Urteil des LG Bonn vom 25.04.2008

LG Bonn: vollmacht, störung der merkfähigkeit, abrechnung, negative feststellungsklage, aufschiebende bedingung, vergütung, widerklage, beweislast, mwst, geschäftsfähigkeit

Landgericht Bonn, 18 O 60/05
Datum:
25.04.2008
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
18. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 O 60/05
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.954,02 € zu zahlen. Im
übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Es wird festgestellt, dass die Widerklage erledigt ist.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 76 %, die Beklagte zu
24 %.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von 27706,01 € durch die
Beklagte. Diese begehrte widerklagend die Feststellung, dass der Herrn Rechtsanwalt
Y erteile Vollmacht vom ##.##.20## unwirksam sei. Dem liegt im wesentlichen
folgendes Geschehen zu Grunde:
2
Die Beklagte ist Rechtsanwältin und examinierte Krankenschwester. Die am ##.##.20##
verstorbene Frau O, im folgenden als Betreute bezeichnet, erteilte der Beklagten am
##.##.20## Vollmacht. Diese lautete auszugsweise wie folgt:
3
"Für den Fall, daß ich nicht mehr in der Lage bin, meine Angelegenheiten selbst zu
regeln, erteile ich, ..... Vollmacht mich zu vertreten.
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Die Vollmacht soll umfassen:
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1. die Regelung aller meiner Vermögensangelegenheiten mit Unterhalts-, Renten-,
Beihilfe und Sozialsachen unter Einschluss anwaltlicher Tätigkeiten.
2. meinen geschäftlichen Briefverkehr. Es dürfen also auch meine Briefe geöffnet
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werden.
3. wenn ich es selbst nicht mehr entscheiden kann, z.B. wegen Bewusstlosigkeit
oder Verwirrung,
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a) die notwendige ärztliche Heilbehandlung,
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b) die Bestimmung wo ich mich aufhalten soll,
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c) die Auflösung meiner Wohnung.
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Die Bevollmächtigte soll, für alle Tätigkeiten entsprechend ihrem zeitlichen
Aufwand vergütet werden, und zwar auf Basis des mittleren Stundenhonorars für
Rechtsanwälte.
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Ich kann diese Vollmacht jederzeit widerrufen.
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Dann soll, wenn ich mir selbst nicht mehr helfen kann, ein gerichtlich bestellter
Betreuer für mich tätig werden."
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Die Betreute wurde Ende März 20## mit der Diagnose einer cerebro-vasculären
Demenz mit ausgeprägten Verwirrtheitszuständen aus dem Krankenhaus entlassen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Entlassungsbericht des F Krankenhauses vom
##.##.20## (Bl. 40 ff) Bezug genommen. Die Beklagte organisierte eine 24 -h-Pflege in
der Wohnung der Betreuten. Von dem Konto der Betreuten Nr. ####### bei der
Sparkasse L/D wurden zu den nachbezeichneten Zeitpunkten die aus der Tabelle
ersichtlichen Beträge an die Beklagte transferiert, wobei zwischen den Parteien
unstreitig ist, dass die Kontenbewegung ab dem ##.##.20## von der Beklagten
veranlasst worden sind.
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Datum
Betrag
18.01.2004
1.073,73 €
24.03.2004
3.000,00 €
30.03.2004
1.954,02 €
05.04.2004
5.390,66 €
26.04.2004
2.320,00 €
29.04.2004
2.900,00 €
05.07.2004
4.060,00 €
23.08.2004
5.007,33 €
27.09.2007
3.074,00 €
Gesamt:
28.779,74 €
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Unter dem ##.##.20## unterzeichnete die Betreute eine auf Herrn Rechtsanwalt Y
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ausgestellte Vorsorgevollmacht (GA Bl. 11 f). Am Tag vor Ausstellung dieser
Betreuungsvollmacht wurde der Betreuten das Neurolepticum Dipireron verabreicht.
Rechtsanwalt Y erklärte mit Schreiben vom ##.##.20## (GA Bl.13) Namens der
Betreuten den Widerruf der der Beklagten am ##.##.20## erteilten Vollmacht. Er forderte
sie zur Herausgabe sämtlicher relevanter Unterlagen an ihn auf. Die Beklagte
antwortete mit Schreiben vom gleichen Tag (GA Bl. 9). Sie stellte sich in der Folge auf
den Standpunkt, die Herrn Rechtsanwalt Y erteilte Vollmacht sei mangels
Geschäftsfähigkeit der Betreuten nicht wirksam. Rechtsanwalt Y zeigte die Beklagte bei
der Staatsanwaltschaft D mit Schreiben vom ##.##.20## (GA Bl. 21) unter Hinweis auf
verschiedene Vermögensverfügungen an. Die Staatsanwaltschaft D hat das unter dem
Aktenzeichen ### Js ##/## geführte Ermittlungsverfahren gemäß §170 Abs. 2 StPO
eingestellt (Bl 158/ 163 f).
