Urteil des LG Bonn vom 19.03.2004
LG Bonn (zeuge, konto, genehmigung, schuldner, gläubiger, sparkasse, anlage, geltendmachung des anspruchs, beratungsvertrag, schlüssiges verhalten)
Landgericht Bonn, 11 O 20/03
Datum:
19.03.2004
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
1. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 O 20/03
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 58.627,53 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
06.03.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin
auf Klägerseite werden der Beklagten auferlegt. Die Streithelfer auf
Beklagtenseite tragen ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils
zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückgewähr von 2 im Lastschriftverfahren erteilten
Gutschriften in Anspruch. Die Streithelfer auf Beklagtenseite reichten bei der Beklagten
als Gläubigerbank eine Lastschrift über 34.846,40 DM und eine weitere über 79.819,09
DM zum Einzug vom bei der Klägerin geführten Konto Nr. ..... der Streithelferin auf
Klägerseite ein. Die Belastungen des Kontos bei der Klägerin als Schuldnerbank
erfolgten am 02. bzw. 21.05.2001. Zugrunde liegen zwei Abrechnungen von
Rechtsanwaltsgebühren der Streithelfer auf Beklagtenseite, wobei die über 34.846,40
DM eine Vorschussanforderung beinhaltete (Anlage B7 zur Klageerwiderung vom
08.07. 2003). Diese wurde in der Rechnungszusammenstellung Anlage B7a zur
Klageerwiderung vom 08.07.2003 von dem Gesamtrechnungsbetrag in Abzug gebracht,
wodurch sich unter Berücksichtigung eines weiteren als Vorschuss gekennzeichneten
Betrags der zweite Lastschriftbetrag von 79.819,09 DM ergab. Die Streithelferin auf
Klägerseite widersprach den Belastungen mit Schreiben vom 21.01.2002 (Anlage K4
zur Klageschrift). Zur Begründung wies sie darauf hin, für diese Abbuchungen hätte
keine Einzugsermächtigung existiert. Die Klägerin erteilte ihr unter dem Vorbehalt der
Wiederbelastung des Kontos eine den Lastschriften entsprechende Gutschrift, über die
die Streithelferin auf Klägerseite verfügte. Den Streithelfern auf Beklagtenseite lag eine
schriftliche Ermächtigung zum Zugriff auf das fragliche Konto bei der Klägerin nicht vor.
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Mit Schreiben vom 05.03.2002 forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückerstattung
beider Lastschriftbeträge auf.
Zwischen den Streithelfern auf Beklagtenseite und der Streithelferin auf Klägerseite
bestand ein rechtsanwaltlicher Beratungsvertrag vom 10.09.1998. Wegen der näheren
Ausgestaltung der Urkunde wird auf diese (Anlage K1 zur Klageschrift) Bezug
genommen. Im Vertrag war ein monatliches Beratungshonorar der Streithelfer auf
Beklagtenseite für deren Beratungstätigkeiten in allen außergerichtlichen
Angelegenheiten von 2.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer festgelegt. Im Vertrag heißt
es:
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"Das Beratungshonorar wird jeweils zum Ende des Monats ... zur Zahlung
fällig. Es wird per Lastschrift eingezogen von folgender Kontoverbindung:"
4
Die Kontoverbindung war im unterschriebenen Vertragstext nicht angegeben. Der
Zeuge U, Mitglied der Rechtsanwaltssozietät der Streithelfer auf Beklagtenseite, der die
Beratungstätigkeit (zum Teil mit Unterstützung) durchführte, setzte später das
Firmenkonto der Streithelferin auf Klägerseite bei der Sparkasse M in den bei den
Streithelfern auf Beklagtenseite befindlichen Beratungsvertrag ein.
5
Im Jahr 2000 entschloss sich die Streithelferin auf Klägerseite wegen Verschlechterung
ihrer wirtschaftlichen Lage zur Liquidation. Sie beauftragte die Streithelfer auf
Beklagtenseite, Vergleiche mit den Gesellschaftsgläubigern auf der Basis von 25% des
jeweiligen Rechnungsbetrags (Quotenvergleiche) abzuschließen. Der Beratungsvertrag
vom 10.09.1998 wurde unter dem 17.05.2001 dahin ergänzt, dass Verhandlung und
Abschluss der Vergleiche aus Anlass der Betriebsschließung neben der monatlichen
Beratungsgebühr zusätzlich gemäß BRAGO vergütet werden sollten. Die Streithelfer auf
Beklagtenseite kündigten den Beratungsvertrag jedenfalls noch im Jahr 2001.
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Auf die Anforderung der schriftlichen Einzugsermächtigung der Beklagten nach deren
Inanspruchnahme durch die Klägerin legten die Streithelfer auf Beklagtenseite ein
teilweise geweißtes Exemplar des Beratungsvertrags bei dieser vor. Auf diese als
Anlage K6 zur Klageschrift eingereichte Unterlage wird hinsichtlich des geweißten Teils
der Vertragsurkunde (Anlage K1) Bezug genommen. Der oben wörtlich
wiedergegebene Teil des Vertragstextes war vorhanden. Eine Kontoverbindung war
nicht eingetragen. Die Streithelfer auf Beklagtenseite versuchten im Ergebnis
vergeblich, die Klägerin und die Sparkasse M mit Hilfe von einstweiligen Verfügungen
in den Verfahren 20 C 107 und 108/02 AG M = 20 O 232 und 222/02 LG L an der
Geltendmachung der Rückabwicklung der Lastschriften zu hindern.
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Die Klägerin behauptet, das Vorstandsmitglied S der Beklagten habe deren
Rückgewährpflicht Mitte März 2002 anerkannt.
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Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie
58.627,53 EUR nebst 8% Zinsen über dem Basiszinssatz seit
dem 06.03.2002 zu zahlen.
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Die Streithelferin auf Klägerseite schließt sich diesem Antrag an.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Streithelfer auf Beklagtenseite schließen sich diesem Antrag an.
