Urteil des LG Bonn vom 14.03.2000

LG Bonn: abnahme, ausführung, grobe fahrlässigkeit, internationale zuständigkeit, örtliche zuständigkeit, gespräch, beweisverfahren, baustelle, mangel, rohbau

Landgericht Bonn, 1 O 376/97
Datum:
14.03.2000
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Grund- und Teilurteil
Aktenzeichen:
1 O 376/97
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1. Der Klageanspruch gem. Klageanträgen zu 1) bis 3), 7 a) und b) ist
gegen die Beklagten zu 1) und 2) in Form der ARGE Rohbau Teil A
hinsichtlich der durch das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q entstandenen Schäden aus § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B und gegen
die Beklagte zu 9) als deren Bürgin dem Grunde nach gerechtfertigt. Der
Klageanspruch ist dagegen aus § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B sowie im
Hinblick auf die nicht vollständige Konsole im Bereich der Achse R
21/22 sowie gegen die Beklagten zu 1) und 2) in Form der ARGE
Rohbau Teil B und ARGE Rohbau Teil F nicht gegeben. Insoweit wird
die Klage abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als
Gesamtschuldner und die Beklagte zu 9) als deren Bürgin verpflichtet
sind, der Klägerin alle nach § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B ersatzfähigen
weiteren Schäden, darunter den über 12.000.000 DM hinausgehenden
merkantilen und technischen Minderwert zu ersetzen, die ihr aus der auf
dem Hochwasserereignis vom Dezember 1993 durch das Fehlen der
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q beruhenden Beschädigungen der
Neubauten für den E an der L-Straße in C entstanden sind und künftig
entstehen werden. Im übrigen wird der Feststellungsantrag abgewiesen.
Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte zu 9) verpflichtet ist, der
Klägerin die in diesem Rechtsstreit einschließlich des selbständigen
Beweisverfahrens (LG Bonn 1 OH 2/94, 4/94) entstehenden Kosten ihrer
Rechtsverfolgung gegen die Beklagten zu 1) und 2) zu erstatten, soweit
die Beklagten zu 1) und 2) diese Kosten der Klägerin zu ersetzen haben.
Der weitergehende Feststellungsantrag zu 11) wird abgewiesen.
2. Der Klageanspruch gem. Klageanträgen 4), 5) und 7 c) gegen die
Beklagten zu 3) bis 6) ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, dass die Beklagen zu 3) bis 6) neben den Beklagten
zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin einen
letztrangingen Teilbetrag in Höhe von 8,74524 % aller weiteren
Schäden zu ersetzen, die ihr aus der auf dem Hochwasserereignis vom
Dezember 1993 durch das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q beruhenden Beschädigung der Neubauten für den E an der L-
Straße in C entstanden sind und künftig entstehen werden. Im übrigen
wird der Feststellungsantrag abgewiesen.
3. Die Klage gegen die Beklagten zu 7) und 8) (Klageanträge zu 6) und
10)) wird abgewiesen.
II.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 7) und 8) trägt die
Klägerin. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung der
Schlussentscheidung vorbehalten.
III.
Das Urteil ist für die Beklagten zu 7) und 8) gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 90.000 DM vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche,
unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Geltungsbereich der
ZPO zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin, die Bundesrepublik Deutschland, verlangt von den Beklagten Ersatz der
erheblichen Schäden, die an dem Bauvorhaben "Erweiterungsbauten des Ees" an der
L-Straße in C, dem sog. "T3-Bau", durch das Rheinhochwasser am 22./23. Dezember
1993 entstanden sind. Die Beklagten zu 1) und 2) waren mit Rohbauarbeiten, die
Beklagten zu 3) bis 6) mit der Objektüberwachung und die Beklagten zu 7) und 8) mit
der Tragwerksplanung beauftragt. Die Beklagte zu 9), der niederländische
Mutterkonzern der Beklagten zu 1) und 2), wird aus zwei Garantieerklärungen für die
Beklagten zu 1) und 2) in Anspruch genommen. Insgesamt macht die Klägerin
Schadensersatzansprüche in Höhe von mehreren hundert Millionen DM geltend.
2
I. Konstruktion des Bauwerkes
3
Die gesamte Baumaßnahme "T3-Bau" erstreckt sich über ein in Rheinnähe liegendes
Areal von ca. 500 m Länge und 250 m Breite. Die Baustelle ist in den Plänen in ein
Koordinatensystem aus Längs- und Quer-Achsen aufgeteilt; die Achsen A bis R
verlaufen etwa parallel zum Rhein, die Achsen - 1 bis 66 quer zum Rhein. Die Achse A
befindet sich an der dem Rhein abgewandten Seite des Bauwerks. Der Abstand
4
zwischen zwei Achsen beträgt etwa 7,8 m.
Der T3-Bau besteht aus mehreren Gebäuden, die in 2 Baugruben errichtet werden
sollten. Die Hauptbaugrube erstreckt sich von der Achse 0 bis zur Achse 42 sowie von
Achse A bis Achse R. Der Hauptbau, der in dieser Baugrube errichtet wird, besteht
unterirdisch aus 4 Geschossen sowie aus mehreren, auf den Untergeschossen
stehenden Hochbauten.
5
Südöstlich der Hauptbaugrube befand sich eine zweite, kleinere Baugrube (Achse 43
bis 50) für die Bauwerke Besuchertiefgarage (BG) und Sozialbereich (SO). Von der
Besuchertiefgarage verlaufen in der Achse 42-43/K-L in Höhe des 4. Untergeschosses
der sog. LKW-Tunnel und in Höhe des 2. Untergeschosses ein PKW-Tunnel in die
Tiefgarage des Hauptgebäudes. Schließlich war - außerhalb der beiden Baugruben -
ein separat angeordnetes weiteres Abgeordnetenhaus (A 4) vorgesehen. Wegen der
Einzelheiten wird auf den von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegten Lageplan
1:500 (Anl. K 1) sowie den Übersichtsplan Anl. 8.1 aus dem 1. Teilgutachten der
Sachverständigen vom 28.9.1994 im selbständigen Beweisverfahren 1 OH 2/94
verwiesen.
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Aufgrund seiner Lage in der Nähe des Rheines musste der Bau während der Bauphase
und nach Fertigstellung gegen Hochwasser geschützt werden.
7
Die beiden Baugruben (Töpfe) sind vertikal von einer Schlitzwand (bis 2 m in die
Tonschicht) und horizontal von einer nur wenig wasserdurchlässigen Tonschicht, die
weitgehend das Eindringen von Grundwasser verhindert, eingefasst. Innerhalb der
Töpfe werden die Gebäude als "weiße Wannen" aus wasserundurchlässigem Beton
(WU-Beton) errichtet.
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Kraftschlüssig verbunden mit der Schlitzwand ist eine Vorsatzschale. Zur gezielten
Ableitung von in die Töpfe eindringendem Restwasser sind im Abstand von ca. 80 cm
ca. 75 cm breite Enkadrain-Matten zwischen Schlitzwand und Vorsatzschale
eingebracht. An die Vorsatzschale schließen sich die Außenwände der Gebäude an.
Zwischen der Bauwerksaußenwand und der (mit der Schlitzwand fest verbundenen)
Vorsatzschale befindet sich "als Gleitmittel" ein Bitumenanstrich. Dieser ist erforderlich,
weil sich das Gebäude aufgrund der Gewichtszunahme beim Baufortschritt vertikal zur
Schlitzwand senkt. Zwischen den beiden Töpfen und den drei weißen Wannen gibt es
somit keine kraftschlüssige Verbindung. Die innen weitgehend hohlen Baukörper waren
daher prinzipiell schwimmfähig.
9
Da die Oberkante der Schlitzwand in weiten Teilen bei einer Höhe von nur 51 m NN lag,
bot die Schlitzwand allein keinen ausreichenden Hochwasserschutz.
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Nach der Planung sollte die Schlitzwand daher in den rheinseitigen Abschnitten (Achse
R und Achse 42/I-R) sowie im SO/BG-Bereich während der Bauzeit durch eine in die
Schlitzwand einbetonierte Spundbohlenwand bis auf 53,35 m NN (dem Höchststand
des Rheinhochwassers 1926) erhöht werden (sog. temporärer Hochwasserschutz). Auf
der rheinabgewandten Seite war durch die Schlitzwand und das höher liegende
Gelände ausreichende Hochwassersicherheit gewährleistet. Die Spundwand sollte mit
Baufortschritt entfernt werden.
11
Für das fertige Bauwerk war eine Hochwassersicherheit bis zu einer Höhe von 53,85 m
12
NN vorgesehen. Zum Schutz des Hauptbaus wurde die Außenwand aus
wasserundurchlässigem Stahlbeton hergestellt. Ferner war vorgesehen, die
Schlitzwand durch eine von der Außenwand in Höhe der Oberkante des 1. UG
ausgehende, über den Schlitzwandkopf kragende Konsole an die Außenwand
anzubinden. In den Schlitzwandkopf und die Konsole sollte ein (elastisches)
Fugenband "Trikosal" einbetoniert werden, wobei das Fugenband bereits bei Errichtung
der Schlitzwand in den Schlitzwandkopf einbetoniert worden war. Ob die Konsole mit
Fugenband nach der Vorstellung der Planer und der Klägerin die Funktion hatte, den
wasserdichten Anschluss des Bauwerks an die Schlitzwand zu gewährleisten und so
den Topf gegen Eindringen von Hochwasser zu schützen, und ob sie hierzu geeignet
war, ist zwischen den Parteien streitig.
Da durch die Schlitzwände Restwasser in die Baugruben dringen konnte, waren zudem
besondere Wasserhaltungsmaßnahmen erforderlich um zu verhindern, dass der
Wasserstand in den Töpfen so hoch stieg, dass die Gebäude aufschwimmen konnten.
Hierzu waren mehrere Pumpen und Brunnen mit tief in den Topfuntergrund reichenden
Filterrohren installiert.
13
Der Hochwasserschutz während der Bauzeit ist in der Baubeschreibung (S. 1 der
Leistungsbeschreibung der ARGE A vom 13.9.1990, Anl. K 9 und Anl. B 1) wie folgt
beschrieben:
14
"Die Herstellung der Bauwerke erfolgt im Schutz von 80 cm dicken Schlitzwänden,
die in das Tertiär bzw. Devon reichen.
15
Die Bauwerke werden in drei miteinander verbundenen Baugruben erstellt.
16
...
17
Die Untergeschosse werden in der Baugrube erstellt, die mit ihrer Umschliessung
einen dichten Topf bildet.
18
Die Schlitzwände binden in die sehr undurchlässigen Schichten des tertiären
Grundgebirges ein.
19
Wasserzutritte in diesen Topf, infolge der baupraktisch unvermeidlichen Leckagen
der Schlitzwände vom Tertiär durchdringend sowie als Oberflächenwasser
(Niederschläge), werden über einen Wasserhaltung abgesenkt gehalten.
20
...
21
Als Hochwasserschutz ist die vorhandene Dichtwand mit Stahl- und Wandprofilen
für einen Höchstwasserstand von 53,35 m NN gesichert.
22
Aus statischen Gründen (Auftriebsicherung) darf der Wasserspiegel in den
Baugruben auf Dauer nicht über 47,0 m NN ansteigen."
23
II. Vergabeeinheiten
24
Die Klägerin führte die Baumaßnahme durch ihre C2 (C2) - jetzt Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung (C4) - durch; die Planung des T3-Baus war dem
25
Architekten Professor T3 übertragen worden.
Durch Vertrag vom 22./26.4.1985 (Anl. K 8) beauftragte die Klägerin die Beklagten zu 7)
und 8) mit der Tragwerksplanung (von der Vorplanung bis zur Ausführungsplanung
sowie Vorbereitung der Vergabe, § 64 Abs. 3 Leistungsphasen 2 bis 6 HOAI), zu der
auch die Planung des Hochwasserschutzes gehörte. In § 3 des Vertrages (Leistungen
des Auftragnehmers) wurden den Beklagten zu 7) und 8) die Grundleistungen nach § 64
Abs. 3 Leistungsphasen 2 bis 6 übertragen. Darüber hinaus heißt es unter Ziffer 3.5.:
26
"Besondere/Zusätzliche Leistungen nach HOAI
27
Überwachung der Ausführung in konstruktiver Hinsicht entsprechend den
bauaufsichtlichen Bestimmungen.
28
Die Ausführung der Konstruktion ist auf Übereinstimmung mit den geprüften
Ausführungszeichnungen nach 3.3.3 zu überwachen. Der Auftragnehmer muß sich
weiterhin durch Stichproben von der Tauglichkeit der für die Konstruktionen
verwandten Materialien, Herstellungsarten, Schalungs- und Lehrgerüsten,
Baustelleneinrichtungen usw. überzeugen.
29
Das Ergebnis der Überwachung ist schriftlich festzuhalten und dem Auftraggeber in
4-facher Ausfertigung vorzulegen."
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Zur Mitwirkung an der Vergabe und Objektüberwachung nach § 15 Abs. 2
Leistungsphasen 7 und 8 HOAI schaltete die Klägerin die Beklagten zu 3) bis 6) ein, die
sich hierzu zur ARGE ABE (
A
zusammengeschlossen hatten. Wegen der einzelnen Vertragsbedingungen wird auf
den Architektenvertrag vom 20.10.1989 (Anl. K 7) verwiesen.
31
Die Ausführung der Rohbauarbeiten war an verschiedene Firmen bzw.
Arbeitsgemeinschaften vergeben:
32
Die ARGE L6 (L-Straße C) errichtete die Schlitzwände mit Ausnahme des Bereichs der
bereits vorhandenen Tiefgarage des Neuen Abgeordnetenhochhauses (sog. "M4"), die
in den Erweiterungsbau einbezogen wurde. Darüber hinaus installierte sie die Pumpen
in den Baugruben und erstellte die Besuchertiefgarage (BG). Die Arbeiten der ARGE L6
waren zum Zeitpunkt des Hochwasserereignisses abgeschlossen und abgenommen.
33
Die weiteren Rohbauarbeiten waren in verschiedene Vergabeeinheiten aufgeteilt.
34
Die Vergabeeinheit A umfasste die Erstellung der Weißen Wanne im Bereich der
Hauptbaugrube zwischen den Achsen 17 und 42, die Untergeschosse des SO-
Gebäudes einschl. Durchfahrt und Verbindungstunnel zum Hauptbau und die
Tunnelzufahrt bis Achse 62. Zu diesen Leistungen gehörte auch die Erstellung der oben
erwähnten Konsole in den betreffenden Bereichen der Achsen R und 42.
35
Die Vergabeeinheit B umfasste die Dicht- und Schlitzwände im Bereich der alten
Tiefgarage und im Achsbereich 11,5 bis 13,5 sowie die Untergeschosse im Bereich der
Achsen -1 bis 17. Auch diese Arbeiten waren zum Zeitpunkt des
Hochwasserereignisses im Dezember 1993 abgeschlossen; aufgrund einer Leckage in
der Schlitz- bzw. Dichtwand im Bereich der alten Tiefgarage waren die Arbeiten noch
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nicht abgenommen.
Die Vergabeeinheiten C, D und E betrafen verschiedene Hochbauten.
37
Die Vergabeeinheit F errichtete die Hochbauten A3, A4, AV und SO zwischen den
Achsen 34 und 67.
38
Mit den Vergabeeinheiten A, B und F waren die Beklagten zu 1) und 2) beauftragt, die
sich hierzu in den Arbeitsgemeinschaften ARGE Rohbau Teil A (ARGE A), ARGE
Rohbau Teil B (ARGE B) und ARGE Rohbau Teil F (ARGE F) zusammenschlossen.
Die ARGE A wurde unter dem 21.12.1990 mit einem ursprünglichen Auftragsvolumen
von ca. 75,7 Millionen DM, die ARGE B unter dem 16.12.1991 (Auftragsvolumen ca.
52,3 Millionen DM) und die ARGE F unter dem 22.12.1992 (Auftragssumme ca. 24,1
Millionen DM) beauftragt. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der
Leistungsverzeichnisse, wird auf die Auftragsunterlagen Anl. B 1 (betreffend die ARGE
A), Anl. B 7 (ARGE B) und Anl. B 24 (ARGE F) verwiesen.
39
Die Beklagten zu 1) und 2) sind hundertprozentige Tochtergesellschaften der Beklagten
zu 9), einem in den O2 ansässigen Baukonzern. Die Beklagte zu 9) übersandte der
Klägerin jeweils vor Auftragserteilung sog. Garantieerklärungen für die ARGE A
(14.12.1990) und die ARGE B (18.2.1992). In diesen Erklärungen wird auf die jeweilige
Submission, die Vergabeeinheit und die Vergabenummer der Klägerin Bezug
genommen. Die in deutscher Sprache abgefassten Garantieerklärungen haben
folgenden Wortlaut:
40
"C3 GARANTIE NR ...
41
...
42
Wir, die KRijswijk, O2, ... garantieren hiermit, daß die I5 X GmbH und die C3 Bau
GmbH (...) hundertprozentige Tochtergesellschaften der Hollandsche Beton Groep
nv (C3) sind.
43
Ferner garantieren wir hiermit dem Auftraggeber gegenüber, daß die C3 die
uneingeschränkte Haftung für alle Aktivitäten (Erfüllung und Gewährleistung) der
Arbeitsgemeinschaft I5 X GmbH und C3 Bau GmbH übernimmt, falls der Auftrag an
der Arbeitsgemeinschaft vergeben wird."
44
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden Garantieerklärungen vom
14.12.1990 und 18.2.1992 (Anl. K 23 und K 24) Bezug genommen.
45
Die ARGE A hatte ihre Arbeiten bis zum Hochwasser beendet. Die Arbeiten im Bereich
der Hauptbaugrube wurden am 26.1.1993 abgenommen, die Arbeiten am SO-Bereich
im Laufe des Jahres 1993.
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III. Zustand des Baus im Dezember 1993 vor dem Rheinhochwasser
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Im Dezember 1993 stellte sich der Zustand des Bauwerks bezogen auf den
Hochwasserschutz im wesentlichen wie folgt dar:
48
Am Hauptgebäude war im wesentlichen die Außenwand (und damit der permanente
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Hochwasserschutz) fertiggestellt. Jedoch war (u.a.) an zwei Stellen die
Konsolkonstruktion (Konsole und Fugenband) nicht ausgeführt:
Im Bereich der Achse 42/L-Q war auf einer Länge von 38 m lediglich die Bewehrung
vorhanden, die Konsole aber nicht betoniert. Im weiteren Verlauf war die Konsole auf
dem Tunneldeck (Achse 42/J-K) fertiggestellt, im Bereich der Achse 42/A-J fehlte die
Konsole vollständig. In diesem Bereich fehlte zudem der Schlitzwandkopf, in den das
Fugenband einbetoniert wird. Dieser Bereich der Achse 42 (A-J) ist aufgrund der
Geländehöhen hinreichend gegen Hochwasser geschützt.
50
An der Rheinseite (Achse R) war die Konsole im Bereich R/21-22 auf einer Länge von
1,5 m nicht betoniert, auch hier war lediglich die Bewehrung vorhanden.
51
Die Herstellung der Konsole im Bereich der Achsen 42 und R gehörte jedenfalls
ursprünglich zur Leistung der ARGE A. Ob die Konsole in diesen Bereichen
nachträglich aus der Leistung der ARGE A herausgenommen worden ist, ist zwischen
den Parteien streitig.
52
Die Besuchertiefgarage war fertiggestellt. Im SO-Bereich hatte die Klägerin im Laufe des
Jahres 1993 einen Baustopp angeordnet. Hier war im wesentlichen noch der temporäre
Hochwasserschutz in Form der Spundwand vorhanden. An 2 Stellen war die
Spundwand entfernt worden:
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Im Bereich der Achse 50/M-N war die Spundwand in einer Breite von ca. 7 m entfernt
worden für eine Baustellenzufahrt der ARGE A. Auch nach Räumung der Baustelle
durch die ARGE A war diese Lücke nicht geschlossen worden.
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Im Bereich der Achse 42/K-L hatte die ARGE F im Dezember 1993 die hier quer zur
Außenwand im Bereich der Achse 42 verlaufende Spundwand in einer Breite von ca.
1,6 m entfernt. Es handelt sich um den Bereich am Verbindungstunnel zwischen
Hauptbauwerk und dem SO/BG-Bereich; die Fehlstelle verläuft quer zur Achse 42. Die
Entfernung der Spundwand erfolgte im Zuge der Herstellung der Konsole auf dem
Tunneldeck und der Errichtung einer Rampe. Die Rampe sollte auf Anweisung der
Klägerin und der ABE noch im Dezember 1993 fertiggestellt werden, weil sie im Januar
1994 als Zufahrt für eine Firma T6, die Kanalbauarbeiten im Bereich der sog. C-Allee
bei Achse 42/43 durchführen sollte, benötigt wurde.
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IV. Ablauf des Schadensereignisses
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Seit etwa Mitte Dezember 1993 stieg der Wasserstand des Rheins kontinuierlich an.
Angesichts des immer weiter steigenden Hochwassers fand am 21.12.1993 eine
Besprechung über den Zustand des Hochwasserschutzes und zu treffende
Notmaßnahmen statt, an der Vertreter der C2 und der ABE teilnahmen. Vertreter der
Argen waren nicht anwesend. Bei dieser Besprechung bezeichnete die ABE 4
Schwachpunkte im Hochwasserschutz, darunter die Spundwandlücke im Bereich der
ehemaligen Baustellenzufahrt an der Achse 50/M-N. Im Hinblick auf diese erkannten
Schwachstellen wurden verschiedene Notmaßnahmen angeordnet. Die ARGE F erhielt
die Anweisung, die Spundwandlücke im Bereich der Achse 50/M-N mit einer
Abdichtung aus Fertigbetonteilen zu verschließen, vor die ein Erdwall aus bindigem
Boden angeschüttet werden sollte.
57
Am 22.12.1993 drang das Hochwasser bis in den Baustellenbereich vor. Gegen 14.00
Uhr erreichte es die Achse R, ab etwa 17.30 Uhr die Achse 42. Zwischen 16.00 und
17.00 Uhr ließ die Klägerin die Pumpen abschalten. Da der Haupttrafo nicht
hochwassersicher lag, musste die Stromversorgung umgeklemmt werden. Ob die
Pumpen eine halbe Stunde (so die Klägerin) oder eine ganze Stunde (so die Beklagten
zu 1), 2) und 9)) ausfielen, ist zwischen den Parteien streitig.
58
Ab 19.00 Uhr beobachteten Mitarbeiter der Beklagten zu 1) eine Hebung des Hauptbaus
um ca. 20 cm und das Eindringen von Wasser in das 4. Untergeschoss der Tiefgarage.
In den frühen Morgenstunden des 23.12.1993 wurde beschlossen, die
Besuchertiefgarage zu fluten, um einen Auftrieb der Besuchergarage zu verhindern.
59
Bis zum Abend des 23.12. erreichte das Hochwasser einen Höchststand von 53,38 cm
(mithin 3 cm mehr als das Jahrhunderthochwasser von 1926). Die Innenräume der
Untergeschosse waren im gesamten Bauwerksbereich vollständig mit Wasser gefüllt;
außerdem waren die etwa im Niveau des Geländes liegenden Gebäudeflächen
überflutet. Das Hauptgebäudes war erheblich - bereichsweise um mehrere Dezimeter -
aufgetrieben. Durch den mit der Flutung verbundenen Auftriebsverlust sind z.T.
Rücksetzungen der aufgeschwommenen Gebäudebereiche eingetreten. Die
Rücksetzungen traten jedoch ungleichmäßig ein und haben nur einen Teil der
auftriebsbedingten Hebungen rückgängig gemacht, so dass sich das Gebäudes quasi
"verkantet" hat. Sowohl während des Auftriebs als auch im Verlauf der Rücksetzungen
sind beträchtliche Schäden am Bauwerk und an der technischen Gebäudeausrüstung
entstanden. Ferner sind Schäden durch die Flutung entstanden. Durch
Schlammablagerungen und Wasser wurden die vorhandenen gebäudetechnischen
Anlagen weitgehend zerstört.
60
V. Klageforderung
61
Die Klägerin macht für den durch das Hochwasser entstandenen Schaden -
insbesondere die Schäden, die durch den Auftrieb des Hauptbauwerks entstanden sind
- die Beklagten zu 1) und 2 ) als Rohbauunternehmer verantwortlich, und zwar
62
die Beklagten zu 1) und 2) als Mitglieder der ARGE A wegen des unterlassenen
Betonierens der Konsole in den Bereichen 42/L-Q und R/21-22;
63
die Beklagten zu 1) und 2) als Mitglieder der ARGE F wegen des Abbaus der
Spundwand im Bereich 42/K-L sowie wegen unzureichender Hochwassersicherung der
Spundwandlücke im Bereich 50/M-N
64
und die Beklagten zu 1) und 2) als Mitglieder der ARGE B wegen
unzureichenden/irreführenden Hinweises auf die vorgenannten Schwachpunkte im
Hochwasserschutz.
65
Die Beklagten zu 3) bis 6) sowie die Beklagten zu 7) und 8) nimmt die Klägerin wegen
Verletzung der Bauaufsicht in Anspruch, die Beklagte zu 9) aus den
Garantieerklärungen für die Argen A und B.
66
Ihren Schaden beziffert die Klägerin mit ca. 285,87 Millionen DM, weitere Schäden
macht sie im Wege der Feststellungsklage geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl.
60 bis 246 der Klageschrift (Bl. 60 - 246 d.A.) verwiesen.
67
Der Betrag von 285,87 Millionen DM setzt sich wie folgt zusammen:
68
1. Schäden an der Besuchertiefgarage
3.951.704,82 DM
2. Schäden am Hauptbauwerk (davon als Minderwert: 12 Mio DM) 242.893.783,62 DM
3. Ursachen- und Schadensfeststellung
16.466.147,18 DM
4. Kosten aus Unterbrechung, Stillstand und Vertragsbeendigung 17.290.272,42 DM
5. Nutzungsausfall
22.400.000,00 DM
6. gemischte Kosten
4.513.132,79 DM
7. Rechtsanwaltskosten
4.680.561,67 DM
8. Kosten Projektentwickler
690.000,00 DM
SUMME
290.768.748,50 DM
abzüglich anerkanntem Restwerklohn der Beklagten zu 1) und 2) 4.899.029,75 DM
KLAGEFORDERUNG
285.869.718,75 DM
69
Diesen Betrag nebst Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden verlangt sie von
den Beklagten zu 1) und 2) sowie der Beklagten zu 9) als deren Bürgin. Von den
Beklagten zu 3) bis 6) verlangt die Klägerin einen Teilbetrag hieraus von 25 Millionen
DM, von den Beklagten zu 7) und 8) einen Teilbetrag von 5 Millionen DM.
70
Die Beklagten zu 1) und 2 ) machen im Wege der Widerklage restlichen Werklohn für
die Argen A, B und F in Höhe von insgesamt ca. 25.400.000 DM geltend.
71
VI. Vorbringen der Klägerin
72
Die Klägerin behauptet unter Bezugnahme auf die Gutachten der Sachverständigen im
selbständigen Beweisverfahren 1 OH 2/94, die Nichtausführung der Konsole in der
Achse R/21-22 und 42/L-Q sowie die Spundwandlücken in den Bereichen 42/K-L und
50/M-N seien ursächlich für die beträchtlichen Schäden am Bauwerk.
73
Da in den Bereichen R/21-22 und 42/L-Q die Konsole nicht fertiggestellt gewesen sei,
habe hier ungehindert Wasser durch den Spalt zwischen Bauwerkswand und
Schlitzwand, genauer durch die Enkadrain-Matten und eine Schwindfuge, die sich
zwischen Bauwerkswand und Vorsatzschale gebildet habe, in den Schlitzwandtopf
eindringen können. Hierdurch sei der Wasserstand im Schlitzwandtopf über den
kritischen Bereich hinaus angestiegen und habe den Auftrieb des Hauptbauwerks
verursacht. Durch den Verbindungstunnel habe das Wasser auch in den BG/SO-Bereich
dringen können. Sowohl das an der Achse R/21-22 als auch das im Bereich der Achse
42/L-Q in den Schlitzwandtopf einströmende Wasser hätte allein ausgereicht, um den
Auftrieb des Hauptbauwerks zu verursachen.
74
Ferner sei Hochwasser durch die Spundwandlücken in den Bereichen 42/K-L und 50/M-
N in den BG/SO-Bereich gedrungen, und zwar auch in den Topf der Baugrube.
Aufgrund der hierdurch hervorgerufenen Auftriebsgefahr habe die Besuchergarage
geflutet werden müssen.
75
Die Planung des Hochwasserschutzes sei dagegen ordnungsgemäß gewesen,
jedenfalls hätten sich eventuelle Planungsfehler auf den Schaden nicht ausgewirkt.
Soweit der Hochwasserschutz weitere Lücken aufgewiesen habe, insbesondere die
Spundwand mit einer Höhe von 53,35 m NN - und in Teilbereichen auch noch niedriger
- unter dem Höchststand des Hochwassers (53,38 m NN) gelegen habe, hätte dies nicht
zu den Schäden geführt. Diese Lücken hätten beherrscht werden können. Es wäre
möglich gewesen, die Spundwand durch Sandsäcke, welche in ausreichender Zahl
vorhanden gewesen seien, entsprechend zu erhöhen. Hierzu sei es nur deshalb nicht
gekommen, weil das Bauwerk bereits vorher vollständig überflutet gewesen sei.
76
1. Konsole in den Bereichen R/21-22 und 42/L-Q
77
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten zu 1) und 2) in Gestalt der ARGE A hätten
nach § 13 Nr. 7 Abs. 1 und 2 VOB/B für das Fehlen der Konsolbetonierung in den
Achsen R/21-22 und 42/L-Q einzustehen. Hierin liege ein erheblicher
Ausführungsmangel.
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Die Fertigstellung der Konsole wäre ohne weiteres möglich gewesen, alle planerischen
Voraussetzungen, insbesondere die erforderlichen Ausführungspläne (Schal- und
Bewehrungspläne) hätten rechtzeitig vorgelegen. Eine Änderung der Bewehrungspläne
wäre nicht erforderlich gewesen, was sich schon daraus ergebe, dass die Bewehrung
ordnungsgemäß und vollständig vorhanden gewesen sei. Soweit im Bereich der Achse
42/A-J der Schlitzwandkopf gefehlt habe, hätte dies die Fertigstellung der Konsole im
Bereich der Achse 42/L-Q nicht behindert. Zudem wäre es Aufgabe der ARGE A
gewesen, den Schlitzwandkopf in diesem Bereich herzustellen.
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Eine Vereinbarung mit der Klägerin des Inhalts, die Erstellung der Konsole in die
Vergabeeinheit F zu verschieben, sei nicht getroffen worden, für eine solche
Vereinbarung habe auch kein Anlass bestanden. Vielmehr habe die ARGE A das
Betonieren der Konsole schlicht vergessen. Der irische Subunternehmer der ARGE A
habe im August 1992 die Bewehrung der Konsole ausgeführt. Er sei dann von dem
Zeugen u (dem Projektleiter der Beklagten zu 1) für die ARGE A) an eine andere Stelle
der Baustelle gerufen worden, bevor die Betonierung gemacht worden sei. Die
Betonierung sei dann vergessen worden. Diese Information habe der damalige
Geschäftsführer der Beklagten zu 1), der Zeuge L4, dem Zeugen Dr. O, der Leiter der
betreffenden Projektgruppe im Bundesbauministerium war, in einem Gespräch im
Oktober 1997 erteilt.
80
Bei der Abnahme der Arbeiten der ARGE A hätten die Mitarbeiter der C2 die Fehlstelle
nicht bemerkt. Bei den Vorbegehungen seien die Gebäude lediglich von innen in
Augenschein genommen worden. Auch von außen sei die Fehlstelle aber nur schwer zu
sehen gewesen, da dieser Bereich schwer zugänglich und einsehbar sei.
81
Die Klägerin ist der Ansicht, dass auch die Voraussetzungen der erweiterten Haftung
nach § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B gegeben seien. Es stelle einen Verstoß gegen die
anerkannten Regeln der Technik dar, die Fuge zwischen Schlitzwand und
Bauwerkswand nach dem Entfernen des temporären Hochwasserschutzes nicht
unverzüglich abzudichten. Zudem sei auch von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Den
Beklagten zu 1) und 2) sei das Hochwasserschutzkonzept und die Bedeutung der
Konsole bekannt gewesen, zumindest hätten sie als Fachfirmen auf dem Gebiet des
82
Wasserbaus die Bedeutung der Konsole erkennen müssen.
