Urteil des LG Bonn vom 07.12.2004

LG Bonn: treu und glauben, arglistige täuschung, familie, konstitutive wirkung, gespräch, kaufpreis, abend, haus, anfechtung, notariat

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Sachgebiet:
Landgericht Bonn, 2 O 165/04
07.12.2004
Landgericht Bonn
2. Zivilkammer
Urteil
2 O 165/04
Maklercourtage
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.352,- EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.3.2004
zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin, vertreten durch die L GmbH in C, für die wiederum der Zeuge u handelte,
schloss am 06.02.2001 mit der Beklagten einen Maklervertrag. Darin verpflichtete sich die
Beklagte, für den Nachweis oder die Vermittlung einer Vertragsgelegenheit zum Verkauf
ihres Zweifamilienhauses (2 Wohnungen und ein Appartement) in N an die Klägerin eine
Verkäufercourtage in Höhe von 3 % zzgl. MwSt. zu zahlen. Im Maklerauftrag war der
Beklagten nicht untersagt, sich selbst um einen Vertragsschluss zu bemühen. Die
diesbezügliche Passage in dem vorformulierten Vertrag war gestrichen. Die
Preisvorstellung der Beklagten für den Verkauf ihres Hauses lag zum damaligen Zeitpunkt
bei 648.000 DM. Die Beklagte wohnte im Haus. Sie hatte das Appartement und eine der
Wohnungen vermietet.
Nachdem die Bemühungen der Klägerin bei der Suche nach Interessenten ohne Erfolg
blieben, reduzierte die Beklagte ihre Preisvorstellungen im August 2001 auf 598.000.- DM
und im Mai 2002 auf 248.000.- EUR. Es fanden mehrere Hausbesichtigungen mit
Interessenten statt, zuletzt am 13. September 2003.
Im Juni 2003 hatten Eheleute T3 ihre ernsthafte Bereitschaft zum Kauf geäußert. Der Zeuge
u hatte auf Veranlassung der Beklagten und Familie T3 auch bereits bei Notarin A aus X
einen Kaufvertragsentwurf in Auftrag gegeben. Wegen Schwierigkeiten mit der
Finanzierung nahmen die Eheleute T3 aber von einem Kauf Abstand.
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In der ersten Septemberhälfte des Jahres 2003 äußerten die Mieter der Wohnung der
Beklagten, Familie T, gegenüber der Beklagten ihr ernsthaftes Kaufinteresse. Die Eheleute
T und ihre drei Kinder hatten sich seit Bekanntwerden der Verkaufsabsicht der Beklagten
nach einer neuen Wohnung, auch zum Kauf, umgesehen. Die Preisvorstellungen der
Beklagten überstiegen aber ihre Möglichkeiten. Erst als die neue Kaufpreisforderung von
248.000.-EUR bekannt war und zudem der Bruder der Frau T, Herr Y, die Idee aufbrachte,
er könnte sich am Erwerb beteiligen, rückte das Haus der Beklagten in das nähere
Interesse der Eheleute T, wobei ihnen der Kaufpreis von 248.000.-EUR aber immer noch
zu hoch war. Im Gespräch mit der Beklagten erklärte sich diese aber bereit, vom Kaufpreis
weitere 8.000.-EUR nachzulassen.
Bei welcher Gelegenheit und an welchem Tag der Zeuge u von diesem Sachverhalt erfuhr,
ist streitig.
Der Zeuge u rief die Beklagte jedenfalls an und äußerte sich erstaunt, dass die Beklagte
verkaufen wolle, ohne ihn zu informieren. Die Beklagte erklärte hierauf, es stehe nicht fest,
ob Eheleute T die Finanzierung schaffen würden.
Am Abend des 15.09.2003 fand ein gemeinsames Gespräch zwischen der Beklagten,
Herrn u und Frau T statt. Anlässlich dieses Gesprächs unterzeichneten die Beklagte und
die Zeugin T ein vom Zeugen u ausgefülltes Formular mit der Bezeichnung
"Objektnachweis mit Courtagevereinbarung und Auftrag für Notartermin" (Bl. 10). Dieser
Objektnachweis enthält folgende handschriftliche Ergänzung: "Die Käufercourtage von
1,74 % übernimmt die Verkäuferin. Die Verkäufercourtage wird auf 1,74 % reduziert, so
dass die Verkäuferin insgesamt 3,48 % Courtage zahlt."