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Die Beklagte behauptet, der Zeuge X, Geschäftsführer der Komplementär GmbH der
Streithelferin auf Klägerseite habe den Zeugen U einen Tag nach Abschluss des
Beratungsvertrags gebeten, die Kontoverbindung bei der Sparkasse M in den Vertrag
einzutragen. Diese Kontoverbindung sei in der Folge vereinbarungsgemäß in
mindestens 100 Fällen für den Lastschrifteinzug von Rechnungen der Streithelfer auf
Beklagtenseite genutzt worden, und zwar nicht nur bezüglich des monatlichen
Beratungshonorars sondern auch hinsichtlich der weitaus höheren
Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung der Streithelferin auf Klägerseite in
gerichtlichen Verfahren. Auf den Gebührenrechnungen sei jeweils vermerkt gewesen,
dass die Rechnungsbeträge nicht bezahlt sondern am Monatsende eingezogen werden
sollten. Wegen der verschlechterten wirtschaftlichen Lage der Streithelferin auf
Klägerseite habe die Sparkasse M ab Mitte 2001 häufig Überweisungen nicht mehr
ausgeführt und Rückführung eines Kontokorrentsaldos von ca. 1,2 Mio. DM gefordert.
Daraufhin habe die Streithelferin auf Klägerseite das für die beiden Lastschriften in
Anspruch genommene Konto bei der Klägerin eingerichtet. Am 18.04.2001 habe der
Zeuge X dem Zeugen U diese Kontonummer mitgeteilt und ihn gebeten, die
Rechnungsbeträge künftig von diesem Konto einzuziehen. Das habe sich auf das
Beratungshonorar und Gebühren aus weiterer gerichtlicher und außergerichtlicher
Vertretung bezogen. Daraufhin habe der Zeuge U die neue Kontoverbindung bei der
Klägerin in den Beratungsvertrag eingetragen (s. das Vertragsexemplar Anlage B6 zur
Klageerwiderung vom 08.07.2003).
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Der Widerspruch der Streithelferin auf Klägerseite gegen die beiden Lastschriften sei
rechtsmissbräuchlich. Die Streithelferin auf Klägerseite habe den Streithelfern auf
Beklagtenseite die entsprechenden Anwaltsgebühren gemäß den Anlagen B7, 7a zur
Klageerwiderung vom 08.07.2003 geschuldet. Wegen der Einzelheiten der Berechnung
und der Gegenstände der einzelnen Rechtsanwaltsgebühren wird auf den Schriftsatz
der Streithelfer auf Beklagtenseite vom 15.01.2004 (Bl. 174 - 185 d.A.) nebst Anlagen
verwiesen. Die Streithelferin auf Klägerseite habe zudem die Belastungsbuchungen
genehmigt.
14
Die Klägerin tritt den Ausführungen der Beklagten und der Streithelfer auf
Beklagtenseite zu den den Belastungsbuchungen zugrunde gelegten
Rechtsanwaltsgebühren entgegen. Der Streithelferin auf Klägerseite stehe gegen die
Streithelfer auf Beklagtenseite ein Erstattungsanspruch in Höhe von 287.132,90 DM zu.
Allein aus dem Komplex Quotenvergleiche ergebe sich ein Rückerstattungsanspruch
von 101.159,59 DM. Wegen der Einzelheiten der Berechnung und der Vorgänge, aus
denen der Erstattungsanspruch hergeleitet wird, wird auf die Schriftsätze der
Streithelferin auf Klägerseite vom 09.12.2003 (Bl. 112 - 116 d.A.) und vom 27.01.2004
(Bl. 200 - 208 d.A.), jeweils mit Anlagen Bezug genommen. Die Klägerin behauptet, das
belastete Konto der Streithelferin auf Klägerseite bei ihr habe schon seit 1993
bestanden. Die Ergänzungsvereinbarung vom 17.05.2001 habe sich nur auf zukünftige
Vergleiche bezogen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Y, U, X. Wegen des
Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschriften vom 16.12.2003 (Bl. 141 - 146 d.A.)
17
und vom 03.02.2004 (Bl. 219 - 236 d.A. verwiesen. Die Akten 20 C 107 und 108/02 AG
M und 20 O 232 und 222/02 LG L waren zu Informationszwecken Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
19
Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung von 58.627,53 EUR (114.665,49 DM) aus
Abschnitt I Nr. 5 des Lastschriftabkommens (LSA) verlangen.
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1. Die beiden Belastungsbuchungen aus Mai 2001 über 34.846,40 und 79.819,09 DM
auf dem bei der Klägerin geführten Konto der Streithelferin auf Klägerseite erfüllten nicht
die Voraussetzungen von Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe a LSA. Unstreitig lag den
Streithelfern auf Beklagtenseite keine schriftliche Einzugsermächtigung der
Streithelferin auf Klägerseite für dies Konto vor. Es kann dahinstehen, ob schon daraus
folgt, dass es sich um unberechtigt eingereichte Lastschriften im Sinne von Abschnitt I
Nr. 5 LSA handelte. Denn die Beklagte hätte jedenfalls beweisen müssen, dass den
Streithelfern auf Beklagtenseite eine mündliche Einzugsermächtigung betreffend das
Konto bei der Klägerin erteilt worden wäre.
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a. Trotz der Regelung in Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe a LSA kann eine
Einzugsermächtigung formfrei erteilt werden. Das ergibt sich daraus, dass das LSA das
Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner nicht betrifft (van Gelder in
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 2. A., § 58 Rdn. 150). Im
Interbankenverhältnis, um das es hier geht, dient aber die Schriftlichkeit gemäß
Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe a LSA dem Nachweis der Erteilung und soll
praktischen Problemen entgegenwirken (van Gelder, aaO). Daraus folgt, dass ein
Gläubigerkreditinstitut, das sich wie vorliegend die Beklagte nicht über das
Vorhandensein einer schriftlichen Einzugsermächtigung vergewissert, gegenüber der
Schuldnerbank die Beweisrisiken tragen muss, die sich aus der durch das Fehlen der
Schriftlichkeit verursachten Ungewissheit über die Erteilung einer Einzugsermächtigung
ergeben. Bei einer anderen Auslegung liefe Abschnitt I Nummer 1 Buchstabe a LSA
leer. Diese Beweislastverteilung ist auch deshalb sachgerecht, weil sie derjenigen im
Valutaverhältnis entspricht. Nach dem LSA ist der Widerspruch des Zahlungspflichtigen
nicht davon abhängig, ob die Forderung des Gläubigers berechtigt oder unberechtigt ist.
