Urteil des LG Bonn vom 08.04.2004

LG Bonn: ablauf der frist, schwarzarbeit, dolus eventualis, fotokopie, auftragsvergabe, abrede, gewerbe, sicherheitsleistung, werkvertrag, firma

Landgericht Bonn, 13 O 202/02
Datum:
08.04.2004
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
13. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 O 202/02
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 04.11.2002 wird die Klage
insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der
Kosten der Säumnis, die der Beklagte zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar für den Beklagten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 11 % über dem jeweils beizutreibenden
Betrag, für die Klägerin ohne Sicherheitsleistung.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 11 % über dem jeweils beizutreibenden
Betrag abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin und ihr Ehemann sind Eigentümer des Grundstücks H-Straße, in N. Der
Beklagte, der von Beruf Vermessungstechniker ist, war von diesen mit der Errichtung
des Rohbaues gemäß einer "Kostenzusammenstellung" (vgl. insoweit Bl. 5, 6 und Bl. 23
d. A.) beauftragt worden, was im Laufe des Rechtsstreits zwischen den Parteien
unstreitig geworden ist.
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Im Laufe der Baumaßnahme wurden von Klägerseite nach Baufortschritt Zahlungen
geleistet, wobei in einer vom Beklagten gefertigten und der Klägerseite überreichten
Kostenzusammenstellung (zutreffenderweise) ein Betrag von 15.100,00 Euro (vgl. Bl. 23
d. A., Fotokopie zum Schriftsatz vom 17.07.2002) angegeben war, ohne dass
Mehrwertsteuer ausgewiesen worden wäre.
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Nachdem die Rohbauarbeiten im Juni/Juli 2001 beendet worden waren, trat an den
Außenwänden des Kellers des Hauses der Klägerin und ihres Ehemannes Feuchtigkeit
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auf, nicht jedoch an der Kellerwand zum Nachbarhaus, das der Beklagte ebenfalls
gebaut hatte.
Dies führte die Klägerin bzw. ihr Ehemann auf eine mangelhafte Ausführung der
Arbeiten durch den Beklagten zurück. Mit Schreiben vom 08.10.2001 wurde der
Beklagte von Klägerseite unter Darlegung der Mängel aufgefordert, die Ursachen für die
aufgetretene Feuchtigkeit spätestens bis zum 20.10.2001 zu beheben. Die Aufforderung
wurde wiederholt. Da daraufhin nichts geschah, wurde der Beklagte von Klägerseite mit
Schreiben vom 17.12.2001 letztmalig aufgefordert, die geltend gemachten Mängel
spätestens bis zum 19.12.2001 zu beseitigen, verbunden mit dem Hinweis, dass nach
Ablauf der Frist die Erfüllung durch den Beklagten abgelehnt werde und die Mängel
durch Drittfirmen zu seinen Lasten ausgeführt werden.
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Mit der Klage macht die Klägerin zugleich auch aus abgeleiteten Recht auf Grund
Abtretungserklärung ihres Ehemannes vom 18.03.2002 (Bl. 32 d. A.) im Wege des
Schadensersatz den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten geltend, den sie u.a. unter
Verweis auf ein Angebot der Firma T GmbH & Co. KG vom 22.01.2002 bzw. unter
Verweis auf ein Angebot der Firma E vom 15.01.2002 (jeweils in Fotokopie der
Klageschrift beigefügt, Bl. 7, 8 ff. d. A.) unter Berücksichtigung eines Abzuges für den
Sowiesokostenanteil mit einem Gesamtbetrag von 9.526,15 Euro bzw. 12.310,15 Euro
beziffert.
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Die Klägerin behauptet, die festzustellende Feuchtigkeit sei auf eine mangelhafte
Ausführung der Arbeiten des Beklagten zurückzuführen. Der Beklagte, der bereits
mehrere Rohbauten in N "hochgezogen habe", sei mit der Errichtung des Rohbaues
beauftragt gewesen, was der Beklagte im Laufe des Rechtsstreites unstreitig gestellt
hat. Der Beklagte habe bei Auftragsvergabe erklärt, er habe seinen Betrieb nur saisonal
angemeldet. Alle Isolierungsarbeiten habe der Beklagte durch Mitarbeiter ausführen
lassen, ihr Ehemann habe diese Arbeiten nicht ausgeführt.
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Die Kammer hat durch Versäumnisurteil vom 04.11.2002 den Beklagten, der in der
mündlichen Verhandlung vom 04.11.2002 keinen Antrag gestellt hat, antragsgemäß
verurteilt, an die Klägerin 9.526,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit
dem 22.02.2002 zu zahlen. Gegen das am 12.11.2002 zugestellte Versäumnisurteil hat
der Beklagte Einspruch eingelegt, Eingang per Fax am 05.11.2002.