2. Spundwandlücke 50/M-N
83
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten zu 1) und 2) in Gestalt der ARGE F seien ihr
deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Spundwandlücke im Bereich der
Achse 50/M-N nicht ordnungsgemäß geschlossen hätten. Dass diese Notmaßnahme -
was unstreitig ist - nicht gehalten habe, liege daran, dass die ARGE F entgegen der
erteilten Anweisung keinen bindigen Boden, sondern ungeeignetes Material verwendet
habe. Hierdurch seien zumindest die Schäden an der Besuchertiefgarage verursacht
worden.
84
3. Spundwandlücke 42/K-L
85
Die ARGE F hafte zudem gem. § 4 Nr. 7 VOB/B, weil sie im Dezember 1993, als das
Hochwasser sich bereits angekündigt habe, die Spundwand im Bereich des
Tunneldecks 42/K-L auf einer Länge von 1,6 m entfernt und nach Abschluss der
Arbeiten (Konsole und Rampe) nicht wieder ordnungsgemäß angebracht habe. Aus
Gründen des Hochwasserschutzes wäre es geboten gewesen, die Spundwandlücke
wieder ordnungsgemäß zu schließen.
86
Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass die ARGE F in diesem Bereich die Lücke
provisorisch mittels einer Lehmanschüttung verschlossen habe. Eine solche Maßnahme
wäre zudem auch als Notmaßnahme nicht fachgerecht gewesen und hätte dem
Hochwasser auch unabhängig vom Auftrieb des Bauwerks nicht standgehalten; es
hätten zumindest Betonfertigteile verwendet werden müssen.
87
4. Haftung der ARGE B
88
Die Beklagten zu 1) und 2) in Gestalt der ARGE B nimmt die Klägerin wegen Verletzung
der Hinweispflicht in Anspruch.
89
Sie leitet die Haftung insbesondere aus einem von dem Zeugen u unterzeichneten
Schreiben der ARGE B vom 11.10.1993 her (Anl. K 22). Das Schreiben lautet:
90
"Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass mit Beendigung und Abnahme des Rohbau Teil
B auch unsere Pflicht zur Instandhaltung und Absicherung bei Hochwasser entfällt.
91
Wie besprochen, fügen wir der Anlage eine entsprechende Übersicht der
Hauptbaugrube bei.
92
Die Stellen, wo eine permanente Hochwassersicherung von 53,35 + NN nicht
gegeben ist, können Sie hieraus entnehmen.
93
Wir hoffen, Sie hiermit ausreichend informiert zu haben und verbleiben pp."
94
Die Klägerin meint, die ARGE B habe ihre Hinweispflicht verletzt, indem sie in diesem
Schreiben die oben dargestellten 4 Fehlstellen nicht aufgeführt habe.
95
Auch kurz vor Eintritt des Schadens hätte der Zeuge u noch auf diese Fehlstellen
hinweisen können und müssen. Am 22.12.1993 habe die ABE gegenüber dem Zeugen
96
u angeordnet, an der Achse R/42-38 eine Kalksandsteinmauer als Schutz gegen das in
diesem Bereich eindringende Hochwasser zu errichten. Hierbei hätte der Zeuge
bemerken müssen, dass die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q nicht fertiggestellt
gewesen sei, da die Mauer unmittelbar an die Bauwerksecke R/42, und damit auch an
die Fehlstelle 42/L-Q, angegrenzt habe.
5. Haftung der Beklagten zu 3) bis 6)
97
Die Klägerin nimmt die Beklagten zu 3) bis 6) wegen Verletzung der diesen
übertragenen Objektüberwachung in Anspruch. Diese hätte ihre Pflichten dadurch grob
fahrlässig verletzt, dass sie die Lücken in der Konsole nicht bemerkt oder ihre
Bedeutung nicht erkannt hätten. Die Beklagten zu 3) bis 6) hätten auch dafür Sorge
tragen müssen, dass die ARGE F die Spundwand im Bereich 42/K-L nach Fertigstellung
der Rampe wieder herrichtet, ferner hätten sie die Spundwandlücke im Bereich der
Achse 50/M-N nicht rechtzeitig gegenüber den ausführenden Firmen gerügt und zudem
die Ausführung der Notmaßnahme in diesem Bereich nicht ordnungsgemäß überwacht.
98
6. Haftung der Beklagten zu 7) und 8)
99
Die Klägerin nimmt auch die Beklagten zu 7) und 8) wegen unzureichender
Objektüberwachung in Anspruch. Sie ist der Ansicht, die Beklagten zu 7) und 8) hätten
im Rahmen der ihnen nach § 3, Ziff. 3.5. des Vertrages obliegenden Leistung übrprüfen
müssen, ob die Bewehrung ordnungsgemäß ausgeführt und das Fugenband
entsprechend ihrem Plan und den Regeln der Technik eingelegt war. Schließlich hätten
sie sich von der ordnungsgemäßen und vollständigen Ausführung der Betonarbeiten
überzeugen müssen. Sie hätten die Tragwerkkonstruktion, zu der auch die dem
Hochwasserschutz dienenden Konsolen gehörten, auch auf Vollständigkeit überprüfen
müssen. Diese Pflicht hätten die Beklagten zu 7) und 8) verletzt. Die Klägerin behauptet,
den Beklagten zu 7) und 8) sei auch die zivilrechtliche Objektüberwachung im Sinne
von § 64 Abs. 3 Leistungsphase 8 HOAI übertragen worden. Die Leistung in § 3, Ziff.
3.5. des Vertrages, die unstreitig aus dem Vertragsmuster "Prüfung der
Tragwerksplanung" übernommen ist und dort lediglich die Bauüberwachung in
baurechtlicher Hinsicht beschreibt, umfasse beides. Dies sei von den Parteien so
gewollt gewesen. Entsprechend hätten die Beklagten zu 7) und 8) vor Ort auch die
Bauüberwachung in zivilrechtlicher Hinsicht wahrgenommen. Dies ergebe sich aus den
Protokollen der Bauüberwachung (auszugsweise vorgelegt in Anl. K 486, vollständig
vorgelegt im selbständigen Beweisverfahren 1 OH 2/94, Anlage zum Schriftsatz vom
21.4.1994, Anlage Nr. 12, Ordner I 25). Zumindest ergebe sich aber eine Haftung aus
"faktischer Bauüberwachung", da die Beklagten zu 7) und 8) faktisch die Rolle eines
Bauleiters übernommen hätten.
100
7. Haftung der Beklagten zu 9)
101
Die Beklagte zu 9) nimmt die Klägerin aus den Garantieerklärungen vom 14.12.1990
und 18.2.1992 in Anspruch.
102
Sie ist der Ansicht, die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Bonn ergebe sich
sowohl aus Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ als auch aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Auf die
Garantieerklärungen sei niederländisches Recht anzuwenden, da eine ausdrückliche
oder konkludente Rechtswahl nicht getroffen worden sei und die Garantieerklärungen
nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB die engsten Verbindungen zu den O2, dem Sitz der
103
Beklagten zu 9), aufwiesen. Nach niederländischem Recht bestimme sich der
Erfüllungsort einer Bürgschaft nach dem (Wohn)Sitz des Gläubigers.
Die Klägerin beantragt,
104
1.
105
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und ferner die Beklagte zu 9) als
deren Bürgin zu verurteilen, an die Klägerin 285.869.718,75 DM nebst 4,60 %
Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen,
106
2.
107
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 9) als deren
Bürgin zu verurteilen, an die Klägerin weitere Zinsen wie folgt zu zahlen:
108
aus 217.546.000,00 DM 7,00 % vom 16.02.1995 bis
23.03.1995,
109
7,25 % vom 24.03.1995 bis 09.05.1995,
110
7,00 % vom 10.05.1995 bis 31.05.1995,
111
6,75 % vom 01.06.1995 bis 06.08.1995,
112
6,50 % vom 07.08.1995 bis 30.01.1996,
113
6,25 % vom 31.01.1996 bis 14.04.1996,
114
5,75 % vom 15.04.1996 bis 15.08.1996,
115
aus 251.390.000,00 DM 5,75 % vom 16.08.1996 bis
30.10.1996,
116
5,00 % vom 31.10.1996 bis 29.01.1997,
117
4,00 % vom 30.01.1997 bis 17.04.1997,
118
4,60 % vom 18.04.1997 bis zur Zustellung,
119
3.
120
die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 9) als deren Bürgin zu verurteilen, an die
Klägerin weitere Zinsen wie folgt zu zahlen:
121
aus 68.323.718,75 DM 6,50 % vom 03.10.1995 bis
30.01.1996,
122
6,25 % vom 31.01.1996 bis 14.04.1996,
123
5,75 % vom 15.04.1996 bis 15.08.1996,
124
aus 34.479.718,75 DM 5,75 % vom 16.08.1996 bis
30.10.1996,
125
5,00 % vom 31.10.1996 bis 29.01.1997,
126
4,00 % vom 30.01.1997 bis 17.04.1997,
127
4,60 % vom 18.04.1997 bis zur Zustellung.
128
4.
129
die Beklagten zu 3) bis 6) als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1) und 2) zu
verurteilen, an die Klägerin einen letztrangigen Teilbetrag in Höhe von 25 Millionen
DM aus 285.869.718,75 DM nebst 4,60 % Zinsen seit Zustellung zu zahlen,
130
5.
131
die Beklagten zu 3) bis 6) als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1) und 2) zu
verurteilen, an die Klägerin letztrangig folgende Zinsen aus einem letztrangigen
Teilbetrag von 25 Millionen DM zu zahlen:
132
7,00 % vom 16.02.1995 bis 23.03.1995,
133
7,25 % vom 24.03.1995 bis 09.05.1995,
134
7,00 % vom 10.05.1995 bis 31.05.1995,
135
6,75 % vom 01.06.1995 bis 06.08.1995,
136
6,50 % vom 07.08.1995 bis 30.01.1996,
137
6,25 % vom 31.01.1996 bis 14.04.1996,
138
5,75 % vom 15.04.1996 bis 15.08.1996,
139
5,75 % vom 16.08.1996 bis 30.10.1996,
140
5,00 % vom 31.10.1996 bis 29.01.1997,
141
4,00 % vom 30.01.1997 bis 17.04.1997,
142
4,60 % vom 18.04.1997 bis zur Zustellung,
143
6.
144
die Beklagten zu 7) und 8) als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1) bis 6) zu
verurteilen, an die Klägerin einen letztrangigen Teilbetrag in Höhe von 5 Millionen
DM, und zwar letztrangig sowohl aus 285.869.718,75 DM als auch aus 25
Millionen DM, zu zahlen.
145
7.
146
a)
147
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 9) als deren
Bürgin zu verurteilen, 4,60 % Zinseszinsen an die Klägerin ab Rechtshängigkeit
aus den sich aus dem Klageantrag zu Ziffer 2) bis zur Zustellung ergebenden
Zinsen zu zahlen,
148
b)
149
die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 9) als deren Bürgin außerdem zu
verurteilen, 4,60 % Zinseszinsen an die Klägerin ab Rechtshängigkeit aus den sich
aus dem Klageantrag zu Ziffer 3) bis zur Zustellung ergebenden Zinsen zu zahlen,
150
c)
151
die Beklagten zu 3) bis 6) als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1) und 2)
zu verurteilen, 4,60 % Zinseszinsen an die Klägerin ab Rechtshängigkeit aus den
sich aus dem Klageantrag zu Ziffer 5) ergebenden Zinsen zu zahlen.
152
8.
153
festzustellen, dass die Beklagen zu 1) und 2) als Gesamtschuldner, die Beklagte zu
9) als deren Bürgin verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren Schäden, darunter
den über 12.000.000,00 DM hinausgehenden merkantilen und technischen
Minderwert, zu ersetzen, die ihr aus der auf dem Hochwassereignis vom Dezember
1993 beruhenden Beschädigung der Neubauten für den E an der L-Straße in C -
auch auf Basis der dieser Klageschrift zugrundeliegenden fiktiven
Schadensberechnung - entstanden sind und künftig entstehen werden,
154
9.
155
festzustellen, dass die Beklagen zu 3) bis 6) neben den Beklagten zu 1) und 2) als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin einen letztrangingen Teilbetrag in
Höhe von 8,74524 % aller weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr aus der auf dem
Hochwasserereignis vom Dezember 1993 beruhenden Beschädigung der
Neubauten für den E an der L-Straße in C - auch auf Basis der dieser Klageschrift
zugrundeliegenden fiktiven Schadensberechnung - entstanden sind und künftig
entstehen werden,
156
10.
157
festzustellen, dass die Beklagten zu 7) und 8) neben den Beklagten zu 1) und 2)
als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin einen letztrangigen Teilbetrag
in Höhe von 1,74904 % aller weiteren Schäden zu ersetzten, die ihr aus der auf
dem Hochwasserereignis vom Dezember 1993 beruhenden Beschädigung der
Neubauten für den E an der L-Straße in C - auch auf Basis der dieser Klageschrift
zugrundeliegenden fiktiven Schadensberechnung - entstanden sind und künftig
entstehen werden.
158
11.
159
festzustellen, dass die Beklagte zu 9) verpflichtet ist, der Klägerin die in diesem
Rechtsstreit einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens (LG Bonn 1 OH
2/94, 4/94) entstehenden Kosten ihrer Rechtsverfolgung gegen die Beklagten zu 1)
und 2) zu erstatten,
160
Die Beklagten beantragen,
161
die Klage abzuweisen.
162
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen im Wege der Widerklage,
163
1.
164
die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerinnen,
verbunden in der BGB-Gesellschaft "ARGE Rohbau Teil A", gesamthänderisch
165
a)
166
5.743.256,32 DM zuzüglich bezifferte Zinsen in Höhe von 234.447,60 DM sowie
weitere Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweils gültigen Lombardsatz von
5.743.256,32 DM für die Zeit ab dem 7.2.1995 zu zahlen sowie auszusprechen,
dass die Zinsberechnung für die unbeziffert geltend gemachten Zinsen unter
Berücksichtigung von Zinseszinsen entsprechend banküblicher
Zwischenabrechnung erfolgen darf;
167
b)
168
die Erfüllungsbürgschaft vom 14.02.1991 über 3.787.359,00 DM zurückzugeben
Zug um Zug gegen Aushändigung einer Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3
% der Abrechnungssumme;
169
c)
170
den Widerklägerinnen zu gestatten, eine zur Ermöglichung oder Abwehr der
Zwangsvollstreckung notwendige Sicherheitsleistung auch durch Bankbürgschaft
einer deutschen Bank erbringen zu dürfen;
171
d)
172
hilfsweise,
173
die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, den vorerwähnten Betrag zu zahlen
an die Widerklägerin zu 1., die Widerklägerin zu 2. und die Firma M, Av. Da Boa
Vista, 1681-1.0, 4100 Porto, Portugal,
174
verbunden in der BGB-Gesellschaft "ARGE Rohbau Teil A";
175
2.
176
die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerinnen,
verbunden in der BGB-Gesellschaft "Rohbau Teil B", gesamthänderisch
177
a)
178
7.533.452,42 DM zuzüglich bezifferte Zinsen in Höhe von 1.293.192,26 DM sowie
weitere Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweils gültigen Lombardsatz von
7.533.452,42 DM für die Zeit ab dem 16.12.1996 zu zahlen sowie auszusprechen,
dass die Zinsberechnung für die unbeziffert geltend gemachten Zinsen unter
Berücksichtigung von Zinseszinsen entsprechend banküblicher
Zwischenabrechnung erfolgen darf;
179
b)
180
die Erfüllungsbürgschaft vom 27.01.1992 über 2.614.294,00 DM zurückzugeben
Zug um Zug gegen Aushändigung einer Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3
% der Abrechnungssumme;
181
c)
182
den Widerklägerinnen zu gestatten, eine zur Ermöglichung oder Abwehr der
Zwangsvollstreckung notwendige Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer
deutschen Bank erbringen zu dürfen;
183
3.
184
die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerinnen,
verbunden in der BGB-Gesellschaft "ARGE Rohbau Teil F", gesamthänderisch
185
a)
186
12.149.907,77 DM nebst bezifferten Zinsen in Höhe von 1.750.602,28 DM sowie
weiteren Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweils gültigen Lombardsatz der
Deutschen Bundesbank von 12.149.907,77 DM seit dem 16.12.1996 zu zahlen
sowie auszusprechen, dass die Zinsberechnung für die unbeziffert geltend
gemachten Zinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen entsprechend
banküblicher Zwischenabrechnung erfolgen darf;
187
b)
188
die Erfüllungsbürgschaft vom 29.1.1993 über 1.206.499,30 DM zurückzugeben Zug
um Zug gegen Aushändigung einer Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3 %
der Abrechnungssumme;
189
c)
190
den Widerklägerinnen zu gestatten, eine zur Ermöglichung oder Abwendung der
Zwangsvollstreckung notwendige Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer
deutschen Bank erbringen zu dürfen.
191
Die Klägerin beantragt,
192
die Widerklage abzuweisen.
193
VII. Vorbringen der Beklagten zu 1) und 2)
194
1. ARGE A: Konsole in Achse 42/L-Q und R/21-22
195
Die Beklagten zu 1), 2) und 9) behaupten:
196
Auf Grund verspäteter Vorlage der Ausführungspläne habe sich der Bauablauf
verzögert. Bereits im April 1992 habe daher die C2 beschlossen, die Herstellung der
Konsole zu verschieben. Dementsprechend habe der Statiker, der Zeuge I4,
angeordnet, an den Außenwänden anstelle der vorgesehenen konventionellen
Bewehrung im gesamten Bereich der Achse 42 Comax-Anschlüsse zu verwenden
(Comax-Anschlüsse sind Klappeisen, die es ermöglichen, die Außenwand in einem Zug
zu betonieren und die Bewehrung und damit auch die Konsole nachträglich an die
Außenwand anzuschließen).
197
Das Betonieren der Konsole (sowie die Anbringung der Bewehrung) sei bis Ende 1992
nicht möglich gewesen, da die erforderlichen Pläne nicht vorgelegen hätten. Im Hinblick
auf die Comax-Anschlüsse seien geänderte Bewehrungspläne erforderlich gewesen,
zudem habe ein freigegebener Ausführungsplan für den Schlitzwandkopf im Bereich der
Achse 42/A-J gefehlt. Der entsprechende Plan ABV TS WK 42/G-L sei der ARGE A
lediglich als Vorabzug vorgelegt worden und unvollständig gewesen, zudem habe die
ARGE A auch keinen Auftrag zur Herstellung des Schlitzwandkopfes gehabt. Der
Schlitzwandkopf sei aber Voraussetzung für die Herstellung der Konsole, und zwar im
gesamten Verlauf der Achse 42. Aus schalungstechnischen Gründen sei es sinnvoll, die
Konsole im gesamten Bereich der Achse 42 in einem Zug zu schalen. Zudem sei auch
durch den Bauzeitenplan zwingend vorgegeben gewesen, die Achse 42 von der Achse
A in Richtung Achse R fertigzustellen. Die Verzögerungen, die sich ergeben hätten,
hätten an der Reihenfolge der auszuführenden Arbeiten nichts geändert. Wegen der
Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz der Beklagten zu 1), 2) und 9) vom
22.12.1999, Rdnr. 856 ff (Bl. 2015 ff d.A.) verwiesen.
198
Im Rahmen der Vorbegehungen zur Abnahme der Arbeiten der ARGE A im
Oktober/November 1992 sei daher zwischen der C2 und der ARGE A vereinbart
worden, die Konsole aus dem Leistungsbereich der ARGE A herauszunehmen und zu
einem späteren Zeitpunkt von der ARGE F ausführen zu lassen. Der Zeuge y (der für die
Vergabeeinheit A in diesem Bereich zuständige Mitarbeiter der ABE) habe dies mit dem
für die ARGE A zuständigen Projektleiter der C2, dem Zeugen S, besprochen und diese
Entscheidung dem Zeugen W (ARGE A) mitgeteilt. Die mündliche Absprache sei
schriftlich durch den Vermerk bei der Abnahme "keine Restarbeiten" dokumentiert
worden. Dementsprechend sei die Fehlstelle der Klägerin auch bekannt gewesen, sie
habe auch nicht übersehen werden können. Derartige mündliche
Leistungsverschiebungen seien auf der Baustelle nicht ungewöhnlich gewesen.
Überhaupt hätten chaotische Verhältnisse auf der Baustelle geherrscht, da die Klägerin
die Ausführungspläne "baubegleitend" erstellt und vorgelegt hätte und die Planung
während der Ausführung laufend verändert worden sei.
199
Im Laufe des Jahres 1993 hätten sodann verschiedene Gespräche zwischen der ARGE
F und der ABE unter Beteiligung der C2 statgefunden, in denen es um die Beauftragung
200
der ARGE F mit der Herstellung des Schlitzwandkopfes im Bereich der Achse 42/A-J -
und damit letztlich auch der Konsole - gegangen sei. Zu einer Auftragsvergabe an die
ARGE F sei es bis zum Hochwasser allerdings nicht mehr gekommen. Die Klägerin
habe lediglich im Dezember 1993 über die ABE angeordnet, die Konsole auf dem
Tunneldeck (Achse 42/J-K) fertigzustellen, damit die Rampe für die Firma T6 habe
gebaut werden können.
Die Bewehrung der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q sei Ende 1992 noch nicht
vorhanden gewesen. Diese sei vielmehr im Frühjahr 1993 von einem Subunternehmer
der ARGE F ohne Auftrag angebracht worden. Der Arbeitsfortschritt der ARGE F habe
gestockt, so dass der Eisenverleger-Nachunternehmer unterbeschäftigt gewesen sei.
Die Bewehrung sei aber noch nicht vollständig an die Comax-Eisen angeschlossen
gewesen, da die geänderten Bewehrungspläne nach wie vor nicht vorhanden gewesen
seien. Die ABE (Zeuge X2) zeichnete - insoweit unstreitig - die Bewehrung als Leistung
der ARGE F ab.
201
Auch die Konsole im Bereich der Achse R/21-22 habe Ende 1992 nicht fertiggestellt
werden können. Aufgrund einer in der Planung nicht vorgesehenen Stahlstütze (zu
deren Entfernung sie keinen Zusatzauftrag gehabt habe) sei der ARGE A "in der
Vertragslaufzeit" die Betonierung der Konsole nicht möglich gewesen. Aus diesem
Grund sei die Konsole auch in diesem Bereich einvernehmlich aus der Leistung der
ARGE A herausgenommen worden.
202
Ferner bestreiten die Beklagten zu 1), 2) und 9) die Kausalität der Konsollücken,
insbesondere, dass zum Zeitpunkt des Schadensereignisses ein relevanter
Schwindspalt vorhanden gewesen sei. Durch die Enkadrain-Matten hätten keine
nennenswerte Wassermengen in den Schlitzwandtopf eindringen können, zumal die
Enkadrain-Matten mit Weichfaserplatten, die mit Abstandshaltern an der Bewehrung
fixiert worden seien, abgedeckt gewesen seien. Die Lücke in der Achse R/21-22 sei
keinesfalls kausal. Wasser habe lediglich in einem Bereich von 50 cm durch die
Enkadrain-Matten eindringen können. Hierdurch seien nur solche Mengen
eingedrungen, die durch die Pumpen ohne weiteres hätten beseitigt werden können,
wenn diese nicht ausgefallen wären. Den Ausfall der Pumpen habe allein die Klägerin
zu vertreten, da der Trafo für die Pumpen unterhalb der Hochwasserlinie angebracht
worden sei.
203
Schließlich bestreiten die Beklagten zu 1) und 2) ihr Verschulden. Sie hätten sich auf
die Anweisung des Zeugen y, die Konsole nicht zu erstellen, verlassen dürfen, selbst
wenn dies nicht mit dem Zeugen S abgesprochen gewesen wäre. Auch hätten sie als
ausführende Firma die Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz (die in den
Ausführungsplänen nicht beschrieben ist) nicht erkennen müssen. Sie seien für den
Hochwasserschutz nicht zuständig gewesen; die Hochwasserkonzeption der Klägerin
sei darüber hinaus so außergewöhnlich und unzweckmäßig, dass sie als solche für die
ARGE A nicht erkennbar gewesen sei. Die Beklagten zu 1), 2) und 9) bestreiten in
diesem Zusammenhang auch, dass die Konsole nach der Vorstellung der Planer und
der Klägerin überhaupt dem Hochwasserschutz habe dienen sollen.
204
Auch die Notwendigkeit, den Schlitzwandkopf wasserdicht an die Außenwand
anzuschließen, sei nicht erkennbar gewesen. Mit dem Auftreten einer Schwindfuge
habe die ARGE A nicht rechnen müssen, auch sei nicht erkennbar gewesen, dass durch
die Fuge zwischen Schlitzwand und Bauwerkswand Wasser in den Schlitzwandtopf
205
habe dringen können. Zudem habe aufgrund des Bautenstandes Ende 1992 seinerzeit
keine Auftriebsgefahr bestanden.
Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik könne der ARGE A ebenfalls
nicht vorgeworfen werden, da schon die Planung der Klägerin (insbesondere den
Hochwasserschutz während der Bauzeit durch Konsole mit Fugenband zu
gewährleisten) nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen habe. Ein
solches Konzept weise erhebliche Schwachstellen auf. Es sei auch in der Praxis in
keinem Fall verwendet worden. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Fragen und
Vorhalte an die Sachverständigen im Schriftsatz vom 1.12.1999 (Bl. 1817 ff d.A.)
verwiesen.
206
In erster Linie hafte die Klägerin selber, da sie die unzureichende Planung zu
verantworten habe und allein die C2 einen Gesamtüberblick über das
Hochwasserkonzept und die Baumaßnahme gehabt habe. Die Klägerin sei durch ihre
unzureichende und fehlerhafte Planung ein erhebliches Hochwasserrisiko
eingegangen, welches sie nicht auf die ausführenden Firmen abwälzen könne.
207
In rechtlicher Hinsicht vertreten die Beklagten zu 1), 2) und 9) die Aufassung, dass § 13
Nr. 7 VOB/B selbst dann nicht anwendbar sei, wenn keine Vereinbarung über die
Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A getroffen worden wäre. Denn
das Fehlen der Konsole sei rechtlich nicht als Mangel, sondern als unvollständige
Teilleistung anzusehen, für die eine Haftung lediglich unter den - hier nicht vorliegenden
- Voraussetzungen des Verzuges bestünde.
208
2. ARGE F
209
Zur Spundwandlücke im Bereich der Achse 42/K-L behaupten die Beklagten zu 1), 2)
und 9), dass die Entfernung der Spundwand zur Herstellung der Konsole und der
Rampe notwendig gewesen sei. Die ARGE F habe zudem auf Anweisung der Klägerin
bzw. der ABE die Lücke mit einer Anschüttung aus Lehm verschlossen. Diese
Anschüttung habe dem Hochwasser auch standgehalten und sei erst nach dem Auftrieb
des Hauptbauwerks weggespült worden. Die Spundwandlücke sei daher für die
eingetretenen Schäden nicht kausal.
210
Die Spundwandlücke im Bereich der Achse 50/M-N habe die ARGE F der Anweisung
der Klägerin gemäß verschlossen, sie habe exakt das vorgegebene Material eingebaut.
Die Maßnahme sei am 22.12.1993 von Vertretern der C2 kontrolliert und gebilligt
worden.
211
3. ARGE B
212
Die Beklagten zu 1) und 2) sind der Ansicht, dass auch eine Haftung der ARGE B
wegen Verletzung der Hinweispflicht nicht gegeben sei. Eine solche Hinweispflicht
habe nicht bestanden, sie lasse sich auch nicht aus dem Schreiben der ARGE B vom
11.10.1993 ableiten. Das Schreiben beziehe sich lediglich auf solche Schwachstellen,
die auch nach Erledigung aller Arbeiten noch verblieben. Sie behaupten ferner, die ABE
habe die Errichtung der Kalksandsteinmauer nicht gegenüber der ARGE B oder F
angeordnet, sondern gegenüber der ARGE C/D (bestehend aus den Firmen X4 & U2
und der Beklagten zu 1)), mit der der Zeuge u nichts zu tun gehabt habe.
213
VIII. Vorbringen der Beklagten zu 3) bis 6)
214
Die Beklagten zu 3) bis 6) bestätigen im wesentlichen den Vortrag der Beklagten zu 1),
2) und 9) dazu, dass die Konsole im Bereich der Achse 42 aus dem Leistungsumfang
der Vergabeeinheit A herausgenommen worden sei.
215
Sie behaupten, die Konsole im Bereich der Achse 42 habe wegen Fehlens von Plänen
bis Ende 1992 nicht fertiggestellt werden können. Der Zeuge W habe daher im Oktober
1992 vorgeschlagen, die Konsole in der Achse 42 von der Vergabeeinheit A in die
Vergabeeinheit F zu übernehmen. Diesen Vorschlag habe der Zeuge y an den Zeugen
S weitergegeben, der hiermit einverstanden gewesen sei. Von diesem Einverständnis
habe der Zeuge y wiederum den Zeugen W unterrichtet. Das Gespräch mit dem Zeugen
S habe anlässlich der Begehungen der Untergeschosse in Vorbereitung der Abnahme
der Leistungen der ARGE A im November 1992 stattgefunden. Den Vertretern der C2
sei damit bekannt gewesen, dass die Konsole im Bereich der Achse 42 nicht erstellt
worden sei. Hierüber sei bei den Vorbegehungen ausdrücklich gesprochen worden.
216
Zur Konsole im Bereich der Achse R/21-22 behaupten die Beklagten zu 3) bis 6) -
insoweit abweichend vom Vortrag der Beklagten zu 1), 2) und 9) -, dass die Konsole
wegen eines Durchlasses für die Baustromversorgungsleitungen nicht habe betoniert
werden können. Der Baustrom sei aber Sache der Klägerin. Eines Hinweises durch die
Bauleitung habe es nicht bedurft, da auch dieser Bereich in Vorbereitung der Abnahme
mit Vertretern der Klägerin begangen worden sei und ihr der Zustand der Konsole daher
bekannt gewesen sei.
217
Die Beklagten zu 3) bis 6) behaupten ferner, die Spundwandlücke in der Achse 42/K-L
sei der Klägerin ebenfalls bekannt gewesen. Die ARGE F habe die Spundwand zur
Ausführung der Arbeiten entfernen müssen. Es beruhe auf mangelhafter Planung der
Klägerin, dass der temporäre Hochwasserschutz durch die Spundwand zur Ausführung
von Bauleistungen entfernt werden musste, bevor der endgültige Hochwasserschutz
fertiggestellt war.
218
Auch die Spundwandlücke in der Achse 50/M-N habe die Klägerin gekannt. Nach
Anordnung des Baustopps im SO-Bereich sei der Klägerin eine Fotodokumentation des
Bautenstandes überreicht worden, aus der sich diese Lücke ergeben habe. Für
eventuelle Fehler bei der Anordnung der Notmaßnahmen sei die ABE nicht
verantwortlich, da die Beklagten zu 3) bis 6) zur Planung von Notmaßnahmen nicht
verpflichtet seien, dies fiele allein in den Verantwortungsbereich der Klägerin.
219
Die Beklagten zu 3) bis 6) bestreiten ebenfalls die Kausalität der Konsolfehlstellen und
Spundwandlücken für die eingetretenen Schäden. Der wesentliche Schaden sei
eingetreten, weil die Wasserhaltung im Schlitzwandtopf nicht funktioniert habe und die
Pumpen, deren Stromversorgung nicht hochwassersicher gewesen sei, ausgefallen
seien. Zudem sei der temporäre Hochwasserschutz ohnehin nicht ausreichend
gewesen, insbesondere die Spundwand zu niedrig. Schon nach der Konzeption der
Klägerin sei darüber hinaus ein durchgehender Hochwasserschutz während der Bauzeit
nicht gewährleistet gewesen, da die Spundwand zur Herstellung des endgültigen
Hochwasserschutzes habe abschnittsweise entfernt werden müssen.
220
Die Beklagten zu 3) bis 6) sind darüber hinaus der Auffassung, dass ihnen
Versäumnisse bei der Objektüberwachung nicht vorgeworfen werden könnten. Sie
221
seien lediglich verpflichtet gewesen, die Umsetzung der freigegebenen
Ausführungspläne zu überwachen. Die Gesamtsteuerung der Baumaßnahme sei bei
der Klägerin bzw. der C2 verblieben. Die Klägerin sei für die Zeitplanung und die
Vorlage der Pläne verantwortlich gewesen, ebenso für den Schutz des Bauwerks vor
Hochwasser. Da der Klägerin die Fehlstellen der Konsole und der Spundwand bekannt
gewesen seien, liege auch keine Verletzung der Hinweispflicht vor.