Mit Schreiben vom ##.##.20## regte die Beklagte gegenüber dem Amtsgericht D die
Einrichtung einer Betreuung an. Gleichzeitig schlug sie vor, sie zur Betreuerin zu
bestellen (GA Bl. 15 ff). Der Antrag auf Einrichtung einer Betreuung wurde vom
Amtsgericht D mit Beschluss vom ##.##.20## (Az.: ## XVII $ ####) (GA Bl.59 ff) nach
Einholung eines Gutachten des Sachverständigen Dr. N sowie ergänzender
Rücksprache mit dem Facharzt für Psychiatrie Dr. X zurückgewiesen. Unter dem
##.##.20## wurde Rechtsanwalt C vom Amtsgericht D zum Betreuer der Betreuten
bestellt (GA Bl. 68). In einem von dritter Seite gegen die Beklagte eingeleiteten
Verfahren wurden von der Rechtsanwaltskammer L berufsaufsichtliche Maßnahmen
nicht ergriffen (Bl. 51).
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Der Kläger behauptet, die Beklagte habe die streitgegenständlichen Beträge zu Unrecht
als Honorar aus dem Vermögen der Betreuten entnommen:
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Er bestreitet, dass die Betreute in der Zeit vom ##.##. bis zum ##.##.20## nicht in der
Lage gewesen sei, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln (Bl. 169). Die aufschiebende
Bedingung, unter der die Vorsorgevollmacht der Beklagten gestanden habe, sei deshalb
im streitgegenständlichen Zeitraum nicht eingetreten.
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Jedenfalls aber sei die in der Vollmacht getroffene Honorarvereinbarung unwirksam. Sie
verstoße gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO. Danach dürfe eine schriftliche Erklärung des
Auftraggebers, eine höhere als die gesetzliche Vergütung zu schulden, nicht in der
Vollmacht oder in einem Vordruck, der auch andere Erklärungen umfasst, enthalten sein
(Bl.113). Jedenfalls aber sei § 3 BRAGO analog anzuwenden.
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Ob die in den außergerichtlich von der Beklagten vorgelegten Zeitaufstellungen
angegebenen Tätigkeiten tatsächlich entfaltet worden seien, müsse mit Nichtwissen
bestritten werden, da die Aufstellungen nicht von der Betreuten abgezeichnet sind.
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Auf Grund der vorliegenden Unterlagen lasse sich nicht feststellen, inwieweit der
Beklagten überhaupt ein Honorar zustehe. In weiten Teilen der Abrechnung sei der
Zeitaufwand unzureichend beschrieben worden. Dies gelte insbesondere für die in den
Aufstellungen verwandten Leerformeln wie: etc., pauschal, diverse, Projektplanung.
Soweit handschriftliche Aufzeichnungen vorlägen, stammten diese größtenteils nicht
von der Beklagten. Es müsse vermutet werden, dass diese Arbeiten gar nicht von der
Beklagten sondern von Kanzleimitarbeitern der Beklagten ausgeführt worden seien.
Eine derartige Delegation sei von der Vollmacht der Beklagten nicht gedeckt. Jedenfalls
aber könnten die delegierten Leistungen nicht auf der Basis eines mittleren
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Stundenhonorars eines Rechtsanwalts abgerechnet werden (Bl. 178). Für Leistungen
des Kanzleipersonals könnten allenfalls 20 €/h abgerechnet werden (Bl. 181). Zudem
umfassten die Abrechnungen Leistungen der Beklagten, die nicht von der Vollmacht
gedeckt gewesen seien, so etwa Höflichkeitsbesuche der Beklagten bei der Betreuten
(Bl. 181). Das zu Unrecht vereinnahmte Honorar sei deshalb von der Beklagten
zurückzuerstatten. Wegen der weiteren Einzelheiten, mit denen sich der Kläger gegen
die Abrechnungen der Beklagten wendet, wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
##.##.20## (GA Bl. 168 ff) Bezug genommen.
Im Ergebnis sei deshalb das gesamte Honorar zurückzuzahlen (Bl. 114). Die Beklagte
könne als Honorar allenfalls den Betrag verlangen, mit dem üblicherweise eine solche
einer Betreuertätigkeit gleichartige Tätigkeit vergütet werde. Ein Berufsbetreuer erhalte,
auch wenn er Rechtsanwalt sei, lediglich 31,00 € zzgl. MwSt. je Stunde. Ein Honorar
von 200,00 € je Stunde könne die Beklagte deshalb nicht beanspruchen. Selbst bei
großzügiger Handhabung könnten allenfalls 60 € pro Stunde angesetzt werden (Bl.
127). Selbst wenn man von der Wirksamkeit der Honorarvereinbarung ausgehe, sei das
von der Beklagten angesetzte Honorar unangemessen hoch. Die
Rechtsanwaltskammer L habe auf Nachfrage den durchschnittlichen Stundensatz mit
148,50 € angegeben (Bl. 114; 116). Wenn der mittlere Stundensatz für Rechtsanwälte
aber bei 200 € gelegen haben sollte, habe hierauf die Mehrwertsteuer nicht noch
zusätzlich berechnet werden dürfen. Da die Vollmacht zur Berechnung der
Mehrwertsteuer keine Aussage treffe, sei sie in dem mittleren Stundenhonorar bereits
enthalten. Jedenfalls sei aber der von der Beklagten gewählte 15 -Minuten
Abrechnungstakt unzulässig (Bl. 165).