Die Beweislast für das Bestehen der der Lastschrift zugrunde liegende Forderung wird
deshalb durch die Belastungsbuchung nicht vom Gläubiger auf den Schuldner verlagert.
Ersterer mag geltend machen können, der Widerspruch sei rechtsmissbräuchlich. Aber
auch den dafür maßgeblichen Sachverhalt müsste er beweisen.
22
b. Die Beklagte hat nicht den Beweis einer mündlich oder konkludent erteilten
Einzugsermächtigung geführt. Zwar hat der Zeuge U ausgesagt, der Zeuge X habe ihm
die Nummer des Kontos bei der Klägerin fernmündlich genannt. Es sei besprochen
worden, dass alle für aus Anlass der Betriebsschließung der Streithelferin auf
Klägerseite abgeschlossene Vergleiche resultierenden Anwaltsgebühren von dem
Konto bei der Klägerin abgebucht werden sollten. Dem steht die Aussage des Zeugen X
entgegen, der bekundet hat, dem Zeugen U die Kontonummer nicht gegeben zu haben.
Eine Abbuchungsermächtigung über das Konto sei nicht erteilt worden. Die Aussage
des Zeugen X wird gestützt durch das Schreiben der Streithelferin auf Klägerseite an die
Streithelfer auf Beklagtenseite vom 16.08.2001 (Bl. 51 d.A.). In diesem an den Zeugen U
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gerichteten Schreiben heißt es:
"Bei Ihrem letzten Besuch ließen Sie ein Schriftstück zur Unterschrift da, das
Ihre Abbuchungen bei der Sparkasse und der Bank im nachhinein legitimieren
soll.
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Es gab und gibt bei beiden Banken und auch bei Ihnen keine
Einzugsermächtigung von uns."
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Der Zeuge U hat bestätigt, dass diesem Schreiben ein solches von ihm
vorausgegangen war, in dem er die Genehmigung der streitgegenständlichen
Abbuchungen bei der Klägerin von der Streithelferin auf Klägerseite erbeten hat. Der
Vorgang spricht dafür, dass den Streithelfern auf Beklagtenseite im August 2001 noch
keine Einzugsermächtigung der Streithelferin auf Klägerseite erteilt war. Er wird ergänzt
durch einen Parallelvorgang aus dem Mandat der Streithelfer auf Beklagtenseite für die
Firma des Sohnes des Zeugen X, des Zeugen C. Dieser hat unter dem 15.08.2001 dem
Zeugen U mitgeteilt, es habe nie eine Einzugsermächtigung für die Kostenrechnungen
der Streithelfer auf Beklagtenseite gegeben. Nach der Bekundung des Zeugen C hatte
auch seine Firma ein Schreiben erhalten, in dem vom Zeugen U die Genehmigung von
Abbuchungen erbeten wurde. Zur Darstellung des Zeugen X passt ferner, dass er sich
auch im Widerspruchsschreiben vom 21.01.2002 (Anlage K4 zur Klageschrift)
gegenüber der Klägerin auf das Fehlen einer Einzugsermächtigung berufen hat.
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Auch auf Grund weiterer Vorgänge kann das Fehlen einer Einzugsermächtigung der
Streithelfer auf Beklagtenseite für das Konto bei der Klägerin nicht ausgeschlossen
werden. Schon die Behandlung der Kontenfrage im Beratungsvertrag vom 10.09.1998
deutet darauf hin, dass der Erteilung der Einzugsermächtigung untergeordnete
Bedeutung zugemessen worden ist. Sonst wäre kaum erklärlich, warum die
Kontoverbindung zur Sparkasse M vom Zeugen U erst nachträglich in den
Beratungsvertrag eingefügt worden ist. In gleicher Weise ist er dann nach dem
18.04.2001 verfahren, indem er nunmehr die Kontenverbindung zur Klägerin eingesetzt
hat. Als Rechtsanwalt wusste er, dass die Unterschrift des Zeugen X unter dem
Beratungsvertrag diese Zusätze nicht abdeckte. Folgerichtig konnten die Angaben zur
Kontoverbindung auch keine schriftliche Einzugsermächtigung hinsichtlich der durch die
Zusatzvereinbarung vom 17.05.2001 zusätzlich begründeten Gebührenforderungen
darstellen.
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Der Zeuge U hat die fehlende Schriftlichkeit der Einzugsermächtigung damit erklärt, er
habe nicht gewusst, dass das schriftlich erstellt sein sollte. Zwar kann wie dargelegt
eine Einzugsermächtigung entgegen dem Text des LSA auch formfrei erteilt werden.
Gleichwohl bestehen gegen diese Bekundung des Zeugen Bedenken, soweit damit
zum Ausdruck gebracht wird, er habe keine Kenntnis von der Forderung nach
schriftlicher Erteilung im Lastschriftabkommen (Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe a LSA)
gehabt. Wer sich als Rechtsanwalt des Lastschriftverfahrens in erheblichem Umfang
bedient, wird sich naheliegenderweise mit den dafür geltenden Regeln befassen. Das
gilt vor allem, wenn es wie hier um die Realisierung von eigenen Gebührenforderungen
geht. Tatsächlich enthielt auch das vom Zeugen U benutzte "Standardformular" des
Beratungsvertrags die schriftliche Erteilung der Einzugsermächtigung. Auch die Bitte
des Zeugen um schriftliche Genehmigung der hier streitbefangenen Lastschriften im
August 2001 deutet auf Kenntnis von jenem Schriftformerfordernis hin. Dazu passt, dass
die Streithelfer auf Beklagtenseite der Beklagten auf Anforderung der
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Einzugsermächtigung ein geweißtes Exemplar des Beratungsvertrags vom 10.09.1998
vorgelegt haben, in dem die handschriftlichen Angaben des Zeugen U zur
Kontoverbindung im Lastschriftverfahren fehlten. Zwar ist möglich, dass die Vorlage in
dieser Form auf Bedenken beruhte, die erst nach dem Widerspruch der Streithelferin auf
Klägerseite entstanden waren, doch ändert diese theoretische Möglichkeit nichts an den
aufgezeigten Bedenken. Sie erklärt auch nicht das Nachsuchen um schriftliche
Genehmigungen im August 2001.