Schließlich vertreten die Beklagten zu 3) bis 6) die Ansicht, dass eine eventuelle
Haftung zumindest wegen überwiegenden Mitverschuldens bzw.
Obliegenheitsverletzung (§ 242 BGB) seitens der Klägerin ausgeschlossen sei. Die
Klägerin habe durch ihre mangelhafte Hochwasserplanung eine überflüssige
Gefahrenlage geschaffen; auf diese Gefahrenlage habe sie die übrigen Baubeteiligten
nicht hingewiesen. Darüber hinaus habe sie die Umsetzung ihres Konzeptes nicht
ausreichend kontrolliert und - obwohl sie die Fehlstellen der Konsole und der
Spundwand gekannt habe oder zumindest habe erkennen müssen - keine Maßnahmen
ergriffen, um das Bauwerk zu schützen.
222
Zuletzt berufen sich die Beklagten zu 3) bis 6) darauf, dass die Klägerin von ihnen
lediglich den Abschluss einer Haftpflichtversicherung bis zu einer Versicherungssumme
von 300.000 DM verlangt habe. Auch aus diesem Grund sei die jetzige
Schadensersatzforderung in Millionenhöhe treuwidrig.
223
IX. Vorbringen der Beklagten zu 7) und 8)
224
Die Beklagten zu 7) und 8) sind der Ansicht, ihnen könne eine mangelhafte
Objektüberwachung nicht vorgeworfen werden. Die zivilrechtliche Objektüberwachung
im Sinne einer Fachbauleitung sei ihnen nicht übertragen worden, vielmehr umfasse die
Leistungsbeschreibung in § 3, Ziff. 3.5 lediglich die einem Prüfingenieur obliegende
Bauüberwachung im öffentlich-rechtlichen Sinne. Dies ergebe sich schon aus dem
Wortlaut der Klausel sowie dem Umstand, dass die Klausel dem RBBau-Vertragsmuster
"Prüfung der Tragwerksplanung Anh. 12/1", dort Ziff. 3.1.3 entnommen worden sei.
Weder sei die Übertragung weitergehender Pflichten aus der zivilrechtlichen
Objektüberwachung gewollt gewesen noch hätten die Beklagten zu 7) und 8)
weitergehende Leistungen übernommen. Das ergebe sich auch aus dem auf diese
Leistung entfallenden Honorar, welches lediglich die öffentlich-rechtliche Prüftätigkeit,
nicht aber die weitergehende zivilrechtliche Objektüberwachung abdecke. Auch den
Überwachungsprotokollen lasse sich eine weitergehende Tätigkeit der Beklagten zu 7)
und 8) nicht entnehmen. Diese seien nach den jeweiligen Merkblättern der
Prüfingenieure vorgenommen worden und beinhalteten nicht mehr als dort vorgesehen.
225
Sie hätten daher lediglich stichprobenartig die verwendete Ausführung und die
verwendeten Materialien überprüfen müssen. Hierbei hätten sich Beanstandungen nicht
ergeben.
226
Auch Planungsfehler könnten ihnen nicht zur Last gelegt werden. Die Planung und die
Auftriebsberechnungen seien fehlerfrei; wäre das Hochwasserschutzkonzept von den
Baubeteiligten ordnungsgemäß umgesetzt worden, wären die Schäden nicht
eingetreten. Den ausführenden Firmen sei das Hochwasserschutzkonzept bekannt
gewesen. Der Zeuge I4 habe den Vertretern der Beklagten zu 1) und 2) den
Hochwasserschutz detailliert erläutert. Insbesondere seien sowohl der Klägerin als auch
den Beklagten zu 1) und 2) der Zusammenhang zwischen Spundwand und Konsole und
227
die Bedeutung der Konsole für die Wasserhaltung im Schlitzwandtopf sowohl während
der Bauzeit als auch im Endzustand des Gebäudes bekannt gewesen.
X. Vorbringen der Beklagten zu 9)
228
Die Beklagte zu 9) rügt vorab die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
Sie ist der Ansicht, die Zuständigkeit ergebe sich nicht aus Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ, da es an
der erforderlichen Konnexität fehle. Da lediglich der Beklagte zu 5) seinen Wohnsitz im
Landgerichtsbezirk C habe, sei für die Konnexität lediglich auf das Verhältnis zwischen
der Beklagten zu 9) und dem Beklagten zu 5) abzustellen. In diesem Verhältnis bestehe
aber unter keinem Gesichtspunkt ein Zusammenhang.
229
Auch eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ unter dem Gesichtspunkt des
Erfüllungsortes sei nicht gegeben. Denn auf die Garantieerklärungen sei deutsches
Bürgschaftsrecht anwendbar. Nach deutschem Recht sei Erfüllungsort der Bürgschaft
der Sitz des Bürgen. Hilfsweise - für den Fall, dass niederländisches Bürgschaftsrecht
Anwendung finde - erhebt sie die Einrede der Vorausklage.
230
Im übrigen schließt sich die Beklagte zu 9) dem Vorbringen der Beklagten zu 1) und 2)
an.
231
XI. Schadenshöhe
232
Schließlich bestreiten alle Beklagten die Schadenshöhe. Insoweit wird auf die
Schriftsätze der Beklagten zu 1), 2) und 9) vom 22.7.1998 (Bl. 688 ff d.A.) und vom
28.12.1998 (Bl. 870 ff d.A.), Bl. 34 bis 57 der Klageerwiderung der Beklagten zu 3) bis 6)
vom 13.2.1998 (Bl. 545 ff d.A.) sowie Bl. 9 des Schriftsatzes der Beklagten zu 7) und 8)
vom 25.1.1999 (Bl. 1067 d.A.) verwiesen.
233
Die Beklagten zu 3) bis 6) berufen sich zudem auf die Haftungsbeschränkung in § 9 der
Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB). Nach Ziff. 9.2. sind bei schuldhafter
Pflichtverletzung lediglich die vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Schäden
sowie die Schäden an der baulichen Anlage in voller Höhe zu ersetzen; im übrigen ist
die Haftung auf die im Vertrag vereinbarte Deckungssumme der Haftpflichtversicherung
- mithin 300.000 DM - beschränkt.
234
XII. Prozessgeschichte
235
Bereits im Januar 1994 haben sowohl die Beklagten zu 1) und 2) als auch die Klägerin
ein selbständiges Beweisverfahren zur Klärung der Ursachen der Schäden und der
Schadenshöhe eingeleitet. Die Verfahren wurden zu dem selbständigen
Beweisverfahren 1 OH 2/94 verbunden.
236
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen y, W, S, X2, S3, L5, u,
U, L, L4, T5, I6, L3, I3, D, Dr. O, I4 und L2.
237
Die Kammer hat ferner Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten der
Sachverständigen Prof. Dr. X3 und Prof. Dr. H im selbständigen Beweisverfahren 1 OH
2/94 und Anhörung der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung sowie -
gegenüber der nicht am selbständigen Beweisverfahren beteiligten Beklagten zu 9) -
durch Verwertung der Gutachten der Sachverständigen im selbständigen
238
Beweisverfahren 1 OH 2/94 im Wege des Urkundsbeweises.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen
vom 10.6., 12.8., 13.8, 29.11., 30.11., 2.12. 6.12., 7.12. und 22.12.1999 sowie das
schriftliche Gutachten der Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren zur
Schadensursache vom 28.9.1994, die beiden Ergänzungsgutachten vom 31.3.1998 und
vom 9.7.1999 sowie die schriftliche Stellungnahme vom 16.12.1999 (Bl. 2004 ff d.A.)
verwiesen.
239
Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens 1 OH 2/94 lagen vor und waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
240
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen
Bezug genommen.
241
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
242
Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2)
243
Die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) in der Form der Arbeitsgemeinschaft
Rohbau Teil A (ARGE A) ist dem Grunde nach begründet, gegen die Beklagten zu 1)
und 2) in Gestalt der Arbeitsgemeinschaft Rohbau Teil B (ARGE B) und
Arbeitsgemeinschaft Rohbau Teil F (ARGE F) dagegen unbegründet.
244
A. Haftung der Beklagten zu 1) und 2) als ARGE A
245
Die Beklagten zu 1) und 2) haften als ARGE A gem. § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B der
Klägerin gegenüber dem Grunde nach für die Schäden, die dadurch eingetreten sind,
dass Hochwasser an der Achse 42/L-Q in den Schlitzwandtopf eingedrungen ist und
den Auftrieb des Hauptbaus verursacht hat.
246
I. Mangel
247
Die Leistung der ARGE A war mangelhaft, da die ARGE A die in ihrem Auftrag
enthaltene Konsole mit Fugenband im Bereich der Achse 42/L-Q nicht ausgeführt hat.
248
1. Das Fehlen der Konsole stellt einen
Mangel
249
Eine Werkleistung ist mangelhaft, wenn das Bauwerk mit Fehlern behaftet ist, die den
Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag
vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.
250
1.1. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1), 2) und 9) ist das Fehlen der Konsole
nicht lediglich als eine nicht ausgeführte Teilleistung zu behandeln, auf die nicht die
Gewährleistungsvorschriften, sondern die Regeln über Verzug anzuwenden wären.
251
Eine nicht ausgeführte Teilleistung liegt schon deshalb nicht vor, weil es sich bei der
Konsole nicht um einen selbständigen Bauteil handelt, sondern einen unselbständigen
Teil der aufgehenden Bauwerkswand. Ursprünglich musste die Konsole in einem Zug
mit der Außenwand errichtet werden. Erst dadurch, dass die Beklagten zu 1) und 2)
252
mit der Außenwand errichtet werden. Erst dadurch, dass die Beklagten zu 1) und 2)
anstelle der in der Planung vorgesehenen konventionellen Bewehrung Comax-
Anschlüsse eingebaut haben, wurde es technisch möglich, die Konsole später als die
Außenwand zu errichten. Hierdurch wurde die Konsole aber vertraglich und rechtlich
nicht zu einem selbständigen Bauteil. Da die Außenwand und die Konsole im übrigen
fertiggestellt waren, liegt insgesamt nicht eine Teilleistung, sondern eine mangelhafte
Leistung vor.
Zudem steht der Annahme einer Teilleistung die Abnahme entgegen. Diese führt dazu,
dass das Erfüllungsstadium endet und die Leistungspflicht sich nun auf das hergestellte
Werk konzentriert.
253
1.2. Vielmehr stellt das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q einen Fehler
dar, der die Gebrauchstauglichkeit der Leistung der ARGE A nicht unerheblich mindert.
Zur Gebrauchstauglichkeit eines Rohbaus in hochwassergefährdeter Lage (hier die
Nähe zum Rhein) gehört die Hochwassersicherheit, da der Unternehmer ein dauerhaft
mangelfreies, zweckgerechtes Werk schuldet (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl.,
Rdnr. 1456). Dabei ist unerheblich, ob im Dezember 1992 aufgrund des damaligen
Bautenstandes bereits eine Auftriebsgefahr bestand oder sich Hochwasser in dieser
Zeit ankündigte.
254
Die Konsole mit Fugenband hatte objektiv und nach der Planung der Klägerin die
Funktion, nach dem Abbruch der Spundwand (des temporären Hochwasserschutzes)
die Fuge zwischen Schlitzwand und wasserdichter Bauwerksaußenwand abzudichten
und so den Schlitzwandtopf vor eindringendem Hochwasser zu schützen. Die Konsole
musste daher möglichst kurzfristig nach Entfernen der den temporären
Hochwasserschutz bildenden Spundwand errichtet werden, um eine - in zeitlicher
Hinsicht - lückenlose Hochwassersicherheit zu gewährleisten.
255
Die Sachverständigen haben hierzu im Termin vom 7.12.1999 erklärt, dass sie das
Hochwasserkonzept so verstanden haben, dass die Spundwand den temporären
Hochwasserschutz darstelle und die Konsole mit Fugenband den endgültigen
Hochwasserschutz des Schlitzwandtopfes. Dies ist auch nachvollziehbar. Insbesondere
ergibt sich aus der Baubeschreibung und den Wasserhaltungsmaßnahmen, dass allen
Beteiligten (C2, ABE, ARGE A und B sowie den Beklagten zu 7) und 8)) bekannt war,
dass der Wasserstand im Schlitzwandtopf zur Vermeidung einer Auftriebsgefahr nicht
über 47 m NN steigen durfte und dass hierzu Wasserhaltungsmaßnahmen erforderlich
waren. Hieraus ergibt sich aber auch die Notwendigkeit zu verhindern, dass
Hochwasser in den Schlitzwandtopf (auch von oben) eindringen kann. Dies ist um so
offensichtlicher, als auch bei Bestehen des temporären Hochwasserschutzes und in
hochwasserfreien Zeiten die Wasserhaltung (d.h. das Abführen planmäßig in den
Schlitzwandtopf eindringenden Wassers mittels Pumpen) erforderlich war. Wie sich aus
der Baubeschreibung im Leistungsverzeichnis der ARGE B (Technische
Vorbemerkungen zur Position 4.3. "Wasserhaltung während der Bauzeit", S. 117 des
Leistungsverzeichnisses, Anl. B 3) ergibt, waren die Pumpen von ihrer Kapazität her
lediglich auf das Abführen des in hochwasserfreien Zeiten durch die Schlitzwand
eindringenden Wassers ausgelegt. Dort heißt es:
256
"Nach Bodengutachten ist mit einem nur geringen Wasseranfall aus Sicker-, Leck-
und Tageswasser für die Wasserhaltung zu rechnen.
257
Die Bemessung der Pumpen erfolgt für diese Wassermengen."
258
Die Pumpen konnten daher zusätzliches Hochwasser nicht bewältigen. Aus technischer
Sicht konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass ohne Fugenband und
Konsole kein (Hoch)Wasser durch die Fuge zwischen Schlitzwand und Bauwerk in den
Schlitzwandtopf eindringen konnte. Es gab keine kraftschlüssige Verbindung zwischen
Schlitzwand bzw. Vorsatzschale und Gebäudewand; durch die Enkadrainmatten konnte
Wasser - in welcher Menge auch immer - eindringen. Schließlich war - wie die
Sachverständigen überzeugend ausgeführt haben und im Rahmen der Kausalität im
einzelnen dargelegt wird - auch mit einer Schwindfuge zu rechnen und diese auch zum
Zeitpunkt des Schadensfalles vorhanden.
259
Es steht auch fest, dass die Konsole planerisch und nach der Vorstellung der Klägerin
dem Hochwasserschutz, d.h. der Abdichtung der Fuge zwischen Schlitzwand und
Außenwand diente, auch wenn diese Funktion der Konsole aus den
Ausführungsplänen
260
Dass dies so geplant war und zumindest von der Klägerin, den Beklagten zu 3) bis 6)
und den Beklagten zu 7) und 8) auch so verstanden wurde, haben die Vertreter der C2,
der ABE und der Statiker im Termin erklärt, nämlich für die C2 die Zeugen U und S, für
die ABE der Beklagte zu 3) und der Zeuge y und für die Beklagten zu 7) und 8) neben
deren Sachvortrag der Zeuge I4. Dieser hat ausdrücklich bekundet, dass die Konsole
planerisch dem Hochwasserschutz diente. Diese Funktion der Konsole ergibt sich
zudem ausdrücklich aus den von der Klägerin im selbständigen Beweisverfahren mit
Schriftsatz vom 25.1.1994 vorgelegten Unterlagen betreffend die ARGE L6, die die
Schlitzwand gebaut hat. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass ursprünglich geplant
war, nach dem Rückbau der Spundwand den Schlitzwandkopf zu erneuern und erst
hierbei das Fugenband einzubauen. Die C2 entschied dann, das Fugenband bereits in
den ursprünglichen Schlitzwandkopf einzubauen; hierdurch wurden die Kosten für den
Abriss und die Neuherstellung des Schlitzwandkopfes erspart. Möglich wurde diese
Änderung, weil aufgrund des seinerzeitigen Planungsstands die endgültige Lage des
Fugenbandes und des Schlitzwandkopfes bereits feststand. In einem Vermerk des
Zeugen S vom 18.6.1990 zu dem entsprechenden Nachtragsangebot der ARGE L6
(Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.1.1994 im selbständigen Beweisverfahren
1 OH 2/94) ist die hochwasserschützende Funktion von Konsole und Fugenband
ausdrücklich beschrieben. In diesem Vermerk heißt es:
261
"Die Baugrubenumschließung für o.g. Bauvorhaben wird aus
wasserundurchlässigen Schlitzwänden (SW) hergestellt.
262
Aufgrund der Nähe zum Rhein ist die gesamte Baugrube hochwassersicher
auszuführen. (HHW: 53,35 m.ü.NN).
263
Diese Absicherung wird durch die SW selbst bzw. durch eingestellte Spundwände
erzielt, die den Bereich zwischen Oberkante SW und höchster Hochwassermarke
abdecken.
264
Zum Zeitpunkt der Ausschreibung sowie der Beauftragung war planerisch
folgendes vorgesehen:
265
1) Herstellen eines Kopfbalkens auf der SW zur Aufnahme der Spundwand
(Leistung Arge L6)
266
2) Im Zuge der weiteren Rohbauarbeiten, Abbruch des Kopfbalkens einschl.
Spundwand
267
3) Aufbetonieren eines neuen Kopfbalkens mit eingelegtem Fugenband zur
Dichtung der Fuge zwischen SW und späterem Gebäude
268
Punkt 2) und 3) waren als Leistung des nachfolgenden Rohbauunternehmers
vorgesehen.
269
Optimierungsgedanken auf Grundlage einer inzwischen fortgeschrittenen Planung
-Höhenlage des endgültigen Kopfbalkens und Lage des Fugenbandes stehen fest-
führten zu der Überlegung, auf den Rückbau des Kopfbalkens zu verzichten und in
einem Arbeitsschritt Spundwand und Fugenband einzubauen. Später muss
lediglich die Spundwand an der Oberkante des Kopfbalkens abgetrennt werden."
270
Entsprechend wurde die ARGE A auch mit der Überprüfung einschließlich
Dichtigkeitsprüfung der von der ARGE L6 bereits in den Schlitzwandkopf einbetonierten
Fugenbänder beauftragt; die Leistung ist in Titel 7.6. (z.B. Positionen 7.6.1. und 7.6.2.)
des Leistungsverzeichnisses der ARGE A (Anl. B 1) enthalten.
271
Demgegenüber ergibt sich aus der Beschreibung der Position 3.1.6.1. im
Leistungsverzeichnis der ARGE B (dort. S. 96, Anl. B 3) nicht, dass die Konsole nicht
dem Hochwasserschutz dienen sollte. Nach dieser Position soll die Spundwand "nach
erfolgter bauseitiger Hochwassersicherung aus Rohbaufortschritt" abgebaut werden.
Die Konsole kann aber wiederum erst nach Entfernen der auf der Schlitzwand
einbetonierten Spundwand gebaut werden. Es lässt sich aber nicht aus einer -
möglicherweise fehlerhaft formulierten - Beschreibung einer Leistungsposition auf ein
bestimmtes Hochwasserschutzkonzept (oder das Fehlen eines solchen Konzeptes)
schließen.
272
2. Das Fehlen der Konsole bedeutet auch einen Mangel in der Leistung der ARGE A, da
die Herstellung der Konsole zum Leistungsumfang der ARGE A gehörte.
273
Unstreitig waren die Herstellung der Konsole und der Anschluss der Konsole an das im
Schlitzwandkopf einbetonierte Fugenband im Bereich der Achse 42 ursprünglich im
Leistungsverzeichnis und Auftrag der ARGE A enthalten. Die Konsole im Bereich F/G
bis R war unstreitig bereits im ursprünglichen Auftrag enthalten, mit der Konsole im
Bereich A-F/G wurde die ARGE A jedenfalls im Zusammenhang mit dem MT-Geschoss
im Frühjahr 1992 beauftragt.
274
Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q
einvernehmlich nachträglich aus dem Auftrag der ARGE A herausgenommen worden
ist.
275
2.1. Die
Beweislast
42 in eine andere Vergabeeinheit liegt bei den Beklagten zu 1) und 2). Dem steht nicht
entgegen, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels nach Abnahme
grundsätzlich beim Auftraggeber liegt. Denn der objektive Mangel steht fest. Wie oben
dargelegt, war es objektiv fehlerhaft, nach Entfernung der Spundwand die Konsole nicht
unverzüglich zu errichten. Es steht auch fest, dass die Herstellung der Konsole
276
ursprünglich zur Leistung der ARGE A gehörte. Dies ist zwischen den Parteien
unstreitig. Soweit die Beklagten zu 1) und 2) sich demgegenüber auf eine nachträgliche
Leistungs- und damit Vertragsänderung berufen, tragen sie nach allgemeinen
Grundsätzen hierfür die Beweislast.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat grundsätzlich derjenige, der an
einen bestimmten Sachverhalt eine für ihn günstige Rechtsfolge anknüpft, dessen
tatsächliche Voraussetzungen zu beweisen (vgl. u.a. BGH BauR 1995, 92; BGHZ 113,
222 , 225; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl. vor § 284 Rdnr. 17). Die Beweislast für eine
streitige Vertragsänderung trifft damit denjenigen, der aus ihr Rechte herleiten will
(Palandt-Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 305 Rdnr. 5; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9.
Aufl., Rdnr. 2692; BGH BauR 1995, 92 m.w.Nachw.). Eine solche Verteidigung zielt
darauf ab, der auf einen unstreitigen Sachverhalt gestützten Rechtsbehauptung des
Prozessgegners die Grundlage zu entziehen, indem geltend gemacht wird, die
ursprünglichen, diese Angaben tragenden Regelungen seien durch eine spätere
Gestaltung abgelöst worden, mit der Folge, dass derjenige, der diese Änderung zu
seinen Gunsten nutzbar machen will, für ihre tatsächlichen Voraussetzungen die
Beweislast trägt.
277
2.2. Beweiswürdigung
278
Die Beklagten zu 1), 2) und 9) haben den ihnen obliegenden Beweis für die behauptete
Vereinbarung zwischen der ARGE A und der Klägerin, die Herstellung der Konsole im
Bereich der Achse 42/L-Q aus dem Auftrag der ARGE A herauszunehmen und auf einen
späteren Zeitpunkt und in ein anderes Vergabelos zu verschieben, nicht geführt.
279
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass
eine entsprechende Vereinbarung mit der Klägerin getroffen worden ist.
280
2.2.1. Urkunden
281
Die von den Beklagten zu 1) bis 6) und 9) behauptete Vereinbarung mit der Klägerin
(C2), wonach die Konsole im Bereich der Achse 42 aus der Leistung der ARGE A
herausgenommen und von einer späteren Vergabeeinheit hergestellt werden soll, ist
weder schriftlich getroffen worden noch urkundlich belegt.
282
(1)
283
Eine schriftliche Vertragsänderung über die - ursprünglich (im Bereich F/G-Q) bzw.
später (im Bereich B-F/G im Zusammenhang mit der Beauftragung mit der MT-
Geschoss, vgl. den Vortrag der Beklagten zu 1), 2) und 9), Rdnr. 74, 75 und 856))
unstreitig im Leistungsverzeichnis und Auftrag der ARGE A enthaltene - Konsole im
Bereich der Achse 42 gibt es nicht.
284
Die Teil-Abnahmebescheinigung vom 26.1.1993 i.V.m. dem Aktenvermerk der ABE vom
10.12.1992 (Anl. B 72) enthält keine
Vereinbarung
Soweit in der Abnahmebescheinigung bestätigt wird, dass - bis auf einige hier nicht
interessierende Restleistungen - alle Leistungen der ARGE A erbracht sind, begründet
dies keine selbständige Vereinbarung über die Herausnahme der - zum Zeitpunkt der
Abnahme nicht fertiggestellen - Konsole im Bereich der Achse 42 aus der Leistung der
ARGE A. Ein solcher Erklärungswert kann einer Abnahmeerklärung nicht beigemessen
285
werden. Die Abnahme enthält lediglich die Erklärung, dass die erbrachte Leistung
entgegengenommen und als im wesentlichen vertragsgerecht gebilligt wird
(Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdnr. 1341), sie ändert aber nicht den
vertraglichen Leistungsumfang. Das folgt schon daraus, dass selbst eine vorbehaltlose
Abnahme in Kenntnis eines Mangels nicht dazu führt, dass die mangelhafte Leistung
vertragsgerecht wird. Der Auftraggeber verliert zwar den Anspruch auf Nachbesserung,
Schadensersatzansprüche bleiben aber bestehen. Ein weitergehender Inhalt der
Abnahmeerklärung ergibt sich auch nicht aus der Formulierung: "Die ABE stellt fest,
dass die zur Abnahme anstehende Leistung erbracht ist" in dem zur Abnahme
gehörenden Protokoll vom 10.12.1992. Es handelt sich um einen formularmäßigen
Vermerk, der sich in dieser oder ähnlicher Form auch in den anderen
Abnahmebescheinigungen findet, die die Parteien vorgelegt haben (z.B. Aktenvermerke
vom 20.11.1992, Anl. B 70, 31.3.1993, Anl. B 73, und 16.12.1993, Anl. B 74), so dass
auch dieser Formulierung kein über die Tatsache der Abnahme hinausgehender
Erklärungsinhalt beigemessen werden kann.
Die Herausnahme der Konsole aus dem Leistungsumfang der ARGE A ist auch nicht
schriftlich
dokumentiert
286
Die Teil-Abnahmebescheinigung vom 26.1.1993 i.V.m. dem Aktenvermerk der ABE vom
10.12.1992 (Anl. B 72) enthält auch keine Dokumentation einer im Vorfeld der Abnahme
getroffenen mündlichen Vereinbarung. Weder der Aktenvermerk noch die
Abnahmebescheinigung erwähnen die Konsole. Die Feststellung der ABE, dass alle zur
Abnahme anstehenden Leistungen erbracht sind, ist noch nicht einmal ein Indiz für die
Kenntnis der Klägerin (C2) davon, dass die Konsole noch nicht erstellt ist, da er nicht
von den Zeugen U oder S, sondern vom Beklagten zu 3) stammt. Unabhängig davon hat
er nur den Erklärungsinhalt, dass die Klägerin bzw. die ABE davon ausgingen, es seien
alle Leistungen der ARGE A (mit Ausnahme der gesondert aufgeführten Restleistungen,
zu denen die Konsole nicht gehörte) ausgeführt. Der Formulierung lässt sich aber nicht
entnehmen, ob die Klägerin davon ausging, dass die Konsole nicht zur Abnahme
anstand (weil aus der Leistung der ARGE A einvernehmlich herausgenommen) oder ob
sie glaubte, die Konsole sei fertiggestellt.
287
Dem Vermerk kommt allenfalls insoweit indizielle Bedeutung für die
Herausnahmevereinbarung zu, als sowohl der Beklagte zu 3) als auch der Zeuge y
erklärt haben, ihnen sei das Fehlen der Konsole bei der Abnahme bekannt gewesen.
Wenn dies zutrifft und die ABE dennoch erklärt, dass alle zur Abnahme anstehenden
Leistungen erbracht sind, spricht dies dafür, dass zumindest der Beklagte zu 3) und der
Zeuge y davon ausgegangen sind, dass diese Leistung nicht (mehr) von der ARGE A zu
erbringen ist. Denkbar ist allerdings auch, dass entweder auch die ABE - entgegen den
Angaben des Zeugen y und des Beklagten zu 3) im Prozess - davon ausging, dass die
Konsole erstellt ist oder dass der Beklagte zu 3) bzw. der Zeuge y bei diesem Vermerk
(der sich, wie bereits gesagt, in allen Abnahmeprotokollen befindet) an die nicht
ausgeführte Konsole im Bereich der Achse 42 nicht gedacht haben (zumal der Beklagte
zu 3) erklärt hat, dass er über das Einverständnis der C2 mit der Herausnahme der
Konsole aus der Leistung der ARGE A möglicherweise erst nach der Abnahme
informiert worden sei).
288
(2)
289
Die Beklagten haben auch keine internen Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine
290
Vereinbarung über die Konsole im Bereich der Achse 42 unmittelbar ergibt. Weder die
Zeugen W, u und y, noch der Beklagte zu 3) haben nach ihren Angaben einen Vermerk
über die Herausnahmevereinbarung angefertigt. Der Zeuge u hat bekundet, dass ein
solcher Vermerk in den Unterlagen der Beklagten zu 1) nicht aufgefunden worden sei.
(3)
291
Schließlich enthält auch der Vermerk vom 27.4.1992 auf der 14. Abschlagsrechnung
"spätere Ausführung" betreffend die Schalung der Konsole im Bereich 42/A-G (Anlage
zum Protokoll vom 29.11.1999, Bl. 1757 d.A.) keine Dokumentation der
einvernehmlichen Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A. Das ergibt
sich schon daraus, dass dieser Vermerk ca. 6 Monate vor der angeblichen Vereinbarung
erstellt wurde. Auch spricht die Formulierung "spätere Ausführung" gerade nicht dafür,
dass die Leistung von der ARGE A gar nicht mehr ausgeführt und in eine andere
Vergabeeinheit übertragen werden sollte. Der Vermerk betrifft im übrigen nicht den hier
kritischen Bereich in der Achse 42/L-Q, sondern den Bereich A-G. Dies ergibt sich aus
der Plannummer der betreffenden Position (Plan U 1 38-42/A-G) und der Aussage des
Zeugen L3 (Protokoll vom 29.11.1999 Bl. 6, Bl. 1765 d.A.). Schließlich gab es -
zumindest aus Sicht der Beklagten - zu diesem Zeitpunkt noch keinen Anlass, davon
auszugehen, dass die Konsole nicht bis zur Beendigung der Arbeiten der ARGE A
ausgeführt werden könnte.
292
Dem Vermerk "spätere Ausführung" lässt sich noch nicht einmal entnehmen, dass die
Konsole nicht mehr gleichzeitig oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der
Außenwand errichtet werden soll, da zum Zeitpunkt dieses Vermerks - im April 1992 -
die Außenwand im Bereich der Achse 42 noch nicht errichtet war. Es handelt sich hier
lediglich um eine reine Abrechungsfrage, der Vermerk lässt aber keine Rückschlüsse
auf die Frage zu, welcher Unternehmer die Arbeiten erbringen sollte.
293
(4)
294
Soweit die Beklagten Pläne und Notizen von und für die ARGE F vorgelegt haben, aus
denen sich ergeben soll, dass die Konsole im Bereich der Achse 42 insgesamt (und
nicht nur im Bereich A/B) nicht ausgeführt war, vermögen diese allenfalls die Kenntnis
der Klägerin oder der Beklagten zu 3) bis 8) in 1993 vom Fehlen der Konsole zu
belegen, nicht aber das behauptete Einverständnis mit der Herausnahme der Leistung
aus der Vergabeeinheit A. Zudem haben die Beklagten auch keine Unterlagen
vorgelegt, die sich ausdrücklich auf den Bereich der Achse 42/L-Q beziehen.
295
2.2.2. Indizien
296
Die behauptete Vereinbarung über die Herausnahme der Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q ist auch nicht durch feststehende Indizien bewiesen. Vielmehr sprechen auch
erhebliche Indizien gegen eine solche Herausnahmevereinbarung.
297
(1) Planungs- und Bautenstand
298
Der Planungs- und Bautenstand Ende 1992 spricht nicht zwingend für die
Herausnahmevereinbarung.
299
(1.1.) Die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q hätte bautechnisch kurzfristig erstellt
300
werden können; es fehlten keine Vorleistungen. Der Schlitzwandkopf war in diesem
Bereich (anders als im Bereich der Achse 42/A-J/K) vorhanden, ebenso das
Fugenband. Die entsprechenden Schalungs- und Bewehrungspläne lagen ebenfalls
vor. Auch wenn möglicherweise die Bewehrungspläne im Hinblick auf den Einbau der
Comax-Anschlüsse hätten geändert werden müssen, hätte dies zu keiner wesentlichen
Verzögerung führen müssen. Die Anpassung der Bewehrungspläne an die abweichend
von der ursprünglichen Planung eingebauten Comax-Anschlüsse hätte - soweit sie
überhaupt erforderlich gewesen ist - kurzfristig erfolgen können. Der Sachverständige
Prof. H hat hierzu im Termin vom 10.6.1999 ausgeführt, dass der Einbau von Comax-
Anschlüssen anstelle eines direkten Anschlusses grundsätzlich neue Bewehrungspläne
und eine neue Stahlliste notwendig mache. Dies erfordere aber nur einen geringen
Aufwand und könne in einem halben Tag bewerkstelligt werden. Es wäre auch möglich
gewesen, auf der Baustelle in den ursprünglichen Bewehrungsplan die Änderungen
einzuzeichnen oder dem Polier Anweisungen zu erteilen. Schließlich hätte die ARGE A,
wenn sie dies für erforderlich gehalten hätte, auch per Fax beim Statiker den Anschluss
der Bewehrung an die Comax-Anschlüsse nachfragen können, wie dies die ARGE F im
November 1993 hinsichtlich der Bewehrung im Bereich des Tunnels (Achse 42/J-L)
gemacht hat (Anl. B 88 und B 89).