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Die Auskehrungspflicht der Beklagten folge daraus, dass der Betreuer als Beauftragter
darlegen und beweisen müsse, dass er das Erlangte bestimmungsgemäß verbraucht
habe (Bl. 131). Die Beklagte sei deshalb darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass ihr
ein entsprechendes Honorar zustehe.
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Der gerichtlich bestellte Betreuer hat sich die noch von Rechtsanwalt Y eingereichte
Stufenklage zueigen gemacht und die Beklagte zunächst auf Auskunft über die von ihr
für die Betreute geleisteten Tätigkeiten in der Zeit vom ##.##.20## bis ##.##.20##,
Vorlage geeigneter Tätigkeitsnachweise, Abrechnung über die von ihr berechnete
Vergütung und die vereinnahmten Gelder sowie Aushändigung sämtlicher in Besitz der
Beklagten befindlichen Unterlagen der Betreuten in Anspruch genommen. Mit
Schriftsatz vom ##.##.## hat die Beklagte erklärt, sie erkenne an, dass sie dem
gerichtlich bestellten Betreuer sämtliche die Betreute betreffenden Unterlagen in Kopie
auszuhändigen verpflichtet sei, somit auch zur Rechnungslegung, allerdings nur sobald
und soweit die Akten von der Staatsanwaltschaft D wieder freigegeben wurden und
auch nur Zug um Zug gegen Übernahme der Kopierkosten und Vorlage einer
beglaubigten Kopie der Bestallungsurkunde (GA Bl. 90). In der mündlichen
Verhandlung am ##.##.## hat die Beklagte erklärt, den Antrag zu 1) anzuerkennen und
den Antrag zu 2) mit der Maßgabe anzuerkennen, dass die Kontoauszüge und Belege
zu den Überweisungen im Original an die Betreute herausgegeben werden, die übrigen
Unterlagen Zug um Zug gegen Kostenerstattung (GA Bl. 101 R). Die Klage ist insoweit
übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Der Betreuer hat daraufhin beantragt, die
Beklagte zu verurteilen, an die Betreute 28.779,74 € zu zahlen. Nachdem die Betreute
im Lauf des Verfahrens verstorben ist, hat der Rechtsanwalt T als
Testamentsvollstrecker über den Nachlasse der Betreuten das Verfahren aufgenommen
und mit Zustimmung der Beklagten die Klage um 1.073,73 € zurückgenommen.
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Er beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 27.706,01 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die Klage sei schon nicht wirksam erhoben worden.
Rechtsanwalt Y sei von der Betreuten nicht wirksam bevollmächtigt worden (Bl. 89).
31
Das von ihr dem Vermögen der Betreuten entnommene Honorar sei angemessen und
entspreche der mit der Betreuten getroffenen Vereinbarung. Die Betreute habe sie als
Betreuerin ausgewählt, weil sie ihr vertraut habe und weil sie gewusst habe, dass die
Beklagte nicht nur Rechtsanwältin ist, sondern auch examinierte Krankenschwester. Sie
sei nicht nur damit einverstanden gewesen, ein höheres Entgelt zu zahlen, als einem
gerichtlich bestellten Berufsbetreuer, sondern habe ein angemessenes Entgelt zahlen
wollen, damit sie während der Arbeitszeit der Beklagten von dieser so betreut werden
könnte, dass sie zu Haus bleiben könne. Sie habe auch die medizinische
Zusatzqualifikation angemessen honorieren wollen (Bl. 124).
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Ihr sei von der Rechtsanwaltskammer L im übrigen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft
D - mitgeteilt worden, dass sich der mittlere Stundendsatz im Bezirk zwischen 150,00 €
und 350 € bewege, so dass sie sich auf einen Stundensatz von 200 € (zzgl. MwSt.)
habe festlegen dürfen. An die Mitarbeiter delegierte Leistungen habe sie freiwillig mit 0 €
in Ansatz gebracht (Bl. 162).
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Die Beklagte behauptet, die Betreute habe zu keinen Zeitpunkt eine derartig
umfassende Vollmacht an Herrn Rechtsanwalt Y erteilen wollen. Sie sei im Zeitpunkt
der Vollmachtserteilung an Herrn RA Y geschäftsunfähig gewesen. Das
Feststellungsinteresse habe sich daraus ergeben, dass die Betreute mit ihrer auf
Rechtsanwalt Y ausgestellten Vollmacht nach außen einen Rechtsschein gesetzt habe,
der es der Beklagten unmöglich gemacht habe, ihre eigene Legitimation aus der älteren
Vollmacht gegenüber Dritten, insbesondere der Hausbank und dem Heimbetreiber,
nachzuweisen. Die Beklagte hat die Widerklage für erledigt erklärt (Bl. 88), nachdem
das Vormundschaftsgericht Rechtsanwalt C zum Betreuer bestellt hat (Bl. 68).
