Urteil des LG Bonn vom 22.12.2009

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Landgericht Bonn, 39 T 358/09
Datum:
22.12.2009
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
14. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
39 T 358/09
Schlagworte:
Offenlegung, Befreiungsmitteilung, Veröffentlichungsauftrag,
Konzernabschluss, Konzernmutter
Normen:
§ 264b HGB, § 325 HGB, § 335 HGB
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
1. Die Beauftragung des elektronischen Bundesanzeigers mit der
Veröffentlichung einer Befreiungsmitteilung nach § 264b Nr. 3 b) HGB
kann mit derselben Wirkung auch durch die Konzernmutter erfolgen, in
deren Konzernabschluss das Tochterunternehmen einbezogen ist,
welches die Befreiung beansprucht.
2. Die Mitteilung nach § 264b Nr. 3 b) HGB muss nicht ausschließlich für
bzw. unmittelbar seitens der einbezogenen
Personenhandelsgesellschaft publiziert werden. Es genügt, wenn sie in
einer durch die Konzernmutter veröffentlichten Mitteilung aufgeführt ist,
soweit die Inanspruchnahme der Befreiung nach Maßgabe des § 264b
Nr. 3 b) HGB hinreichend deutlich aus ihr hervorgeht und sie unter
Eingabe des Namens der einbezogenen Personenhandelsgesellschaft
als Suchergebnis im elektronischen Bundesanzeiger ausgegeben wird.
3. Der Anzeige der Konzernmutter im vorbezeichneten Sinne beim
Bundesanzeiger Verlag ist auch ein Veröffentlichungsauftrag im Sinne
von § 264b Nr. 3 b) HGB zu entnehmen.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde wird die unter dem 20.02.2009 getroffene
Ordnungsgeldentscheidung einschließlich der Festsetzung von
Zustellungskosten und die Verwerfung des Einspruchs in der gleichen
Entscheidung aufgehoben.
Die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin, die zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, werden der
Staatskasse auferlegt.
Gründe
1
I.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von
2.500,00 Euro wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem
Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der
Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom
27.09.2008, zugestellt am 28.10.2008, angedroht.
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Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 03.11.2008 (Eingang) Einspruch
eingelegt. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom
20.2.2009 das bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt.
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Gegen die ihr am 24.02.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am
09.03.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Am selben Tag ist im elektronischen
Bundesanzeiger die Bekanntmachung folgenden Inhalts veröffentlicht worden: Die
Einzelabschlüsse der ..., der N GmbH & Co. KG und der I GmbH & Co. KG sind in den
am 26.06.2007 veröffentlichten Konzernabschluss der I GmbH & Co. KG zum
31.12.2006 einbezogen. Die Befreiungsvorschrift nach § 264b HGB wurde in Anspruch
genommen. I GmbH & Co. KG.
5
II.
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Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen
zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
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Die Voraussetzungen, unter denen nach § 335 Abs. 3 HGB der Erlass eines
Ordnungsgeldes stattfinden kann, liegen nicht vor. Denn wie die Beschwerdeführerin
glaubhaft gemacht hat, konnte sie sich auf eine Befreiung von den sie betreffenden
Offenlegungspflichten aus § 325 Abs. 1 HGB berufen.
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Die Anforderungen, unter denen gemäß § 264b HGB eine Befreiung stattfinden kann,
sind von der Beschwerdeführerin rechtzeitig erfüllt worden. Sie ist in den
Konzernabschluss der I GmbH & Co. KG einbezogen und in dessen Anhang als befreit
geführt. Dieser Konzernabschluss ist, wie aus einer ergänzenden Mitteilung des
Bundesanzeiger Verlags hervorgeht, bereits am 29.06.2007 dort eingereicht und bald
darauf veröffentlicht worden. Weiterhin ist auch ein für die Beschwerdeführerin
wirksamer Veröffentlichungsauftrag betreffend die Befreiungsmitteilung nach § 264b Nr.
3 b) HGB erfolgt. Wie sie bereits mit Einspruch gegen die Androhungsverfügung vom
30.10.2008 mitgeteilt hat, hat unter dem 22.02.2008 eine entsprechende Beauftragung
des Bundesanzeiger Verlags durch die I2 GmbH & Co. KG stattgefunden. Mit auch im
Beschwerdeverfahren vorgelegtem und vom Bundesamt für Justiz bzw. dem
Bundesanzeiger Verlag hinsichtlich seines Erhalts nicht in Abrede gestelltem Schreiben
von diesem Tag hat die Konzernmutter nachträglich sowohl die Einbeziehung unter
anderem der Beschwerdeführerin in den Konzernabschluss als auch deren
Inanspruchnahme der Befreiung angezeigt. Eine Umsetzung im Sinne einer
Veröffentlichung, wie sie letztlich am 09.03.2009 erfolgt ist, ist indessen unterblieben.
Dies gereicht der Beschwerdeführerin nicht zum Nachteil. Denn dem vorbezeichneten
Anschreiben ist selbst ohne entsprechende ausdrückliche Auftragserteilung mit
hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass dies als Anzeige zum Zweck der
Veröffentlichung der Befreiungsmitteilung erfolgt ist. Denn soweit keine besonderen
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Umstände, wie etwa ein Vorbehalt oder ein unklarer Absender, vorliegen, die auf einen
möglicherweise zweifelhaften Veröffentlichungswillen schließen lassen, ist das
Anschreiben als - ggf. konkludente - Erklärung zu verstehen, dass zugleich die
Veröffentlichung beauftragt ist. Dies ergibt sich insbesondere aus dem
verfahrensrechtlichen Kontext, wonach - bei bereits längst veröffentlichtem
Konzernabschluss - der Anzeige diese Erklärung erkennbar innewohnt. Vor dem
Hintergrund der Beleihung des Bundesanzeiger Verlags als Betreiber des
elektronischen Bundesanzeigers sowie der Ablösung der ursprünglich für die
Veröffentlichung zuständigen Registergerichte liegt hingegen alles Andere, als dass das
anzeigende Unternehmen insofern auch die Veröffentlichung wünscht, fern. Dies gilt
umso mehr, als das Unterlassen rechtzeitiger Veröffentlichung mit Ordnungsgeld
sanktioniert und grundsätzlich zu unterstellen ist, dass die betroffene Kapitalgesellschaft
diese Sanktion nach besten Kräften zu vermeiden sucht (vgl. LG Bonn, Beschl. v.
29.05.2009, Az. 39 T 104/09).
Entgegen der Auffassung in der angefochtenen Verfügung ist schließlich nicht
erforderlich, dass die Mitteilung nach § 264b Nr. 3 b) HGB ausschließlich für bzw.
unmittelbar seitens der Beschwerdeführerin publiziert worden ist. Die hier beauftragte
Publizierung, die ihrem Inhalt nach auch der letztlich am 09.03.2009 veröffentlichten und
jedenfalls vom Bundesanzeiger Verlag nicht mehr beanstandeten Bekanntmachung
entspricht, genügt dem Gesetzeswortlaut ("für die Personenhandelsgesellschaft"), zumal
sie unter Eingabe des Namens der Beschwerdeführerin als Suchergebnis im
elektronischen Bundesanzeiger ausgegeben wird.
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Die gegenständliche Ordnungsgeldverfügung ist deswegen auf unzutreffender
Tatsachengrundlage ergangen und war aufzuheben. Das weitere Androhungsverfahren
wird einzustellen sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 335 Abs. 5 S. 7 HGB.
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Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig
(§ 335 Abs. 5 S. 6 HGB).
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Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR.
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