Dass die geänderte Bewehrungsplanung kein wesentliches Hindernis für die Erstellung
der Konsole darstellte, zeigt schon der Umstand, dass die Bewehrung tatsächlich
vorhanden war (wenn auch möglicherweise erst in 1993), ohne dass die Pläne geändert
wurden. Möglicherweise war die Bewehrung im Bereich der Comax-Anschlüsse nicht
vollständig, die Beklagten tragen indes nicht vor, dass hier noch größere Änderungen
oder Nacharbeiten erforderlich gewesen wären.
301
Auch der Beklagte zu 3), der die Herausnahmevereinbarung bestätigt hat, hat im Termin
erklärt, dass er davon ausgegangen sei, dass die Konsole kurzfristig erstellt werden
würde (wenn auch von der ARGE F).
302
Aus technischer Sicht war damit die Herausnahme der Konsole aus der Leistung der
ARGE A im Bereich der Achse 42/L-Q nicht erforderlich; soweit die Bewehrungspläne
geändert werden mussten, hätte diese Änderung kurzfristig erfolgen können.
303
Dementsprechend haben auch die Sachverständigen in ihrem 1. Teilgutachten vom
28.9.1994 festgestellt, dass aus bautechnischer Sicht keine Gründe für das Fehlen der
Konsole erkennbar sind (S. 10/5, 10/12 des Gutachtens).
304
(1.2.) Aus der Errichtung der Bewehrung im Bereich der Achse 42/L-Q lassen sich keine
Rückschlüsse auf die behauptete Herausnahmevereinbarung ziehen. Das
Vorhandensein der Bewehrung zum Zeitpunkt der Hochwassers spricht sogar eher
gegen die behauptete Herausnahmevereinbarung.
305
Die Herstellung der Bewehrung - wann und für welche ARGE auch immer - zeigt, dass
der fehlende Bewehrungsplan kein erhebliches Hindernis für die Errichtung der Konsole
in diesem Bereich war. Denn die Bewehrung wurde - zumindest weitgehend - ohne
geänderte Bewehrungspläne erstellt. Auch wenn die Firma B die Bewehrung erst im
Frühjahr 1993 und für die ARGE F angebracht haben sollte, standen ihr hierfür keine
anderen Pläne zur Verfügung als sie der ARGE A schon im Herbst 1992 vorlagen.
Nachfragen der Firma B oder der Argen A und F zum Anschluss der Bewehrung an die
Statiker, die ABE oder die Klägerin gab es unstreitig nicht.
306
Wenn die Bewehrung - wie die Klägerin behauptet - bereits vor der Abnahme des
Hauptbaus von der ARGE A hergestellt wurde, wäre dies ein starkes Indiz gegen die
behauptete Herausnahmevereinbarung. In der Beweisaufnahme ließ sich aber letztlich
nicht klären, wann die Bewehrung angebracht wurde. Die Zeugen u und L5 haben zwar
bekundet, die Firma B habe die Bewehrung erst im Frühjahr 1993 angebracht, auch
hierfür fehlen aber jegliche Belege. Die Beklagten zu 1), 2) und 9) haben weder die
Abrechnung der Firma B vorgelegt noch den Zeugen M2 hierzu benannt. Der Zeuge u
hat erklärt, dass die Firma B die Bewehrung nicht gegenüber der ARGE A abgerechnet
habe, er konnte aber nicht angeben, ob sie die Bewehrung gegenüber der ARGE F
abgerechnet hat (Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 36, Bl. 1505 d.A.). Es konnte noch nicht
einmal geklärt werden, wer die Anbringung der Bewehrung angeordnet hat. Die Zeugen
u (Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 37, Bl. 1506 d.A.) und L5 (Protokoll vom 12.8.1999, Bl.
24, Bl. 1493 d.A.) haben diese Anordnung nach ihren Aussagen jedenfalls nicht erteilt
und wussten auch nicht, in wessen Auftrag die Firma B die Bewehrung angebracht hat.
Fest steht lediglich, dass die Firma B ursprünglich von der ARGE A mit der Herstellung
der Bewehrung im gesamten Konsolbereich beauftragt war (Aussage u, Protokoll vom
12.8.1999, Bl. 36, Bl. 1505 d.A.). Ferner hat zunächst die ARGE A die Bewehrung
gegenüber der Klägerin in der 25. Abschlagsrechnung abgerechnet. Nach der Aussage
des Zeugen L3 (Protokoll vom 29.11.1999, Bl. 7, Bl. 1766 d.A.) wurde dies erst in der
Schlussrechnung korrigiert, und zwar auf Anweisung des Zeugen u. Dem Umstand,
dass die Bewehrung in der Schlussrechnung nicht abgerechnet ist, kommt insoweit
indes keine indizielle Bedeutung zu, da die Schlussrechnung erst 1994, mithin nach
dem Hochwasser, aufgestellt und der Klägerin übermittelt wurde. Inwieweit bereits die
der Klägerin übersandte Schlussrechnung die von den Beklagten zu 1), 2) und 9)
vorgelegte "Betonstahl-Zusammenstellung Stand 23.3.1994" (Anl. B 173) mit dem
Vermerk "abzüglich nicht ausgeführte Konsole in Achse 42" enthielt oder ihr - wie die
Klägerin behauptet - eine Zusammenstellung Stand 15.9.1993 (Anl. K 514) ohne diesen
Vermerk (aber mit der gleichen Summe) beigefügt war, ließ sich nicht mehr klären, kann
aber aus den oben genannten Gründen ebenfalls dahinstehen. Die Endsumme in der
von den Beklagten zu 1), 2) und 9) als Anlage B 2 vorgelegten Schlussrechnung der
ARGE A zu den Positionen 7.4.1. und 7.4.2. entspricht allerdings der Zusammenstellung
per 23.3.1994.
307
Ebensowenig kommt dem Umstand, dass die ARGE F die Bewehrung in ihrer
Schlussrechnung abgerechnet und der Zeuge X2 diese Position in der
Rechnungsprüfung auf dem Aufmaßblatt (Anl. 2 zum Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 1406b
d.A.) anerkannt hat, indizielle Bedeutung zu. Der Zeuge X2 konnte nämlich in seiner
Vernehmung nicht mehr angeben, warum er diese Position anerkannt hat und aufgrund
welcher Umstände er die Konsolbewehrung im Bereich der Achse 42/L-Q als Leistung
der ARGE F angesehen hat (Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 10; Bl. 1479 d.A.).
308
(1.3.) Der Umstand, dass im Bereich der Achse 42/A-J der Schlitzwandkopf fehlte und
hierfür auch keine freigegebene Planung vorlag, stellt ebenfalls kein ausreichendes
Indiz für die behauptete Herausnahmevereinbarung dar.
309
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht die Kammer allerdings davon aus, dass
die Konsole im Bereich der Achse 42/A-J/K (Tunnel) Ende 1992 nicht kurzfristig hätte
gebaut werden können, da in diesem Bereich der Schlitzwandkopf noch fehlte und
hierfür zumindest auch noch kein freigegebener Plan vorlag. Dabei kann dahinstehen,
ob der Schlitzwandkopf im Auftrag der ARGE A enthalten war oder (ursprünglich) im
310
Auftrag der ARGE L6. Es kann auch dahinstehen, ob die ARGE A für den
Schlitzwandkopf ein Nachtragsangebot eingereicht hat oder nicht. Denn jedenfalls war
der Schlitzwandkopf nicht vorhanden und konnte auch von der ARGE A nicht kurzfristig
hergestellt werden, da es an einer freigegebenen Ausführungsplanung für den
Schlitzwandkopf in diesem Bereich fehlte.
In der Beweisaufnahme ließ sich nicht feststellen, dass der ARGE A ein freigegebener
Ausführungsplan für den Schlitzwandkopf vorgelegt wurde. Der Zeuge I4 hat hierzu in
seiner Vernehmung bekundet, dass im März 1992 die ARGE A mitgeteilt habe, dass die
Konsole im Bereich der Achse 42/A-J nicht hergestellt werden könne, da der
Schlitzwandkopf noch fehlte (Bl. 5 des Protokolls vom 2.12.1999, Bl. 1893 d.A.). Er - der
Zeuge I4 - habe daraufhin den Plan kurzfristig an einem Wochenende erstellt. Dieser
Plan für den Schlitzwandkopf mit der Bezeichnung ABV TS WK 42 G-L vom 14.3.1992
(Anl. B 164) war indes der ARGE A im Frühjahr 1992 lediglich als
Vorabzug
übergeben,
liessen sich in der Beweisaufnahme letztlich nicht klären. Der Plan ABV TS WK 42 G-L
Index a (Anl. B 165) wurde erst 1993 freigegeben, und zwar für die ARGE F (wobei
allerdings streitig ist, ob der Plan für die ARGE F nur hinsichtlich des Bereiches A/B
oder für den gesamten Bereich freigegeben wurde. Auch in dem freigegebenen Plan ist
die innenseitige Schlitzwandergänzung als Leistung der ARGE A bezeichnet). Einen für
die ARGE A
freigegebenen
Klägerin nicht vorlegen.
311
Da auch Ende 1992, zum Zeitpunkt der Abnahme, noch kein freigegebener Plan für den
Schlitzwandkopf vorlag, konnte dieser von der ARGE A auch nicht gebaut werden.
312
Das Fehlen des Schlitzwandkopfes im Bereich der Achse 42/A-J stellte aber kein
Hindernis für die Herstellung der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q dar.
313
Die Konsole im Bereich der Achse 42 ist bautechnisch kein einheitliches Bauteil,
welches nur in einem Zug errichtet werden konnte.
314
Es war bautechnisch ohne weiteres möglich, die Konsole abschnittsweise herzustellen,
was schon daraus ersichtlich wird, dass die Konsole auf der Tunneldecke im Bereich
42/K-L - mithin zwischen den Bereichen 42/A-J und 42/L-Q - Ende 1993 fertiggestellt
war, ohne dass die Konsole in den übrigen Bereichen vorhanden war. Die Schalpläne
(von der Klägerin im OH-Verfahren vorgelegt) betreffen nicht die gesamten Achsen,
sondern jeweils nur einzelne Bereiche (A-G, G-L und L-R, s.z.B. den Schalplan ABV TS
U1 38-42/L-R, der auch die Konsole in dem hier relevanten Bereich 42/L-Q enthält).
Schließlich war der Auftrag zur Herstellung der Konsole nach dem eigenen Vorbringen
der Beklagten zu 1), 2) und 9) ursprünglich auf mehrere Vergabeeinheiten aufgeteilt. Die
ARGE A hat nach ihrem Vorbringen und der Aussage des Zeugen u den Auftrag zur
Herstellung der Konsole im Bereich der Achse 42 A-F erst nachträglich im
Zusammenhang mit dem MT-Geschoss erhalten.
315
Auch schalungstechnisch wäre es möglich gewesen, die Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q unabhängig von der übrigen Konsole zu betonieren, auch wenn möglicherweise
arbeitstechnisch für die ARGE A die in ihrem Schriftsatz vom 22.12.1999 (Rdnr. 856, Bl.
2016 d.A.) vorgetragenen Schalungsabschnitte 42/F/G - 42/K/J, 42/K/J - 42/N/M und
42/N/M - 42/Q einfacher gewesen wären. Dieser arbeitstechnischen Einteilung stand
aber schon entgegen, dass die ARGE A (nachträglich) auch mit der Herstellung der
316
aber schon entgegen, dass die ARGE A (nachträglich) auch mit der Herstellung der
Konsole im Bereich 42/A-F/G beauftragt wurde. Ferner widerspricht diese
Arbeitsaufteilung der Aussage der Zeugen X2 und S, die beide angegeben haben, dass
die Konsole im Tunnelbereich (42 J/K-L) nicht in einem Zug mit der übrigen Konsole
hergestellt werden sollte. Der Zeuge S hat in seiner Vernehmung bekundet, dass er bei
der Abnahme des Hauptbaus im Dezember 1992 davon ausgegangen sei, dass die
Konsole im Tunnelbereich noch nicht erstellt war; dieser Bereich habe ebenso wie der
Tunnel selbst zum SO-Bereich gezählt, der erst im Frühjahr 1993 abgenommen worden
ist. Auch sei der Tunnel zum Zeitpunkt der Abnahme Ende 1992 noch nicht so weit
fertiggestellt gewesen, dass die Konsole hätte gebaut werden können.
Der Zeuge X2 hat bekundet, dass die Konsole im Bereich des Tunnels 42/J-K Ende
1993 durch die ARGE F hergestellt worden sei - und zwar mit Plänen der ARGE A, da
die ARGE F hierzu keine Pläne erhalten habe.
317
Auch aus vertraglicher Sicht führten Behinderungen im Bereich der Achse 42/A-J nicht
dazu, dass die Konsole auch im Bereich der Achse 42/L-Q nicht hergestellt werden
konnte oder musste. In welcher Reihenfolge die Wände nach dem ursprünglichen
Bauzeitenplan herzustellen waren, kann dahinstehen, da zur maßgeblichen Zeit Ende
1992 die Außenwand insgesamt fertiggestellt war und durch den Einbau der Comax-
Anschlüsse die Herstellung der Konsole gerade nicht mehr gleichzeitig mit der
Außenwand erfolgen musste, sondern erst nach Fertigstellung der gesamten
Außenwand. Eine Reihenfolge für die Herstellung der Konsole gab es damit nicht.
Schließlich hat auch keiner der Zeugen die vertraglich vorgesehene Reihenfolge der
Fertigstellung der Konsolabschnitte als Grund dafür angegeben, dass die Konsole im
Bereich der Achse 42/L-Q nicht gebaut werden konnte.
318
Ferner spricht auch die Aussage des Zeugen u dagegen, dass die Konsole zwingend
nur aus Richtung A in Richtung R hätte hergestellt werden können. Der Zeuge u hat
bekundet, dass ihm (erstmals) am 22.12.1993 beim Herannahen des Hochwassers
aufgefallen sei, dass die Konsole im Bereich der Achse 42/A-J noch nicht fertiggestellt
gewesen sei. Hieraus hat er aber nicht den Schluss gezogen, dass dann die Konsole
auch im Bereich 42/L-Q noch fehlen muss. Vielmehr hat er hierzu bekundet, dass er den
Bereich L-Q an diesem Tag nicht gesehen habe (Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 40, Bl.
1509 d.A.), bzw. er an diesem Tag nicht "nachgeschaut" habe, "ob die Konsole
inzwischen im Bereich 42/L-Q fertiggestellt" sei (Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 41, Bl.
1510 d.A.).
319
(1.4.) Allerdings stellt das Fehlen eines freigegebenen Planes für den Schlitzwandkopf
ein gewisses Indiz dafür dar, dass der C2 - entgegen der Aussage der Zeugen S
(Protokoll vom 10.6.99, Bl. 34, Bl. 1292 d.A.) und U (Protokoll vom 13.8.99, Bl. 7, Bl.
1520 d.A.) - bekannt war, dass die Konsole im Bereich der Achse 42/A-J zum Zeitpunkt
der Abnahme der Leistungen der ARGE A noch nicht errichtet war.
320
Hieraus lässt sich aber noch nicht der Schluss ziehen, dass mit der Klägerin die
Herausnahme der Konsole im gesamten Bereich der Achse 42 aus der Leistung der
ARGE A abgesprochen war, vielmehr sind auch andere Möglichkeiten denkbar.
321
Möglicherweise ist das Fehlen des Schlitzwandkopfes bei der Klägerin in
Vergessenheit geraten. Der Vorabzug wurde der ABE am 9.4. und der ARGE A am
12.4.1992 übergeben (wie sich aus Anlage B 164 ergibt). Zu dieser Zeit waren die
Außenwände noch nicht errichtet, auch fiel in diese Zeit der Nachtragsauftrag für das
322
MT-Geschoss. Erst als Ende 1992 die Herstellung der Konsolen anstand, wäre ein
freigegebener Plan für den Schlitzwandkopf benötigt worden. Der Plan war in dem
Bereich 42/B-J auch nicht erkennbar unvollständig (vgl. den Vortrag der Beklagten zu 1),
2) und 9) im Schriftsatz vom 22.12.1999, Rdnr. 860, Bl. 2019 f d.A.). Im Bereich 42/B-J
weist der später freigegebene Plan WK 42/G-L keine Änderungen gegenüber dem
Vorabzug auf. Es fehlen lediglich die (nicht vom Zeugen I4 stammenden)
handschriftlichen Anmerkungen auf dem Exemplar der ARGE A "Detailklärung
notwendig, s. ABVT 38-42/G-K "Wandkopf"" betr. den Tunnelanschluss 42/J/K und
"Notwendigkeit des Kopfbalkens prüfen -> BV". Unvollständig war der Plan lediglich im
Bereich 42/A/B. Zu diesem Bereich haben aber auch die Zeugen S und U angegeben,
dass ihnen das Fehlen der Konsole bekannt war.
Selbst wenn den Vertretern der C2 aber das Fehlen der Konsole auch im weiteren
Bereich der Achse 42/B-J (d.h. bis zum Tunnel) bekannt war, mussten sie deshalb noch
nicht wissen, dass die Konsole auch im Bereich der Achse 42/L-Q, in dem der
Schlitzwandkopf vorhanden war und die Konsole hätte gebaut werden können, noch
fehlte.
323
Es ist ferner auch denkbar, dass eine Absprache lediglich bezüglich des Bereichs
getroffen wurde, in dem der Schlitzwandkopf nicht vorhanden war, auf der anderen Seite
die Konsole aber auch keine Bedeutung für den Hochwasserschutz hatte. Hintergrund
einer solchen Absprache könnte gewesen sein, dass die Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q errichtet werden konnte und - nach dem Abbruch der Spundwand - aus Gründen
des Hochwasserschutzes auch kurzfristig errichtet werden musste, während die
Herstellung der Konsole im Bereich der Achse 42/A-J nicht dringend war.
324
Schließlich ist auch nicht auszuschließen, dass die ARGE A ohne Rücksprache mit der
Klägerin davon ausging, den Schlitzwandkopf und damit auch die Konsole im Bereich
der Achse 42/A-J/K nicht bauen zu müssen, da es an einer freigegebenen
Ausführungsplanung für den Schlitzwandkopf fehlte. Die Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q kann bei der ARGE A - wie die Klägerin behauptet - auch in Vergessenheit
geraten sein.
325
(1.5.) Eine gewisses Indiz gegen die behauptete Herausnahmevereinbarung ist die
Bedeutung der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q für den Hochwasserschutz. Es
erscheint eher fernliegend, dass der Zeuge S einer Verschiebung der Herstellung der
Konsole in diesem Bereich auf einen ungewissen, späteren Zeitpunkt zugestimmt
haben sollte. Gerade zum Jahresende (November/Dezember) begann die Zeit, in der
generell mit Hochwasser zu rechnen ist. Hochwasser tritt am Rhein in C -
gerichtsbekannt - vorwiegend in den Monaten Dezember bis Februar/März auf. Auch
wenn - wie die Beklagten zu 1) und 2) geltend machen - nach dem damaligen
Bautenstand (Bodenplatte nicht vollständig fertiggestellt) keine Auftriebsgefahr
bestanden haben sollte, zeigt doch das auch in der Baubeschreibung der ARGE A und
B beschriebene Konzept der Wasserhaltung, dass der Wasserstand während der
gesamten Bauzeit unter 47 m NN gehalten werden sollte. Zudem bestand auch ohne
Auftriebsgefahr ein Bedürfnis, den Schlitzwandtopf gegen Hochwasser abzudichten, da
andernfalls die Gefahr bestand, dass Wasser an den Stellen, an denen die Bodenplatte
noch nicht fertiggestellt ist, in den Rohbau eindringen kann.
326
Es steht zudem - wie oben dargelegt - fest, dass die Konsole nach der Planung und der
Vorstellung der Klägerin und der Beklagten zu 3) bis 8) die Funktion hatte, die Fuge
327
zwischen Schlitzwand und Bauwerkswand (gegen Hochwasser) abzudichten. Dies war
auch dem Zeugen S (ebenso wie den Vertretern der ABE und der Beklagten zu 7) und
8)) seinerzeit bekannt, wie sich nicht nur aus seiner Aussage ergibt, sondern auch
daraus, dass er den oben zitierten Vermerk vom 18.6.1990 verfasst hat, in dem diese
Funktion der Konsole ausdrücklich erwähnt ist.
Auf der anderen Seite war aus Sicht der C2 auch kein Grund gegeben, die Herstellung
der Konsole im hochwasserrelevanten Bereich auf einen späteren Zeitpunkt oder in
eine andere Vergabeeinheit zu verschieben, da die Konsole in diesem Bereich ohne
weiteres hätte gebaut werden können. Soweit geänderte Bewehrungspläne erforderlich
waren, hätte es vielmehr nahegelegen, diese bei den Statikern kurzfristig anzufordern.
328
Allerdings ist hierdurch der Vortrag der Beklagten auch nicht widerlegt, da auch denkbar
ist, dass der Zeuge S bei der behaupteten Absprache an den Hochwasserschutz nicht
gedacht hat.
329
(1.6.) Eine Notwendigkeit zur Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A
ergab sich auch nicht daraus, dass die ARGE A ihre Arbeiten Ende 1992 abschließen
wollte.
330
Denn zum einen hat die ARGE A schon vor den behaupteten Gesprächen zwischen den
Zeugen W und y bzw. y und S über die Herausnahme der Konsole aus der Leistung der
ARGE A die Abnahme verlangt (Schreiben vom 14.9.1992, Anl. B 76), mithin zu einem
Zeitpunkt, zu dem die ARGE noch davon ausgehen musste, dass sie die Konsole würde
herstellen müssen. Zudem war die ARGE A ohnehin in 1993 noch im SO-Bereich tätig
und hatte noch (kleinere) Restarbeiten am Hauptbauwerk zu erledigen. In diesem
Zusammenhang hätte auch die Konsole erstellt werden können, wenn die ARGE A die
fehlenden Pläne für den Schlitzwandkopf und die Bewehrung angefordert bzw. die
Klägerin sie kurzfristig zur Verfügung gestellt hätte. Gründe, warum die fehlenden Pläne
nicht innerhalb kurzer Frist hätten fertiggestellt und für die ARGE A freigegeben werden
können, sind nicht ersichtlich. Die Änderung der Bewehrungspläne war unerheblich, wie
bereits ausgeführt. Auch der Plan für den Schlitzwandkopf hätte kurzfristig - ggfs. nach
Änderungen - freigegeben werden können. Den ursprünglichen, nur als Vorabzug
übergebenen Plan hatte der Zeuge I4 nach seiner Aussage innerhalb eines
Wochenendes erstellt.
331
(2) Verhalten der Parteien nach der Beendigung der Arbeiten der ARGE A bis zum
Hochwasser
332
Auch das Verhalten der Parteien nach der Abnahme der Leistung der ARGE A - soweit
es nach dem Vortrag der Parteien oder dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht -
weist nicht zwingend auf die von den Beklagten behauptete Herausnahmevereinbarung
hin.
333
(2.1.) In der Beweisaufnahme ließ sich nicht feststellen, dass zwischen der C2 und der
ARGE F Gespräche über die Herstellung der Konsole speziell im Bereich der Achse
42/L-Q geführt wurden.
334
Schriftliche Unterlagen hierüber in Form von Aktenvermerken oder Nachtragsangeboten
betreffend den Bereich der Achse 42/L-Q haben die Parteien nicht vorgelegt.
335
Soweit mit der ARGE F Gespräche über Arbeiten im Bereich der Achse 42
stattgefunden haben, kann letztlich offenbleiben, ob diese Gespräche sich nur - wie die
Klägerin behauptet - auf den Bereich A/B, oder auf den Bereich A-J bezogen haben.
Jedenfalls steht nicht fest, dass die Klägerin mit der ARGE F auch über die Konsole im
Bereich der Achse 42/L-Q gesprochen hat. Dies konnten auch die Mitarbeiter der ARGE
F, die Zeugen L5 und I3, und der Zeuge u letztlich weder mit Unterlagen noch aus ihrer
Erinnerung bestätigen. Der Zeuge L5 hat bekundet, dass die ARGE F keinen Auftrag
hatte, die Bewehrung oder die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q zu erstellen. Er
konnte sich auch an keine konkreten Gespräche mit der ABE oder Vertretern der
Klägerin über diesen Bereich erinnern. Nach seiner Erinnerung betrafen die Gespräche
entweder den Bereich B-J oder - ohne nähere Detaillierung - die gesamte Achse 42.
Auch der Zeuge I3 hat lediglich von Gesprächen und Anfragen betreffend den Bereich
der Achse 42 A - J berichtet. Der Zeuge u hat im Zusammenhang mit einer Besprechung
im Oktober 1993 erklärt, dass seiner Meinung nach hierbei nicht von dem Bereich 42/L-
Q die Rede gewesen sei.
336
Diesen Aussagen lässt sich damit nicht entnehmen, dass mit der C2 Gespräche über
die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q geführt wurden oder die C2 Kenntnis vom
Fehlen der Konsole in diesem Bereich hatte. Der Zeuge L5 konnte lediglich angeben,
dass er nicht den Eindruck hatte, dass die Mitarbeiter der C2 - u.a. der für die ARGE F
zuständige Zeuge T5 - bei diesen Gesprächen darüber überrascht gewesen seien, dass
die Konsole im Bereich der Achse 42 nicht bereits von der ARGE A fertiggestellt
gewesen sei. Daraus folgt aber keine Kenntnis bezüglich des Fehlens der Konsole im
Bereich 42/L-Q, der von den baulichen Voraussetzungen und von seiner Bedeutung her
mit der Konsole in der Achse 42/A-J nicht zu vergleichen ist; zudem war der Zeuge T5
für die ARGE A nicht zuständig.
337
Wenn über die Konsole im Bereich der Achse 42/B-J mit der ARGE F verhandelt wurde,
spricht dies zwar gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen T5 und - möglicherweise - S
und U. Hieraus folgt aber noch nicht, dass die Verantwortlichen der C2 auch Kenntnis
davon hatten, dass die Konsole auch im Bereich der Achse 42/L-Q noch nicht
fertiggestellt war und dass es eine Herausnahmevereinbarung mit der ARGE A gegeben
hat.
338
(2.2.) Die Herausnahmevereinbarung lässt sich auch nicht aus der Beauftragung der
ARGE F mit Arbeiten im Zusammenhang mit der Konsole herleiten. Weder die
Beauftragung der ARGE F mit dem Schutz eines freiliegenden Fugenbandes noch die
Beauftragung der ARGE F mit der Herstellung der Konsole im Bereich des
Tunnelanschlusses 42/J-K stellen hinreichende Indizien für die behauptete
Herausnahmevereinbarung dar. Beide Maßnahmen betrafen nicht den hier relevanten
Bereich der Achse 42/L-Q. Daher kann auch dahinstehen, ob die ABE diese Arbeiten
nach Rücksprache mit der Klägerin angeordnet hat oder die Mitarbeiter der C2 hiervon
keine Kenntnis hatten.
339
(2.3.) Auch der Umstand, dass das Fehlen der Konsole weder von der ABE noch der C2
beanstandet worden ist, lässt keine Rückschlüsse auf die behauptete
Herausnahmevereinbarung zu.
340
Es ließ sich in der Beweisaufnahme nämlich nicht feststellen, dass verantwortlichen
Mitarbeitern der C2 bekannt war, dass die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q nicht
hergestellt war.
341
Der Zeuge S hat bekundet, er sei bei der Abnahme der Leistungen der ARGE A davon
ausgegangen, dass die Konsole in der Achse 42 mit Ausnahme des Bereichs über dem
Tunnel (42 J/K-L) fertiggestellt sei. Persönlich gesehen habe er dies nicht, da im
Rahmen der Abnahmebegehungen die Gebäudewände von außen nicht in
Augenschein genommen worden seien. Bei der Abnahme des Tunnels im Frühjahr
1993 habe er ebenfalls nur an einer Begehung von innen teilgenommen, auf dem
Tunneldach habe er seiner Erinnerung nach nicht gestanden.
342
Auch der Zeuge U hat bekundet, dass er bei der Abnahme von der Fertigstellung der
Konsole ausgegangen sei. Erst als das Hochwasser im Januar 1994 zurückgegangen
sei, habe er das Fehlen der Konsole festgestellt.
343
Unabhängig von der Überzeugungskraft dieser Aussagen lässt sich aufgrund der
Aussagen allein die Kenntnis von zuständigen Mitarbeitern der C2 vom Fehlen der
Konsole nicht feststellen.
344
Auch aus sonstigen Indizien ergibt sich diese Kenntnis nicht. Insbesondere war die
Fehlstelle in dem Bereich L-Q nicht offensichtlich. Wie sich aus den Fotos des fraglichen
Bereichs (Abb. 9 und 12 der Klageerwiderung der Beklagten zu 1), 2) und 9), Bl. 429
und 485 d.A.) ergibt, handelt es sich um einen wenig zugänglichen und einsehbaren
Bereich. Parallel zur Achse 42 in diesem Bereich befindet sich in kurzem Abstand zur
Achse 42 eine Böschung, auf der ein Holzzaun steht. Von der Achse R aus ist dieser
Bereich nicht einsehbar. Vom Tunneldach aus wird die Sicht durch die Spundwand
verdeckt, wie das Foto Bl. 429 d.A. zeigt. Die Außenwand ist sichtbar von der Decke des
1. UG aus, allerdings nur, wenn man sich über die Brüstung lehnt. Auch von der
Holzbrücke im Bereich der Achse 42 G (vgl. Aussage X2 Protokoll vom 12.8.1999, Bl.
15, Bl. 1484 d.A.; Aussage S3 Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 22, Bl. 1491 d.A.) ist der
fragliche Bereich aufgrund der Entfernung und der Spundwand nicht sichtbar, wie der
Zeuge X2 bekundet hat.
345
Soweit der Zeuge X2, der als Mitarbeiter der ABE (Büro von X6) für die ARGE F sowie -
bezüglich der Vergabeeinheit A - den Tunnelanschluss und das SO-Gebäude zuständig
war, ausgesagt hat, dass er im Zusammenhang mit der Erstellung der Konsole im
Tunnelanschluss (42 J/K-L) wohl auch vor Ort auf der Tunneldecke gestanden und den
Bereich 42/L-Q gesehen haben müsse, besagt dies nichts über die Kenntnis der für die
ARGE A oder F zuständigen Mitarbeiter der C2, da nicht feststeht, dass diese auch vor
Ort auf der Tunneldecke waren und diesen Bereich ebenfalls gesehen haben. Hinzu
kommt, dass der Zeuge X2 keine konkrete Erinnerung mehr daran hatte, ob ihm das
Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q bekannt und bewusst war (Protokoll
vom 12.8.1999, Bl. 14, Bl. 1483 d.A.).
346
Selbst wenn die betreffenden Mitarbeiter der C2 das Fehlen der Konsole im Bereich der
Achse 42/A-J bemerken mussten und vielleicht auch bemerkt haben, folgt hieraus nicht,
dass sie diese Kenntnis auch für den Bereich der Achse 42/L-Q hatten. Die Freigabe
des Schlitzwandkopfplanes WK 42 G-L Index a an die ARGE F deutet allenfalls auf eine
Kenntnis der Zeugen T5 und L2, die den Plan freigegeben haben, von der fehlenden
Konsole im Bereich der Achse 42/A-J/K hin, nicht aber auch auf die Kenntnis vom
Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q. Aus diesem Grund kann auch
dahinstehen, ob den Zeugen bei Freigabe des Planes wirklich bekannt war, dass die
Konsole im Bereich der Achse 42/B-J noch fehlte. Der Zeuge L2, der damals bei der C2
347
mit der Planungskoordination beauftragt war, hat hierzu bekundet, ihm sei vom Zeugen
T5 erklärt worden, der Plan betreffe lediglich Änderungen im Bereich der Achse 42/A/B.