Herr u vereinbarte für die Parteien einen Notartermin für den 7.10..2003.
In diesem Termin veräußerte die Beklagte die Immobilie durch notariellen Kaufvertrag zum
Preis von 240.000 EUR an die Eheleute T und Herrn Y. Herr u war bei diesem Notartermin
ebenfalls anwesend.
Wegen der Einzelheiten des Kaufvertrages wird auf die Urkunde Nr. 2..../2003 der Notarin
A in X, Bl. 59-81 d.A., Bezug genommen.
Nach Abschluss des Kaufvertrages stellte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über
8.352.- EUR Maklercourtage aus (3 % von 240.000.-EUR zuzüglich 16 % MWSt). Die
Beklagte verweigerte die Zahlung mit dem Argument, die Klägerin habe die Käufer weder
nachgewiesen noch den Kauf vermittelt. Die Maklercourtage sei nicht verdient. Mit
anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2003 erklärte die Beklagte die Anfechtung ihrer
Erklärung vom 15.09.2003 wegen arglistiger Täuschung.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe den Kaufvertrag zwischen der Beklagten und den
Käufern im Sinne des § 652 BGB vermittelt. Hierzu behauptet sie, der Zeuge u habe die
Eheleute T im Sommer 2002 erstmals über die Reduzierung des Kaufpreises auf 248.000,-
EUR unterrichtet.
Er habe erst am Vormittag des 15.09.2003 durch einen Mitarbeiter der L erfahren, dass
Eheleute T kaufen wollten. Daraufhin habe er die Beklagte angerufen, diese habe erklärt,
es sei noch nicht sicher mit der Finanzierung. Auch seien sie finanziell wohl nicht in der
Lage, Käufercourtage zu zahlen. Sie werde die Verkäufercourtage aber selbstverständlich
zahlen. Herr u habe am Abend des 15.09.2003 erläutert, dass eine Käufercourtage nur
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dann anfalle, wenn die Kaufvertragsparteien weitere Leistungen in Anspruch nähmen.
Hierzu habe Anlass bestanden, weil die Beklagte gebeten habe, sich um die für die
Kaufentscheidung wesentlichen Punkte zu kümmern. Die Klägerin behauptet weiter, der
Zeuge u habe im Auftrag der Beklagten und erklärten Willen der Frau T im Anschluss an
das Gespräch vom 15.09.2003 weitere Vertragsdetails zwischen den zukünftigen
Vertragsparteien und dem Notariat abgestimmt sowie die von den Eheleuten T und Herrn Y
gewünschte Nutzungsregelung ausgearbeitet.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.352.-EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (30.03.2004) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, nicht Herr u, sondern sie selbst habe die Eheleute T über die
Reduzierung des Kaufpreises informiert. Sie sei Anfang September 2003 von ihren Mietern
darüber unterrichtet worden, dass diese nun kaufen wollten. Eine Woche vor dem
15.09.2003 habe Herr u mit ihr telefoniert. Es sei möglich, dass sie ihm in Unkenntnis der
Rechtslage mitgeteilt habe, es bleibe bei der Verkäufercourtage, wenn Eheleute T kauften.
Weiterhin behauptet sie, Herr u habe in dem Gespräch am 15.09.2003 sowohl der Zeugin T
als auch ihr gegenüber den Eindruck aufrecht erhalten, dass beide Kaufvertragsparteien
eine Maklercourtage schuldeten. Der Zeuge u habe im Anschluss an das Gespräch vom
15.09.2003 keine weiteren Vertragsdetails abgestimmt und insbesondere die
Nutzungsregelung der Käufer nicht selber ausgearbeitet, sondern lediglich die von diesen
gefertigte Vereinbarung an das Notariat weitergeleitet. Alles andere habe die
Steuerberaterin der Familie T, die Zeugin M, erledigt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T, M, u und C2. Wegen
der Bekundungen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.11.2004 (Bl. 210-221 d.A.) sowie
auf die schriftliche Zeugenaussage der Zeugin C2 Bl. 175-178 d.A. verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 3,48 % (brutto) des Kaufpreises = 8.352.-
EUR.
Die Klägerin kann ihren Anspruch aber nicht auf den Maklervertrag vom 06.02.2001
stützen, denn sie hat der Beklagten die Käufer Eheleute T und Herrn Y weder
nachgewiesen noch hat sie den Verkauf zwischen ihnen vermittelt.