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Sie beantragt - der Kläger hat sich einer Erledigungserklärung der Beklagten nicht
angeschlossen - widerklagend,
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festzustellen, dass die von Frau O auf Herrn Rechtsanwalt Y ausgestellte
Betreuungsvollmacht vom ##.##.20## unwirksam ist.
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Der Kläger beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht, dass der Beklagten das Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der
Widerklage, bei der es sich um eine negative Feststellungsklage handele, von Anfang
an gefehlt habe. Durch das Vormundschaftsgericht D sei bereits entschieden gewesen,
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dass die Herrn Rechtsanwalt Y erteilte Vollmacht wirksam gewesen sei (Bl. 54). Ein
Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag habe von Anfang an gefehlt, da im
Rahmen der Prüfung der Prozessführungsbefugnis des Rechtsanwalts Y habe geprüft
werden müssen, ob die Vollmacht wirksam gewesen sei.
Die Widerklage ist Rechtsanwalt Y am ##.##.20## (Bl. 53) zugestellt worden.
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Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W und durch
Einholung eines mündlichen Gutachtens des Facharztes für Psychotherapie und
Psychiatrie Dr. P. Die Akte ## XVII $ #### AG D hat vorgelegen und ist Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom ##.##.20## und vom ##.##.20##
Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die
Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom ##.##.20##, ##.##.20## und vom
##.##.20## verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
42
Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch gemäß §§ 675 Abs. 1, 667 BGB
zu. Die Beklagte hat die noch streitgegenständlichen Beträge weder zur Ausführung des
Auftrags, noch aus der Geschäftsbesorgung erlangt, sondern als vereinbarte Vergütung
vereinnahmt.
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II. Die Beklagte hat durch Leistung der Klägerin insgesamt 1.954,02 € ohne rechtlichen
Grund im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erhalten. In diesem Umfang standen den
Entnahmen der Beklagten keine Honorarforderungen der Beklagten gegen die Betreute
gegenüber.
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Dass die Beklagte den streitgegenständlichen Betrag in Höhe von 27.706,01 € aus dem
Vermögen der Betreuten erlangt hat, ist unstreitig. Die Beklagte macht als Rechtsgrund
geltend, ihr hätten infolge der von ihr - auf Grund der ihr erteilten Vorsorgevollmacht
entfalteten - entgeltlichen Geschäftsbesorgung Honorierungsansprüche in
entsprechender Höhe gemäß § 611 BGB zugestanden. Der Kläger ist, da er einen
Bereicherungsanspruch aus Leistungskondiktion geltend macht, grundsätzlich in vollem
Umfang darlegungs- und beweispflichtig für die Tatsachen, aus denen er die von ihm
begehrte Rechtsfolge herleitet, somit auch für das behauptete Nichtbestehen eines
Rechtsgrundes der erbrachten Leistung. Jedoch kann er sich dabei regelmäßig darauf
beschränken, die vom Schuldner behaupteten Rechtsgründe auszuräumen (BGH, NJW-
RR 1995, 130 = ZIP 1995, 456 [457] m.w. Nachw.; BGH,NJW-RR 1991, 574 f). Es ist
ihm nicht gelungen, den Vergütungsanspruch der Beklagte dem Grunde nach
auszuräumen:
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Die vom Kläger vertretene Auffassung, die Voraussetzungen für die Aufnahme der
Tätigkeiten durch die Beklagte hätten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht
vorgelegen, deshalb lägen keine abrechnungsfähigen Leistungen der Beklagten vor,
geht fehl. Ausweislich der Vollmacht sollte die Beklagte ab dem Zeitpunkt und in dem
Umfang tätig werden, in dem Frau O ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln
konnte. Dieser Zustand war in vollem Umfang bei Aufnahme der Tätigkeit durch die
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Beklagte gegeben. Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. P steht zur
Überzeugung des Gerichts fest, dass die Betreute auf Grund ihrer Demenzerkrankung,
einer körperlichen Behinderung durch Halbseitenlähmung, Sprech- und
Sprachstörungen, Immobilität und Inkontinenz in dem genannten Zeitraum in keiner
Weise mehr in der Lage war, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln (Vgl. Bl. 347). Dass
die Betreute bei ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus und Aufnahme der Tätigkeit
durch die Beklagte unter einer Demenzerkrankung litt, steht auf Grund des
Entlassungsberichts (Bl. 40 f) des Gemeinschaftskrankenhauses D ( F ) fest. Dort ist als
Diagnose festgehalten: cerebrovaskuläre Durchblutungstörungen mit cerebrovaskulärer
Demenz mit ausgeprägten Verwirrtheitszuständen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die zwischen der Betreuten und der Beklagten
getroffene Vergütungsregelung nicht wegen Verstoßes gegen § 3 BRAGO unwirksam.