Ob es bereits einen freigegebenen Vorgängerplan gegeben habe, wisse er nicht. Auch
der Zeuge T5, der den Plan freigegeben hatte, hat ausgesagt, der Plan sei der ARGE F
lediglich im Hinblick auf die Änderungen am Anschluss der Schlitzwand an den
Medientunnel (Achse 42/A/B) und die Bereiche, die nach dem Text im Plan von der
ARGE F auszuführen seien, übergeben worden; nicht aber zur Herstellung des
Schlitzwandkopfes im gesamten Bereich 42/A-J. Der Planüberschrift zum Index a
zufolge betrifft der Plan Bewehrungsergänzungen in den Schnitten C-C, D-D, E-E, F-F.
Diese Schnitte zeigen den Anschluss an den Medientunnel. Ferner ist nach dem Plan
ein Teil der sog. Schlitzwandergänzung bis zur Achse 42/B textlich der ARGE F
zugewiesen. Inwieweit den Aussagen der Zeugen T5 und L2 zur Tragweite des Planes
gefolgt werden kann und inwieweit sich aus den Anfragen der ARGE F zu den
Einbohrtiefen (vgl. hierzu den Vortrag der Beklagten zu 1), 2) und 9) im Schriftsatz vom
10.9.1999, Rdnr. 809f, Bl. 1620 f d.A.) ergibt, dass der Plan auch im weiteren Bereich B-
J von der ARGE F auszuführen war, kann aus den oben genannten Gründen jedoch
dahinstehen.
Schließlich lässt sich die Kenntnis der zuständigen Mitarbeiter der C2 vom Fehlen der
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q auch nicht aus der Anfrage der ARGE F zum
Bewehrungsanschluss im Tunnelbereich vom 24.11.1993 (Anl. B 88) ableiten. Mit Fax
vom 24.11.1993 fragte die ARGE F bei der Beklagten zu 7) nach Details der Bewehrung
für die Konsole im Tunnelbereich (Achse 42/J/K) an. Auf Bl. 6 dieses Faxes befindet
sich eine Skizze, auf der der Balken über dem Tunnel eingezeichnet ist. Daneben - in
Richtung Achse 42/R - ist auf der Skizze ein Bereich von 3 m eingezeichnet mit dem
Vermerk "keine Bewehrung fertig gestellt", hieran schließt sich die Zeichnung der
(seinerzeit unstreitig vorhandenen) "Konsolenbewehrung" an. Auf Bl. 1 des Schreibens
heißt es: "Richtung L sollen die vorhandene Konsolenbewehrung eingebunden werden,
Richtung A bitte Überstand Horizontalbewehrung für spätere Fortführung". Aus diesem
Fax lässt sich somit schlussfolgern, dass die Konsole jedenfalls im Bereich der Achse
42/K/L noch nicht betoniert war. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses Schreiben der
C2 zur Kenntnis übersandt wurde. Denn es lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass
das Schreiben von dem betreffenden Mitarbeiter der C2 zur Kenntnis genommen wurde
und dieser hieraus auch den Schluss gezogen hat, dass die Konsole im Bereich der
Achse 42/L-Q noch nicht fertiggestellt war. Dies ist schon deshalb nicht zwingend, weil
die Anfrage selbst die Konsole im Tunnelbereich betraf.
348
(3) Abrechnungen
349
Aus den Abrechnungen lassen sich keine Schlüsse auf die Herausnahmevereinbarung
ziehen. Dabei kann dahinstehen, in welchem Umfang die ARGE A oder die ARGE F die
Konsole bzw. die Bewehrung der Konsole abgerechnet und ihre Abrechnungen
wiederum korrigiert haben.
350
Die Schlussrechnungen der Argen A und F wurden erst nach dem Schadensfall zu
einem Zeitpunkt erstellt, als zwischen den Parteien die Verantwortlichkeit für das Fehlen
der Konsole bereits streitig war. Die Schlussrechnung der ARGE A datiert vom
7.12.1994 (Anl. B 2), die Schlussrechnung der ARGE F vom 25.9.1994 (Anl. B 31).
351
Auch die Abschlagsrechnungen erlauben keine Rückschlüsse auf nachträgliche
Änderungen des Leistungsumfangs, da die Abschlagsrechnungen nach der Aussage
352
des Abrechners der Argen A und F, des Zeugen L3, ganz überwiegend nicht nach
tatsächlich ausgeführter Leistung, sondern nach freigegebenen Plänen erfolgte. Sie
sprechen sogar eher gegen die behauptete Herausnahmevereinbarung, da Teile der
Konsole im Bereich der Achse 42 nach der Abnahme und
vor
zunächst von der ARGE A abgerechnet wurden, was erst nach dem Schadensfall
korrigiert wurde.
Dass die ARGE A Schalung und Betonieren der Konsole nicht abgerechnet hat, lässt
sich nicht nur mit der behaupteten Herausnahmevereinbarung erklären, sondern auch
damit, dass Schalung und Bewehrung der Konsole (noch) nicht ausgeführt waren. Hinzu
kommt, dass Schalung und Betonieren der Konsole im Bereich der Achse 42/A-L sogar
zunächst in der 25. Abschlagsrechnung der ARGE A vom 15.10.1993 abgerechnet
wurden, was dann erst in der 26. Abschlagsrechnung vom 25.3.1994 korrigiert wurde
(vgl. den Vermerk des Zeugen S vom 30.1.1996, Anl. K 13).
353
Rückschlüsse auf die Kenntnis des Bundes davon, dass die Konsole nicht fertiggestellt
ist, lassen sich aus den Abrechnungen darüber hinaus schon deshalb nicht ziehen, weil
die Rechnungsprüfung durch die ABE erfolgte. Auch zeigen die Abrechnungen, dass
nicht stets die erbrachten Leistungen abgerechnet wurden.
354
(4) Verhalten der Parteien nach dem Schadensfall
355
Das Verhalten der Parteien unmittelbar nach dem Hochwasserereignis spricht nicht für,
sondern eher gegen die behauptete Herausnahmevereinbarung. Die Beklagten zu 1)
und 2) und die Beklagten zu 3) bis 6) haben sich nicht bereits unmittelbar nach dem
Hochwasserereignis auf die behauptete Absprache mit den Vertretern der C2 berufen,
sondern erst später im Laufe der gerichtlichen Auseinandersetzung.
356
(4.1.) Korrespondenz nach dem Schadensereignis
357
Die Schreiben der C2 und der ABE sowie die Schreiben der Argen A und F unmittelbar
nach dem Hochwasserschaden zur Konsole enthalten keinen Hinweis auf die
behauptete Herausnahmevereinbarung.
358
Mit Schreiben vom 7.1.1994 (Anl. K 472) richtete der Zeuge U für die C2 folgende
Anfrage an die Beklagte zu 1) (VE A, B und F):
359
"Von der Bauleitung ABE wurde uns mitgeteilt, dass im Bereich der Achse 42 ein
Teil des Schlitzwandkopfes am 22.12.1993 noch nicht fertiggestellt war, und somit
ein Eindringen von Wasser jederzeit möglich gewesen ist. Wir bitten um
Stellungnahme bis zum 10.1.1994, warum an dieser Stelle die Arbeiten noch nicht
abgeschlossen waren und um Mitteilung, welche Schutzmaßnahmen ergriffen
wurden, um den notwendigen Hochwasserschutz zu gewährleisten."
360
Mit Schreiben vom 10.1.1994 (Anl. K 473) bat der Zeuge U erneut um Aufklärung,
diesmal konkret auch in Bezug auf die Konsole:
361
"Die Ministerin Fr. Dr. T erwartet bis heute 10.01.1994, 12.00 Uhr eine schriftliche
Stellungnahme, aus welchen Gründen der Kopfbalken in der Achse 42/R-M nicht
zu Ende gebaut worden ist bzw. durch welche Maßnahmen der notwendige
Hochwasserschutz während der Bauzeit an dieser Stelle sichergestellt werden
362
sollte."
Beide Schreiben enthalten keinen Hinweis darauf, dass dem Zeugen U etwas von einer
einvernehmlichen Herausnahme der Konsole aus der Leistung der VE A bekannt war,
obwohl - wenn die Vereinbarung getroffen wurde - zu erwarten gewesen wäre, dass
entweder der Zeuge S den Zeugen U informiert hätte oder spätestens der Beklagte zu 3)
den Zeugen U an diese - ihm nach eigenen Angaben bekannte - Vereinbarung zu dem
Zeitpunkt erinnert hätte, zu dem das Fehlen der Konsole nach dem Rückgang des
Hochwassers erstmals aufgefallen war.
363
Umgekehrt spricht auch der Umstand, dass die Anfrage nicht nur an die ARGE A,
sondern auch an die ARGE F gerichtet war, nicht für die behauptete Verschiebung der
Leistung in die Vergabeeinheit F. Denn die Anfrage war auch an die ARGE B, die mit
der Konsole unter keinem Gesichtspunkt etwas zu tun hatte, gerichtet.
364
Auch die Antwortschreiben des Zeugen u - dem nach seiner Aussage die
Herausnahmevereinbarung ebenfalls bekannt war - für die ARGE A und des Zeugen L5
für die ARGE F vom 10.1.1994 (Anl. K 478 betr. ARGE A und Anl. K 479 betr. ARGE F)
enthalten keinen Hinweis auf eine solche Absprache, obwohl es - wenn die
Vereinbarung getroffen wurde - nahegelegen hätte, dass die Beklagten zu 1) und 2) sich
insoweit darauf berufen, dass sie keinen Auftrag zur Herstellung der Konsole hatten.
Statt dessen berufen sich die Argen A und F lediglich auf die fehlende Planung. In den
Schreiben heißt es insoweit gleichlautend:
365
"Der Schlitzwandkopf und/oder die Bauwerkkonsole konnte von uns aufgrund
fehlender genehmigter Ausführungsplanung nicht hergestellt werden."
366
Der Zeuge u hat dies in seiner Vernehmung (Protokoll vom 12.8.1999, Bl. 42, Bl. 1511
d.A.) damit erklärt, dass dem Zeugen U die Herausnahmevereinbarung doch bekannt
gewesen sei und er - der Zeuge u - daher davon ausgegangen sei, dass in den
Schreiben der C2 nach dem Grund für die Herausnahmevereinbarung gefragt worden
sei. Diese Aussage ist wenig überzeugend. Es ging in den beiden Schreiben der C2
erkennbar um die Frage, wer für den Schaden verantwortlich ist. Es wäre daher zu
erwarten, dass die Stellungnahme zu einem derart kritischen Punkt sorgfältiger
abgefasst wird und die Beklagten zu 1) und 2) sich auf ihr jetziges Hauptargument - die
Herausnahmevereinbarung - schon in ihrer ersten Stellungnahme berufen. Im übrigen
erscheint auch - die Herausnahmevereinbarung unterstellt - wenig nachvollziehbar,
warum die an dieser Vereinbarung beteiligte C2 bei den Beklagten zu 1) und 2) nach
dem Grund dieser Vereinbarung nachfragen sollte. Noch weniger verständlich ist,
warum diese Anfrage dann auch noch von der an der Vereinbarung nicht beteiligten
ARGE F ebenfalls beantwortet wird.
367
Wäre die Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A vereinbart worden,
so wäre zumindest ein entsprechender Hinweis der Beklagten zu 1) und 2) hierauf zu
erwarten gewesen.
368
Auch die Schreiben der ABE enthalten hierauf keinen Hinweise, obwohl der Beklagten
zu 3) im Termin erklärt hat, dass er seit Ende 1992, Anfang 1993 Kenntnis von der
Herausnahmevereinbarung hatte.
369
Das Schreiben der ABE vom 11.1.1994 an die ARGE A (Anl. K 484), mit dem diese auf
370
die Stellungnahme der Beklagten zu 1) und 2) vom 10.1.1994 reagierte, lässt nicht
erkennen, dass der ABE etwas von einer einvernehmlichen Herausnahme der Konsole
aus der Leistung der ARGE A bekannt war, obwohl das Schreiben unterzeichnet ist mit
"H2" und vom Zeugen X2 unterschrieben ist. Vielmehr heißt es hierin:
"Sie werden aufgefordert, unverzüglich Detailangaben zu Ihrer Feststellung
hinsichtlich der fehlenden genehmigten Ausführungsplanung vorzulegen. Wir
erwarten Ihre Stellungnahme hierzu kurzfristig."
371
Nach dem Vortrag der Beklagten zu 3) bis 6) und den Angaben des Zeugen y und des
Beklagten zu 3) hätte diesen aber bekannt sein müssen, welche Pläne fehlten, da sie
die Herausnahmevereinbarung gerade mit noch fehlenden Plänen begründet haben.
372
Auch diese Reaktion steht nicht in Einklang mit der vom Beklagten zu 3) behaupteten
Kenntnis von der getroffenen Herausnahmevereinbarung und deren Hintergrund.
373
Demgegenüber kommt dem Schreiben des Zeugen X2 vom 7.1.1994 (Anl. B 142, Bl.
1055 d.A.), in dem er für die ABE die ARGE
F
Konsole nicht fertiggestellt ist, keine Indizwirkung zu. Denn - wie die Schreiben der ABE
vom 10.1.1994 zeigen - wurde die diesbezügliche Korrespondenz sowohl mit der ARGE
A als auch mit der ARGE F geführt.
374
Die vorliegenden Unterlagen enthalten auch keinen Hinweis darauf, dass die ABE,
insbesondere der Beklagte zu 3), sich bis zum Scheitern der Vergleichsverhandlungen
mit der Klägerin und ihrer Klageerwiderung der Beklagten zu 3) bis 6) vom 13.2.1998
(mithin gut 4 Jahre nach dem Schadensereignis) jemals vorgerichtlich auf die angeblich
getroffene Herausnahmevereinbarung gegenüber der Klägerin berufen hat.
Insbesondere unmittelbar nach dem Hochwasser wäre ein derartiger Hinweis indes zu
erwarten gewesen.
375
(4.2.) Entwicklung des Prozessvortrags
376
Auch die Entwicklung des Prozessvortrages der Beklagten zu 1) und 2) im
selbständigen Beweisverfahren und im Hauptsacheverfahren begründet eher Zweifel an
der Herausnahmevereinbarung.
377
Die Beklagten zu 1) und 2) haben sich zwar schon im selbständigen Beweisverfahren
und auch in der Klageerwiderung im Hauptsacheverfahren darauf berufen, dass die
Konsole im Bereich der Achse 42 vor der Abnahme durch die C2 aus der Leistung der
ARGE A herausgenommen worden sei, sie haben aber Grund und Ablauf der
Herausnahme anders geschildert. Details zu der Herausnahmevereinbarung haben sie
erst nach der Klageerwiderung und dem Schriftsatz der Beklagten zu 3) bis 6) vom
22.12.1998 vorgetragen.
378
In der Antragsschrift im selbständigen Beweisverfahren vom 12.1.1994 berufen die
Beklagten zu 1) und 2) sich nicht auf eine - von der ARGE A ausgehende -
Herausnahmevereinbarung, sondern auf eine
Anordnung
Klägerin (Bl. 17 der Antragsschrift, Bl. 42 Der Akte 1 OH 2/94). Auch in einem
außergerichtlichen Schreiben der ARGE A vom 25.3.1994 (Anl. K 15) ist noch von einer
"Anordnung", die Konsole erst im Zusammenhang mit der Errichtung weiterer Bauwerke
zu erstellen, die Rede. Der Zeuge u hat dies damit erklärt, dass die Information zu
379
diesen Schreiben nicht von ihm, sondern dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten
zu 1), dem Zeugen L4, stamme.
Im Schriftsatz vom 27.5.1994 im OH-Verfahren, der Korrekturen der Antragsschrift
enthält, heißt es sodann (Bl. 8 des SS v. 27.5.1994, Bl. 773 der Akte 1 OH 2/94):
380
"Im November 1992 hat dann - ohne das Thema hier zu vertiefen - die
Antragsgegnerin (Klägerin) beschlossen, die Konsole in Achse 42 nicht mehr von
der ARGE A, sondern von der (künftigen) ARGE F bauen zu lassen, und dies der
ARGE A und später der ARGE F mitgeteilt."
381
Auch hier berufen sich die Beklagten noch auf eine von der C2 ausgehende einseitige
Anordnung. Die weitere Behauptung, die Klägerin habe diese Entscheidung der ARGE
A und später der ARGE F mitgeteilt, hat sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die
zuständigen Mitarbeiter der ARGE F, die Zeugen L5 und I3 haben von einer solchen
Mitteilung von Seiten der C2 oder auch nur der ABE nichts gesagt.
382
Selbst in der Klageerwiderung im Hauptsacheverfahren vom 8.2.1998 ist noch von einer
"Entscheidung der C2 (Zeuge S)" die Rede, die über die ABE (Zeuge y) der ARGE A
(Zeuge W) mitgeteilt worden sei (Rdnr. 92, Bl. 404 d.A.). Dass die Anregung zur
Herausnahme der Konsole vom Zeugen W ausgegangen sei, wird (noch) nicht
vorgetragen.
383
Erst nachdem die Beklagten zu 3) bis 6) in ihrer Klageerwiderung und insbesondere
ihrem Schriftsatz vom 22.12.1998 Einzelheiten der angeblichen
Herausnahmevereinbarung geschildert haben (dass diese nämlich auf eine Anregung
des Zeugen W zurückgegangen sei, Bl. 12 des SS, Bl. 843 d.A.), werden diese Details
(im wesentlichen) auch von den Beklagten zu 1), 2) und 9) im Schriftsatz vom 20.1.1999
vorgetragen (Rdnr. 688, Bl. 1028 f d.A.).
384
2.2.3. Zeugen
385
Damit verbleiben zum Beweis dafür, dass die Konsole (auch) im Bereich der Achse
42/L-Q aus der Leistung der ARGE A einvernehmlich herausgenommen wurde, nur die
Aussagen der von den Parteien hierzu benannten Zeugen.
386
Auch diese Aussagen vermochten die Kammer indes von der behaupteten Absprache
nicht hinreichend zu überzeugen.
387
(1) Inhalt der Aussagen
388
Die behauptete Vereinbarung wurde bestätigt von den Zeugen y und W als
unmittelbaren Zeugen sowie - vom Hörensagen - von den Zeugen L3, u und L4 sowie
dem Beklagten zu 3), Herrn H2.
389
Der Zeuge
y
42 zuständige Mitarbeiter der ABE (Büro H2). Er hat bekundet, dass im Herbst 1992, als
die Abnahme der Leistungen der ARGE A angestanden habe, die Konsole im Bereich
der Achse 42 nicht habe fertiggestellt werden können, da die Planungsunterlagen nicht
vollständig gewesen seien. Es hätten aktuelle Bewehrungspläne für die verwendeten
Comax-Anschlüsse gefehlt, ferner im Bereich der Achse 42 A-J/K (Tunnel) auch die
390
Schlitzwandkopfplanung. Der Bauleiter der ARGE A, der Zeuge W, habe ihn hierauf
angesprochen und angefragt, ob diese Leistung aus der Vergabeeinheit A
herausgenommen und zu einem späteren Zeitpunkt gemacht werden könne. Er - der
Zeuge y - habe dies sodann bei einer der Vorbegehungen zur Abnahme im
Oktober/November 1992 an den Zeugen S weitergegeben, der als Projektleiter bei der
C2 für die Vergabeeinheiten A und B in diesem Bereich zuständig war. Diesem seien
die Probleme im Bereich der Achse 42 bekannt gewesen. Er, der Zeuge y, habe daher
mit dem Zeugen S besprochen, dass die Fertigstellung der Konsole im Bereich der
Achse 42 aus dem Vergabelos A herausgenommen und mit dem nächsten Vergabelos
(Vergabelos F) zu einem späteren Zeitpunkt gemacht werden solle. Der Zeuge S habe
dies zur Kenntnis genommen und sinngemäß erklärt, "ja es ist gut, wir nehmen das
rüber". Über die Herausnahme habe es nur dieses eine kurze Gespräch gegeben. Es
sei im Rahmen einer der Vorbegehungen zur Abnahme im Oktober oder November
1992 geführt worden. Man sei seinerzeit über die Decke des ersten Untergeschosses
gegangen und habe bei diesem Gespräch über die Brüstung auf die Achse 42
herabgeschaut.
Er, der Zeuge y, habe auch den Beklagten zu 3) über die Herausnahme der Konsole
aus der Leistung der ARGE A informiert, dieser sei hiermit ebenfalls einverstanden
gewesen.
391
Der
Beklagte zu 3)
im Termin vom 13.8.1999 (Bl. 36 des Protokolls, Bl. 1549 d.A.) bestätigt. Er hat hierzu
erklärt, dass der Zeuge y ihn vor der Abnahme der Leistungen der ARGE A darüber
informiert habe, dass die Konsole noch nicht gebaut worden sei und nicht gebaut
werden könne. Er habe ihn später auch über die Absprache mit der C2, die Konsole in
das Vergabelos F zu übernehmen, informiert. Möglicherweise habe dieses zweite
Gespräch erst nach der Abnahme stattgefunden.
392
Auch der Zeuge
W
ebenfalls ausgesagt, dass zum damaligen Zeitpunkt (Ende Oktober 1992) die Konsole
im Bereich der Achse 42 nicht habe errichtet werden können, da im Bereich A bis J der
Schlitzwandkopf und im Bereich L bis Q (ebenso wie im Bereich A bis L) eine neue
Bewehrungsplanung im Hinblick auf die eingebauten Comaxanschlüsse gefehlt habe.
Ferner wäre durch die Errichtung der Konsole die Fertigstellungsfrist gefährdet
gewesen. Die Außenwand sei im Bereich der Achse 42 (erst) im September oder
Oktober 1992 fertiggestellt worden. Er selbst sei ab dem 01.01.1993 wieder in Gouda
(O2) tätig gewesen. Daher habe er mit Herrn y darüber gesprochen, ob die Konsole aus
dem Auftrag des Vergabeloses A herausgenommen werden könne. Dieses Gespräch
habe noch vor den Abnahmebegehungen, jedenfalls vor dem Ende der Begehungen,
stattgefunden. Der Zeuge y habe nicht sofort zugestimmt, sondern zwei bis drei Wochen
später Bescheid gegeben, dass die Herausnahme in Ordnung sei. Er gehe davon aus,
dass der Zeuge y sich zuvor mit der C2 diesbezüglich abgestimmt habe. Die fehlenden
Bewehrungspläne habe er weder angefordert noch eine Behinderungsanzeige erstellt,
da die Konsole zu dem Zeitpunkt, zu dem die Außenwand fertiggestellt gewesen sei,
bereits aus der Leistung der ARGE A herausgenommen worden sei.
393
Der Zeuge
u
ARGE A tätig war, hat ebenfalls bestätigt, dass er von dem Zeugen W von dieser
Herausnahmevereinbarung gehört habe. Auch der damalige Geschäftsführer der
Beklagten zu 1), der Zeuge
L4
394
Beklagten zu 1), der Zeuge
L4
allerdings erst nach dem Schadensfall und vom Zeugen u. Schließlich hat der Zeuge
L3
- der im Auftrag der Beklagten zu 1) und 2) die Abrechnungen erstellt hat - bekundet,
dass der Zeuge y am 27.4.1992 aus einer Abschlagsrechnung die Pos. 1322 a
(Schalung eines Konsolbandes) herausgestrichen habe und ihn - den Zeugen L3 - in
diesem Zusammenhang darüber informiert habe, dass dieser Teil aus der
Vergabeeinheit A herausgenommen und später von der Vergabeeinheit F durchgeführt
werden solle.
Dagegen haben die Zeugen
S
ihnen über eine solche Herausnahme der Konsole aus dem Leistungsbereich der
ARGE A gesprochen worden sei. Einer solchen Herausnahme hätten sie auch schon
wegen der Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz nicht zugestimmt. Der
Zeuge U hat darüber hinaus bekundet, dass er der Herausnahme zudem auch deshalb
nicht zugestimmt hätte, weil sie eine "kritische Gewährleistungsgrenze" betroffen habe.
395
(2) Glaubhaftigkeit der Aussagen
396
Die Aussagen der Zeugen W und y, die als einzige unmittelbare Zeugen die
behaupteten Gespräche bestätigt haben, reichen - auch zusammen mit den weiteren
Aussagen und den von den Beklagten dargelegten Indizien - zum Beweis der
Herausnahmevereinbarung nicht aus.
397
Soweit die Zeugen die Details dieser Gespräche geschildert haben, erscheint der
Kammer die Erinnerung der Zeugen nicht zuverlässig.
398
(2.1.) Erinnerungsfähigkeit
399
Zweifel an der Zuverlässigkeit der Erinnerung der Zeugen y und W ergeben sich schon
aus dem zwischenzeitlichen Zeitablauf. Die Gespräche sollen Ende 1992, mithin 6 ½
Jahre vor der Vernehmung der Zeugen durch die Kammer, stattgefunden haben. Ein
Protokoll über eine frühere Vernehmung liegt nicht vor.
400
Gegen eine konkrete Erinnerung der Zeugen y und W spricht, dass es sich ihren
Aussagen zufolge seinerzeit um einen unbedeutenden Vorgang handelte. Der Zeuge y
hat hierzu bekundet, dass er die Herausnahmevereinbarung nicht für brisant gehalten
habe, da vom technischen Bauablauf her aufgrund der Comaxanschlüsse die Konsole
ohne weiteres später hätte hergestellt werden können. Die Bedeutung der Konsole für
den Hochwasserschutz sei ihm zwar auch damals bekannt gewesen, er habe dies aber
bei der Herausnahmevereinbarung nicht als Problem angesehen. Beide Zeugen haben
bekundet, dass es sich nur um kurze Gespräche gehandelt habe. Derartige Absprachen
auf der Baustelle - auch über Leistungsverschiebungen - seien nicht ungewöhnlich
gewesen. Beide Zeugen hatten auch mit der Umsetzung der Vereinbarung nichts zu tun.
Der Zeuge y war nach der Abnahme Ende 1992/Anfang 1993 nicht mehr mit der
Konsole im Bereich der Achse 42 befasst. Das gleiche gilt für den Zeugen W. Auch für
ihn war die Herausnahme der Konsole aus der Vergabeeinheit A nicht problematisch. Er
war seit Anfang 1993 in Gouda tätig und hatte mit dem T3-Bau nichts mehr zu tun.
401
Die behauptete Vereinbarung erlangte für die Zeugen y und W erst nach dem
Hochwasserschaden Bedeutung, als im Januar 1994 die Vermutung aufkam, dass das
Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L bis Q ursächlich für den Auftrieb des
402
Gebäudes gewesen sei. Frühestens ab Januar 1994, mithin mehr als 1 Jahr nach den
Gesprächen, bestand für die Zeugen y und W daher Anlass, sich mit dieser Thematik
näher zu befassen und zu versuchen, die Gespräche zu rekonstruieren.
Zwischen dem Hochwasser und der Vernehmung der Zeugen durch die Kammer lagen
weitere 5 ½ Jahre. Angesichts dieses Zeitablaufs erscheint es der Kammer wenig
plausibel, dass die Zeugen noch eine konkrete Erinnerung an die Gespräche und die
näheren Umstände haben können.
403
(2.2.) Zeitpunkt und Anlass Gespräch y - S, der 26.11.
404
Auch von ihrem Inhalt her scheinen der Kammer die Aussagen eher auf nachträglicher
Rekonstruktion und Schlussfolgerungen, als auf einer noch vorhandenen, konkreten
Erinnerung zu beruhen.
405
Die Darstellung des Zeugen y zu den näheren Umständen seines Gespräches mit dem
Zeugen S können entweder nicht zutreffen oder sind von den übrigen Zeugen nicht
bestätigt worden.
406
So hat der Zeuge y ausgesagt, sein Gespräch mit dem Zeugen S habe anlässlich der
Vorbegehung zur Abnahme am 26.11.1992 stattgefunden. Er war sich dieses Termines
deshalb sicher, weil zu diesem Zeitpunkt - ausweislich des Protokolls dieser Begehung
(Anl. B 71) - die Abnahme des ersten Untergeschosses, zu dem auch die Konsole
gehört, im Bereich der Achse 42 stattgefunden habe und bei dieser Gelegenheit über
die Herausnahme der Konsole gesprochen worden sei. Der Zeuge hat während seiner
Vernehmung diesen Termin anhand der Liste der Vorbegehungen (Anl. B 69) nochmals
ausdrücklich bestätigt.
407
Insoweit kann die Erinnerung des Zeugen aber nicht zutreffen, da der Zeuge S bei der
Vorbegehung vom 26.11. nicht anwesend war. Dies ergibt sich zum einen aus dem
Protokoll der Begehung, in dem der Zeuge S nicht als Teilnehmer an der
Abnahmebegehung aufgeführt ist. Der Zeuge I6, der zur damaligen Zeit als
Sachbearbeiter der C2 dem Zeugen S als Projektleiter direkt unterstellt war, hat zudem
bekundet, dass er für den Zeugen S an der Begehung teilgenommen habe, da der
Zeuge S sich in Urlaub befunden habe. Dies habe er anhand seines Kalenders
rekonstruieren können. Diese Aussage wird bestätigt durch die von der Klägerin zur
Akte gereichten Urlaubsliste betreffend den Zeugen S (Anlage 3 zum Protokoll vom
13.8.1999, Bl. 1467 d.A.), aus der sich ergibt, dass der Zeuge vom 23. bis 27.11.1992
Urlaub hatte.
408
Erst als die Kammer dem Zeugen vorgehalten hat, dass der Zeuge S im Protokoll dieser
Vorbegehung nicht aufgeführt ist, hat der Zeuge y erklärt, dass das Gespräch auch bei
einer anderen Gelegenheit stattgefunden haben könne. Der Zeuge blieb aber dennoch
dabei, dass das Gespräch bei einer der Abnahmebegehungen betreffend die Achse 42
A bis R und auf dem 1. Untergeschoss stattgefunden haben müsse. Nach der Liste der
Abnahmebegehungen kommt als solcher Termin lediglich der 26.11. in Betracht, da dies
der einzige Termin ist, an dem das 1. UG im Bereich der Achse 42 überprüft worden ist.
Lediglich die Endbegehung des 1. UG (9.12.) käme noch in Betracht. Dieser Termin ist
aber schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Herausnahme der Konsole vor
Beendigung der Abnahme geklärt werden musste und auch kein sachlicher Grund
bestand, die Absprache mit dem Zeugen S so lange herauszuzögern.
409
Soweit die Beklagten zu 1), 2) und 9) auch den 2.11. als möglichen Termin genannt
haben, lässt sich dem Protokoll dieser Abnahme nicht entnehmen, ob auch das 1. UG
im Bereich der Achse 42 begangen worden ist. Auch steht nicht fest, dass zu diesem
Zeitpunkt die vom Zeugen y erwähnte Brüstung, über die hinab die Achse 42 in
Augenschein genommen worden sei, bereits vorhanden war. Nach dem Vortrag der
Beklagten zu 1), 2) und 9) (Rdnr. 760, Bl. 1590 d.A.) und dem hierzu vorgelegten
Bautagebuch vom 4.11.1992 (Anl. B 152) wurde die Brüstung erst am 4.11.1992
hergestellt.
410
Auch die übrigen Teilnehmer an den Vorbegehungen - soweit sie von den Parteien
hierzu als Zeugen benannt worden sind - haben die Aussage des Zeugen y nicht
bestätigt.
411
Die Zeugen
I6
Leistungen der ARGE A teilgenommen haben, konnten nicht bestätigen, dass hierbei
die Außenwand im Bereich der Achse 42 in Augenschein genommen oder über die
Konsole gesprochen worden ist.
412
Weder der Zeuge I6 noch die Zeugin S3, die für das Büro Prof. T3 ausweislich des
Protokolls der Begehung (Anlage B 71) an dieser teilgenommen hat, konnten sich an
ein solches Gespräch zwischen dem Zeugen y und dem Zeugen S über die Konsole in
Achse 42 erinnern. Der Zeuge I6 hat hierzu bekundet, dass nach seiner Erinnerung man
gar nicht auf der Decke des ersten Untergeschosses gewesen sei. Ihm sei damals auch
nicht bekannt gewesen, dass die Konsole noch nicht fertiggestellt gewesen sei. Auch
bei anderen Gelegenheiten sei ihm nicht aufgefallen, dass die Konsole noch nicht
betoniert gewesen sei. Er konnte sich auch an kein Gespräch bei einer der anderen
Abnahmebegehungen erinnern, in denen darüber gesprochen worden sei, dass die
Konsole von einer anderen ARGE gebaut werden solle.