Zum Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluss des (Haupt)Vertrages im Sinne des §
652 Abs. 1 BGB ist erforderlich, dass der Auftraggeber durch eine Mitteilung des Maklers in
die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten
Hauptvertrag zu treten (Palandt-Sprau, 63. Aufl., § 652 BGB Rn. 25). Eine solche Mitteilung
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kann den Auftraggeber allerdings begriffsnotwendig nur dann in die Lage "versetzen", in
konkrete Verhandlungen zu treten, wenn ihm der mögliche Interessent bislang unbekannt
gewesen ist. Die Vorkenntnis des Kunden schließt den nach § 652 Abs. 1 S. 1 BGB
erforderlichen Nachweis aus (Münchener Kommentar/Roth, 3. Auflage, § 652 BGB, Rn. 95).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass Frau T ihre Kaufbereitschaft von
sich aus gegenüber der Beklagten signalisiert hatte. Der Zeuge u hat insoweit die
Behauptung der Klägerin nicht bestätigt, wonach er das ernsthafte Kaufinteresse der
Familie T bei einem Kaufpreis von 240.000.-EUR der Beklagten übermittelt habe. Vielmehr
hat er berichtet, durch einen Mitarbeiter der L aus der Abteilung Immobilienfinanzierung
über die Kaufabsicht der Familie T informiert worden zu sein. Er habe daraufhin die
Beklagte angerufen, die ihm das bestätigt habe.
Es steht auch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin den Verkauf des
Hauses an die Familie T und Herrn Y vermittelt hat.
Eine für die Maklercourtage relevante Vermittlung liegt vor, wenn der Makler bewusst und
aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Auftraggebers einwirkt, um
dessen Bereitschaft zum Abschluss des gewünschten Hauptvertrages zu fördern (Palandt-
Sprau, § 652 BGB, Rn. 27).
Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass es der Vermittlung noch bedurft hätte.
Verkäufer und Käufer waren am 15.09.2003 vielmehr entschlossen, einen Vertrag zu
schließen. Es bedurfte nicht des Maklers, um eine Kaufbereitschaft zu wecken oder zu
fördern:
Der Zeuge u hat bekundet, er habe am 15.09.2003 durch den Mitarbeiter der L gehört,
Familie T wolle kaufen. Der Mitarbeiter habe ihm auch berichtet, die L wolle den Erwerb
finanzieren, benötige nur noch die Objektunterlagen, die sich im Besitz des Herrn u
befanden. Bei dem Gespräch am 15.09.2003 zeigte sich ihm Frau T nach wie vor
grundsätzlich zum Kauf bereit. Er will er die Beklagte darin bestärkt haben, das Haus an die
Mieter T und deren Bruder/Schwager zu veräußern. Die Beklagte war zu dem Zeitpunkt
aber für den Zeugen u erkennbar wegen der bereits seit über 2 Jahren dauernden Suche
und aufgrund der Enttäuschung mit den Kaufinteressenten T3 "mürbe". Sie hatte der Frau T
bereits versprochen, den Kaufpreis auf 240.000.-EUR zu reduzieren.
Die Courtagepflicht wird nur ausgelöst, wenn der Einfluss der Maklertätigkeit auf den
Vertragsentschluss des Hauptvertragspartners nicht nur "ganz unerheblich", sondern
zumindest "irgendwie beachtlich" war (vgl. Staudinger/Reuter, 13. Bearbeitung, § 652, 653,
Rn. 104). Es genügt nicht, dass die Maklertätigkeit in irgendeiner Weise für den Erfolg
adäquat kausal geworden ist, weil der Makler nicht für den Erfolg schlechthin, sondern für
seinen Arbeitserfolg entlohnt wird.
Die vom Makler entfaltete Tätigkeit muss für den Abschluss des Hauptvertrages
mitursächlich geworden sein (Palandt-Sprau, § 652 BGB, Rn. 47), wobei es beim
Vermittlungsmakler - insoweit werden hier geringere Anforderungen gestellt als beim
Nachweismakler - ausreicht, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft des Dritten
irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das
nicht völlig unbedeutend war (vgl. BGH WM 1974, S. 257, 258). Dies ist beispielsweise der
Fall, wenn die Vertragsparteien zunächst ohne Makler miteinander verhandelt haben, dann
aber an eine Hürde gestoßen sind und sich erst infolge der Vermittlung des Maklers doch
noch geeinigt haben (Staudinger/Reuter, a.a.O., Rn. 118). Eine derartige Konstellation ist
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hier nicht bewiesen.