Danach kann ein Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung aus einer
Vereinbarung nur fordern, wenn die Erklärung des Auftraggebers schriftlich abgegeben
und nicht in der Vollmacht oder in einem Vordruck, der auch andere Erklärungen
umfasst, enthalten ist. Zwar ist die Vergütungsregelung vorliegend in die
Vorsorgevollmacht mit aufgenommen worden. Die Vereinbarung über die Höhe der
Vergütung der Beklagten ist gleichwohl nicht unwirksam. Die BRAGO findet vorliegend
keine Anwendung. Gemäß § 1 Abs. 1 BRAGO bemisst sich die Vergütung (Gebühren
und Auslagen) des Rechtsanwalts für seine Berufstätigkeit nach der BRAGO. Gemäß §
1 Abs. 2 BRAGO findet die BRAGO keine Anwendung, wenn der Rechtsanwalt als
Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger, Testamentsvollstrecker,
Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Nachlaßverwalter,
Zwangsverwalter, Treuhänder, Schiedsrichter oder in ähnlicher Stellung tätig wird. Zwar
schließen die mit der Vorsorgevollmacht der Beklagten übertragenen Tätigkeiten auch
die anwaltliche Tätigkeiten ein. Bei den anwaltlichen Tätigkeiten handelt es sich
indessen ersichtlich nicht um den Kernbereich der Beauftragung. Dies ergibt sich schon
aus der Formulierung der übertragenen Tätigkeiten in der Vorsorgevollmacht mit
hinreichender Deutlichkeit.
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Der von der Beklagten auf 200 € zzgl. MwSt. bestimmte Stundensatz ist nicht unbillig. Er
ist damit verbindlich. Die Betreute und die Beklagte haben ausweislich der Vollmacht
vereinbart, dass die Beklagte für alle Tätigkeiten entsprechend ihrem zeitlichen
Aufwand auf der Basis eines mittleren Stundenhonorars für Rechtsanwälte vergütet
werden soll. Die Höhe des Stundesatzes war damit gemäß §§ 315, 316 BGB durch die
Beklagte an Hand eines mittleren Stundensatzes für Rechtsanwälte zu bestimmen. Hat
die Leistungsbestimmung - wie hier - nach billigem Ermessen zu erfolgen, so ist sie
unverbindlich,
überschritten hat und sie deshalb nicht der Billigkeit entspricht. So liegt es hier nicht. Auf
Grund der Aussage des Geschäftsführers der Rechtsanwaltskammer L, Dr. W, steht fest,
dass im Jahr 2004 Stundensätze zwischen 150,00 € und 350,00 € (Bl. 206 R) für
Betreuungstätigkeiten üblich gewesen sind. Der mittlere Stundensatz beträgt damit
250,00 €. Die Beklagte konnte sich im Rahmen der Leistungsbestimmung ohne weiteres
auf den Stundensatz auf 200 € zzgl. MwSt. festgelegen. Entgegen der Auffassung der
Beklagten waren die Werte der U Umfrage 2004 bei der Ausübung des billigen
Ermessens von der Beklagten nicht zu berücksichtigen. In diese Umfrage sind, wie Dr.
W nachvollziehbar bekundet hat, auch Werte aus den neuen Bundesländern
eingeflossen. Dort liegen die Stundensätze erheblich niedriger, als im Raum L/D.
Letzterer ist indessen maßgeblich. Die Betreuungsleistung war in diesem Großraum zu
erbringen.
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Soweit der Kläger die Leistungsbestimmung im Hinblick darauf beanstandet hat, dass
die Beklagte ihren Abrechnungen einen 15 Minuten Takt zu Grunde gelegt hat, kann er
hiermit nicht durchdringen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass ein 15-minütiger
Zeittakt - wie das OLG Düsseldorf eindrucksvoll dargelegt hat - zu einer erheblichen
Benachteiligung des Mandanten bzw. des Betreuten führen kann, wenn Gespräche von
nur wenigen Sekunden Dauer jeweils mit einem vollen Zeittakt zur Abrechnung
gebracht werden (Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2006, Az.: 24 U 196/04 = NJW
RR 2007, 129,131 – für eine AGB-Klausel). Es kann – bei der Überprüfung, ob sich die
Leistungsbestimmung der Beklagten im Rahmen der Billigkeit gehalten hat - indessen
nicht nur auf den ausgewiesenen Takt abgestellt werden, es ist vielmehr dessen
konkrete Handhabung in die Abwägung einzubeziehen. Der Kläger hat nicht
substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte den Zeittakt in der vom OLG Düsseldorf
dargestellten – missbräuchlichen - Weise angewandt hat. Die Abrechnungen der
Beklagten sprechen vielmehr gegen eine solche Handhabung. Es finden sich - trotz des
in der Abrechnung ausgewiesenen 15 Minutentaktes durchaus auch Ansätze von 10
Minuten, so etwa für den ##.##.##, ##.##.##, ##.##.20##, ##.##.20##, aber auch von nur
5 Minuten, so für den ##.##.20##. Abgesehen hiervon hat die Beklagte auch
offensichtlich nicht jedes Gespräch einzeln mit dem 15 Minutentakt in Ansatz gebracht,
sondern durchaus verschiedene Gespräche gebündelt zur Abrechnung gebracht, so
etwa am ##.##.20##, ##.##.20##. Bei einer derartigen Anwendung - es ist nichts dafür
ersichtlich, dass die Beklagte in anderen Bereichen als bei Telefongesprächen anders
abgerechnet hat - erscheint die Verwendung eines Zeittakts von 15 Minuten nicht
unbillig.