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Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie die Klage in der Hauptsache erweitert
hat,
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- unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils - den Beklagten insgesamt zu
verurteilen, an sie 12.310,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz aus 9.526,15 Euro seit dem 22.02.2002 und aus 2.784,00
Euro seit Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 11.08.2003
(20.08.2003) zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage insgesamt abzuweisen.
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Bis zur mündlichen Verhandlung vom 11.03.2004 hat der Beklagte bestritten, von der
Klägerin überhaupt mit Rohbauarbeiten beauftragt gewesen zu sein und hat
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diesbezüglich vorgetragen, er habe der Klägerin bzw. deren Ehemann lediglich bei der
Erstellung des Rohbaues behilflich sein wollen, er habe hierfür eine
Aufwandsentschädigung erhalten. Die Außenisolierungsarbeiten seien vom Ehemann
der Klägerin durchgeführt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2004
bestreitet der Beklagte nunmehr nicht, mit den Rohbauarbeiten von Klägerseite
beauftragt gewesen zu sein. Er trägt vor, tatsächlich habe es sich um Schwarzarbeit im
Sinne des Gesetzes gegen die Verhinderung von Schwarzarbeit gehandelt, was die
Klägerin nicht bestreitet. Er behauptet, beide Parteien sei dies bekannt gewesen, dies
sei Gegenstand des Gespräches zur Auftragsvergabe gewesen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C, H, S, L, Z, M, E, B,
K und T, sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen
Dipl.-Ing. C3, das dieser mündlich erläutert hat.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Hinweis- und
Beweisbeschluss der Kammer vom 27.01.2003 (Bl. 123 ff. d. A.), sowie auf die
Niederschriften der Sitzungen vom 23.12.2002 (Bl. 103 ff. d. A.) und vom 11.03.2004 (Bl.
236 ff. d. A.) verwiesen. Im Hinblick auf den Verlauf des Verfahrens im übrigen wird
zusätzlich auf die Niederschriften der Sitzung vom 04.11.2002 (Bl. 47 ff. d. A.) und vom
28.08.2003 (Bl. 172 ff. d. A.) verwiesen.
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Bezüglich aller weiteren Einzelheiten des beidseitigen Vorbringens im übrigen wird auf
die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist nicht begründet.
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Aufgrund des Einspruchs des Beklagten gegen das Versäuminisurteil vom 4.11.2002 ist
der Prozeß in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden, § 342 ZPO. Der
Einspruch ist nämlich zulässig; er ist statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der
§§ 338 ff. ZPO.
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Er hat auch in der Sache Erfolg.
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Die hier aus gewährleistungsrechtlichen Gesichtspunkten geltend gemachten
Schadensersatzansprüche sind nicht gegeben, da ein wirksamer Werkvertrag zwischen
den Parteien nicht zu Stande gekommen ist.
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An dieser Stelle ist zunächst festzuhalten, dass im Laufe des Verfahrens allerdings die
zwischen den Parteien überaus strittige Frage, ob tatsächlich zwischen ihnen ein
"werkvertragliches" Auftragsverhältnis bestanden hat, unstreitig geworden ist. Zwar hat
der Beklagte bis zur letzten mündlichen Verhandlung dies immer in Abrede gestellt,
obgleich schon bis dahin beweiskräftige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines echten
Auftragsverhältnisses vorlagen. Insoweit mag an dieser Stelle ein Hinweis auf die
zutreffenden Erwägungen im Hinweis- und Beweisbeschluss der Kammer vom
27.01.2003 genügen. Im Ergebnis hat der Beklagte sein Bestreiten aufgegeben: Von
einem Vertragsverhältnis ist daher hier auszugehen. Dieses ist allerdings nicht wirksam,
da es gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstößt und dies auch der
Klägerin bzw. ihrem Ehemann bekannt war.
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Grundsätzlich ist an der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
festzuhalten, wonach ein Werkvertrag nicht ungültig ist, durch den lediglich der
Unternehmer gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstößt, während
der Besteller den Verstoß des Vertragspartners nicht kennt (vgl. BGH Z 89, Seite 369).
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Anderes gilt allerdings dann, wenn der Auftraggeber zwar nicht selbst verbotswidrig
handelt, aber den Gesetzesvorstoß des Vertragspartners kennt und den Verstoß zum
eigenen Vorteil ausnützt (so grundsätzlich BGH NJW 1985, Seite 2403 ff. sowie
bestätigt durch BGH NJW - RR 2002, 557 ff.).
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So liegt der Fall aber hier.