Auch aus der Hinnahme der Lastschriften auf dem Konto der Streithelferin auf
Klägerseite bei der Sparkasse M kann nicht auf das Vorliegen einer
Einzugsermächtigung bezüglich des Kontos bei der Klägerin geschlossen werden. Es
ist schon nicht auszuschließen, dass der Zeuge X die Lastschriften bei der Sparkasse M
nur geduldet hat. Dahin geht die Aussage dieses Zeugen, man mache von der
Widerspruchsmöglichkeit im Lastschriftverfahren erst Gebrauch, wenn der Widerspruch
berechtigt sei. Das würde dazu passen, dass die Streithelferin auf Klägerseite im
Dezember 2000 gegenüber der Sparkasse M zweimal Lastschriften der Streithelfer auf
Beklagtenseite mit der Begründung widersprochen hat, sie akzeptiere deren
Abbuchungen nicht (Schreiben vom 01. und 18.12.2000, Anlagen K2 und 3 zur
Klageschrift). Jedenfalls zeigt der Vorgang, dass die Streithelfer auf Beklagtenseite
zumindest nach Eintritt der Krise bei der Streithelferin auf Klägerseite nicht ohne
entsprechende Vereinbarung damit rechnen konnten, dass diese Belastungsbuchungen
auf einem Konto hinnehmen würde, das zum Zweck ihrer Liquidation aktiviert worden
war. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die hier streitbefangenen Abbuchungen die
ersten Lastschriften waren, bei denen die Streithelfer auf Beklagtenseite auf das Konto
bei der Klägerin zugegriffen haben. Die Reaktion der Streithelferin auf Klägerseite
bestand darin, dass sie sich im Schreiben vom 16.08.2001 auf das Fehlen der
Einzugsermächtigung gegenüber den Streithelfern auf Beklagtenseite berufen hat.
Weitere Lastschriften vom Konto bei der Klägerin sind nicht hingenommen worden. Der
Zeuge U hat bestätigt, dass es im Juli 2001 zu einer Rückbelastung gekommen ist.
Dabei wird es sich um die Abrechnung der Streithelfer auf Beklagtenseite vom
15.06.2001 gehandelt haben. Die dazu von diesen vorgelegte Kopie (Anlage 9 zu deren
Schriftsatz vom 15.01.2004) enthält den handschriftlichen Zusatz zum Endbetrag von
8.932,72 DM "rückbelastet am 1.8.01".
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Die Kammer verkennt nicht, dass die angeführten Indizien nicht ausschließen, dass der
Zeuge X dem Zeugen U mündlich eine Einzugsermächtigung vom Konto bei der
Klägerin erteilt hat. Sie sieht auch, dass gegen die Aussagen der Zeugen C Bedenken
bestehen. So hat der Zeuge X die bei der Sparkasse M eingezogenen Lastschriften mit
5 - 10 sicher zu niedrig angegeben. Die Annahme dieses Zeugen, das
Beratungshonorar der Streithelfer auf Beklagtenseite sei bis Ende 2001 gezahlt worden,
dürfte unzutreffend sein; der Zeuge U dürfte damit Recht haben, dass das
Beratungshonorar ab August 2001 nicht mehr gezahlt worden ist. Unrichtig war zudem
das offenbar auf die Information des Zeugen X zurückgehende Vorbringen, das darauf
hinaus lief, die Streithelferin auf Klägerseite habe erst nach 2001 von den
streitgegenständlichen beiden Belastungsbuchungen erfahren (S. 2 des Schriftsatzes
der Streithelferin auf Klägerseite vom 09.12.2003, Bl. 113 d.A.). Das Schreiben der
Streithelferin auf Klägerseite vom 16.08.2001 (Bl. 51 d.A.) belegt, dass diese schon
damals Kenntnis von den Belastungsbuchungen hatte. Der Zeuge X war zudem auffällig
bemüht, der Aussage der Zeugin Y zu widersprechen, die bekundet hat, er habe die
Kontoauszüge aufgemacht bzw. von der Bank abgeholt. Gemeint war, dass dies eine
beständige Übung des Zeugen X sei. Das hat er in Abrede gestellt, obwohl die Zeugin Y
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als langjährige Mitarbeiterin dieses Zeugen keinen Grund hätte, die fragliche
Angewohnheit des Zeugen zu erfinden. Dass es hier um einen neuralgischen Punkt der
Aussage des Zeugen X geht, wird durch die Aussage seines Sohnes, des Zeugen C
bestätigt. Dieser hat spontan bekundet, die Abbuchungen vom Konto bei der Klägerin
seien erst bei Abschlussarbeiten im Februar oder März 2002 aufgekommen. Auf Vorhalt
des Schreibens vom 16.08.2001 (Bl. 51 d.A.) wollte der Zeuge nicht einmal einräumen,
dass sein Vater schon damals Kenntnis von den Abbuchungen hatte, obwohl das nach
dem Inhalt des Schreibens klar ist. Das zeigt, dass auch gegen die Aussage des
Zeugen C Bedenken bestehen. Beide Zeugen C zeigten eine Belastungstendenz
hinsichtlich des Zeugen U, dem sie übereinstimmend die Schuld daran geben, dass die
Liquidation der Streithelferin auf Klägerseite nicht wie gewünscht verlaufen ist. Dass es
um die Bereinigung von Schulden ging, bezüglich derer der Zeuge X als Unternehmer
am besten überblicken konnte und musste, welcher wirtschaftliche Aufwand zu leisten
war, trat bei der Schuldzuweisung in den Hintergrund. Dass die Entscheidung, die
Liquidation der Streithelferin auf Klägerseite ohne Durchführung eines
Insolvenzverfahrens zu betreiben, für diese wirtschaftlich nachteilig gewesen wäre, kann
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Wenn sich der
Zeuge C an der Liquidation wirtschaftlich beteiligt hat, beruhte das auf eigenem
Entschluss dieses Zeugen.