50
Dem Kläger obliegt schließlich auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die
von der Beklagten zu Abrechnung gebrachten Stunden nicht in dem angesetzten
Umfang angefallen sind. Das Gericht verkennt nicht, dass es für den Kläger mit
Schwierigkeiten verbunden ist, den Rechtsgrund dem Umfang nach auszuräumen, er
tatsächlich nicht mehr vortragen kann, als geschehen, da die Betreute nicht mehr in der
Lage war, dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten gegenüber verlässliche
Auskünfte zu erteilen und quittierte Abrechnungen oder Stundenzettel nicht vorliegen.
Dies führt indessen nicht zu einer sekundären Darlegungslast der Beklagten. Zwar kann
dem als Bereicherungsschuldner in Anspruch Genommenen nach den Umständen des
Einzelfalls eine gegebenenfalls gesteigerte sekundäre Behauptungslast dahingehend
obliegen, dass von ihm im Rahmen des Zumutbaren insbesondere das substanziierte
Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum
sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden kann (vgl. BGH, NJW-RR
2004, 556; BGH, NJW 1999, 2887 [2888] m.w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier
indessen nicht vor. Dem Kläger stand gegen die Beklagte ein Auskunfts- und
Rechenschaftslegungsanspruch zu. Diesen hat er in der ersten Stufe des Rechtsstreits
geltend gemacht und nach Auskunfts-/Rechenschaftslegung durch die Beklagte für
erledigt erklärt. Eine sekundäre Darlegungslast kann aber schlechterdings nicht über die
den Geschäftsbesorger treffende Auskunfts-/Rechenschaftslegungsverpflichtung
hinausgehen.
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Anderes gilt nur hinsichtlich des am ##.##.20## entnommenen Betrages von 1.954,02 €
. Auf dem Kontoauszug vom ##.##.20## (GA Bl. 77) findet sich zwar der Vermerk:
Rechnung v. ##.##.## ZR ####/##, doch hat der Kläger vorgetragen (GA Bl. 174), dass
hierzu von der Beklagten keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt worden sind. Hier
oblag der Beklagte eine sekundäre Darlegungslast dafür, dass die entsprechende
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Rechnung dem Kläger übergeben worden ist. Aus dem Umstand, dass der Rechtsstreit
hinsichtlich der Auskunfts- und Rechenschaftslegungsstufe übereinstimmend für erledigt
erklärt worden ist, folgt hier nichts anderes. Denn aus dem Schriftsatz des Klägers vom
##.##.20## ergibt sich, dass die Erledigung im Vorgriff auf die Erklärung der Beklagten
erteilt worden ist, Kontoauszüge und Belege zum Girokonto nach Rückgabe der Belege
durch die Staatsanwaltschaft zur Verfügung zu stellen.
Hinsichtlich der weiteren Entnahmen trifft die Beklagte keine Darlegungs- und
Beweislast. Zwar obliegt nach einer vom Oberlandesgericht Köln vertretenen
Auffassung die Darlegungs- und Beweislast ausnahmsweise den
Bereicherungsschuldner, wenn dieser die dem Bereicherungsgläubiger zuzurechnende
Leistung
ohne
dem Fall der Eingriffskondiktion vergleichbar ist, in dem die Beweislast für den
Rechtsgrund dem Bereicherungsschuldner obliegt. Aus der Tatsache des Eingriffs des
Schuldners in die geschützte Vermögensposition des Gläubigers ergibt sich in aller
Regel bereits die Rechtsgrundlosigkeit (vgl. OLG Köln, NJW 1993, 939, 940). Ein
solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Die Beklagte sollte ausweislich der
Vorsorgevollmacht Honoraransprüche erwerben und diese als Vertreterin der Beklagten
auch erfüllen können. Der mit der Vorsorgevollmacht verfolgte Zweck konnte nur erreicht
werden, wenn die – von der Betreuten mangels Geschäftsfähigkeit nicht mehr
auszuführende - zeitnahe Vergütung der Beklagten sichergestellt war.
