro. Die
erstattungsfähigen Übernachtungskosten betrügen somit 37,60 Euro. Insgesamt
errechne sich eine Entschädigung in Höhe von 310,98 Euro (Bl. 74); diesen Betrag
änderte der Bezirksrevisor in einer späteren Äußerung (Bl. 93 f) auf 430,98 Euro.
Der Beschwerdegegner antwortete hierauf anwaltlich dahin, dass er nicht kostenlos
anzureisen berechtigt gewesen sei. Er sei auch tatsächlich auf eigene Kosten zu den
Terminen angereist. In der schriftlichen Aussagegenehmigung der Deutschen Bahn AG
(Bl. 81) sei er eigens darauf hingewiesen worden, dass für die Fahrt zwischen Wohn- und
Gerichtsort ggf. eine Fahrkarte des öffentlichen Verkehrs gelöst werden müsse.
Dem widersprach der Beteiligte zu 1. (Bl. 93 f) unter Hinweis darauf, dass der Zeuge als
Angehöriger der Deutschen Bahn AG nach dem Konzern-Fahrvergünstigungs-
Tarifvertrag der Deutschen Bahn AG jedenfalls einen Anspruch auf die sogenannte
Fahrvergünstigung gehabt habe, die er dann auch hätte nutzen müssen. Eine
Personalfahrt hätte ihn pro Fahrt 30,00 Euro gekostet, weshalb er hier für insgesamt 4
Fahrten lediglich insgesamt 120,00 Euro hätte aufwenden müssen und auch wegen
Benutzung der Bahn aufgewendet habe. Der Beschwerdeführer hält nunmehr eine
Entschädigung in Höhe von insgesamt 430,98 Euro für berechtigt.
Der Beschwerdegegner gab hierauf und auch nach Akteneinsicht (zunächst) keine
Erklärung mehr ab.
Mit Beschluss vom 08.02.2008 setzte der Amtsrichter die Zeugenentschädigung für den
Zeugen auf 811,08 Euro fest (Bl. 104 ff). Er tritt dem Vortrag des Bezirksrevisors
entgegen, der Zeuge habe kostenfrei zur Hauptverhandlung anreisen können, da er
Bahnbediensteter sei. Diese Behauptung entbehre jeden Nachweises. Das Gericht habe
davon auszugehen, dass der Zeuge mit dem eigenen Pkw zu den
Hauptverhandlungsterminen angereist sei. Soweit der Bezirksrevisor die Erstattung der
vollen Übernachtungskosten in Höhe von 40,00 Euro wegen Nichtabzugs der
Frühstückskosten in Höhe von 2,40 Euro beanstandet habe, sei diese Beanstandung zu
Recht erfolgt. Deshalb seien die Übernachtungskosten um 2,40 Euro zu kürzen. Da der
Zeuge durch Vorlage der Übernachtungsrechnung für die Hauptverhandlung vom
08.05.2007 die Entstehung weiterer Übernachtungskosten in Höhe von 40,00 Euro
abzüglich 2,40 Euro bereits erstatteter Frühstückskosten nachgewiesen habe, seien ihm
zusätzlich zur bereits gezahlten Entschädigung auch noch diese Kosten zu erstatten.
Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors sei der Zeuge nicht verpflichtet gewesen,
die Hin- und Rückfahrt von Würzburg zum Amtsgericht Lübben an einem Tag zu
absolvieren. Bei der Entfernung zwischen diesen Orten handele sich um eine
Reisestrecke, die zwar durch den Zeugen an einem Tag habe zurückgelegt werden
können, wenn dies organisatorisch möglich gewesen wäre, aber von ihm nicht habe
zurückgelegt werden müssen, soweit er dies für sich selbst nicht als zumutbar erachtet
habe.