413
Die Zeugin S3, die ausweislich des Protokolls ebenfalls an der Begehung vom
26.11.1992 (und auch an weiteren Vorbegehungen) teilgenommen hat, konnte sich
ebenfalls nicht an ein solches Gespräch zwischen dem Zeugen y und dem Zeugen S
erinnern. In ihrer Anwesenheit sei nicht darüber gesprochen oder überhaupt diskutiert
worden, dass im Bereich der Achse 42 noch ein Stück der Konsole nicht betoniert sei.
Nach ihrer Erinnerung habe es zu diesem Zeitpunkt auch auf der Decke des ersten
Untergeschosses keine Abnahmebegehung gegeben.
414
Auch der Zeuge L hatte keine Erinnerung daran, dass im Rahmen der Vorbegehungen
über die Konsole auf der Achse 42 gesprochen worden ist.
415
Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass diesen Aussagen nur ein eingeschränkter
Beweiswert zukommt, da die Zeugen ein Gespräch zwischen den Zeugen y und S nicht
mitbekommen haben müssen bzw. es möglicherweise nicht im Gedächtnis behalten
haben. Auf der anderen Seite wird die Aussage des Zeugen y, er habe die
Herausnahme der Konsole im Bereich der Achse 42 aus der Leistung der ARGE A im
Rahmen der Vorbegehungen zur Abnahme mit dem Zeugen S besprochen, durch diese
Aussagen auch nicht gestützt.
416
Gegen die Aussage des Zeugen y spricht aber, dass selbst der Zeuge W sich an ein
solches Gespräch weder erinnern konnte noch er zu diesem Gespräch hinzugezogen
417
wurde. Der Zeuge W war ausweislich der von den Beklagten zu 1), 2) und 9) mit
Schriftsatz vom 29.07.1999 als Anlage B 145 zur Akte gereichten Protokolle der
Vorbegehungen an sämtlichen Vorbegehungen, an denen die Zeugen S und y
teilgenommen haben, ebenfalls beteiligt. Auch der Zeuge y hat ausgesagt, dass seiner
Erinnerung nach der Zeuge W bei der Begehung ebenfalls zugegen war. Wenn das
Gespräch zwischen den Zeugen y und S aber tatsächlich in der vom Zeugen y
beschriebenen Weise anlässlich einer der Vorbegehungen zur Abnahme stattgefunden
hat, wäre zu erwarten gewesen, dass der Zeuge W zu diesem Gespräch zugezogen
oder zumindest unmittelbar im Anschluss an das Gespräch über dessen Ergebnis
informiert wird. Denn von ihm war die Anregung zu der Herausnahmevereinbarung
ausgegangen und das Thema betraf die ARGE A unmittelbar. Dennoch soll der Zeuge y
ihn erst nachträglich über das Einverständnis der C2 mit der Herausnahme unterrichtet
haben.
(2.3.) Plausibilität
418
Zweifel an der Aussage des Zeugen y ergeben sich auch aus dem von ihm
geschilderten Ablauf seines Gespräches mit dem Zeugen S.
419
Nach dieser Aussage soll es lediglich ein kurzes Gespräch gewesen sein, der Zeuge S
habe weder lange überlegen müssen noch eine Rücksprache mit seinen Vorgesetzten,
den Zeugen D und U, für erforderlich gehalten. Auch Alternativen zur vorgeschlagenen
Verschiebung der Konsole in eine andere Vergabeeinheit seien nicht erörtert worden.
420
Dies erscheint angesichts der - den Zeugen y und S grundsätzlich bekannten - Funktion
der Konsole für den Hochwasserschutz und dem Umstand, dass der Erstellung der
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q keine technischen Hindernisse entgegenstanden
- die fehlende Bewehrungsplanung hätte innerhalb von Tagen nachgereicht werden
können - wenig plausibel.
421
Selbst wenn beiden bei dem Gespräch über die Konsole deren Bedeutung für den
Hochwasserschutz nicht bewusst war, ist die vom Zeugen y geschilderte kurze
Verständigung nicht plausibel. Obwohl es um die Verschiebung einer Leistung von
einer Vergabeeinheit in eine andere Vergabeeinheit ging, haben sich nach der Aussage
der Zeugen y weder dieser selbst noch der Zeuge S Notizen gemacht. Auch habe weder
eine Diskussion über das Für und Wider einer solchen Vereinbarung stattgefunden,
noch habe der Zeuge S lange überlegen müssen oder Nachfragen gehabt.
422
Es lässt sich noch nicht einmal feststellen, dass die Zeugen y, S und W und der
Beklagte zu 3) die jeweiligen Mitarbeiter ihres Bereichs, die für die Vergabeeinheit F
zuständig waren, von der Verschiebung der Leistung in Kenntnis gesetzt haben.
423
Die ARGE A hätte den Zeugen L3 als Abrechner davon informieren müssen, dass die
Konsole nicht mehr zur Leistung der ARGE A gehört, zumal die Ausführungspläne der
Konsole vorlagen und der Zeuge im wesentlichen nach Plan abgerechnet hat. Der
Zeuge L3 hat zwar ausgesagt, er habe von einer solchen Verschiebung gehört; das war
nach seiner Aussage aber bereits im April 1992, mithin 8 Monate vor der behaupteten
Vereinbarung. Es betraf auch nicht den hier entscheidenden Bereich der Konsole in der
Achse 42/L-Q. Auch der Zeuge L5, der seinerzeit bei der Beklagten zu 1) beschäftigt
und 2. Bauleiter der ARGE F war, war über die Herausnahmevereinbarung nicht
informiert worden. Das gleiche gilt für den Zeugen I3.
424
Es wäre auch zu erwarten gewesen, dass die in der ABE für die Vergabeeinheit F
zuständigen Mitarbeiter, insbesondere der Zeuge X2, von der Leistungsverschiebung in
Kenntnis gesetzt werden. Der Zeuge X2 wusste indes von der behaupteten
Herausnahmevereinbarung nichts.
425
Der auf Seiten der C2 für die ARGE F zuständige Mitarbeiter, der Zeuge T5, hatte nach
seiner Aussage ebenfalls keine Kenntnis von der Verschiebung der Konsole in die
Vergabeeinheit F.
426
Hinsichtlich des eigentlichen Anlasses für die behauptete Herausnahmevereinbarung
stimmen die Aussagen der Zeugen y und W nicht überein. In der Aussage des Zeugen
W standen im Vordergrund der fehlende Schlitzwandkopf im Bereich der Achse A bis J
sowie der Umstand, dass die ARGE A bis Ende 1992 fertig werden sollte und dies
wegen der späten Herstellung der Außenwand und der Verzögerungen, zu denen es
durch die nachträgliche Beauftragung der ARGE A mit der Errichtung eines
Zwischengeschosses (im MT-Geschoss) gekommen war, in Zeitverzug gekommen ist.
Nach der Aussage des Zeugen y stand dagegen die fehlende geänderte
Bewehrungsplanung im Vordergrund (Bl. 11 des Protokolls vom 10.6.1999, Bl. 1269
d.A.).
427
Schließlich sind die Aussagen der Zeugen W und y auch hinsichtlich der beiden
zwischen ihnen geführten Gespräche wenig konkret. Keiner der Zeugen konnte Details
zu diesen Gesprächen angeben. Den Aussagen zufolge wurde weder über Alternativen
zur Verschiebung der Konsole in eine andere Vergabeeinheit nachgedacht, noch gab
es eine Diskussion über das Für und Wider einer Verschiebung der Leistung und der
Herausnahme der Leistung aus der Vergabeeinheit A. Dies ist auch deshalb
verwunderlich, weil zum damaligen Zeitpunkt noch nicht endgültig feststand, welche
Firmen mit der Vergabeeinheit F beauftragt werden und ob die Beklagten zu 1) und 2)
diesen Auftrag erhalten würden. Ausweislich des von der Klägerin im Termin vom
13.08.1999 im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen U zur Akte gereichten
Vermerkes vom 15.12.1992 (Anl. 1 zum Protokoll vom 13.8.1999, Bl. 1452 d.A.) hat im
Dezember noch ein Aufklärungsgespräch gem. § 24 VOB/A betreffend die
Vergabeeinheit F (II) stattgefunden, zu dem noch neben der Beklagten zu 1) drei weitere
Firmen geladen worden waren. Die Auftragserteilung an die Beklagten zu 1) und 2) für
die Vergabeeinheit F erfolgte erst am 22.12.1992.
428
(2.4.) mittelbare Zeugen
429
Die Aussagen der mittelbaren Zeugen reichen zum Beweis für die einvernehmliche
Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A ebenfalls nicht aus.
430
Der
Beklagte zu 3)
allerdings lediglich gehört habe. Der Zeuge y habe ihm vor und nach der Absprache mit
der C2 von der Herausnahmevereinbarung erzählt. Auch diese Angaben sind in sich
nicht 100%ig plausibel. So hat der Beklagte zu 3) erklärt, dass auch ihm die Bedeutung
der Konsole für den Hochwasserschutz bekannt gewesen sei, er habe das seinerzeit
aber nicht als Problem angesehen, da er davon ausgegangen sei, dass die ARGE F die
Konsole kurzfristig errichten könne. Wenn aber die Errichtung der Konsole kurzfristig
möglich war, so bestand kein Anlass, sie aus der Vergabeeinheit A herauszunehmen,
da die ARGE A ohnehin im SO-Bereich und am Tunnelanschluss an der Achse 42 auch
431
im Frühjahr 1993 noch tätig war. Zudem hätte auch für den Beklagten zu 3), wenn ihm
die Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz bekannt war, klar sein müssen,
dass nach Entfernen der Spundwand die Konsole kurzfristig errichtet werden musste,
zumal in einer Zeit, in der mit Auftreten von Hochwasser gerechnet werden musste.
Gerade zwischen Dezember und März treten in C häufiger Hochwasser auf. Für die
Kammer ist auch nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage der Beklagte zu 3) davon
ausgehen konnte, dass die Konsole auch im Bereich der Achse 42/L-Q kurzfristig durch
die ARGE F errichtet werden könnte, da die ARGE F zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht
beauftragt war und auch kein Nachtragsangebot oder -auftrag für die Konsole
ausgeschrieben oder erstellt war. Auf der anderen Seite ist nicht ersichtlich, warum es
einer Herausnahme der Konsole in diesem Bereich aus der Vergabeeinheit A bedurfte,
wenn - planerisch und technisch - die Konsole kurzfristig hergestellt werden konnte und
es sich - wie die Beklagten zu 1), 2) und 9) vortragen - aus bautechnischer Sicht um ein
unbedeutendes Teil handelte.
Die Zeugen
u
Herausnahmevereinbarung bestätigt, sie konnten hierzu aber keine näheren Details
angeben. Der Zeuge L4, der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1), hat
ausgesagt, dass er mit der ARGE A seinerzeit nicht befasst gewesen sei. Erst
nachträglich - d.h. nach dem Schadensfall - habe ihm der Zeuge u von der
Herausnahmevereinbarung berichtet.
432
Dieser Aussage kommt schon deshalb wenig Beweiswert zu, weil der Zeuge L4 seine
Informationen erst nach dem Schadensfall erlangt hat und von jemandem, der selbst nur
vom Hörensagen Kenntnis von der Herausnahmevereinbarung hatte. Der Zeuge hat
zudem auch bekundet, dass im Nachhinein die Vorgänge bei der Beklagten zu 1) nicht
mehr genau rekonstruiert werden konnten (Protokoll vom 30.11.1999, Bl. 16, Bl. 1814
d.A.).
433
Seiner Aussage steht zudem die Aussage des Zeugen Dr. O, der im damaligen
Bundesbauministerium für den T3-Bau zuständig war, entgegen. Dieser hat bekundet,
der Zeuge L4 habe ihm gegenüber erklärt, dass die ARGE A die Konsole schlicht
vergessen habe. Der Zeuge L4 streitet dies zwar ab, hat aber ebenfalls im Rahmen der
Gegenüberstellung mit dem Zeugen Dr. O erklärt, dass es möglich sei, dass Dr. O ihn in
diesem Sinne verstanden habe.
434
Der Zeuge
u
dass ihm zum Abnahmetermin bekannt gewesen sei, dass die Konsole noch nicht
fertiggestellt gewesen sei, und zwar weder bewehrt noch betoniert. Der Zeuge W sei
seinerzeit an ihn herangetreten und habe erklärt, dass er mit dem Zeugen y über die
Herausnahme der Konsole aus dem Leistungsbereich der Vergabeeinheit A
gesprochen habe. Einige Zeit später habe er auch bestätigt, dass es von der C2
genehmigt worden sei. Der Zeuge u hat aber auch angegeben, dass es über diese
Vereinbarung nichts Schriftliches gebe, auch keinen internen Vermerk. Er konnte sich
auch nicht daran erinnern, ob bei der letzten Abnahmeverhandlung vom 10.12., an der
ausweislich des Protokolls (Anlage B 72) u.a. die Zeugen W und u für die Beklagte zu
1), der Zeuge S und der Zeuge y teilgenommen haben, nochmals über die
Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A gesprochen worden sei.
Selbst wenn - wie die Beklagten zu 1), 2) und 9) vortragen - darüber gesprochen worden
ist, dass mit Ausnahme der schriftlich ausgeführten Restleistungen alle Leistungen
erbracht sind, bedeutet dies noch nicht, dass über die Herausnahme der Konsole
435
ausdrücklich gesprochen worden ist.
Schließlich hat auch der Zeuge
L3
Zeuge u von der Herausnahmevereinbarung berichtet haben und zwar im
Zusammenhang mit der 14. Abschlagsrechnung vom 22.4.1992 (vgl. Anl. B 162). Der
Zeuge L3 war als freier Mitarbeiter von mehreren Argen mit der Erstellung der
Abrechnungen beauftragt, u.a. auch für die ARGE A. Er hatte unstreitig in der 14.
Abschlagsrechnung vom 22.4.1992 betreffend die Achsen 16 bis 42
436
unter Position 1322 a die Schalung der Konsole auf einer Länge von ca. 40 m
abgerechnet. Der Zeuge y hatte diese Position unter dem 27.4. gestrichen mit dem
Vermerk "spätere Ausführung" (Anl. 162 a). Der Zeuge L3 hat ausgesagt, dass er über
diesen Vermerk mit dem Zeugen y gesprochen habe. Dieser habe ihn informiert, dass
dieser Teil aus der Vergabeeinheit A herausgenommen und später von der
Vergabeeinheit F durchgeführt werden solle. Näher begründet habe er dies nicht. Auch
vom Zeugen u sei er hierüber informiert worden.
437
Diese Aussage ist schon nicht ergiebig, da sie nicht den hier entscheidenden Teil der
Achse 42 betrifft. Die gestrichene Position in der Abrechnung betraf den Bereich der
Achse 42/A-G, nicht aber die Konsole in dem hier interessierenden Bereich 42/L-Q. Die
Aussage ist zudem wenig glaubhaft. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1), 2) und 9)
sowie der Beklagten zu 3) bis 6) sowie den Aussagen der Zeugen y und W soll über die
Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A erst im Zusammenhang mit
der Abnahme, d.h. zwischen Oktober und Dezember 1992 gesprochen und entschieden
worden sein. Erst zu diesem Zeitpunkt bestand auch ein Anlass hierfür, da - wie bereits
ausgeführt - im April 1992 noch nicht ersichtlich war, dass die Konsole von der ARGE A
bis Ende 1992 nicht würde erstellt werden können. Zudem bestehen auch Widersprüche
zwischen der Aussage des Zeugen L3 und dem Vortrag der Beklagten zu 1), 2) und 9)
zu diesem Zeugen. Die Beklagten haben im Schriftsatz vom 9.8.1999 (Bl. 1362 d.A.), in
dem sie den Zeugen L3 benannt haben, vorgetragen, der Zeuge habe sich nach seinem
Gespräche mit dem Zeugen y an die ARGE A gewandt. Der Zeuge W habe ihm sodann
erklärt, dass Herr y auch ihn informiert habe, dass die Konsole im Rahmen der
Vergabeeinheit F erstellt werden solle. Der Zeuge L3 hat dagegen ausgesagt, er habe
mit dem Zeugen u gesprochen. Dieser hat in seiner Aussage ein solches Gespräch mit
dem Zeugen L3 indes nicht erwähnt. Vielmehr ergibt sich aus seiner Aussage, dass er
erst im Herbst 1992, mithin Monate nach der behaupteten Nachfrage des Zeugen L3,
von dem Zeugen W über die Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A
informiert worden sei. Der Vermerk vom 27.4.1993 kann somit mit der behaupteten
Herausnahmevereinbarung nichts zu tun haben, wie bereits oben dargelegt.
438
Gegen die Erinnerungsfähigkeit des Beklagten zu 3) und des Zeugen u, die als einzige
vor dem Hochwasserereignis von der behaupteten Heraunahmevereinbarung gehört
haben wollen, bestehen zudem die gleichen Bedenken wie bei den Zeugen y und W.
Beim Beklagten zu 3) und dem Zeugen u kommt hinzu, dass sie die Gespräche nicht
selbst miterlebt haben, sondern nur nachträglich über sie informiert wurden.
439
Die Verantwortlichen der ARGE F, auf die die Leistung übertragen werden sollte,
konnten dagegen - wie oben dargelegt - zu der behaupteten Absprache zwischen der
ARGE A und der Klägerin keine Angaben machen. Sie haben nicht bekundet, dass sie
von den Zeugen u oder W über die Vereinbarung unterrichtet worden seien.
440
(2.5.) Gegenzeugen
441
Den Aussagen der Zeugen y, W und u steht die Aussage des Zeugen
S
Vereinbarung getroffen worden sein soll, entgegen. Dieser hat die Aussagen der
Zeugen y und W nicht bestätigt.
442
Der Zeuge S hat vielmehr bekundet, dass er mit dem Zeugen y nicht über die
Herausnahme der Konsole aus der Leistung der ARGE A gesprochen habe und einer
solchen Herausnahme auch nicht zugestimmt habe.
443
Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass der Zeuge - der immerhin Projektleiter für die
Vergabeeinheit A und Hauptansprechpartner der C2 für dieses Los war - in seiner
Vernehmung nur wenig Detailkenntnis von der Baustelle zeigte. Verwunderlich ist auch,
auf welcher Grundlage der Zeuge davon ausgehen konnte, dass die Konsole im Bereich
der Achse 42/B-J fertiggestellt war, obwohl es keinen freigegebenen Plan für den
Schlitzwandkopf gab, sondern der Plan WK 42 G-L nur als Vorabzug herausgegeben
worden war.
444
Dennoch spricht für seine Aussage, dass ihm die Bedeutung der Konsole für den
Hochwasserschutz generell bekannt war und es aus seiner Sicht keinen Grund gab, der
Verschiebung der Leistung für den Bereich der Achse 42/L-Q zuzustimmen.
445
Die Aussage des Zeugen
U
Verschiebung der Konsole in eine andere Vergabeeinheit habe, ist unergiebig, da die
Gespräche mit dem Zeugen S geführt worden sein sollen und es auch möglich ist, dass
dieser den Zeugen U nicht informiert hat.
446
Auch der Aussage des Zeugen
Dr. O
Der Zeuge Dr. O hat bekundet, dass der Zeuge L4 ihn in einem Gespräch, welches auf
Veranlassung des Zeugen L4 1997 zustandegekommen sei, darüber informiert habe,
dass die Beklagte zu 1) bzw. deren Subunternehmer die Fertigstellung der Konsole
"vergessen" habe. Selbst wenn der Zeuge L4 dies dem Zeugen Dr. O erklärt hat, besagt
dies wenig, da der Zeuge L4, wie bereits dargelegt, aus eigener Anschauung keine
Kenntnis davon hatte, warum die Konsole zum Zeitpunkt des Schadensfalles nicht
fertiggestellt war. Zudem müssen die Angaben des Zeugen L4 gegenüber dem Zeugen
Dr. O auch nicht den Tatsachen entsprochen haben.
447
(2.6.)
448
Schließlich musste die Kammer bei der Bewertung der Aussagen auch berücksichtigen,
dass die Zeugen y, W, u, S und U nicht unbeteiligte Zeugen ohne eigenes Interesse am
Ausgang des Rechtsstreits sind, sondern vielmehr möglicherweise eine
Mitverantwortung für den erheblichen Schaden an dem Bauvorhaben tragen. Die
Zeugen W, y, u und S waren - im Bereich ihrer jeweiligen Arbeitgeber - dafür zuständig,
dass die Konsole im Bereich der Achse 42 planmäßig errichtet wurde. Zudem waren
zumindest die Zeugen S und u von ihren jeweiligen Arbeitgebern eingebunden worden
in die Rekonstruktion des Schadensfalles und die Verhandlungen über die
Verantwortlichkeit. Für den Zeugen S ergibt sich dies aus dem von der Klägerin
vorgelegten Vermerk des Zeugen vom 30.1.1996 über die Abrechnung der Konsole
durch die ARGE A (Anlage K 13), vom Zeugen u stammen die Informationen in den
Schriftsätzen der Beklagten zu 1) und 2).
449
Schriftsätzen der Beklagten zu 1) und 2).
Auch dies kann die Erinnerung der Zeugen beeinflusst haben.
450
(2.7.)
451
Damit spricht einiges dafür, dass es sich bei den bekundeten Gesprächen nicht mehr
um eine konkrete Erinnerung der Zeugen W, y und u handelt, sondern eine
Rekonstruktion, die sie nach dem Schadensfall aufgrund der fehlenden Planung für den
Schlitzwandkopf und der Änderung der Bewehrung vorgenommen haben. Dies wird
letztlich auch durch den Zeugen L4, den damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1),
bestätigt. Der Zeuge L4 war zwar für die Vergabeeinheit A nicht zuständig, aber nach
dem Schadensfall an den internen Ermittlungen der Schadensursache beteiligt. Er hat
hierzu angegeben, dass er trotz Analyse der Fakten nicht wisse, warum die Konsole
nicht gebaut worden sei und dass die Herausnahmevereinbarung das Ergebnis einer
nachträglichen Analyse der Fakten sei. Er habe die Umstände nicht vollständig
aufklären können, es habe eine gewisse Grauzone gegeben (Protokoll vom 30.11.1999,
Bl. 16, Bl. 1814 d.A.).
452
Hierzu passt auch die Entwicklung des Prozessvortrags der Beklagten zu 1) bis 6), der
mit zunehmendem zeitlichen Abstand zu der behaupteten Vereinbarung immer
detaillierter und präziser wird, wie oben bereits dargelegt.
453
Handelt es sich aber bei den Aussagen der Zeugen y und W um eine Rekonstruktion
und haben die Zeugen lediglich noch eine allgemeine Erinnerung daran, dass es
Gespräche über die Konsole in der Achse 42 gab - möglicherweise auch mit dem
Zeugen S -, so reicht dies zum Beweis für eine einvernehmliche Herausnahme der
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q aus der Vergabeeinheit A nicht aus. Denn es
lässt sich aufgrund einer solchen vagen Erinnerung nicht überprüfen, ob diese
Gespräche wirklich stattgefunden haben und sich solche Gespräche auch auf die
gesamte Achse 42 bezogen haben und nicht nur auf den Bereich von A bis J, in dem die
Schlitzwandkopfplanung noch fehlte, andererseits die Verschiebung der Konsole aber
nicht problematisch war.
454
2.2.4. Zusammenfassung
455
Zusammenfassend hat die Beweisaufnahme die behauptete Absprache über die
Herausnahme der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q aus der Leistung der ARGE A
nicht bestätigt.
456
Die angebliche Vereinbarung wurde weder schriftlich getroffen noch ist sie schriftlich
dokumentiert. Es gibt keine Unterlagen, die auf eine solche Absprache hindeuten.
457
Es gab keinen Grund für die behauptete Vereinbarung. Die planerischen
Voraussetzungen für die Konsole lagen vor, die Konsole hätte in diesem Bereich ohne
weiteres gebaut werden können - und zwar schon Ende 1992 durch die ARGE A.
Eventuelle Änderungen in der Bewehrung hätten - soweit erforderlich - kurzfristig beim
Statiker nachgefragt werden können, wie dies für die Konsole im Tunnelbereich auch
geschehen ist. Vielmehr stand die - zumindest den Zeugen y, S und U und dem
Beklagten zu 3) wenigstens generell bekannte - Bedeutung der Konsole für den
Hochwasserschutz einer zeitlichen Verschiebung entgegen.
458
Der fehlende Schlitzwandkopf im Bereich der Achse 42/A-J und eventuelle Gespräche
zwischen der C2 und der ARGE F hierüber lassen keine Rückschlüsse auf die Konsole
im Bereich der Achse 42/L-Q zu, da die Herstellung der Konsole in diesem Bereich
unabhängig von der Konsole im Bereich der Achse 42/A-J/K war.
459
Schließlich reichen auch die Zeugenaussagen zum Beweis für die behauptete
Absprache nicht aus, da aufgrund des Zeitablaufs, des Inhalts der Aussagen und der
Interessenlage der Zeugen Zweifel daran bestehen, dass diese Aussagen auf einer
konkreten Erinnerung beruhen und nicht nur Ergebnis einer Rekonstruktion nach dem
Schadensfall sind.
460
2.3. keine nach der Abnahme erfolgte Vertragsänderung
461
Die Herstellung der Konsole wurde auch nicht
nach
ARGE A herausgenommen.
462
Eine nachträgliche (Teil)Kündigung des Bauvertrages mit der ARGE A liegt nicht darin,
dass die Klägerin Ende 1993 die ARGE F mit der Erstellung der Konsole im
Tunnelbereich beauftragt hat (vgl. Schriftsatz der Beklagten zu 1), 2) und 9) vom
22.12.1999, Rdnr. 868f, Bl. 2023f d.A.). Diese Anweisung bezog sich lediglich auf den
Teilbereich auf dem Tunneldach. Selbst wenn man für diesen Teilbereich von einer
Kündigung ausginge, würde diese nicht den hier streitigen Abschnitt 42/L-Q umfassen.
463
3. kein Ausschluss der Gewährleistung
464
Der Gewährleistungsanspruch ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die ARGE
A durch Fehlen von Vorleistungen oder nicht rechtzeitiger Planlieferung an der
Herstellung der Konsole behindert war.
465
Der fehlende Schlitzwandkopf im Bereich der Achse 42/A-J stellt schon keine
Behinderung für die Errichtung der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q dar.
Bautechnisch war es ohne weiteres möglich, die Konsole im Bereich L-Q zu errichten,
ohne dass zuvor die Konsole in den Bereichen A-J und J/K-L (Tunneldecke) gebaut
werden musste, wie oben bereits ausgeführt. Selbst wenn aber eine Behinderung im
Bereich der Achse 42/A-J vorgelegten hätte, hätte dies die Verpflichtung der ARGE A,
die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q herzustellen, nicht berührt. Eine Behinderung
in einem Teilbereich führt nicht notwendig dazu, dass der Unternehmer alle
nachfolgenden Leistungen nicht mehr erbringen muss. Vielmehr wären die Arbeiten -
wenn die Konsole im Bereich A-J nicht gebaut werden konnte - in den anderen
Bereichen fortzuführen gewesen. Dies ergibt sich schon aus der allgemeinen
Förderungpflicht des Unternehmers nach § 6 Nr. 3 VOB/B (hierzu Merl, in Handbuch des
privaten Baurechts, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 418). Danach ist der Auftragnehmer verpflichtet,
bei einer Behinderung alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um
die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Hierzu gehörte auch die Fertigstellung
der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q. Diese war der ARGE A zumutbar. Schließlich
haben die Beklagten zu 1) und 2) als ARGE F die Konsole auf dem Tunneldeck vorab
hergestellt. Zudem ergibt sich auch aus dem Leistungsverzeichnis der ARGE A nicht,
dass diese einen Anspruch darauf hatte, die Konsole im Bereich der Achse 42 in einem
Zug fertigstellen zu können mit der Folge, dass sie zu einer nur teilweisen Herstellung
der Konsole im Bereich der Achse 42 nicht verpflichtet war. In den besonderen
Vertragsbedingungen unter Ziff. 3.3. (EVM(B)BVB, Anl. B 1) sind als Vertragsfristen
466
lediglich Fertigstellungsfristen für die Bereiche Achse A-I/42-26 (März 1992) und Achse
I-R/42-26 (Mai 1992) vereinbart. Aus diesen Fristen ergibt sich aber gerade nicht, dass
die Konsole im Bereich der Achse 42 im Zusammenhang hergestellt werden sollte.
Auch der Umstand, dass die Bewehrungspläne nicht an die Comax-Anschlüsse
angepasst waren, hindert den Gewährleistungsanspruch nicht. Es ist schon fraglich, ob
hierin überhaupt eine Behinderung liegt, da die Bewehrung - durch wen auch immer -
ohne geänderte Pläne zumindest weitgehend fertiggestellt wurde und Unklarheiten
durch eine einfache Anfrage an den Statiker hätten geklärt werden können.
467
Im übrigen würde auch eine Behinderung durch fehlende Bewehrungspläne nicht zu
einem Ausschluss der Gewährleistung führen, da die Voraussetzungen des § 13 Nr. 3
VOB/B nicht erfüllt sind. Diese Vorschrift regelt den Gewährleistungausschluss in den
Fällen, in denen der Mangel aus der Sphäre des Auftraggebers herrührt. Es kann
dahinstehen, ob überhaupt eine der Fallgruppen des § 13 Nr. 4 VOB/B gegeben ist, da
es jedenfalls an einer Behinderungsanzeige an die Klägerin fehlt. Nach dem Ergebnis
der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die ARGE A die aus ihrer Sicht fehlende
Änderung des Bewehrungsplanes angefordert hat. Der Zeuge y hat zwar bekundet,
dass die fehlenden Bewehrungspläne Thema gewesen seien, dagegen hat der Zeuge
W in seiner Vernehmung nicht bestätigt, dass die ARGE A die geänderten
Bewehrungspläne angemahnt habe. Hierzu habe für ihn kein Anlass bestanden, da zu
dem Zeitpunkt, zu dem die ARGE A die Pläne benötigt hätte, die Herausnahme der
Konsole aus der Leistung der ARGE A bereits beschlossen gewesen sei. Schriftliche
Unterlagen hierzu liegen nicht vor.
468
Eine Behinderungsanzeige war auch nicht nach § 6 Nr. 1 VOB/B wegen Offenkundigkeit
der Behinderung entbehrlich, da nicht feststeht, dass die Statiker und insbesondere
auch die Klägerin Kenntnis davon hatten, dass auch im Bereich der Achse 42/L-Q
Comax-Anschlüsse verwendet worden sind. Schriftliche Unterlagen hierzu diesen
Bereich betreffend gibt es nicht. Die vorgelegten Unterlagen (Anl. B 45 und B 46)
betreffen die Bereiche Achse 42 A-J und J-L. Die Zeugen konnten auch eine
ausdrückliche mündliche Absprache über die Verwendung von Comax-Anschlüssen
gerade in dem Bereich 42/L-Q nicht bestätigen. Der Zeuge I4 hat bekundet, dass er
gegenüber der ARGE A die Verwendung von Comax-Anschlüssen generell gebilligt
habe. Ob es darüber hinaus über einzelne Bereiche Nachfragen oder ausdrückliche
Absprachen gegeben habe, könne er nicht mehr angeben. Der Zeuge W konnte sich
ebenfalls an eine ausdrückliche Absprache betreffend den Bereich der Achse 42/L-Q
nicht mehr genau erinnern. Er meinte, die Verwendung von Comax-Anschlüssen sei
jeweils mit dem Statiker abgesprochen gewesen, für den Bereich der Achse 42/L-Q
habe man im September/Oktober 1992 entschieden, Comax zu verwenden (Protokoll
vom 10.6.1999, Bl. 28, 1286 d.A.). Dies sei sinnvoll gewesen, weil im weiteren Verlauf
der Achse ebenfalls Comax-Anschlüsse verwendet worden waren.
469
Auch nach dieser Aussage, die bezüglich der konkreten Absprache für den Bereich der
Achse 42/L-Q sehr allgemein gehalten ist und durch die Aussage des Zeugen I4 nicht
bestätigt wird, lässt sich eine Offenkundigkeit der Behinderung nicht annehmen.