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Zunächst ist davon auszugehen, dass hier tatsächlich ein Verstoß gegen das Gesetz zur
Bekämpfung der Schwarzarbeit vorliegt. Unstreitig ist, dass der Beklagte mehrere
Bauvorhaben "hochgezogen hat", ohne sein Gewerbe ordnungsgemäß angemeldet zu
haben.
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Dass der Klägerseite dieser Umstand auch bekannt gewesen ist und von ihr ausgenutzt
wurde, steht gleichfalls fest. Soweit dies von der Klägerin in Abrede gestellt wird unter
Hinweis darauf, ihr sei vom Beklagten gesagt worden, er habe sein Gewerbe saisonal
angemeldet, so ist dies als bloße Schutzbehauptung zu werten.
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Die Überzeugungsbildung der Kammer gründet sich zunächst auf eine Vielzahl von
unstreitigen Umständen. Zum einen ist darauf zu verweisen, dass es schon sehr
auffällig ist, wenn, wie es hier geschehen ist, in dem Angebot des Beklagten
Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen ist. Auch der Umstand, dass hier das Geld jeweils
mit Briefumschlägen übergeben wurde, rechtfertigt die Schlussfolgerung, dass der
Klägerin bzw. ihrem Ehemann sehr wohl bewusst war, dass hier Verbotswidriges
geschieht. Hinzu tritt auch noch der Umstand, dass sich die Klägerin bzw. ihr Ehemann
bereitgefunden haben, ohne eine Quittung zu verlangen, diesbezüglich
Akontoleistungen in nicht unerheblichen Umfange dem Beklagten zukommen zu lassen.
Auch dies ist ein hinreichender Hinweis auf die hier auf Klägerseite anzunehmende
Bösgläubigkeit. Umso mehr gilt dies im Hinblick auf die Kosten- und
Zahlungszusammenstellung (vgl. Bl. 23 d. A.). Es ist schon bemerkenswert, dass die
Zahlungen in Höhe von 15.100,00 DM aufgeführt waren und sodann noch ein
verbleibender Restbetrag niedergeschrieben war, ohne die Mehrwertsteuer besonders
auszuweisen. Zwar hat der Zeuge C im Ergebnis gleichfalls wie die Klägerin in Abrede
gestellt, dass ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um Schwarzarbeit gehandelt hat.
Dass die Zusammenstellung der Kosten mit dem ausgewiesenen Restbetrag bezogen
auf die Frage der Üblichkeit auffällig ist, hat er jedoch bei seiner Aussage vor der
Kammer eingeräumt. Auch dies lässt für die Kammer den Schluss zu, dass der Klägerin
bzw. ihren Ehemann sehr wohl bewusst gewesen ist, dass es sich um "Schwarzarbeit"
handelte. Bestärkt in dieser Einsicht sieht sich die Kammer durch die Aussage des
Zeugen K, der der Vater der Klägerin ist. Der Zeuge hat umunwunden eingeräumt, dass
sich für ihn die Arbeiten des Beklagten als "Schwarzarbeit" darstellten. Der Zeuge hat
ausdrücklich hinzugefügt, er glaube nicht, dass hier Steuern bezahlt worden sind und
dass das Gewerbe angemeldet war. Wenn der Vater der Klägerin dies jedoch schon
ohne weiteres erkannt hat, so muss dies auch der Klägerin bzw. ihrem Ehemann
bewusst gewesen sein. An dieser Einschätzung des Gerichtes ändert auch nichts der
Umstand, dass die Klägerin und ihr Ehemann einseitig den Beklagten bei der
zuständigen Bauberufsgenossenschaft neben anderen am Baubeteiligten als
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ausführende Baufirma benannt hat (vgl. insoweit die in Fotokopie dem Schriftsatz vom
15.01.2004 beigefügten Bescheinigungen, Bl. 209 ff. d. A.). Die diesbezügliche
Erklärung der Klägerseite ist nämlich datiert mit "21.03.2002", also mehr als 1 Jahr nach
dem Zeitpunkt abgegeben worden, als es zu dem Auftrag zwischen der Klägerseite und
dem Beklagten gekommen ist. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch auf die
Ausführungen des Sachverständigen C3 zu verweisen, der im einzelnen für die Kammer
völlig überzeugend ausgeführt hat, dass die im Angebot aufgeführten und der
Auftragsvergabe zu Grunde gelegten Lohnansätze erheblich unter den damaligen
Preisen lagen. Auch dies ist zusammen mit den anderen Anzeichen ein zwingendes
Indiz dafür, dass der Klägerin bzw. ihrem Ehemann - jedenfalls mit dolus eventualis -
bewußt war, dass die Arbeiten des Beklagten "schwarz" erfolgen sollten.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den Vorschriften der §§ 91,
344, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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Streitwert:
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bis 12. August 2003 (einschließlich): 9.526,15 Euro,
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danach : 12.310,15 Euro
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