Die Berechnung zur Zeugenentschädigung lautet
gem. Beschluss:
gem. Antrag des Bezirksrevisors:
a) Hauptverhandlungstermin am 08.05.2007:
109,49 Euro Verdienstausfall
109,89 Euro Verdienstausfall § 20 JVEG
239,50 Euro Fahrtkosten
60,00 Euro Fahrtkosten § 5 I JVEG (2 x 30,00)
12,00 Euro Tagegeld
12,00 Euro Tagegeld § 6 I JVEG
37,60 Euro Übernachtungskosten
0,00 Euro
398,99 Euro
b) Hauptverhandlungstermin am 05.06.2007:
139,40 Euro Verdienstausfall
139,49 Euro Verdienstausfallentschädigung
223,00 Euro Fahrtkosten für 2 x 446 km 60,00 Euro § 5 I JVEG (2 x 30,00 Euro)
12,00 Euro Tagegeld
12,00 Euro Tagegeld
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12,00 Euro Tagegeld
12,00 Euro Tagegeld
37,60 Euro Übernachtungskosten
37,60 Euro Übernachtungskosten
412,09 Euro
Insgesamt:
811,08 Euro
430,98 Euro
Gegen die amtsrichterliche Festsetzung wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner
Beschwerde vom 28.02.2008 (Bl. 108 f), mit der er seinen bisherigen Vortrag wiederholt
und dahin ergänzt, dass der nachträglich gestellte Antrag auf Erstattung der
Übernachtungskosten zum HVT vom 08.05.2007 (Bl. 77) einer Entscheidung im
vorliegenden Verfahren nicht zugänglich sei. Für die Bescheidung sei nämlich gemäß § 2
JVEG i.V.m. Punkt II 2 (1 d) GStOBgb zunächst der Anweisungsbeamte zuständig, gegen
dessen Entscheidung der Zeuge ggfls. gemäß § 4 JVEG einen Antrag auf gerichtliche
Entscheidung stellen könne.
Dem tritt der Beschwerdegegner, der die amtsrichterliche Entscheidung für richtig hält,
damit entgegen (Bl. 111, 115), dass er mit dem Pkw zu beiden Terminen angereist sei,
weil eine Anreise mit der Bahn wesentlich zeitaufwendiger und deshalb nicht zumutbar
gewesen sei. Die Kosten für die Übernachtung anlässlich des zweiten Termins seien
ebenfalls angemessen, weil die An- und Rückreise mit einer Fahrtstrecke von
mindestens 900 km innerhalb nur eines Tages ebenfalls nicht zumutbar gewesen sei,
weil das Risiko der Übermüdung auf der Rückreise als erheblich und damit auch als
Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer einzuschätzen sei.
Der Amtsrichter half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Landgericht
(Beschwerdekammer) zur Entscheidung vor (Bl. 111 R).
Auf einen entsprechenden Hinweis seitens der Kammer hin gab der Beschwerdegegner
unter dem 21.01.2009 eine eidesstattliche Erklärung des Inhalts ab, dass er zu den
Hauptverhandlungsterminen jeweils mit seinem Pkw Opel Astra … hin- und
zurückgefahren sei (Bl. 153).
Die Akte stand vom 23.05. bis 26.09.2008 der Beschwerdekammer nicht zur Verfügung,
da die Staatsanwaltschaft sie im Zusammenhang mit einer nachträglichen
Gesamtstrafenbildung benötigte.
Mit Beschluss des Einzelrichters vom 29.01.2009 wurde die Sache gem. § 4 Abs. 7 JVEG
der Kammer übertragen.
II.
1. Die - nicht fristgebundene - Beschwerde ist zulässig, § 4 Abs. 3 JVEG, da der
Beschwerdewert von 200 Euro überschritten ist. Über sie entscheidet die Kammer,
nachdem der Berichterstatter der Kammer als Einzelrichter die Sache der Kammer
übertragen hat, § 4 Abs. 7 JVEG.
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1 Fahrtkosten, § 19 Abs. 1 Nr 1, § 5 JVEG
2.1.1 Durch seine eidesstattliche Versicherung vom 21.01.2009 hat der Zeuge zwar
glaubhaft gemacht, dass er mit seinem Pkw den Weg zu den
Hauptverhandlungsterminen zurückgelegt hatte. Dazu war er wegen der Freiheit der
Wahl des benutzten Beförderungsmittels grundsätzlich auch berechtigt (vgl. LG Dresden
RPflg 05, 633 mit jedoch missverständlichem Leitsatz unter 1.; Meyer/Höver/Bach, JVEG,
24. Aufl., 2007, § 4 Rn. 4.5). Die noch in § 9 Abs. 1 ZSEG enthalten gewesene
Verpflichtung der Benutzung von Verkehrsmitteln mit den geringsten Aufwendungen ist
im JVEG nicht mehr enthalten.
2.1.2 Die Benutzung eines Pkw ist jedoch dann nicht mehr hinnehmbar, wenn dadurch
ohne nachvollziehbaren Grund Auslagen entstehen, die deutlich höher sind als die, die
ohne Nachteil für den Zeugen diesem sonst entstanden wären. Insoweit ist die
Wahlfreiheit der Beförderungsmittel dort eingeschränkt, wo ein Rechtsmissbrauch
beginnt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., 2007, JVEG § 5 Rn. 6 aE; BLAH, ZPO,
67. Aufl., 2008, Einl. III Rn. 54 ff). Dies ist hier der Fall. Der Zeuge hätte als Bediensteter
der Deutschen Bahn AG die Möglichkeit der Benutzung der Bahn zu einem deutlich
günstigeren Preis gehabt ähnlich wie bei einem Inhaber einer Bahncard oder einer
sonstigen Ermäßigungskarte, dem ebenfalls abverlangt wird, sie einzusetzen (vgl.