Aus den dargestellten Bedenken ergibt sich jedoch nicht, dass die Aussagen der
Zeugen C im Kern unzutreffend wären. Für deren Darstellung, der Zeuge X habe keine
Einzugsermächtigung erteilt, spricht, dass die Streithelferin auf Klägerseite letztlich
keine der Lastschriften der Streithelfer auf Beklagtenseite vom Konto bei der Klägerin
hingenommen hat. Die Rechnungen Anlage B 7 zum Schriftsatz der Beklagten vom
08.07.2003 und die zur Abrechnung Anlage B7a gehörigen Gebührenrechnungen
enthalten auch keinen Hinweis darauf, dass die Abbuchung vom Konto bei der Klägerin
vorgenommen werden sollte. Diesen Hinweis enthält erst die Rechnung der Streithelfer
auf Beklagtenseite vom 15.06.2001 (Anlage 9 zu deren Schriftsatz vom 15.01.2004), bei
der es aber wie ausgeführt zu einer Rückbelastung gekommen ist. Letztlich passt das
Fehlen einer Einzugsermächtigung auch zum Gesamtbild, das die Kammer aus der
Beweisaufnahme gewonnen hat. So hat die Zeugin Y glaubhaft bekundet, dass sie mit
dem Zeugen X mehrfach darüber gesprochen habe, dass Abbuchungen nicht in
Ordnung seien und der Zeuge sich sinngemäß dahin geäußert habe, er werde das
regeln. Die Zeugin hat das so verstanden, dass er abgebuchte Gelder zurückbekommen
wollte. Der Vorgang zeigt, dass die Abbuchungen der Streithelfer auf Beklagtenseite
mehrfach ein Reizthema bei der Streithelferin auf Klägerseite gewesen sind. Die
Schilderung der Zeugin Y, auch zu den Gewohnheiten des Zeugen X, passt zum Bild
der Persönlichkeit dieses Zeugen. Er erscheint als ein Mann, der sich geschäftliche
Entscheidungen ungern aus der Hand nehmen lässt. Das macht es plausibel, dass er zu
keinem Zeitpunkt den Streithelfern auf Beklagtenseite eine schriftliche
Einzugsermächtigung erteilt hat. Dadurch hielt er sich die Möglichkeit offen, von Fall zu
Fall zu entscheiden, ob und welche Lastschriften er akzeptierte. Diese
Entscheidungskompetenz hat er im Dezember 2000 mit den Widersprüchen gegen
Lastschriften der Streithelfer auf Beklagtenseite demonstriert. Bei dieser Sachlage kann
auch der Umstand, dass der Zeuge U gewusst haben wird, dass die
Rechtsanwaltsgebühren wegen der wirtschaftlichen Situation der Streithelferin auf
Klägerseite nur über das Konto bei der Klägerin realisiert werden konnten, zu keiner
anderen Bewertung des Beweisergebnisses führen. Nach den Erfahrungen mit den
Lastschriften bei der Sparkasse M kann der Zeuge U gehofft haben, dass Abbuchungen
auch vom Konto bei der Klägerin hingenommen werden würden. Die Streithelfer auf
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Beklagtenseite haben im Verfahren 20 O 232/02 LG L (zu 20 C 107/02 AG M)
vorgetragen, das Mandatsverhältnis habe sich bei der weiteren Durchführung des
Verhandlungsauftrags verschlechtert (Schriftsatz vom 16.04.02, S. 7 unten, Bl. 8 jener
BA). Angesichts dessen und der wirtschaftlichen Situation der Streithelferin auf
Klägerseite und der Widersprüche gegen Lastschriften bei der Sparkasse M im
Dezember 2000 wäre es plausibel, wenn der Zeuge U zunächst nicht versucht hätte, in
der Frage der Einzugsermächtigung zum bei der Klägerin geführten Konto klare
Verhältnisse zu schaffen. Dass er, wenn er es versucht hätte, im Zeugen X einen
schwierigen Verhandlungspartner gehabt hätte, lässt sich auch der Aussage des
Zeugen U entnehmen. Dieser führte die Nichterteilung einer schriftlichen Genehmigung
der beiden hier streitgegenständlichen Lastschriften "rheinisch gesagt auf Frackigkeit"
des Zeugen X zurück. Darin kommt die Einschätzung zum Ausdruck, dass der Zeuge X
aus in seiner Persönlichkeit liegenden Gründen keine Einzugsermächtigung erteilen
wollte. Im Zusammenhang dieser Bekundung hat der Zeuge U zum Ausdruck gebracht,
er habe den Eindruck gehabt, dass letztlich gegen die Abbuchungen nichts
unternommen würde. Davon kann er auch dann ausgegangen sein, wenn er entgegen
seiner Aussage nicht schon vor den beiden streitgegenständlichen Lastschriften
mündlich vom Zeugen X ermächtigt worden wäre, auf das bei der Klägerin geführte
Konto zuzugreifen. Für diese Möglichkeit kann auch angeführt werden, dass der Zeuge
U nach der Rückgabe der Lastschrift vom 01.08.2001 nicht etwa auf eine mündlich
erteilte Einzugsermächtigung verwiesen sondern eine Genehmigung der beiden
erfolgreichen Lastschriften verlangt hat. Gerade wenn der Zeuge U, wie er ausgesagt
hat, davon ausging, dass Einzugsermächtigungen nicht schriftlich erteilt werden
müssten, wäre es naheliegend gewesen, auf eine zuvor mündlich erteilte zu verweisen.