470
Schließlich steht nicht fest, dass es überhaupt zu einer Behinderung gekommen ist, da
im Bereich L-Q die Bewehrung (zumindest weitgehend) und im Bereich J-K sogar die
gesamte Konsole hergestellt wurden, ohne dass geänderte Bewehrungspläne vorgelegt
worden wären. Im Bereich der Achse 42/J-K gab es lediglich am 24./26.11.1993 einen
471
Fax-Austausch zwischen der ARGE F und den Statikern zur Frage des Anschlusses der
Bewehrung (Anl. B 88 und B 89). Eine solche Anfrage hätte die ARGE A ohne weiteres
auch für den Bereich der Achse 42/L-Q an den Statiker richten können, wenn sie dies für
erforderlich gehalten hätte.
Eine Behinderungsanzeige ist auch nicht nach den Grundsätzen der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 14.1.1999 (NJW 1999, 1108; Bl. 1204 f d.A.) entbehrlich. Die
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (ebenso wie die vom BGH zitierte Literatur)
bezieht sich auf Ansprüche des Auftraggebers auf Vertragsstrafe oder
Schadensersatzansprüche wegen Nichteinhaltung der Ausführungsfrist, d.h. auf Fälle,
in denen der Auftraggeber Ansprüche aus einer verspäteten Fertigstellung der Leistung
ableitet. Diese Rechtsprechung kann aber nicht übertragen werden auf
Gewährleistungsansprüche aufgrund einer im Zeitpunkt der Abnahme mangelhaften
Leistung. Das ergibt sich schon aus § 13 Nr. 4 VOB/B, wonach der Auftragnehmer auch
bei Mängeln, die auf Anordnungen des Auftraggebers oder Leistungen eines
Vorunternehmers zurückzuführen sind, nur bei Erfüllung seiner Anzeigepflicht von der
Gewährleistung frei wird.
472
Schließlich sind Gewährleistungsansprüche auch nicht durch eine fehlende "Fälligkeit"
der Leistung ausgeschlossen. Zum einen bestand eine technische Notwendigkeit, aus
Gründen der Hochwassersicherheit die Konsole im hochwasserrelevanten Bereich der
Achse 42 L-Q unverzüglich nach Abriss der Spundwand zu errichten. Zum anderen
wurden auch ohne besondere Absprache alle Leistungen spätestens mit der Abnahme
fällig. Nach § 13 Nr. 1 VOB/B muss die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme mängelfrei
sei. Der Schaden ist nicht durch eine verspätete oder verzögerte Herstellung der
Konsole durch die ARGE A enstanden, sondern dadurch, dass die ARGE A ihre
Leistungen abgeschlossen hat, ohne die Konsole vollständig zu errichten.
473
II. Kausalität
474
Die fehlende Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q war nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme ursächlich für den Auftrieb des Hauptbauwerkes und damit auch
einen erheblichen Teil der eingetretenen Schäden. Dabei kann dahinstehen, ob nicht
schon ein Anscheinsbeweis dafür spricht, dass der fehlende Hochwasserschutz im
Bereich der Achse 42/L-Q den auf dem eindringenden Hochwasser beruhenden Auftrieb
des Gebäudes verursacht hat. Denn nach den Gutachten der Sachverständigen im
selbständigen Beweisverfahren und ihrer Anhörung vor der Kammer steht die Kausalität
fest.
475
1.
476
Ursache für den Auftrieb des Hauptbauwerkes ist nach den Feststellungen der
Gutachter, dass das Wasser im Schlitzwandtopf auf einen kritischen Wert von 47 - 49 m
NN angestiegen ist. Nach den statischen Berechnungen und der Baubeschreibung
durfte der Wasserstand im Schlitzwandtopf zur Vermeidung einer Auftriebsgefahr nicht
über 47 m NN steigen. Die für einen Auftrieb erforderlichen Kräfte und Wassermengen
sind aufgrund der teilweise vorhandenen Hochbauten sowie unterschiedlicher
Gründungstiefen in den einzelnen Bereichen des Hauptbaus bereichsweise
unterschiedlich (s. hierzu im einzelnen Anl. 9.2. des 1. Teilgutachtens vom 28.9.1994).
Nach den Berechnungen der Auftriebskräfte durch die Gutachter beginnt der kritische
Wasserstand bei ca. 47,2 m NN im ungünstigsten Bereich (Seite 9/1 und 7/2 des
477
Gutachtens vom 28.09.1994). Bei einem Wasserstand von ca. 49 m NN ist schließlich
das Gewicht des verdrängten Wasservolumens gleich dem Gesamtgewicht des
Baukörpers in der Hauptbaugrube zwischen den Achsen 11,5 und 42. Ab diesem
Wasserstand trägt das Wasser das Gebäude bei dem von den Sachverständigen
angenommenen Gewicht des Gebäudes im damaligen Zustand von 2700 MN.
Bis zum Hochwasser am 22.12.1993 lag der Topfwasserstand bei 44 bis 45 m NN, im
Mittel bei 44,5 m NN, so auch am 22.12. gegen 10.00 Uhr (1. Teilgutachten vom
28.9.1994, S. 8/22). Ab dem 22.12. zwischen 14.00 und 16.00 Uhr stieg der
Wasserstand im Topf deutlich an. Der Wasserstand lag gegen 18.00 Uhr bei 47 m NN,
gegen 19.30 Uhr wurden 49,6 m gemessen (1. Teilgutachten vom 28.9.1994, S. 8/22
sowie Anl. 8.5).
478
Aufgrund des Anstiegs des Wasserstands im Topf der Hauptbaugrube über den
kritischen Stand von 49 m NN kam es zu den Gebäudehebungen, die Ursache der
wesentlichen Schäden am Hauptbauwerk ist.
479
2.
480
Nach den Gutachten der Sachverständigen Prof. X3 und Prof. H im selbständigen
Beweisverfahren und der Anhörung der Sachverständigen in der mündlichen
Verhandlung ist Ursache für den Anstieg des Wasserstands im Topf Wasser, das durch
die Fuge zwischen Schlitzwand und Gebäudewand im Bereich der Konsolfehlstellen R
21/22 und 42 L-Q in den Schlitzwandtopf eingedrungen ist.
481
An diesen Stellen war die Konsole mit Fugenband nicht vorhanden, so dass ein
wasserdichter Abschluss der Fuge zwischen Schlitzwand und Gebäudeaußenwand
nicht gegeben war. Das Wasser konnte dort durch die Enkadrain-Matten und durch eine
Schwindfuge von ca. 1 cm Breite zwischen Gebäudeaußenwand und der Vorsatzschale
der Schlitzwand in den Schlitzwandtopf eindringen.
482
Die Kammer geht davon aus, dass durch die Enkadrain-Matten - unabhängig von deren
genauer Wasserleitkapazität und dem Vorhandensein von Weichfaserplatten - Wasser
eindringen konnte. Dies ist Zweck der Matten. Die Matten dienen gerade der Ableitung
von Wasser. Die Sachverständigen haben das Durchleitvermögen der Drainmatten mit
10 bis 20 cbm je Stunde und Meter geschätzt. Auch aus dem von den Beklagten zu 1),
2) und 9) mit Schriftsatz vom 1.12.1999 vorgelegten Schreiben des Herstellers vom
14.10.1999 (Bl. 1842 d.A.) ergibt sich eine Wasserleitkapazität von 3 l je Sekunde und
Meter (das entspricht 10,8 cbm je Stunde und Meter), wobei - im Hinblick auf die
Funktion dieser Matten, nämlich Wasser durchzuleiten - diese Angaben eher den
unteren Bereich angeben dürften. Auch unter Zugrundelegung dieses Wertes und eines
Abschlages bei dem von den Sachverständigen angenommenen höheren Betondruck
(33 kPa gegenüber 25 kPa, die dem Schreiben des Herstellers zugrundeliegen) und
einer Verringerung des Faktors i (vgl. den Vorhalt der Beklagten zu 1) und 2) im
Protokoll vom 7.12.1999, Bl. 25, Bl. 1999 d.A.), konnte jedenfalls durch die Enkadrain-
Matten nicht unerheblich Wasser eindringen.
483
In wesentlich größerem Umfang konnte Wasser durch den Schwindspalt zwischen
Vorsatzschale und Bauwerkswand eindringen.
484
Nach den Feststellungen der Gutachter war auch schon vor dem Hochwasser zwischen
485
der Vorsatzschale der Bauwerksaußenwand ein durch das Schwinden des Betons beim
Aushärten der Decken entstandener Spalt von einer durchschnittlichen Breite von 1 cm
vorhanden. Die Gutachter haben vor Ort nach dem Schadensfall einen Spalt festgestellt,
dessen Breite mehrere Zentimeter betrug. Messungen von Mitarbeitern der
Sachverständigen im März 1994 haben im Bereich der Achse 32 B - I Spaltweiten von
1,4 - 2 cm ergeben, im Bereich der Achse 42 K - Q waren es Spaltbreiten zwischen 2
und 4,5 cm; entlang der Achse R 38 - 42 sogar 2 - 9 cm. Da keine nennenswerten
Verkippungen des Bauwerks quer zur Achse 42 stattgefunden haben, ist die Annahme
gerechtfertigt, dass der Spalt nicht allein durch den Auftrieb verursacht wurde, sondern
als Schwindspalt bereits zum Zeitpunkt des Wasserzutritts vorhanden war. Hierfür
spricht auch, dass - wie die Sachverständigen in ihren Gutachten und im Termin
ausgeführt haben - mit einem Schwindspalt zu rechnen ist. Ebenfalls gerechtfertigt ist
die Annahme der Sachverständigen, dass vor dem Schadensfall eine Fugenbreite von
mindestens ca. 1 cm vorhanden war. Hierbei handelt es sich angesichts der nach dem
Schadensfall auch in Bereichen, in denen der Auftrieb relativ gering war, gemessenen
Fugenbreiten um eine "konservative Schätzung", d.h. der Spalt war eher breiter. Wegen
der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 9 + 10 des 2. Ergänzungsgutachtens vom
09.07.1999 im selbständigen Beweisverfahren Bezug genommen. Dabei kann
dahinstehen, ob die Schwindfuge planerisch vorgesehen und aus den Plänen
ersichtlich war. Wie oben dargelegt, steht fest, dass die Fuge jedenfalls vorhanden war
und durch diese Fuge Wasser eindringen konnte. Das Schluckvermögen dieses
Schwindspalts haben die Sachverständigen in ihrem Gutachten vom 28.09.1994 Anl.
6.2 S. 7 mit vorsichtig ca. 35 cbm pro Stunde je lfd.m. angegeben. Dies ergeben für die
Konsolfehlstelle in der Achse 42 auf einer Länge von 38 m 1.330 cbm/h. Insgesamt
konnte damit allein schon durch den Schwindspalt unabhängig vom Durchleitvermögen
der Enkadrain-Matten soviel Wasser eindringen, dass das Gebäude in Auftrieb geraten
konnte.
Das Eindringen von Wasser wurde an der Achse 42 auch nicht wesentlich durch die
Weichfaserplatten zwischen Schlitzwandkopf und Bewehrung verhindert, und zwar auch
dann nicht, wenn diese Platten - wie die Beklagten zu 1), 2) und 9) behaupten - auf Maß
geschnitten und mit Abstandshaltern an der Bewehrung der Konsole im Bereich der
Achse 42 L-Q fixiert waren. Die Sachverständigen haben hierzu in ihrem 2.
Ergänzungsgutachten (dort S. 3 - 6) sowie ihrer Vernehmung vor der Kammer (Protokoll
vom 7.12.1999 Bl. 25f, Bl. 1999f d.A.) ausgeführt, dass die Abstandshalter nur eine
bedingte Fixierung bewirken können, da die an der aufgehenden Wand befestigte
Bewehrung nicht mit ihrem Gewicht auf den Abstandshaltern liegt. Die
Weichfaserplatten führen zudem nicht zu einem wasserdichten Abschluss; da der
Schlitzwandkopf keine ebene Fläche bildet, kann unter die Weichfaserplatten Wasser
eindringen. Insbesondere können die Weichfaserplatten aber - selbst wenn sie bis zum
Auftrieb in ihrer ursprünglichen Lage verblieben sind - das Eindringen des Wassers
durch die Schwindfuge nicht wesentlich behindern. Denn die Weichfaserplatten bilden
keinen dichten Anschluss an die Bauwerkswand. Eine Abdichtung der Fuge zwischen
Schlitzwand und Bauwerkswand ist baupraktisch durch Weichfaserplatten nicht zu
erreichen und entspricht auch nicht dem Bestimmungszweck dieser Platten.
486
Der Vernehmung der zu den Weichfaserplatten benannten Zeugen und einer erneuten
Berechnung des Durchleitvermögens der Enkadrain-Matten auf Basis eines
angenommenen höheren Betondrucks (der zu einer Verringerung der Durchleitkapazität
führen würde) bedurfte es daher nicht.
487
3.
488
Dass das Eindringen des Wassers an den Konsolfehlstellen R 21 - 22 und 42 L - Q
ursächlich für den Auftrieb war, zeigt auch der zeitliche Ablauf. Aus den
Wasserstandsmessungen im Topf ergibt sich, dass zwischen 14.00 und 16.00 Uhr ein
Ansteigen des Wasserspiegels beobachtet wurde. Gegen 14.00 Uhr erreichte das
Wasser die Konsolfehlstelle R 21 - 22. Die Achse 42 erreichte das Hochwasser
zwischen 17.00 Uhr und 17.30 Uhr. Etwa ab 19.00 Uhr wurde der Auftrieb beobachtet (s.
im einzelnen 1. Teilgutachten vom 28.9.1994 S. 8/14 mit Anl. 8.2 und 8.3).
489
4.
490
Schließlich ist die Kausalität der Konsolfehlstellen in der Achse 42 L - Q auch nicht
dadurch ausgeschlossen, dass allein die Fehlstelle in der Achse R 21 - 22 schon
ausgereicht hätte für den Auftrieb. Hiergegen spricht zum einen schon der zeitliche
Zusammenhang zwischen dem Auftrieb und dem Wasserstand an der Achse 42; zum
anderen konnten die Gutachter nicht feststellen, dass der Hauptbau allein schon
aufgrund der durch die Konsolfehlstelle im Bereich der Achse R 21/22 einströmenden
Wassermengen in Auftrieb geraten wäre (s. 1. Teilgutachten vom 28.9.1994 Anl. 6.2. S.
14; 1. Ergänzungsgutachten vom 31.3.1998 S. 24).
491
Wie die Sachverständigen im einzelnen begründet und errechnet haben (Anl. 6.2 zum 1.
Teilgutachten vom 28.9.1994), ist das Schluckvermögen der Fuge zwischen
Schlitzwand und Gebäudeaußenwand (Enkadrain-Matten und Schwindspalt von ca. 1
cm) abhängig vom Wasserstand im Topf und dessen Einfluss auf das hydraulische
Gefälle. Je höher der Wasserstand im Topf ist, desto niedriger ist das Schluckvermögen.
492
Für die Fehlstelle in der Achse R/21-22 bedeutet dies, dass zwar bei einem
Wasserstand von 44,5 m NN das einströmende Wasser durch die Pumpen nicht mehr
aufgefangen werden kann, indes das bei Erreichen des im Bereich der Achse R
kritischen Wasserstands von 48,5 m NN noch (durch Untergrund und Schlitzwand sowie
durch den Spalt) einströmende Wasser dagegen von den Pumpen abgeleitet werden
konnte. Damit lässt sich nicht nachweisen, dass allein schon die Konsolfehlstelle im
Bereich der Achse R/21-22 den Auftrieb des Bauwerks verursacht hat (vgl. 1.
Teilgutachten Anl. 6.2 S. 14). Auch bei einem Stillstand der Pumpen von einer halben
Stunde (so die Klägerin) oder 1 Stunde (so die Beklagten zu 1), 2) und 9)) lässt sich die
Ursächlichkeit der Fehlstelle für den Auftrieb nicht nachweisen, da der Ausfall der
Pumpen in der Zeit zwischen 16.00 und 17.00 Uhr nur zu einem relativ geringen Anstieg
des Wasserstands im Schlitzwandtopf führte, wie die Sachverständigen in ihrer
Stellungnahme vom 16.12.1999 (Bl. 2004 ff d.A.) im einzelnen errechnet haben. Danach
konnte durch einen einstündigen Pumpenstillstand eine Wassermenge von 140 cbm
(die 4 Pumpen haben eine Förderkapazität von jeweils 35 cbm pro Stunde, insgesamt
mithin 140 cbm/h) nicht abgeführt werden. Dies führt auf den gesamten Topf des
Hauptbaus bezogen zu einer Erhöhung des Topfwasserstandes um ca. 5 cm. Selbst
wenn der Pumpenstillstand sich nur auf den Bereich der Achse 13,5 - 42 ausgewirkt
hätte, ergäbe sich lediglich eine Erhöhung des Topfwasserstandes von ca. 42 cm. Zum
Zeitpunkt der Ausfalls der Pumpen lag der Wasserstand im Topf aber noch bei etwa 45
m NN, mithin noch nicht im kritischen Bereich.
493
5.
494
Andere Ursachen für den Auftrieb des Gebäudes sind nach dem Gutachten der
Sachverständigen nicht ersichtlich. So kommen Undichtigkeiten der Schlitzwand oder
ein erhöhter Grundwasserdruck als Ursache nicht in Betracht. Solche Undichtigkeiten
hätten nämlich schon vor dem 22.12., 14.00 Uhr zu einem auffälligen Anstieg des
Wasserstandes im Topf führen müssen (1. Teilgutachten vom 28.9.1994, S. 8/26).
495
Auch der Pumpenausfall hatte für den Schaden keine Bedeutung. Auch ein einstündiger
Pumpenausfall hätte lediglich zu einem Anstieg des Wasserspiegels im Topf von
wenigen Zentimetern geführt, wie die Sachverständigen in ihrem Ergänzungsgutachten
vom 16.12.1999 (Bl. 2004 d.A.) nochmals errechnet haben und wie oben bereits
dargelegt.
496
Schließlich kann auch dahinstehen, ob die Spundwand, wie die Beklagten behaupten
(Rdnr. 73), im Bereich der Achse 42-43/K-L eine Höhe von lediglich 53,23 m hatte. Eine
zu geringe Höhe der Spundwand scheidet als Schadensursache aus. Im Bereich des
Hauptbaus war die Spundwand schon im Zuge der Errichtung der Außenwände entfernt
worden, lediglich im Tunnelbereich sowie im Bereich der Besuchergarage und des SO-
Gebäudes stand die Spundwand noch. Zudem lag der Hochwasserstand zum Zeitpunkt
des Auftriebs des Gebäudes noch unter 53 m NN, wie aus der Anl. 8.5. zum 1.
Teilgutachten vom 28.9.1994 ersichtlich.
497
Es kann nicht darauf abgestellt werden, ob bei Aufrechterhaltung des temporären
Hochwasserschutzes durch die Spundwand der gleiche Schaden entstanden wäre. Der
Mangel in der Leistung der ARGE A liegt nicht darin, dass sie die Spundwand vorzeitig
entfernt hat (was nach ihrem Vortrag - Bl. 396 f d.A. - nicht erst zur Errichtung der
Konsole, sondern schon für den Bau der aufgehenden Wand im Bereich der Lichthöfe
erforderlich war), sondern darin, dass sie die Konsole nicht hergestellt hat. Denn
jedenfalls zum Zeitpunkt der Abnahme hätte der endgültige Hochwasserschutz in Form
der aufgehenden Wand mit wasserdichtem Anschluss des Schlitzwandkopfes an die
aufgehende Wand durch Konsole und Fugenband fertiggestellt sein müssen. Dieser
endgültige Hochwasserschutz hätte eine Hochwassersicherheit bis zu einem Stand von
53,85 m - mithin ca. 0,5 m über dem Höchststand des Hochwassers vom 22./23.
Dezember 1993 - gewährleistet.
498
Lediglich im Bereich der Besuchergarage und im SO-Bereich war noch der temporäre
Hochwasserschutz in Form der Spundwand vorhanden. Dass in diesem Bereich die
Spundwand lediglich eine Höhe von 53,35 m hatte, und damit 3 cm niedriger als der
Höchststand des Hochwassers war, war indes nicht ursächlich für das Eindringen des
Wassers in die Hauptbaugrube und die am Hauptbau entstandenen Schäden. Diese
Schäden sind entstanden durch den Auftrieb des Gebäudes und nicht durch Wasser,
welches über die Spundwand auf die Baustelle strömen konnte. Das Hauptbauwerk war
bereits aufgetrieben, als der Wasserstand die Höhe der Spundwand im Bereich der
Besuchergarage und des SO-Gebäudes erreichte. Im übrigen hätte - wie auch die
Sachverständigen in ihrem 1. Teilgutachten (dort S. 10/6) und der Anhörung vor der
Kammer ausgeführt haben - die Spundwand in diesem Bereich kurzfristig durch
Sandsäcke erhöht werden können.
499
Andere Fehlstellen im Hochwasserschutz, die als Schadensursache in Betracht
kommen, wurden nicht aufgefunden.
500
Insbesondere war die Spundwandlücke in der Achse 50 M/N für den Auftrieb nicht
501
ursächlich. Ausweislich des Gutachtens der Sachverständigen (1. Teilgutachten vom
28.9.1994 Anl. 8.3) erreichte das Hochwasser diese Fehlstelle erst am 23.12..
6.
502
Die Prüfung der (haftungsausfüllenden) Kausalität dieser Fehlstelle für die einzelnen
Schadenspositionen bleibt dem Betragsverfahren vorbehalten (vgl. Zöller-Vollkommer,
ZPO, 21. Aufl., § 304 Rdnr. 14f). Dies gilt auch für die Frage, ob und ggfs. in welchem
Ausmaß das 2. bis 4. Untergeschoss auch bei ordnungsgemäßer Herstellung der
Konsole überflutet worden wäre, weil das Hochwasser über die Spundwand im Bereich
der Achsen 42-43 oder andere - nicht von den Beklagten zu 1) und 2) zu vertretende
Fehlstellen hätte eindringen können (vgl. hierzu den Vortrag der Beklagten zu 1), 2) und
9) im Schriftsatz vom 22.7.1998, Rdnr. 268 ff, Bl. 710 ff d.A.).
503
III. Verschulden
504
Das für den Schadensersatzanspruch nach § 13 Nr. 7 VOB/B erforderliche Verschulden
auf Seiten der ARGE A ist ebenfalls gegeben.
505
Dabei obliegt es analog § 282 BGB dem Auftragnehmer, darzulegen und zu beweisen,
warum ein objektiv vorhandener Mangel nicht auf sein Verschulden zurückzuführen ist
(Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., B § 13 Rdnr. 701; ebenso Beck´scher VOB-
Kommentar, § 13 Nr. 7 Rdnr. 134; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdnr. 1732).
506
Danach ist hier von einem Verschulden der ARGE A auszugehen.
507
Die ARGE A hat die Konsole nicht errichtet, obwohl sie hierzu vertraglich verpflichtet
war. Es ist nicht erkennbar, wie dies ohne Verschulden erfolgt sein soll.
508
1. Es ist - wie oben dargelegt - nicht erwiesen, dass die Konsole im Bereich der Achse
42/L-Q einvernehmlich aus dem Auftrag der ARGE A herausgenommen wurde.
509
2. Das Verschulden fehlt auch nicht etwa deshalb, weil die ARGE A gutgläubig von
einer Herausnahmevereinbarung ausgehen durfte. Dies könnte das Verschulden der
ARGE A nur dann ausschließen, wenn feststünde, dass der Zeuge y dem Zeugen W
erklärt hat, der Zeuge S sei mit der Herausnahme der Konsole aus dem Auftrag der
ARGE A einverstanden, und die ARGE A sich eine unzutreffende Erklärung des Zeugen
y nicht müsste zurechnen lassen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aber -
wie bereits ausgeführt - nicht fest, dass die Gespräche zwischen den Zeugen W und y
über die Herausnahme der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q stattgefunden haben.
510
3. Das Verschulden ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die ARGE A die
Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz nicht erkannt hat und auch nicht
hätte erkennen müssen.
511
Das Verschulden muss sich lediglich auf den Mangel (mithin das Fehlen der Konsole),
nicht aber auch auf dessen Auswirkungen beziehen (Merl, in: Handbuch des privaten
Baurechts, 2. Aufl., § 12 Rdnr. 729 m.w.Nachw.). Dass die Konsole aber zu ihrem
Leistungsumfang gehörte und von ihr zu errichten war, musste die ARGE A erkennen.
512
Zudem hätte sie auch die Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz erkennen
513
können und müssen. Auch wenn sich nicht feststellen lässt, dass die Funktion der
Konsole in den der ARGE A zur Verfügung gestellten Unterlagen ausdrücklich
beschrieben ist, durften die Beklagten zu 1) und 2) als Fachfirmen (die zudem noch über
besondere Kenntnisse im Wasserbau verfügten) nicht davon ausgehen, dass die
aufgehende Wand ohne Konsole und Fugenband als Hochwasserschutz ausreichen
würde. Der ARGE A war aus der Baubeschreibung bekannt, dass aus Gründen der
Auftriebssicherheit der Wasserpegel im Schlitzwandtopf nicht über 47 m NN ansteigen
durfte. Sie konnten und mussten ferner erkennen, dass ohne Konsole der
Schlitzwandtopf nicht hochwassersicher war, da sowohl durch die Enkadrain-Matten als
auch den Schwindspalt zwischen Vorsatzschale und Gebäudewand Wasser eindringen
konnte. Unabhängig davon, wie das Wasserleitvermögen der Enkadrainmatten ist,
konnte hier Wasser eindringen. Selbst wenn die ARGE A davon ausgehen konnte, dass
ein Eindringen auf einer Strecke von 38 m unschädlich ist, konnte sie jedenfalls nicht
davon ausgehen, dass bei einem völligen Fehlen der Konsole auf einer Strecke von 250
bis 300 m es nicht zu gefährdenden Wassereintritten kommen würde. Wenn die
Verantwortlichen der ARGE A, wie im Prozess vorgetragen, davon ausgegangen sind,
dass der Hochwasserschutz allein durch die Außenwand (ohne Konsole) gewährleistet
wird und die Konsole keine Bedeutung für den Hochwasserschutz hatte, bedeutet das,
dass sie es als unschädlich ansahen, wenn auf der gesamten Achse R und der Achse
42/L-Q keine Abdichtung des Schlitzwandtopfes vorhanden war. Hinzu kommt, dass die
Beklagten zu 1) und 2) als Fachfirmen auch mit dem Auftreten der Schwindfuge rechnen
mussten, wie die Sachverständigen im Termin vom 7.12.1999 (Bl. 3 des Protokolls, Bl.
1977 d.A.) dargelegt haben.
Schließlich durften die Beklagten zu 1) und 2) auch nicht davon ausgehen, dass es
eines wasserdichten Anschlusses der Schlitzwand an die aufgehende Wand deshalb
nicht bedurfte, weil eindringendes Wasser durch die vorgesehene Wasserhaltung
abgeführt werden konnte. Denn die Pumpen waren erkennbar nicht auf Hochwasser
eingestellt. Dies ergibt sich schon aus der Baubeschreibung und dem
Leistungsverzeichnis der - ebenfalls aus den Beklagten zu 1) und 2) bestehenden -
ARGE B, wonach die Kapazität der Pumpen an das im Nomalzustand durch die
Schlitzwand und die Enkadrainmatten eindringende Wasser ausgerichtet sind. In den
technischen Vorbemerkungen zum Titel "Wasserhaltung während der Bauzeit" des
Leistungsverzeichnisses der ARGE B (Anl. B 7, dort S. 116 f) heißt es zu den Pumpen
unter Ziffer 3:
514
"Nach Bodengutachten ist mit einem nur geringen Wasseranfall aus Sicker-, Leck-
und Tageswasser für die Wasserhaltung zu rechnen.
515
Die Bemessung der Pumpe erfolgt für diese Wassermengen."
516
Aus dieser Beschreibung war für die Beklagten zu 1) und 2) erkennbar, dass die
Pumpen gerade nicht die Funktion hatten, erhöhte Wassermengen bei Hochwasser
abzuführen, sondern lediglich das üblicherweise anfallende Wasser abzuleiten. Daraus
folgte wiederum - und war für eine Fachfirma erkennbar -, dass der Schlitzwandtopf
gegen Hochwasser gesichert werden musste.
517
4. Schließlich ist das Verschulden der Beklagten zu 1) und 2) auch nicht dadurch
ausgeschlossen, dass sie die Konsole wegen fehlender aktueller Bewehrungspläne
nicht bauen konnte. Wie oben dargelegt, stellte dies keine Behinderung dar, vielmehr
hätten die fehlenden Pläne durch eine einfache Nachfrage bei der Klägerin oder den
518
Statikern angefordert werden können.
IV. Besondere Voraussetzungen des § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B
519
Dagegen lassen sich die Voraussetzungen der erweiterten Haftung nach § 13 Nr. 7 Abs.
2 VOB/B nicht feststellen.
520
1. Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik
521
Der Mangel - d.h. das Fehlen der Konsole - beruht nicht auf einem Verstoß gegen die
anerkannten Regeln der Technik.
522
Anerkannte Regeln der Technik sind diejenigen technischen Regeln für die Fertigung
bzw. Konstruktion von Bauwerken und Bauleistungen, die in der Wissenschaft als
theoretisch richtig anerkannt sind und sich in der Baupraxis als zutreffend bewährt
haben (Merl, Handbuch des privaten Baurechts, aaO, § 12 Rdnr. 204).
523
Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik liegt nicht bereits darin, dass
die Konsole entgegen den Ausführungsplänen nicht fertiggestellt wurde.
Planabweichung reicht nicht, da dann jede Planabweichung schon den großen
Schadensersatzanspruch ausüben würde. Zudem stellen die Regeln der Technik auf
die bautechnische Qualität ab, was bei der Planung nicht ausschließlich der Fall ist.
524
Zwar widerspricht es den anerkannten Regeln der Technik, die Fuge zwischen
Schlitzwand und Gebäudewand nicht abzudichten, das konkrete Konzept entspricht
aber zumindest deshalb nicht den anerkannten Regeln der Technik, weil es in der
Praxis nicht gängig genug ist und damit auch nicht allgemein anerkannt. Die Gutachter
konnten kein weiteres Bauwerk angeben, bei dem das Hochwasserschutzkonzept des
T3-Baus verwendet wurde. Fehlt es aber dem Hochwasserschutzkonzept des T3-Baus -
unabhängig von seiner technischen Qualität - an der allgemeinen Gängigkeit, so
können auch Fehler bei der Ausführung dieses Konzeptes nicht als Verstoss gegen die
anerkannten Regeln der Technik angesehen werden.
525
Daher kann auch offen bleiben, inwieweit die von den Beklagten zu 1), 2) und 9)
dargestellten Schwachstellen des Konzeptes, die als Schwachstellen von den
Sachverständigen teilweise bestätigt wurden, dazu führen, dass diesem Konzept auch
die Anerkennung in der Fachwelt fehlt.
526
2. qualifiziertes Verschulden
527
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass das Fehlen der Konsole auf Vorsatz oder
grober Fahrlässigkeit beruht.
528
Die Voraussetzungen des qualifizierten Verschuldens hat der Auftraggeber zu beweisen
(Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 1737). Da sich die Gründe für das Fehlen der Konsole
letztlich nicht mehr klären ließen, lassen sich Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht
feststellen.
529
Es kann auch dahinstehen, ob der Klägerin der Nachweis gelungen ist, dass die ARGE
A die Konsole "vergessen" hat, da ein solches Vergessen als grobe Fahrlässigkeit noch
nicht ausreicht.
530
V. Mitverschulden
531
Der danach grundsätzlich gegebene Schadensersatzanspruch der Klägerin ist dem
Grunde nach durch eine eigene Mitverantwortung der Klägerin bzw. der C2 weder nach
§ 254 BGB ausgeschlossen noch eingeschränkt.
532
Die Darlegungs- und Beweislast für ein eventuelles Mitverschulden an der Entstehung
des Schadens liegt bei den Beklagten (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdnr.
2451).
533
Die von den Beklagten vorgetragenen Versäumnisse der Klägerin im Zusammenhang
mit dem Hochwasserschutzkonzept, der Einweisung der Baubeteiligten in das
Hochwasserschutzkonzept, der Vorlage von Ausführungsplänen und der Koordinierung
der Baustelle führen nicht zu einer Einschränkung oder einem Ausschluss der Haftung
der Beklagten.
534
1.