Der Zeuge u hat zwar nach seinem Bekunden, an deren Richtigkeit kein Anlass zu zweifeln
besteht, Ratschläge bezüglich der Nutzungsregelung und/oder zur Eigenheimzulage
gegeben. Diese waren aus seiner Sicht auch wichtig, weil die Finanzierung des Erwerbs
äußerst eng war. Es steht aber nicht fest, dass der Rat vertragsentscheidend waren. Die
Zeugin T hatte sich bereits bei der Steuerberaterin M allgemein zur Eigenheimzulage
erkundigt. Sie wusste, dass auch der Bruder Eigenheimzulage erhalten werde. Sie war mit
ihrem Bruder Herrn Y auch bezüglich der Nutzungsaufteilung im Hause einig. Frau T hat
zwar den Ratschlag des Herrn u entgegen genommen, sie bedurfte dessen aber nicht, um
im Kaufentschluss bestärkt zu werden. Darauf kommt es aber an. Die Erläuterungen eines
Maklers mögen nützlich sein, dies allein bringt den Provisionsanspruch aber nicht zur
Entstehung (Palandt-Sprau, § 652, Rn. 24; Münchener Kommentar/Roth, a.a.O., Rn. 100).
Gleiches gilt für die Serviceleistungen: Terminvereinbarung bei der Notarin und die
Korrektur kleiner Vertragsmodalitäten.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit der Klägerin
ausdrücklich die Courtagepflicht hinsichtlich derartiger Serviceleistungen vereinbart hat.
Der Zeuge u hat die Behauptung der Klägerin nicht bestätigt, wonach er die Beklagte und
Frau T darüber aufgeklärt habe, weiteres tätig werden löse die Courtage aus.
Die Klägerin kann ihren Klageanspruch aber auf die Vereinbarung mit der Beklagten vom
15.09.2003 stützen. Die Beklagte unterschrieb am 15.09.2003 einen Objektnachweis mit
Courtagevereinbarung, in dem sie sich zur Zahlung von 3,48 % Provision auf den Kaufpreis
von 240.000 EUR verpflichtete. Diese Erklärung ist wirksam, sie ist nicht infolge der
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB nichtig.
Der Beklagten ist nicht der Beweis gelungen, dass der Zeuge u sie über die Frage der
Courtagepflicht arglistig getäuscht hat. Die von ihr benannte Zeugin T hat zwar bestätigt,
dass Herr u am Abend des 15.09.2003 erklärt habe, die Beklagte und Familie T müssten
Courtage zahlen, weil er bereits soviel Mühen und Kosten mit dem Objekt gehabt habe.
Diese Aussage ist aber nicht ausreichend, um dem Gericht die Gewissheit von einer
vorsätzlich falschen Aufklärung zu vermitteln. Zum einen war die Zeugin T ersichtlich
bemüht, der Beklagten zu helfen. In diese Richtung passte die Bekundung, sie wisse nicht,
wer den Notartermin vereinbart habe. Zum anderen steht der Aussage die Bekundung des
Zeugen u entgegen, der berichtet hat, der grundsätzliche Anfall der Courtage sei an dem
Abend nicht problematisiert worden. Das ist auch nachvollziehbar, weil die Beklagte, was
diese nicht in Abrede stellt, dem Zeugen u in einem Telefonat zuvor erklärt hatte, sie sei
bereit, Courtage zu zahlen. Bei den widerstreitenden Aussagen kann der Bekundung der
Zeugin T nicht der Vorzug gegeben werden.
Die Beklagte kann ihre Anfechtungserklärung auch nicht darauf stützen, der Zeuge u habe
sie nicht darüber aufgeklärt, dass sie keine Courtage schulde. Eine arglistige Täuschung
durch Schweigen kommt nur in Betracht, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache
eine Aufklärungspflicht besteht. Eine derartige Pflicht kann nur aus Treu und Glauben
resultieren, § 242 BGB. Da es grundsätzlich Sache jeder Partei ist, ihre Interessen selbst
wahrzunehmen, kommt eine Aufklärungspflicht nur in Ausnahmefällen in Betracht (vgl.