Gegen das Fehlen einer Einzugsermächtigung spricht auch nicht, dass der Zeuge X
zwar gegenüber den Streithelfern auf Beklagtenseite, nicht aber alsbald gegenüber der
Klägerin den beiden Lastschriften widersprochen hat. Wie der Aussage des Zeugen zu
entnehmen ist, befand er sich in der schwierigen Lage, dass die Liquidation nicht
abgeschlossen war und er bei Streit mit dem Zeugen U befürchten musste, dass dieser
nicht weiter tätig werden würde. Dann hätte der Zeuge X einen anderen Rechtsanwalt
einschalten müssen. Dieser hätte sich erst in die laufenden Mandate einarbeiten
müssen. In dieser Situation, in der die Streithelferin auf Klägerseite alle wirtschaftlichen
Mittel für Vergleiche mit ihren Gläubigern benötigte, wäre es kaufmännisch unklug
gewesen, zusätzliche Gebühren eines anderen Rechtsanwalts auszulösen. Das war ein
nachvollziehbarer Grund für das Zuwarten des Zeugen X mit dem Widerspruch
gegenüber der Klägerin bis zur Beendigung des Beratungsvertrags. Da der Zeuge U
nach seiner glaubhaften Bekundung noch im Oktober 2001 für die Streithelferin auf
Klägerseite tätig geworden ist, liegt auch kein so langer Zeitraum zwischen der
Beendigung des Beratungsvertrags bis zur Erklärung des Widerspruchs gegen die
Lastschriften im Schreiben vom 21.01.2002, dass daraus auf eine mindestens
konkludent erklärte Einzugsermächtigung geschlossen werden könnte. Zudem haben
die Streithelfer auf Beklagtenseite im Verfahren 20 O 232/02 LG L (zu 20 C 107/02 AG
M) vorgetragen, der Beratungsvertrag sei erst zum 31.12.2001 beendet worden
(Schriftsatz vom 16.04.02, S. 7 unten, Bl. 8 jener BA).
Auch die Kenntnis des Zeugen U der Kontonummer des bei der Klägerin geführten
Kontos lässt nicht den Schluss auf eine mündlich erteilte Einzugsermächtigung zu.
Nach den übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen C und U ist über dies Konto
mit letzterem gesprochen worden. Es war das Konto, über das die Liquidation
abgewickelt werden sollte. Die zur Erzielung der Quotenvergleiche verwendeten
Schecks waren nach der glaubhaften Bekundung des Zeugen X auf dies Konto
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gezogen. Dieser Erklärung hat der Zeuge U bei seiner ergänzenden Vernehmung am
Schluss des Haupttermins nicht widersprochen, während er in anderen Punkten auf aus
seiner Sicht aufgetretene Unrichtigkeiten der Aussage jenes Zeugen eingegangen ist.
Der Zeuge U konnte deshalb auf Grund der Angaben auf solchen Schecks Kenntnis von
Kontonummer und Bankleitzahl des bei der Klägerin geführten Kontos haben. Es steht
deshalb schon nicht fest, dass ihm diese Daten vom Zeugen X genannt worden sind.
Bei der Beweiswürdigung war zu berücksichtigen, dass der Zeuge U ein unmittelbares
wirtschaftliches Interesse an einem der Beklagten günstigen Ausgang des Rechtsstreits
hat. Das wird durch den Versuch der Streithelfer auf Beklagtenseite, die Rückbuchung
der Lastschriften im Wege einstweiliger Verfügungen zu verhindern, unterstrichen. Es
bestand in beiden Hauptterminen auch Klarheit darüber, dass die Rückbuchung der
Lastschriften zum wirtschaftlichen Verlust der zugrunde liegenden
Gebührenforderungen führt, weil diese bei der Streithelferin auf Klägerseite nicht zu
realisieren sein werden. Der Verlust ist wirtschaftlich erheblich. Dass auf Seiten der
Zeugen C ein Interesse an einem der Klägerin günstigen Ausgang des Rechtsstreits
besteht, kann nicht dazu führen, die Nähe des Zeugen U zum Verfahrensgegenstand
außer Betracht zu lassen.
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2. Der Widerspruch der Streithelferin auf Klägerseite gegen die Lastschriften war nicht
rechtsmissbräuchlich. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Beklagte gegenüber der
Klägerin auf eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerspruchs berufen könnte,
obwohl der etwaige Rechtsmissbrauch nicht aus dem hier maßgeblichen
Interbankenverhältnis sondern aus dem Valutaverhältnis resultiert. Die Kammer hat das
für den Fall erwogen, dass eine formlose Einzugsermächtigung bewiesen und zugleich
festgestellt würde, dass die den Lastschriften zugrunde liegenden Forderungen
berechtigt waren (s. van Gelder, aaO, § 58 Rdn. 93 zum Rechtsverhältnis zwischen
Schuldner und Schuldnerbank). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass sich die
Schuldnerbank nicht sehenden Auges an einem Rechtsmissbrauch des Schuldners
beteiligen dürfte (s. aber BGHZ 95, 103, 107). Nach dem Beweisergebnis stellt sich
diese Problematik nicht. Das Vorliegen einer Einzugsermächtigung ist wie dargestellt
nicht bewiesen. Ein Schuldner muss sich das Lastschriftverfahren nicht aufzwingen
lassen. Ist es nicht vereinbart, handelt er nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er allein aus
diesem Grund einer Lastschrift widerspricht. Die Beweisaufnahme hat zudem ergeben,
dass der Beklagten nicht unterstellt werden kann, sie beteilige sich an einem
rechtsmissbräuchlichen Versuch des Schuldners, sich berechtigten Forderungen zu
entziehen. Die Streithelferin auf Klägerseite hat sachliche Anhaltspunkte dafür
vorgetragen, dass nicht alle den Lastschriften unterlegten Gebührenforderungen
begründet sind. Auch ist nach den divergierenden Aussagen der Zeugen U und X
streitig geblieben, ob sich die Ergänzung zum Beratungsvertrag vom 17.05.2001 nur auf
noch nicht anverhandelte Vergleiche mit Gläubigern der Streithelferin auf Klägerseite
bezog. An einem solchen mit sachlichen Argumenten geführten Streit über die
Berechtigung der Gläubigerforderung muss sich die Schuldnerbank nicht beteiligen. Sie
darf dann den Widerspruch des Schuldners beachten und die Klärung des Streits über
die Berechtigung der zugrunde liegenden Forderung dem Valutaverhältnis zwischen
Gläubiger und Schuldner überlassen.
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3. Der Widerspruch der Streithelferin auf Klägerseite war trotz Ablaufs der
Sechswochenfrist von Abschnitt III Nr. 2 LSA wirksam (s. BGHZ 144, 349, 353 f. = WM
2000, 1577, 1578 f.).