Meyer/Höver/Bach aaO 3 5 Rn. 5.8 f). Insoweit hat der Beschwerdeführer, dem der
Beschwerdegegner jedenfalls nicht substantiiert widersprochen hat, unter dem
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Beschwerdegegner jedenfalls nicht substantiiert widersprochen hat, unter dem
23.10.2007 unter Beifügung des „KonzernFahrvergTV“ vom 13.04.2004 und eines
entsprechenden Schriftstücks der Verkehrsgewerkschaft GDBA über „Die Regelungen für
Freifahrt, Personalfahrt im Überblick“, Stand Februar 2008 (Bl. 110 a ff) vorgetragen,
dass eine Personalfahrt (1. Klasse) nach dem Konzern-Fahrvergünstigungs-Tarifvertrag
der Deutschen Bahn AG pro Fahrt 30,00 Euro koste. Für insgesamt 4 Fahrten hätte der
Zeuge somit lediglich insgesamt 120,00 Euro aufwenden müssen. Soweit der
Beschwerdegegner die zunächst aufgestellte Behauptung des Bezirksrevisors über die
Kostenfreiheit einer Beförderung für den Zeugen bestritten und in diesem
Zusammenhang auf die Mitteilung der DB, Regio Unterfranken vom 30.05.2007 (Bl. 83)
verwiesen, wo es heißt: „Für die Fahrt zwischen Wohn- und Gerichtsort muss ggf.
(Unterstreichung durch die Kammer) eine Fahrkarte des öffentlichen Verkehrs gelöst
werden“, ist dieser Vortrag unzureichend. Mit dem Wort „ggf.“ wird nämlich auch eine
andere Fallgestaltung offen gelassen, nämlich etwa die, wonach der Zeuge eine
Personalfahrt gem. obigem Tarifvertrag in Anspruch nehmen konnte. Und gerade auf
diese Fallgestaltung ist der Zeuge nicht mehr eingegangen, was überdies für die
Richtigkeit des Vortrags des Beteiligten zu 1. spricht. Die Gegenüberstellung der
Fahrtkosten des Beschwerdeführers bei Benutzung der Bahn i.H.v. (4 x 30 Euro =) 120
Euro für die Wahrnehmung der beiden Hauptverhandlungstermine und bei Benutzung
des Pkw i.H.v. (239,50 Euro + 223,00 Euro =) 462,50 Euro zeigt, dass die Pkw-
Benutzung um 74 % höher ist als die (fiktiven) Bahnkosten. Dieser Unterschied ist so
groß, dass ein Rechtsmissbrauch des Wahlrechts des Beförderungsmittels zu bejahen
ist, es sei denn, dem Anspruchsteller stehen nachvollziehbare Gründe für seine Wahl zur
Verfügung. Solche Gründe hat der Beschwerdegegner jedoch nicht näher dargestellt.
Dass er bei Benutzung der Bahn insgesamt eine unzumutbar längere Fahrtdauer gehabt
hätte, wird von ihm nicht belegt; im Übrigen wiegt eine (in der Regel) stressfreie
Bahnfahrt einen Zeitgewinn bei einer eher stressbelasteten Pkw-Fahrt auf, weshalb u.U.
auch Hin- und Rückfahrt an einem Tag mit der Bahn, auf die hier abzustellen ist,
zumutbar gewesen wäre. Sonstige Gründe, die dem Beteiligten zu 2. die
Inanspruchnahme der tarifvertraglichen Vergünstigungen unzumutbar gemacht hätten,
sind schließlich nicht ersichtlich.