Palandt-Heinrichs, § 123 Rdnr. 5 ff.).
Hier liegt kein Ausnahmefall vor. Die Beklagte hat weder nach ihrer Pflicht zur
Courtagezahlung gefragt, noch lag ein für die Entscheidung besonders wichtiger Umstand
vor. Es bestand zwischen den Parteien auch kein besonderes Vertrauensverhältnis.
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Zudem: Ein Auftraggeber kann nicht erwarten, dass der Makler in der Rolle des neutralen
Ratgebers verharrt, wenn es darum geht, ob ein Provisionsanspruch entsteht oder nicht
(Staudinger/Reuter, Vorbem. zu §§ 652 ff., Rn. 6).
Die Auslegung der Vereinbarung vom 15.09.2003 ergibt, dass es sich um ein
deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Beklagten und nicht wie die Klägerin meint, um
ein selbständiges - konstitutives - Courtageversprechen handelt.
Für ein konstitutives Schuldanerkenntnis wäre die Begründung einer neuen, von dem
zugrunde liegenden Schuldverhältnis unabhängigen Verpflichtung, notwendig (vgl.
Palandt-Sprau, § 781 Rn. 1). Hiergegen spricht aber, dass die Parteien nicht abstrakt die
Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Summe vereinbart habe, sondern der
"Courtage". Sie haben so einen Zusammenhang zur bestehenden Rechtsbeziehung
hergestellt.
Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb die Parteien eine neue Anspruchsgrundlage
schaffen wollten. Vielmehr bestand aus Sicht der Klägerin und für die Beklagte erkennbar
nur ein Bedürfnis, den Anspruch zu bestärken, um ihn Einwänden zu entziehen. Die
schriftliche Erklärung vom 15.09.2003 sollte die Beklagte an dem festhalten, was sie bereits
telefonisch, sei es eine Woche zuvor, sei es am selben Tag, dem Zeugen u versichert hatte:
Auch wenn das Hausgrundstück an Eheleute T verkauft würde, wolle sie
Verkäufercourtage zahlen.
Die Erklärung der Beklagten kann nicht allein als Anerkenntnis ohne rechtsgeschäftlichen
Verpflichtungswillen bewertet werden. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass die
Parteien die Schriftform und einen neuen Vertrag - neben dem vom 06.02.2001 -
geschlossen haben. Hierfür bestand auch Anlass, weil mit den Eheleuten T als
Kaufinteressenten eine subjektive Ungewissheit über die Courtagepflicht entstanden war.
Die schriftliche Erklärung der Beklagten vom 15.09.2003 schließt ihre Einwendungen und
Einreden aus, die bei Abgabe der Erklärung bestanden, ihr bekannt waren oder mit denen
sie jedenfalls rechnete. Denn Sinn und Zweck eines deklaratorischen Schuldanerkenntnis
ist es, das Schuldverhältnis insgesamt dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und
es insoweit endgültig festzulegen (BGH in NJW 1984, 799 ff.). In diesem Maße hat ein
deklaratorisches Schuldanerkenntnis auch konstitutive Wirkung. Die Festlegung reicht aber
nur soweit, wie es dem erklärten Willen der Beteiligten entspricht (BGHZ 66, 250 ff.).
Bei Unterzeichnung der Erklärung vom 15.09.2003, die nach übereinstimmendem Vortrag
der Parteien sogleich bei Beginn des Gesprächs erfolgte, wusste die Beklagte, dass die
Klägerin die Eheleute T als Käufer nicht nachgewiesen hatten. Sie konnte auch beurteilen,
ob Eheleute T am 15.09.2003 kaufbereit waren oder ob es noch der Förderung der
Bereitschaft durch Herrn u bedurfte. Indem der Zeuge u die Provisionen um die Hälfte
reduzierte, gab er auch zu erkennen, dass es ein Problem geben könne.
Die Beklagte wusste oder konnte jedenfalls damit rechnen, dass die Klägerin
Schwierigkeiten haben könnte, den Anfall von Courtage zu belegen. Wenn sie in dieser
Situation versprach, sowohl die reduzierte Verkäufer- als auch die Käufercourtage die
Courtage zu zahlen, wollte sie für die Klägerin erkennbar möglichen Streit vermeiden und
die Schuld festlegen. Daran muss sie sich festhalten lassen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 Abs. 1 S. 2, 187 Abs. 1 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 8.352.-EUR