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4. Die Streithelferin auf Klägerseite hat die Lastschriften nicht genehmigt. Dabei kann
offen bleiben, ob eine Genehmigung im Verhältnis zwischen Schuldnerbank und
Schuldner Wirkungen im hier betroffenen Interbankenverhältnis entfalten kann. Die
einschlägigen Entscheidungen (BGHZ 95, 103 und 144, 349) beziehen sich auf das
Verhältnis Schuldner / Schuldnerbank. Gleiches gilt für die ab 01.04.2002 geltende
Regelung in Nr. 7 Abs. 3 AGB Banken, wonach das Unterlassen des Widerspruchs
länger als 6 Wochen nach einem Rechnungsabschluss als Genehmigung der Lastschrift
gilt. Diese Klausel kommt hier noch nicht zur Anwendung, weil der Widerspruch vor
ihrem Inkrafttreten erfolgt ist. Erforderlich wäre deshalb die Feststellung eines
Verhaltens der Streithelferin auf Klägerseite, das nach den vor der Änderung der AGB
Banken geltenden Regeln als Genehmigung zu deuten wäre. Eine solche Feststellung
kann hier nicht getroffen werden. Das Schweigen der Streithelferin auf Klägerseite
gegenüber der Klägerin reicht als Genehmigung nicht aus (s. BGHZ 95, 103, 108 und
144, 349, 354), ebenso nicht die Entgegennahme von Tagesauszügen (BGH, aaO).
Gleiches gilt für die Nichterhebung von Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse
des belasteten Kontos. Die Genehmigungsfiktion des § 7Abs. 2 AGB Banken aF konnte
nicht auf die Genehmigung von dem Rechnungsabschluss zugrunde liegenden
Belastungsbuchungen bezogen werden (BGHZ 144, 349, 355). Das war der Grund für
die hier noch nicht anwendbare Änderung von Nr. 7 AGB Banken zum 01.04.2002 (s.
Sonnenhol, WM 2002, 1259, 1262 ff.). Eine Genehmigung kann ferner nicht in der
monatelangen Weiterbenutzung des Kontos durch die Streithelferin auf Klägerseite
gesehen werden. Kenntnis von den Belastungsbuchungen aus Mai 2001 auf deren
Seite steht fest für die Zeit ab Mitte August 2001 (s. deren Schreiben vom 16.08.2001,
Bl. 51 d.A.). Der Widerspruch datiert vom 21.01.2002. Es kann auch von der
Weiterbenutzung des Kontos für die Abwicklung der Liquidation ausgegangen werden.
Der Ansicht, in der Weiterbenutzung des Kontos liege eine konkludente Genehmigung
(Krepold, Bankrecht und Bankpraxis (BuB), Rdn. 6/441a) kann jedoch nicht gefolgt
werden. Aus der Prüfungspflicht des Bankkunden (Nr. 11 Abs. 4 AGBG Banken) kann
die Genehmigung nicht hergeleitet werden. Die Wirkung von Schweigen des Kunden
auf das Konto betreffende Mitteilungen ist nicht dort sondern in Nr. 7 AGB Banken
geregelt. Die Neuregelung von Nr. 7 Abs. 3 bestätigt das ausdrücklich. Auch aus der
Entscheidung BGH WM 1979, 994, 995 ergibt sich nichts für eine Genehmigung durch
Weiterbenutzung des Kontos. Der BGH hat in jenem Urteil angenommen, der Schuldner
habe die Einzugsermächtigung durch schlüssiges Verhalten gegeben, indem er den
Lastschrifteinzug monatelang geduldet habe. Wie ausgeführt kann nicht festgestellt
werden, dass die Streithelferin auf Klägerseite die Einzugsermächtigung formfrei erteilt
hätte. Wenn für Fallkonstellationen, die zeitlich vor der Änderung von Nr. 7 AGB Banken
liegen, eine Genehmigung einer Lastschrift aus einer längeren Benutzung des Kontos
hergeleitet werden soll, kann das - ebenso wie vom BGH, aaO für die konkludente
Erteilung der Einzugsermächtigung angenommen - nur unter Würdigung des
Gesamtverhaltens des Schuldners geschehen. Teilt wie hier der Schuldner dem
Gläubiger mit, dass er die Lastschrift für unberechtigt hält, kann dem Verhalten des
Schuldners keine Genehmigung durch Weiterbenutzung des Kontos entnommen
werden. Erst die Änderung der AGB Banken zum 01.04.2002 führt dazu, dass auch ein
solcher Gläubiger einen Vorteil aus einem Vertrauenstatbestand ziehen kann, der allein
im Verhältnis Schuldner / Schuldnerbank begründet ist. Der BGH hat die Frage zuletzt
offen gelassen (BGHZ 144, 349, 354).
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5. Der Klägerin ist durch die Erteilung der Gutschrift in Höhe der beiden
Lastschriftbeträge ein Schaden in Höhe von 58.627,53 EUR = (34.846,40 + 79.819,09
DM =) 114.665,49 DM entstanden. Denn die Gutschrift entstammte dem Vermögen der
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Klägerin. Der Vorbehalt der Wiederbelastung des Kontos der Streithelferin auf
Klägerseite ist wirtschaftlich wertlos. Darauf kommt es nicht einmal an. Entscheidend ist,
dass durch die Gutschrift das Vermögen der Klägerin um die Klageforderung gemindert
ist. Sie kann nicht gezwungen werden, den Vorbehalt auszuüben.
Die Klägerin muss nicht vor Geltendmachung des Anspruchs aus Abschnitt I Nr. 5 LSA
zunächst die Streithelfer auf Beklagtenseite in Anspruch nehmen.