2.2 Unterkunftskosten (40 Euro) für die Übernachtung vom 8. auf den 09.05.2007
(Rechnung Bl. 77), § 6 Abs. 2 JVEG:
2.2.1 Der Amtsrichter war nicht gehindert, auch diese Übernachtungskosten in seine
gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 JVEG zu treffende Festsetzung einzubeziehen. Wenn auch die
Vorbefassung durch die Anweisungsstelle (Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) im
Rahmen des § 2 Abs. 1 JVEG die Regel ist, so ist sie jedoch nicht zwingend. Deshalb kann
der Antrag auf gerichtliche Festsetzung auch schon gestellt werden, bevor eine
Berechnung und Anweisung im Verwaltungswege erfolgt ist (vgl. Meyer/Höver/Bach,
JVEG, 24. Aufl., 2007, § 4 Rn. 4.5). Das Gericht ist an die gestellten Anträge nur insoweit
gebunden, als es nicht mehr festsetzen kann, als verlangt ist. Unerheblich für die
gerichtliche Festsetzung ist deshalb - wie hier - die nachträgliche Geltendmachung von
Ansprüchen, deren sachliche Überprüfung lediglich die Beachtung der dreimonatigen
Antragsfrist gem. § § 2 Abs. 1 S. 1 JVEG voraussetzt. Diese Frist ist hier eingehalten. Da
das Gericht im Verfahren nach § 4 JVEG die gesamte Entschädigung festsetzen muss
(vgl. Meyer/Höver/Bach aaO Rn.4.12 (dort c); Schneider JVEG, 2007, § 4 Rn. 31), durfte
der Amtsrichter über die nachträglich geltend gemachten Übernachtungskosten
mitbeschließen.
2.2.2 Dem Beschwerdegegner steht indessen ein Erstattungsanspruch für diese
Übernachtung nicht zu, da sie nicht als notwendig i.S.d. § 6 Abs. 2 JVEG angesehen
werden kann. Der Beschwerdeführer weist ohne Widerspruch des Gegners darauf hin,
dass eine Bahn-verbindung um 14.54 Uhr ab Lübben mit Ankunft in Burglauer um 21.33
Uhr bestanden habe. Da der Zeuge um 13.40 Uhr vom Strafrichter entlassen worden
war, hätte er auch unter Berücksichtigung seiner Vorsprache bei der Anweisungsstelle
noch genügend Zeit gehabt - insoweit kennt die Kammer die Örtlichkeit -, den Lübbener
Bahnhof rechtzeitig zu erreichen. Das Eintreffen bereits um 21.33 Uhr in Burglauer gibt
keinen Anlass, eine Übernachtung für berechtigt zu halten. Seine in Berlin vom 8. auf
den 09.05.2007 entstandenen Übernachtungs-kosten können deshalb nicht erstattet
werden (vgl. Meyer/Höver/Bach aaO § 6 Rn. 6.5 (Zif. V. a) aE). Diese Auslagen können
auch nicht etwa - abgesehen von der Frage der Notwendigkeit - für eine fiktive
Übernachtung vom Tag vor der Verhandlung zum Verhandlungstag angesetzt werden,
weil fiktive Übernachtungskosten nicht in den Bereich dieser Vorschrift fallen (vgl.
Hartmann aaO § 6 Rn. 7 aE).
2.3 Die weitere Positionen in der gerichtlichen Festsetzung sind nicht zu beanstanden
(vgl. Hartmann aaO § 4 Rn. 29; Meyer/Höver/Bach aaO § 4 Rn. 4.18 betr.
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(vgl. Hartmann aaO § 4 Rn. 29; Meyer/Höver/Bach aaO § 4 Rn. 4.18 betr.
Verschlechterungs-verbot); insoweit erhob sich im Übrigen auch kein Widerspruch durch
die Beteiligten. Insbesondere sind Gründe, die gegen die Notwendigkeit der
Übernachtung vom 04.06. auf den 05.06.2007 sprechen, angesichts der Dauer der zu
absolvierenden (fiktiven) Bahnfahrt und der gebotenen Pünktlichkeit zum Termin (mit
hinreichendem Zeitpuffer) nicht ersichtlich. Demzufolge ergibt sich folgende Berechnung
der Zeugenentschädigung:
2.3.1:
Hauptverhandlungstermin am 08.05.2007:
109,89 Euro Verdienstausfall § 20 JVEG
60,00 Euro Fahrtkosten § 5 I JVEG (2 x 30,00)
12,00 Euro Tagegeld § 6 I JVEG
0,00 Euro Übernachtungskosten
2.3.2:
Hauptverhandlungstermin am 05.06.2007:
139,49 Euro Verdienstausfallentschädigung
60,00 Euro § 5 I JVEG (2 x 30,00 Euro)
12,00 Euro Tagegeld
37,60 Euro Übernachtungskosten (04.06. / 05.06.)
430,98 Euro
3. Die Zulassung der weiteren Beschwerde gem. § 4 Abs. 5 JVEG ergibt sich aus der
Fragestellung, ob und inwieweit in die nach § 5 JVEG mögliche Freiheit der Wahl des
Beförderungsmittels eingegriffen werden darf. Ober- bzw. höchstrichterliche
Rechtsprechung dazu ist dazu nicht feststellbar.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
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