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Zur Erfüllung der dem Kläger obliegenden Darlegungs- und Beweislast genügt es nicht,
den Umfang der jeweils in den Anlagen zu den Abrechnungen aufgeführten Positionen
zu bestreiten. Zum einen handelt es sich – wie aus dem Umstand ersichtlich, dass
zunächst mit Nichtwissen bestritten worden ist - ersichtlich um ein unbeachtliches
Bestreiten ins Blaue hinein. Hinzu kommt aber noch folgendes: Die Positionen sind nur
hinsichtlich der Dauer bzw. des Umfangs bestritten sind. Dass die Beklagte keine
Tätigkeit entfaltet hätte, will ersichtlich auch der Kläger nicht behaupten. Ein
substantiierter Vortrag hätte deshalb nur dann vorgelegen, wenn der Kläger seinerseits
angegeben hätte, welcher Zeitaufwand angefallen ist oder angemessen gewesen wäre.
Solcher Sachvortrag des Klägers liegt indessen nicht vor.
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Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, die Beklagte habe der Betreuten nicht
erforderliche Höflichkeitsbesuche abgestattet und diese dann zu Unrecht (teuer)
abgerechnet, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Wie der Sachverständige Dr. P
nachvollziehbar ausgeführt hat, erfordert die Einrichtung und Gewährleistung einer
häuslichen 24-h Rundum-Versorgung, wie sie die Beklagte organisiert hat, gerade in
der Anfangszeit einen hohen Organisationsaufwand und eine erhebliche Koordination
und Überwachung der pflegerischen Tätigkeit. Eine hohe Präsenz ist bei der hier
durchgeführten Betreuungsform medizinisch notwendig und sinnvoll. Dem entsprechend
hat die Beklagte der Betreuten Besuche insbesondere im Zeitraum vor deren
Entlassung aus dem Gemeinschaftskrankenhaus und in dem ersten Monat nach der
Übernahme in die häusliche Pflege abgestattet. Unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass die Beklagte sich in der Anfangsphase der Betreuung erst einmal
einen Überblick über die Verhältnisse der Betreuten verschaffen musste, um ihre
Tätigkeit sinnvoll ausführen zu können,. begegnet der Ansatz von 4 Stunden für das
Sichten von Unterlagen und Post in der Aufstellung der Beklagten ZR ###/##-##
ebensowenig Bedenken, wie der Ansatz von 2 h für die Abrechnung mit der E in der
Aufstellung ZR ###/##-## und der Ansatz von 3 Stunden für die Neueinrichtung
Datenpool Lohnbuchhaltung; Korrespondenz mit Krankenkasse, Daten sammeln,
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Einrichten der Überweisungsvorlagen in der Aufstellung ZR ###/##-##. Da zunächst für
einen reibungslosen Ablauf der 24/h Betreuung gesorgt werden musste, ergeben sich
auch insoweit keine Bedenken, als in der Aufstellung ZR ###/##-## 4 Stunden
Projektplanung ohne nähere Konkretisierung aufgeführt worden sind.
Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet auch, dass die Beklagte bei Abrechnung
ihrer Leistungen mit Ausnahme der Aufstellung für den Zeitraum vom ##.##.- ##.##.20##
nicht danach differenziert hat, ob sie Arbeiten selbst ausgeführt oder an ihr
Kanzleipersonal delegiert hatte. Eine Delegation von Arbeiten an Kanzleimitarbeiter der
Beklagten ist nach Auffassung des Gerichts insoweit zulässig, als es um die technische
Abwicklung der Betreuung etwa durch Buchung von Rechnungen, Berechnung von
Gehältern und Abrechnungen mit der Krankenkasse handelt. Es entspricht den
Gepflogenheiten, daß derartige Hilfsarbeiten nicht durch den Geschäftsbesorger selbst,
sondern durch Mitarbeiter ausgeführt werden. Etwas anderes wird regelmäßig auch
nicht erwartet. Abweichendes haben die Betreute und die Beklagte in der
Vorsorgevollmacht nicht vereinbart. Soweit der Kläger rügt, dass auch Hilfsarbeiten der
Mitarbeiter teilweise zum Satz von 200 € netto pro Stunde abgerechnet worden seien,
kann er auch hiermit nicht durchdringen. Da die Betreute und die Beklagte hinsichtlich
der Vergütung keine Differenzierung danach vorgenommen haben, ob die Beklagte
untergeordnete Arbeiten selbst ausführt oder Mitarbeitern überträgt, ist sie berechtigt,
hierfür den vollen Stundensatz von 200 € netto pro Stunde in Ansatz zu bringen. Soweit
sie teilweise einen Stundensatz von 100 € netto pro Stunde für die durch Mitarbeiter
erbachten Dienste in Ansatz gebracht hat, handelt es sich um ein Entgegenkommen der
Beklagten.