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a. Nach Ansicht der Kammer steht ihr bei der hier gegebenen Konstellation kein
Anspruch gegen jene zu. Vertreten wird allerdings, bei Fehlen einer
Einzugsermächtigung liege eine Leistung der Zahlstelle an die Inkassostelle vor
(Krepold, BuB Rdn. 6/372; MünchKomm BGB/Lieb, 4. A., § 812 Rdn. 100). Diese
Ansicht nützt der Beklagten aber nichts, weil dann die bereicherungsrechtliche
Abwicklung im Interbankenverhältnis erfolgen müsste, ein Bereicherungsanspruch der
Zahlstelle gegen den Gläubiger gerade nicht bestünde (s. Lieb, aaO, Rdn. 101; ebenso
Strube in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch des deutschen und europäischen
Bankrechts, 2004, § 39 Rdn. 34). Nach der zutreffenden Auffassung des BGH (BGHZ
69, 186, 188 f.) liegt in der Zahlung der Schuldnerbank eine Leistung an den Schuldner
und zugleich eine Leistung des Schuldners an den Gläubiger. Letzteres soll zwar nicht
gelten, wenn der Schuldner "die Zahlung nicht veranlasst hat" (BGH, aaO, S. 190).
Gemeint sind hier, wie die Zitate aaO zeigen, Fälle, in denen es an einer wirksamen
Anweisung fehlt (s. BGHZ 66, 362, 364 f. (nicht unterschriebener Scheck), BGHZ 66,
372, 375 (irrtümliche Überweisung der Bank an einen falschen Zahlungsempfänger).
Grund ist hier, dass die Leistung dem Schuldner nicht zugerechnet werden kann (BGHZ
69, 186, 190). Das kann vorliegend gerade nicht festgestellt werden. Falls die
Streithelferin auf Klägerseite eine formlose Einzugsermächtigung erteilt hat, was nach
der Beweiswürdigung möglich ist, sind die an die Streithelfer auf Beklagtenseite
erfolgten Zahlungen der Streithelferin auf Klägerseite zuzurechnen. Die von BGHZ 69,
186, 190 und BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 375 angenommene unmittelbare Leistung
an den Empfänger ist dann nicht feststellbar. Es kann deshalb nur innerhalb der im
Regelfall gegebenen Leistungsbeziehungen kondiziert werden. Das Bestehen eines
Leistungsverhältnisses hat bei der Leistungskondiktion der Kondizierende zu beweisen
(s. Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB, § 812 Rdn. 202). Ein Bereicherungsanspruch
der Klägerin gegen die Streithelfer auf Beklagtenseite scheidet deshalb schon wegen
des non liquet der Beweisaufnahme aus. Es kann deshalb dahinstehen, ob beim Streit
über das Bestehen einer formlosen Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren
überhaupt von einer Leistungsbeziehung zwischen Schuldnerbank und Gläubiger
ausgegangen werden darf.
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b. Zu einem anderen Ergebnis würde die Kammer aber auch dann nicht gelangen, wenn
ein Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die Streithelfer auf Beklagtenseite
bestünde. Sie vermag der Ansicht nicht zu folgen, ein Schaden im Sinne von Abschnitt I
Nr. 5 LSA sei erst zu bejahen, wenn die Schuldnerbank erfolglos gegen den Gläubiger
vorgegangen sei (Denck, ZHR 147 (1983), 544, 560; van Gelder, aaO, § 58 Rdn. 193).
Diese Auffassung ist von Denck (aaO) nicht begründet worden. Nach der Begründung
von van Gelder (aaO) soll erst nach einem Ausfall beim Gläubiger von einem Schaden
im Sinne von Abschnitt I Nr. 5 LSA gesprochen werden können. Das überzeugt die
Kammer nicht. Das LSA verwendet in Abschnitt I Nr. 5 LSA den Begriff Schaden in
keinem anderen Sinn als er nach allgemeinem Vermögensrecht zu verstehen ist.
Danach genügt grundsätzlich der Eintritt einer Einbuße (Bamberger/Roth/Grüneberg,
BGB, vor § 249 Rdn. 8); die Frage, ob diese durch einen Anspruch gegen einen Dritten
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ausgeglichen werden kann, betrifft nicht die Definition des Schadens. Grundsätzlich
kann ein Gläubiger, dem Ansprüche gegen mehrere Schuldner zustehen, jeden der
Schuldner in Anspruch nehmen, solange die Vermögenseinbuße nicht entfallen ist (s. §
422 Abs. 1 S. 1 für die Gesamtschuld). Ob die Schuldner Gesamt- oder Nebenschuldner
sind, ist für das Wahlrecht des Gläubigers unerheblich. Abweichungen vom Wahlrecht
bedürfen einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung. Das LSA enthält eine solche
nicht. Es wäre sachlich auch nicht gerechtfertigt, die Schuldnerbank bei Fehlen einer
Einzugsermächtigung zunächst an den Gläubiger zu verweisen. Nach der
Interessenlage der Beteiligten ist die Schuldnerbank in solchen Fällen schutzbedürftig.
Dies kann die Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen (s. § 114 GVG). Sie ist mit
dem Handelsrichter NN besetzt, der Vorstand einer Bank ist. Der hier zugrunde liegende
objektive Verstoß der Gläubigerbank dagegen, im Interbankenverhältnis nur
Lastschriften weiterzugeben, für die eine schriftliche Einzugsermächtigung vorliegt
(Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe a LSA), darf sich nicht zum Nachteil der Schuldnerbank
auswirken, die auf die Erfüllung dieser Anforderung durch den Gläubiger mangels eines
Rechtsverhältnisses zu diesem keinen Einfluss hat. Das Risiko der Solvenz des
Gläubigers im Fall einer Rückbelastung muss nach der Interessenlage die
Gläubigerbank tragen. Das ist während der sechswöchigen Widerrufsfrist nicht anders
als nach deren Ablauf. Das ergibt sich aus Abschnitt I Nr. 5 LSA. Deswegen ist nicht
einzusehen, warum die Schuldnerbank sich mit dem Solvenzrisiko ihres Nichtkunden
befassen soll. Dem steht nicht entgegen, dass nach der der Kammer von ihrem
Handelsrichter NN vermittelten Fachkunde die Gläubigerbank grundsätzlich nur für die
Dauer der regulären Widerspruchsfrist von 6 Wochen nach Abschnitt III Nr. 2 LSA ein
Risikomanagement hinsichtlich der Gutschriften im Lastschriftverfahren unterhält.
Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass Gläubigerbanken zur Vermeidung
eines Ausfalls beim Rückgriff darauf achten sollten, dass Einzugsermächtigungen in
Schriftform vorgelegt werden.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 und 2 BGB.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 ZPO.
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