Urteil des LG Bonn vom 02.09.2010

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Landgericht Bonn, 8 S 126/10
Datum:
02.09.2010
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
8. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 S 126/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Siegburg, 108 C 362/09
Schlagworte:
Gebrauchtwagenkauf; Kosten für das Unterstellen eines mangelhaften
Fahrzeugs
Normen:
§§ 347 Abs. 2, 437 Nr. 2, 323 BGB
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
1. Kosten für das Unterstellen eines mangelhaften Fahrzeugs bis zu
dessen Rückgabe sind notwendige Verwendungen i. S. v. § 347 Abs. 2
BGB
2. Das gilt unter besonderen Voraussetzungen auch für das Unterstellen
in der eigenen Garage.
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts
Siegburg vom 29.03.2010 – 108 C 362/09 – abgeändert und wie folgt
neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von
1.080 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 17.07.2009 sowie vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 155,30 € zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
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I.
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Die Darstellung des Tatbestandes entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO.
Da die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde
nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist, ist ein
Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.
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II.
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Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
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1.
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Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in
Höhe von 1.080 € zu.
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a)
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Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Parteien ergibt sich dieser Anspruch
allerdings nicht aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB, sondern aus § 347 Abs. 2 S.
1 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 323 BGB. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil sich
der Beklagte nach der in dem Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom
21.10.2008 – 3 O 181/07 – ausgesprochenen Feststellung seit dem 07.09.2006 mit der
Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befand (vgl. Reinking/Eggert, Der
Autokauf, 10. Aufl. 2009, Rn. 596).
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b)
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Die Voraussetzungen des Verwendungsersatzanspruchs gemäß § 347 Abs. 2 S. 1 BGB
i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 323 BGB sind gegeben.
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aa)
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Der Kläger hat mit Schreiben vom 01.09.2006 seinen Rücktritt von dem zwischen dem
Beklagten und ihm geschlossenen Kaufvertrag vom 28./29.11.2005 über den
gebrauchten Pkw G #.# mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer $#$##$#&&&&######
erklärt. Ihm stand auch ein Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 323 BGB zu, da der
verkaufte Pkw G zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs iSv § 446 BGB Mängel iSv § 434
BGB aufwies, die zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung trotz der
Nacherfüllungsversuche des Beklagten bzw. der von ihm hiermit beauftragten
Erfüllungsgehilfen weiterhin vorhanden waren, die gemäß §§ 440, 323 Abs. 1 BGB
erforderliche Nacherfüllung fehlgeschlagen war und es sich auch nicht nur um eine
unerhebliche Pflichtverletzung des Beklagten iSv §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 S. 2 BGB
handelte. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem rechtskräftigen Urteil der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 21.10.2008 – 3 O 181/07 – (vgl. Bl. 6ff. GA)
Bezug genommen.
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bb)
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Für den Zeitraum bis zur endgültigen Rückabwicklung des Kaufvertrags durch
Rückgabe des Pkw G an den Beklagten im April 2009 ist dieser gemäß § 347 Abs. 2 S.
1 BGB verpflichtet, dem Kläger die notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Dazu
gehört auch der von dem Kläger geltend gemachte Betrag in Höhe von 1.080 €, den er
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bei einer Vermietung der Garage an den Zeugen Y in dem Zeitraum von Februar 2007
bis April 2009 hätte erzielen können.
Bei den notwendigen Verwendungen handelt es sich um solche
Vermögensaufwendungen, die nach einem objektiven Maßstab zum Zeitpunkt ihrer
Vornahme zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache
erforderlich sind (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 88/95, juris Rn. 7;
Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl. 2010, § 994 Rn. 5). Im Gegensatz zu § 994 Abs. 1
BGB werden von § 347 Abs. 2 S. 1 BGB auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten
erfasst (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, juris Rn. 41; Palandt/Bassenge,
a.a.O., § 994 Rn. 5). Nach allgemeiner Ansicht zählen die Kosten für das Unterstellen
eines mangelhaften Fahrzeugs bis zu dessen Rückgabe zu den notwendigen
Verwendungen im Sinne von § 347 Abs. 2 S. 1 BGB, da sie eine Maßnahme betreffen,
die zur Erhaltung des Werts des Fahrzeugs objektiv erforderlich ist. Auf eine
abweichende Interessenlage des Verkäufers kommt es dabei nicht an (vgl.
Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 594). Stellt der Käufer das Fahrzeug allerdings nicht in
einer eigens zum Zweck des Unterstellens angemieteten Garage, sondern in seiner
eigenen oder in einer bereits vorher angemieteten Garage unter, tätigt er keine
Aufwendung, die er nicht auch sonst gehabt hätte. Er kann unter diesen Umständen
Verwendungsersatz nur unter der Voraussetzung fordern, dass er die anderweitige
entgeltliche Verwertung der Eigenleistung, nämlich die Vermietung der Garage an einen
Dritten, nachweist (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.01.1966 – 3 W 105/65, NJW 1966,
738; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 595).
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Der Kläger hat vorgetragen, dass er seine Garage in dem Zeitraum von Februar 2007
bis April 2009 an den Zeugen Y zu einem Preis von 40 € pro Monat hätte vermieten
können. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ergibt sich der vorgenannte Zeitraum
mit hinreichender Deutlichkeit aus der Klageschrift (vgl. Bl. 4 GA). Dieses Vorbringen ist
von dem Beklagten in erster Instanz nicht bestritten worden und daher der Entscheidung
zugrunde zu legen.
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cc)
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Auf die Frage eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2
BGB kommt es im Rahmen des Anspruchs aus § 347 Abs. 2 S. 1 BGB nicht an.
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dd)
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Die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift ebenfalls nicht durch.
Denn der Anspruch aus § 347 Abs. 2 S. 1 BGB entsteht erst mit der Rückgabe der
Sache und unterliegt zudem nicht den Verjährungsfristen des § 438 BGB, sondern der
regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 438
Rn. 20).
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2.
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Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus
§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB, da sich der Beklagte nach der mit dem Schreiben
der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.01.2007 erfolgten Mahnung mit der
Rücknahme des Fahrzeugs nicht nur im Annahmeverzug, sondern seit dem 23.01.2007
auch im Schuldnerverzug befand.
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3.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
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4.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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5.
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Für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO bestand keine
Veranlassung. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine
Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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Streitwert: 1.080 €
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