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III. Die auf die Feststellung, dass die dem Rechtsanwalt Y erteilte Betreuungsvollmacht
vom ##.##.20## unwirksam war, gerichtete, von Beklagten für erledigt erklärte
Widerklage war zulässig und begründet. Zwar betrifft der ursprüngliche
Feststellungsantrag kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Eine Klage nach §
256 ZPO kann aber auch auf Feststellung gehen, dass zwischen der beklagten Partei
und einem Dritten ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe, wenn dies zugleich
für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist. Zudem muss
der Kläger an einer alsbaldigen Klärung dieser Frage ein rechtliches Interesse haben
(BGH NJW 1982, 1703, 1704). So liegt es hier. Die Beklagte hatte ein
Feststellungsinteresse an der Unwirksamkeit der Vollmacht. Infolge des auf dieser
Vollmacht beruhenden Widerrufs der ihr erteilten Vollmacht waren auch im Verhältnis zu
Dritten Zweifel an ihrer Vollmacht begründet. Die Beklagte konnte deshalb die Betreute
nicht so vertreten, wie es auf Grund der Vorsorgevollmacht geboten war.
57
Die Widerklage war auch begründet, da die Betreute mangels Geschäftsfähigkeit
Rechtsanwalt Y nicht wirksam bevollmächtigen konnte. Der Sachverständige Dr. P hat
festgestellt, dass die Betreute im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung an Rechtsanwalt Y
geschäftsunfähig war. Dies hat der Sachverständige nachvollziehbar damit begründet,
infolge der bei der Betreuten bei Vollmachtserteilung vorliegenden mindestens
mittelgradigen Demenz die kognitiven Grundlagen für eine freie Willensbildung nicht
mehr vorlagen. Soweit der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. X gegenüber
dem Vormundschaftsgericht eine abweichende Fachärztliche Bescheinigung
abgegeben hat, hat der Sachverständige Dr. P überzeugend ausgeführt, dass sich
daraus eine abweichende Einschätzung nicht ergibt. Auf Grund der bereits im März
2004 festgestellten demenziellen Erkrankung der Betreuten und der auch von Dr. X
selbst festgestellten mittelgradigen Denkverlangsamung, ist die die von diesem
58
getroffene Feststellung, eine Störung der Merkfähigkeit der Betreuten habe nicht
vorgelegen, aus medizinischer Sich nicht verständlich. Eine demenzielle Erkrankung ist,
wie der Sachverständige in Übereinstimmung mit dem gegenüber dem
Vormundschaftsgericht erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. N dargelegt hat,
nicht reversibel. Einer Vernehmung des Zeugen Dr. X bedurfte es angesichts der
Feststellung des Sachverständigen Dr. P, weitere medizinische Feststellungen oder
Diagnoseänderungen seien auch bei einer Vernehmung des Dr. X nicht zu erwarten,
nicht mehr.
Mit der Bestellung von Rechtsanwalt C zum Betreuer ist ein erledigendes Ereignis
eingetreten. Das Feststellungsinteresse der Beklagten entfiel. Mit der Bestellung eines
gerichtlichen Betreuers war die rechtswirksame Betreuung der Betreuten (wieder)
sichergestellt.
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IV. Prozessuale Nebenentscheidungen
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Die Kostenentscheidung beruht auf den § 92, 269 ZPO.
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Soweit die Parteien die ersten Anträge der ersten Stufe übereinstimmend für erledigt
erklärt haben, sind die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Ein Auskunfts- und
Rechnungslegungsverpflichtung der Beklagten bestand auf Grund des entgeltlichen
Geschäftsbesorgungsvertrages. Die Beklagte hat - nach Übernahme der Betreuung
durch Rechtsanwalt C - ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO nicht
abgegeben. Zwar konnte im Zeitpunkt des Anerkenntnisses ein sofortiges Anerkenntnis,
durch die Beklagte noch abgegeben werden, weil die Klage infolge mangelnder
Prozessvollmacht des Rechtsanwalt Y bis zur Bestellung von Rechtsanwalt C zum
Prozessbevollmächtigten der Betreuten unzulässig war. Dem sofortigen Anerkenntnis
steht nicht entgegen, dass die den Rechenschaftslegungsanspruch nur Zug um Zug
gegen Erstattung der Kopierkosten anerkannt hat. Der Beklagten stand insoweit ein
Anspruch auf Auslagenerstattung gemäß § 670 BGB zu. Die Beklagte hat das
Anerkenntnis mit Schriftsatz vom ##.##.20## mit der Einschränkung verbunden, dass
die Unterlagen erst ausgehändigt und übergeben werden würden, wenn die
Staatsanwaltschaft die entsprechenden Unterlagen an sie zurückgereicht habe (GA Bl.
90). Ein sofortiges Anerkenntnis setzt aber voraus, dass die hier geschuldete Auskunft
und Rechenschaftslegung kurzfristig erteilt wird. Soweit die Beklagte die vorgenannte
Einschränkung in der mündlichen Verhandlung vom ##.##.20## nicht aufrechterhalten
hat, handelte es sich nicht mehr um ein Anerkenntnis, dass im Sinne von § 93 ZPO
sofort abgegeben worden ist.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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Gegenstandswert:
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Klage:
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1- 2 Stufe 7.194,94 € (¼ von 28.779,74 €)
66
3. Zahlungsantrag 28.779,74 €
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Widerklage: 2.000,00 €
68
Gesamt (§ 44GKG) : 30.779,74 €
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