535
Den Beklagten zu 1) und 2) ist nicht entgegen § 9 VOB/A ein ungewöhnliches Wagnis
für Umstände und Ereignisse, auf die sie keinen Einfluss haben und deren Einwirkung
auf die Preise und Fristen sie nicht vorher hätten abschätzen können, aufgebürdet
worden.
536
Weder die Herstellung der Konsole noch die Überwachung der Herstellung der Konsole
waren mit einem ungewöhnlichen Wagnis verbunden.
537
Die Klägerin hat den Beklagten zu 1) auch 2) auch durch ihr Hochwasserschutzkonzept
kein ungewöhnliches Risikos auferlegt, welches sich im Schadensfall verwirklicht hätte.
538
Das Hochwasserschutzkonzept barg Risiken, die der Klägerin bekannt sein mussten,
insbesondere die oben dargestellte "zeitliche" Lücke im Hochwasserschutz zwischen
dem Abbau der Spundwand und der Herstellung der Konsole. Diese Lücke wäre auch
vermeidbar gewesen, wie die geänderte Hochwasserschutzkonzeption nach dem
Schadensfall zeigt. Hierin liegt aber weder ein außergewöhnliches Risiko noch ein das
Mitverschulden begründender Planungsfehler, da dieses Risiko ohne weiteres
beherrschbar war. Die Arbeiten konnten in einer hochwasserfreien Zeit ausgeführt
werden. Der Umstand, dass die Konsole auch mehr als ein Jahr nach dem Abbau der
Spundwand nicht fertiggestellt war, ist nicht Folge der Planung des
Hochwasserkonzeptes, sondern Folge des Ausführungsfehlers der ARGE A. Wie
bereits dargelegt, hätte die ARGE A die Konsole ohne weiteres zeitnah zum Abbau der
Spundwand fertigstellen können und müssen.
539
Auch weitere Schwachpunkte des Hochwasserschutzkonzeptes schränken die Haftung
der ARGE A nicht ein, da sie sich auf die Entstehung des Schadens nicht ausgewirkt
haben.
540
Die Kammer geht mit den Gutachtern davon aus, dass das Hochwasserschutzkonzept,
insbesondere die Abdichtung der Fuge zwischen Schlitzwandkopf und (wasserdichter)
Bauwerkswand mittels eines einbetonierten Fugenbandes Risiken barg. Wie die
Sachverständigen in ihrem 1. Teilgutachten vom 28.9.1994 sowie in ihrer Anhörung im
541
Termin vom 2.12. und 7.12.1999 auf entsprechenden Vorhalt der Beklagten zu 1), 2) und
9) ausgeführt haben, lässt sich die Lebensdauer eines solchen Fugenbandes schwer
voraussagen. Auch sind die Feststellung von Schäden am Fugenband und Wartungs-
und Sanierungsarbeiten nur mit großem Aufwand möglich, da das Fugenband nach
Fertigstellung der Konsole nicht mehr zugänglich ist. Auch diese Risiken sind aber, wie
die Sachverständigen ebenfalls ausgeführt haben, beherrschbar. Sie haben sich zudem
ebenfalls auf den Eintritt des Schadens nicht ausgewirkt.
Ein das Mitverschulden begründender Planungsfehler liegt auch nicht darin, dass das
ursprüngliche Hochwasserschutzkonzept keine Möglichkeit vorsah, das Hauptbauwerk
zu fluten. Die Gutachter haben dies in ihrem 1. Teilgutachten vom 28.9.1994 nicht als
Planungsfehler angesehen. Auch nach Auffassung der Kammer wäre bei plangerechter
Ausführung das Auftriebsrisiko so gering gewesen, dass es kein vorwerfbares
Mitverschulden darstellt, von einer weitere Sicherung in Form gezielter
Flutungsmöglichkeiten abzusehen.
542
Schließlich kommt auch dem Umstand, dass die Stromversorgung der zur
Wasserhaltung installierten Pumpen nicht hochwassersicher gelegen war, wie der
Pumpenausfall am 22.12.1993, der zum Umklemmen der Stromversorgung erforderlich
wurde, zeigt, keine Bedeutung für die Haftung der ARGE A zu. Auch dieser Umstand,
insbesondere der Pumpenstillstand, war für den Auftrieb des Gebäudes nicht kausal.
Wie bereits unter Bezugnahme auf die ergänzende schriftliche Stellungnahme der
Sachverständigen vom 16.12.1999 (Bl. 2004 ff d.A.) dargestellt, hätte auch ein
einstündiger Pumpenausfall nur zu einer Erhöhung des Pegels von 5 cm bzw. 42 cm
geführt, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem der kritische Wasserstand noch nicht
erreicht war.
543
Inwieweit einzelne Schäden aufgrund anderer Ursachen ohnehin eingetreten wären
oder auf anderen Umständen als dem Fehlen der Konsole in der Achse 42/L-Q beruhen,
ist für die Haftung dem Grunde nach unerheblich.
544
Die Herstellung der Konsole wurde auch nicht dadurch unzumutbar erschwert im Sinne
eines ungewöhnlichen Wagnisses, dass die Klägerin die Pläne für den Schlitzwandkopf
und die geänderten Bewehrungspläne nicht rechtzeitig freigegeben hat. Wie oben
bereits ausgeführt, stellte dies keine erhebliche Behinderung der Arbeiten dar. Durch
das Fehlen des Schlitzwandkopfes in der Achse 42/A-J war die ARGE A in der
Herstellung der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q nicht behindert; eventuelle
Ergänzungen der Bewehrungspläne hätten ohne weiteres angefordert und dann
kurzfristig geliefert werden können.
545
2.
546
Ein haftungsausschließendes oder -minderndes Mitverschulden der Klägerin liegt auch
nicht darin, dass sie die ARGE A - möglicherweise - nicht ausreichend über die
Hochwasserschutzkonzeption und die Notwendigkeit, die Konsole unmittelbar nach
Abbruch der Schlitzwand zu errichten, aufgeklärt hat.
547
Es steht schon nicht hinreichend fest, dass die Klägerin oder die Beklagten zu 7) und 8)
die Vertreter der ARGE A nicht hinreichend über die Bedeutung der Konsole für den
Hochwasserschutz informiert haben oder den verantwortlichen Mitarbeitern der ARGE A
die Bedeutung der Konsole nicht bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.
548
Allerdings haben sowohl der Zeuge W als auch der Zeuge u ausgesagt, ihnen sei die
Funktion der Konsole für den Hochwasserschutz nicht bekannt gewesen. Gegen die
Richtigkeit dieser Aussagen spricht indes, dass die Beklagten zu 1) und 2) als
Fachfirmen die Bedeutung der Konsole auch ohne ausdrückliche Hinweise hätten
erkennen können, wie die Sachverständigen ausgeführt haben. Zudem hat auch der
Zeugen I4 ausgesagt, er habe die ausführenden Firmen mündlich, nämlich in einem
"großen Vortrag" (Bl. 9 des Protokolls vom 2.12.1999, Bl. 1897 d.A.) anlässlich eines
"Jour-fixe-Termins" über das Hochwasserschutzkonzept und in diesem Zusammenhang
auch die Bedeutung der Konsole für die Abdichtung des Schlitzwandtopfes informiert.
Auch wenn die Aussage des Zeugen I4 über Ort, Zeit, Teilnehmerkreis und genauen
Inhalt dieser Aufklärung sehr vage ist und eine mündliche Information eine schriftliche
Aufklärung nicht ersetzt, kann es jedenfalls nicht als bewiesen angesehen werden, dass
den Verantwortlichen der ARGE A die Bedeutung der Konsole für den
Hochwasserschutz nicht bekannt war.
Letztlich kann dies aber dahinstehen, da auch eine unterlassene Aufklärung noch kein
haftungsminderndes Mitverschulden begründen würde. Den Sachverständigen zufolge
ist es weder üblich noch erforderlich, die Bedeutung der Konsole in den
Ausführungsplänen zu beschreiben, wenn ein solcher Hinweis auch sinnvoll und besser
gewesen wäre.
549
Die Kenntnis von der Funktion der Konsole war für ein plangerechtes Bauen der
Konsole auch nicht erforderlich. Nach den Ausführungsplänen hatte die ARGE A die
Konsole zu errichten. Dies war ihr auch ohne Kenntnis von der Bedeutung der Konsole
möglich.
550
Es lässt sich schließlich auch nicht feststellen, dass fehlende Kenntnis der Zeugen W
und Nanniga von der Bedeutung der Konsole schadensursächlich war, d.h. die Konsole
bei entsprechender Kenntnis der Zeugen Ende 1992 errichtet worden wäre. Wie bereits
dargelegt, ließ sich nicht mehr klären, warum die ARGE A die Konsole im Bereich der
Achse 42/L-Q nicht fertiggestellt hat.
551
3.
552
Ein Mitverschulden der Klägerin ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die
zuständigen Vertreter der C2 das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q
bemerkt oder fahrlässig nicht erkannt haben.
553
Wie bereits ausgeführt, haben die Beklagten nicht den ihnen obliegenden Beweis dafür
erbracht, dass den für das Vergabelos A zuständigen Vertretern der C2 das Fehlen der
Konsole positiv bekannt war.
554
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Vertretern der C2 das
Fehlen der Konsole fahrlässig nicht bekannt war. Da die Klägerin die Beklagten zu 3)
bis 6) mit der Objektüberwachung und der technischen Abnahme beauftragt hatte,
waren die Mitarbeiter der C2 nicht verpflichtet, die ordnungsgemäße Ausführung der
Arbeiten selbst vor Ort zu überwachen.
555
Das Wissen der mit der Objektüberwachung beauftragten Beklagten zu 3) bis 6) muss
sich die Klägerin im Rahmen des Mitverschuldens nicht zurechnen lassen, da der mit
der Bauüberwachung beauftragte Architekt nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im
556
Verhältnis zum Auftragnehmer ist. Denn der Bauherr schuldet dem Unternehmer keine
Objektüberwachung (st. Rechtsprechnung, vgl. Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 2458
m.w.Nachw.).
VI. Fehlstelle in der Achse R/21/22
557
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 2) in Form der
ARGE A ergibt sich dagegen nicht aus der Konsolfehlstelle im Bereich der Achse R
21/22. Es kann dahinstehen, ob in dieser Fehlstelle ein von der ARGE A zu vertretender
Mangel liegt, da - wie oben bereits ausgeführt - nicht bewiesen ist, dass diese Fehlstelle
für die Hochwasserschäden kausal geworden ist. Es konnte nämlich nicht zweifelsfrei
festgestellt werden, ob das durch diese Fehlstelle eindringende Hochwasser schon den
Auftrieb des Bauwerks bewirken konnte.
558
VII. weitere Anspruchsgrundlage § 823 BGB
559
Ob die Beklagten zu 1) und 2) in Form der ARGE A auch nach § 823 BGB wegen der
Konsolfehlstelle im Bereich der Achse 42/L-Q für die durch das Hochwasser
entstandenen Schäden haften, kann dahinstehen, da diese Vorschrift nicht zu einer
weitergehenden Haftung der Beklagten führen würde als § 13 Nr. 7 VOB/B. Die
Haftungsbegrenzungen des § 13 Nr. 7 VOB/B gelten auch für deliktische Ansprüche.
Insbesondere kann ein nach § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B nicht ersatzfähiger Schaden nicht
über § 823 BGB ersetzt verlangt werden (Kohler, Beck´scher VOB-Kommentar, § 13 Nr.
7 Rdnr. 41). Dies würde dem Schutzzweck des § 13 Nr. 7 VOB/B zuwiderlaufen.
560
VIII. Zinsen
561
Die Zinsansprüche sind dem Grunde nach aus § 286 BGB gerechtfertigt. Dies gilt auch
für den Anspruch auf Zinseszinsen (Antrag zu 7)), der sich dem Grunde nach aus § 286
Abs. 1, 289 S. 2 BGB ergibt.
562
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Gläubiger als
Schadensersatz auch Zinsen von Verzugszinsen verlangen, wenn er den Schuldner
wegen rückständiger Verzugszinsbeträge wirksam in Verzug gesetzt hat (BGH NJW
1993, 1260). Eine solche Inverzugsetzung liegt in der Klageerhebung, die gem. § 284
Abs. 1 S. 2 BGB einer Mahnung gleichsteht. Dem steht nicht entgegen, dass nach der
Rechtsprechung des BGH "auch der nachgewiesene Schaden aus der Vorenthaltung
von Verzugszinsen nicht allein aus dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit, sondern
allein aus dem des Verzuges ersetzt werden soll" (BGH, aaO). Dies schließt nicht aus,
dass der Verzug wiederum - wie es auch § 284 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich vorsieht -
durch die Erhebung der Klage begründet werden kann. Das zeigt sich auch daran, dass
der BGH in der zitierten Entscheidung die Klageerhebung nur deshalb nicht als
verzugsbegründend ansieht, weil im konkreten Fall die geltend gemachte Zinsforderung
"weit überhöht war". Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
563
B. Haftung der Beklagten zu 1) und 2) als ARGE B
564
Ein Schadensersatz der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 2) als ARGE B aus
positiver Vertragsverletzung besteht dagegen nicht.
565
Die ARGE B hat weder die ihr obliegende Hinweispflicht verletzt noch hat sie den
566
Schaden durch unvollständige oder irreführende Hinweise verursacht.
Die ARGE B war nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die Konsole
im Bereich der Achse 42/L-Q noch nicht hergestellt war. Dem Unternehmer obliegt
grundsätzlich keine Prüfungs- und Hinweispflicht bezüglich der Leistung anderer
Unternehmer, sofern seine Leistung nicht auf der Leistung des anderen Unternehmers
aufbaut (Merl, in: Handbuch des privaten Baurechts, § 12 Rdnr. 103). Da die Konsole
keine Vorleistung für die Leistung der ARGE B war, bestand demnach keine generelle
Hinweispflicht der ARGE B auf das Fehlen der Konsole; erst recht musste die ARGE B
das Vohandensein der Konsole nicht überprüfen.
567
Der ARGE B oblag darüber hinaus auch nicht der Hochwasserschutz im Bereich der
Achse 42. Die Zuständigkeit für die Wasserhaltung umfasste nicht auch die
Zuständigkeit für die Einhaltung des Hochwasserschutzes in anderen Bereichen (d.h.
dafür, dass die Hochwasserwand = Gebäudeaußenwand und der wasserdichte
Anschluss der Außenwände an den Schlitzwandkopf gewährleistet sind). Vielmehr
gehörte zur Wasserhaltung lediglich die Abführung des (planmäßig) in den
Schlitzwandtopf eindringenden Wassers sowie die Kontrolle des Wasserpegels im
Schlitzwandtopf.
568
Auch ihr Schreiben vom 11.10.1993 (Anl. K 22), in dem die ARGE B auf einige Stellen
hinweist, in denen ein permanenter Hochwasserschutz von 53,35 m NN nicht
vorhanden ist, begründet keine weitergehenden Hinweispflichten auf andere
Undichtigkeiten oder Lücken im Hochwasserschutz. Die ARGE B hat mit diesem
Hinweis keine weitergehenden Aufgaben übernommen. Dem Schreiben kann auch aus
Sicht der Klägerin nicht entnommen werden, dass die ARGE B den gesamten
Außenbereich überprüft hat. Das Schreiben nimmt für sich nicht in Anspruch, vollständig
zu sein. Schließlich betrifft das Schreiben von seinem Inhalt her nicht planwidrige
Ausführungsmängel wie das Fehlen des wasserdichten Anschlusses der Schlitzwand
an das Bauwerk im Bereich der Achse 42.
569
Eine weitergehende Hinweispflicht der ARGE B auf Ausführungsmängel der ARGE A
lässt sich schließlich auch nicht daraus ableiten, dass dem Bauleiter der ARGE B, dem
Zeugen u, aus seiner Tätigkeit für die ARGE A oder im Zusammenhang mit anderen
Notmaßnahmen gegen das Hochwasser im Dezember 1993 die Fehlstelle im Bereich
der Achse 42 positiv bekannt war (oder jedenfalls hätte bekannt sein müssen). Eine der
Klägerin gegenüber bestehende Hinweispflicht der ARGE B wird hierdurch nicht
begründet.
570
C. Haftung der Beklagten zu 1) und 2) als ARGE F
571
Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als sie sich gegen die Beklagten zu 1) und 2)
in Gestalt der ARGE F richtet. Der Klägerin stehen keine Schadensersatzansprüche
gegen die ARGE F zu.
572
I.
573
Eine Haftung der ARGE F für das Fehlen der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q ist
nicht ersichtlich, da die ARGE F mit der Herstellung dieser Konsole unstreitig nicht
beauftragt war.
574
II.
575
Ein Schadensersatzanspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B, positiver Vertragsverletzung oder §
823 BGB lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die durchgeführten provisorischen
Notmaßnahmen im Bereich der 7 m breiten Spundwandlücke in der Achse 50/M-N nicht
ordnungsgemäß und nicht den Regeln der Technik entsprechend ausgeführt worden
sind.
576
Insoweit fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Verschulden der betreffenden
Mitarbeiter der ARGE F.
577
1. Eine objektive Pflichtverletzung liegt nicht darin, dass die ARGE F von Anweisungen
der Klägerin abgewichen ist.
578
Es kann nicht festgestellt werden, dass die ARGE F bei der Ausführung der
Notmaßnahme die Anweisungen der Klägerin bzw. der ABE nicht beachtet hat.
Unstreitig hatte die ABE angeordnet, eine Abdichtung aus Fertigbetonteilen zu errichten,
vor die ein Erdwall aus bindigem Boden angeschüttet werden sollte. Es liegen keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass die ARGE F hiervon abgewichen ist und entgegen dieser
Anordnung keinen bindigen Boden verwendet hat. Allein aus dem Umstand, dass diese
Notmaßnahme letztlich nicht gehalten hat, sondern durch das Hochwasser weggespült
wurde, ergibt sich nicht, dass die ARGE F keinen bindigen Boden verwendet hat.
579
Die Gutachter konnten die Notmaßnahme nicht mehr in der ursprünglichen Form in
Augenschein nehmen, da die Schüttungen nach dem Schadensereignis teilweise
entfernt worden sind. Aus Fotos, die den Sachverständigen vorlagen, ergab sich aber,
dass durch die Fugen zwischen den Betonfertigteilen und durch den angeschütteten
Boden nach einiger Zeit erhebliche Wasserzutritte aufgetreten sind (1. Teilgutachten
vom 28.9.1994, S. 8/13). Dies lässt aber noch nicht darauf schließen, dass die
Mitarbeiter der ARGE F keinen bindigen Boden verwendet haben. Vielmehr stellt - wie
der Sachverständige Prof. X3 im Termin vom 2.12.1999 ausgeführt hat (S. 24 des
Protokolls, Bl. 1912 d.A.) - schon die angeordnete Maßnahme, nämlich die Verwendung
von Betonfertigteilen, deren Fugen durch eine Erdanschüttung verschlossen werden
sollen, keine fachmännische Hochwassersicherung dar. Denn der Boden der
Anschüttung erodiert durch die Fugen der Betonfertigteile, so dass das Wasser durch
die Fugen hindurchfließen kann. Auf der anderen Seite spricht alles dafür, dass die
ARGE F, wie von ihr vorgetragen, für die provisorische Sicherung dieser
Spundwandlücke das gleiche Bodenmaterial verwendet hat wie für die Notmaßnahmen
in den benachbarten Bereichen, die nicht weggespült wurden.
580
2. Eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt auch nicht darin, dass die ARGE F die
Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, dass die angeordnete Notmaßnahme nicht
fachmännisch war. Insoweit fehlt es zumindest an einem Verschulden. Es handelte sich
um eine von mehreren Notmaßnahmen, die die ARGE F zu einem Zeitpunkt, als das
Hochwasser sich bereits der Baustelle näherte, kurzfristig ausführen musste. Auf die
Anordnung der Maßnahmen hatte die ARGE F keinen Einfluss. Die Maßnahmen waren
von fachkundiger Seite, nämlich der Klägerin und der ABE auf einer Baubesprechung
am 21.12.1993 beschlossen worden, zu der Vertreter der ausführenden Firmen nicht
hinzugezogen wurden und an der sie auch nicht beteiligt waren.
581
In einer solchen Situation stellt es keine vorwerfbare Pflichtverletzung dar, wenn die
582
ARGE F die angeordneten Maßnahmen ausgeführt hat, ohne selbst zu überprüfen, ob
diese Maßnahmen aus technischer Sicht fachgerecht sind und die Klägerin auf
Bedenken hinzuweisen.
Jedenfalls wäre ein Ersatzanspruch aber durch ein überwiegendes Mitverschulden der
Klägerin, die die Maßnahmen über die bauleitende ABE angeordnet hat,
ausgeschlossen.
583
III.
584
Schließlich ergibt sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 4 Nr. 7 VOB/B,
aus positiver Vertragsverletzung oder aus § 823 BGB auch nicht aus einer
unzureichende Hochwassersicherung im Bereich der Achse 42/K-L (Entfernen der
Spundwand und/oder nicht ausreichende Schutzmaßnahmen an dieser Stelle).
585
1. Das Entfernen der Spundwand auf dem Tunneldeck auf einer Breite von etwa 1,6 m
stellt keinen Mangel oder eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung der
ARGE F dar.
586
Die ARGE F musste auf ausdrückliche Anordnung der Klägerin bzw. der ABE die
Konsole auf dem Tunneldeck erstellen, damit bis Anfang Januar eine Rampe als Zufahrt
für die Firma T6, die mit Kanalbauarbeiten im Bereich der sog. C-Allee bei Achse 42/43
beauftragt war, fertiggestellt war. Die Entfernung der Spundwand war zur Errichtung der
Konsole auf dem Tunneldeck und insbesondere zum Anschluss dieses Teilstücks der
Konsole an die vorhandene Bewehrung im Bereich der Achse 42/L-Q erforderlich.
587
2. Eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt auch nicht darin, dass die ARGE F bei
Herannahen des Hochwassers die Spundwandlücke nicht ordnungsgemäß
verschlossen hat, da durch eine solche Notmaßnahme das Überfluten des Tunneldecks
nicht verhindert worden wäre.
588
Es kann dahinstehen, ob die ARGE F die Spundwandlücke durch eine
Lehmanschüttung provisorisch verschlossen hat. Denn aufgrund des Auftriebs des
Gebäudes hätte eine solche Anschüttung die Überflutung des Tunneldecks nicht
verhindern können. Wie der Sachverständige Prof. X3 im Termin vom 2.12.1999 (Bl. 23
des Protokolls, Bl. 1911 d.A.) erläutert hat, entsteht durch das Anheben des Gebäudes
zwangsläufig ein Riss in der Anschüttung, durch den Wasser eindringt und die
Erdanschüttung wegspült. Vermutlich hat die Anschüttung bis zum Auftrieb des
Gebäudes gehalten, auch wenn sich dies nicht mit Sicherheit nachweisen lässt. Nach
diesen Feststellungen der Gutachter ist weder ausgeschlossen, dass eine solche
Anschüttung aus Lehm, wie von den Beklagten zu 1), 2) und 9) behauptet, vorhanden
war, noch steht fest, dass Ausführungsfehler bei der Herstellung des provisorischen
Hochwasserschutzes in diesem Bereich ursächlich dafür sind, dass die Anschüttung
weggespült wurde. Mit dem Auftrieb des Gebäudes mussten die vor Ort tätigen
Mitarbeiter der ARGE F nicht rechnen.
589
Schließlich ergibt sich eine Haftung auch nicht daraus, dass - wie die Sachverständigen
ebenfalls ausgeführt haben - eine solche Anschüttung aus Lehm keine fachgerechte
Hochwasserabsicherung darstellt und auch als Notmaßnahme aus Sicht eines
Fachmannes z.B. Sandsäcke geeigneter gewesen wären (s. im einzelnen Bl. 24 des
Protokolls vom 2.12.1999, Bl. 1912 d.A.). Denn insoweit fehlt es - wie bereits oben im
590
Zusammenhang mit der Spundwandlücke im Bereich der Achse 50/M-N dargestellt -,
jedenfalls an dem erforderlichen Verschulden der Mitarbeiter der ARGE F, die innerhalb
eines Tages an mehreren Stellen der Baustelle Notmaßnahmen ausführen mussten.
Unabhängig davon ist zudem davon auszugehen, dass sich der Umstand, dass die
Notmaßnahme nicht fachgerecht war, auf den Schaden nicht ausgewirkt hat, da der
Schaden auch bei Verwendung von Sandsäcken eingetreten wäre. Durch den Auftrieb
des Gebäudes wäre es auch in diesem Fall zu Undichtigkeiten gekommen, die letztlich
ebenfalls dazu geführt hätten, dass das Tunneldeck überflutet worden wäre.
591
Klage gegen die Beklagten zu 3) bis 6)
592
Die gegen die Beklagten zu 3) bis 6) gerichtete Klage ist dem Grunde nach aus § 635
BGB gerechtfertigt.
593
I.
594
Die Beklagten zu 3) bis 6) haben im Zusammenhang mit der Konsole im Bereich der
Achse 42/L-Q ihre Pflichten zur Objektüberwachung aus dem Vertrag vom 20.10.1989
(Anl. K 7) verletzt.
595
1. Mangel
596
Nach § 3.5 des Architektenvertrages vom 20.10.1989 waren den Beklagten zu 3) bis 6)
die Grundleistungen der Leistungsphase 8 nach § 15 HOAI (Objektüberwachung)
übertragen. Hierzu gehört u.a. das Überwachen der Ausführung des Objektes auf
Übereinstimmung mit der Baugenehmigung oder Zustimmung, den Ausführungsplänen
und Leistungsbeschreibungen, den anerkannten Regeln der Technik und den
einschlägigen Vorschriften. Ferner oblag den Beklagten zu 3) bis 6) die technische
Abnahme, d.h. in Vorbereitung der rechtsgeschäftlichen Abnahme die Überprüfung der
Bauleistungen auf vertragsgemäße Erfüllung und die Feststellung und Auflistung von
Mängeln. Dies umfasst neben der Überprüfung der Arbeiten auf Mängel und Fehler
auch die Aufklärung des Bauherren über erkannte Mängel (Locher/Koeble/Frik, aaO, §
15 Rdnr. 214).
597
Danach gehörte es zu den vertraglichen Pflichten der Beklagten zu 3) bis 6), in
Vorbereitung der rechtsgeschäftlichen Abnahme durch die C2 die Arbeiten der ARGE A
zu überprüfen, eventuelle Mängel festzustellen und diese der C2 mitzuteilen.
598
Diese Pflicht haben die Beklagten zu 3) bis 6) dadurch verletzt, dass sie das Fehlen der
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q nicht gerügt und der Klägerin mitgeteilt, sondern
ungeachtet der fehlenden Konsole die Abnahme empfohlen haben.
599
Wie bereits ausgeführt, stellt das Fehlen der Konsole einen Mangel in der Leistung der
ARGE A dar, da die Konsole zum Leistungsbereich der ARGE A gehörte und das
Fehlen der Konsole dazu führte, dass das Bauwerk nicht hochwassersicher war.
600
Die Beklagten zu 3) bis 6) hätten den Mangel bei den Vorbegehungen zur Abnahme
feststellen müssen.
601
Nach dem Vortrag der Beklagten zu 3) bis 6) haben sie das Fehlen der Konsole erkannt.
602
Danach war sowohl dem Zeugen y als auch dem Beklagten zu 3) bekannt, dass die
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q nicht gebaut war.
Selbst wenn die Beklagten zu 3) bis 6) diesen Mangel nicht erkannt hätten, läge eine
Pflichtverletzung vor. Denn die Beklagten zu 3) bis 6) hätten die Fertigstellung des
Hochwasserschutzes und damit auch der Konsole in den hochwassergefährdeten
Bereichen überprüfen müssen. Ferner hätten sie auch im Rahmen der technischen
Abnahme überprüfen müssen, ob die ARGE A ihre Leistung vollständig erbracht hat.
603
Der Umfang und die Intensität der Überwachungstätigkeit hängen von den
Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab. Einfache,
gängige Arbeiten muss der Architekt nicht überwachen; dagegen hat er jedoch den
wichtigen und kritischen Bauabschnitten seine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden
(Locher/Koeble/Frik, aaO, § 15 Rdnr. 204, 206, 207 m.w.Nachw.). Zu den wichtigen und
kritischen Bauabschnitten gehört auch der Hochwasserschutz und damit auch die
Konsole in den hochwassergefährdeten Bereichen (d.h. in den Bereichen, in denen
ursprünglich die Spundwand als temporärer Hochwasserschutz stand). In
Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass zu den wichtigen und kritischen
Bauabschnitten, für die eine besondere Überwachungspflicht gilt, Abdichtungsarbeiten
und Bewehrungsarbeiten gehören (z.B. Locher/Koeble/Frik, aaO, § 15 Rdnr. 208
m.w.Nachw.). Anlass für eine verstärkte Überwachung der Konsole bestand auch
deshalb, weil nach der Planung der Klägerin zwischen dem Abbau des provisorischen
Hochwasserschutzes (Spundwand) und der Fertigstellung des endgültigen
Hochwasserschutzes (Bauwerkswand mit Konsole und Fugenband) zwangsläufig eine
zeitliche Lücke im Hochwasserschutz bestand, die aber so kurz wie möglich zu halten
war. Im Bereich der Achse 42 kommt noch hinzu, dass aufgrund der fehlenden
Schlitzwandkopfplanung im Bereich der Achse 42/A-J und der - im Dezember 1992
planmäßig - auf dem Tunneldach noch nicht ausgeführten Konsole besondere
Veranlassung bestand, das Vorhandensein der Konsole im weiteren Verlauf der Achse
42 zu überprüfen. Auf der anderen Seite erforderte eine solche Überprüfung auch
keinen besonderen Aufwand oder keine besonderen Kenntnisse. Die Funktion der
Konsole im Rahmen des Hochwasserschutzes war den Beklagten zu 3) bis 6) nach
ihrem eigenen Vortrag bekannt.
604
Die Haftung der Beklagten zu 3) bis 6) ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die
zuständigen Mitarbeiter der C2 das Fehlen der Konsole kannten oder die Konsole durch
die C2 sogar aus dem Auftrag der ARGE A herausgenommen worden ist. Im Rahmen
der Haftung der Beklagten zu 3) bis 6) obliegt diesen die Beweislast für die behauptete
Herausnahmevereinbarung bzw. die Kenntnis der Klägerin vom Fehlen der Konsole.
Denn auch die Beklagten zu 3) bis 6) berufen sich auf eine Vertragsänderung, für die sie
beweispflichtig sind. Ebenso sind sie für die Kenntnis der C2 von dem Mangel
beweispflichtig, da diese Kenntnis einen haftungsausschließenden Umstand darstellt,
für dessen Vorliegen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Beweislast trägt, der
sich auf ihn beruft.
605
Wie oben dargelegt, ist nicht bewiesen, dass die Konsole im Bereich der Achse 42 L-Q
in Absprache mit der Klägerin aus der Leistung der ARGE A herausgenommen wurde.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht ebenfalls nicht fest, dass die Klägerin
bei der Abnahme der Leistungen der ARGE A Kenntnis davon hatte, dass die Konsole
in diesem Bereich noch nicht errichtet war. Die Beweisaufnahme hat die Behauptung
der Beklagten zu 3) bis 6), die Konsollücke sei bei den Vorbegehungen in Augenschein
606
genommen und die Herausnahme bei der Abnahme in Anwesenheit der Vertreter der
C2 nochmals besprochen worden, nicht bestätigt. Kein Zeuge hat bekundet, dass bei
der eigentlichen Abnahmebesprechung ausdrücklich davon die Rede war, dass die
Konsole im Bereich der Achse 42 noch nicht vorhanden ist. Auch konnte kein Zeuge
angeben, dass die Konsollücken speziell in Augenschein genommen worden sind.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch nicht fest, dass die Bauwerkswand
im Bereich der Achse 42 überhaupt von außen in Augenschein genommen wurde.
Selbst nach der Aussage des Zeugen y hat allenfalls eine kurze Sichtkontrolle über die
Brüstung auf dem Deck des 1. Untergeschosses stattgefunden. Gegen die
Glaubhaftigkeit dieser Aussage bestehen indes Bedenken, wie bereits ausgeführt. Die
diesbezügliche Aussage des Zeugen y wurde zudem durch die übrigen, an den
Vorbegehungen beteiligten Zeugen (I6, S3, L, S, W) nicht bestätigt.
2. Verschulden
607
Die Beklagten haben die Pflicht zur Objektüberwachung schuldhaft verletzt. Im Rahmen
des § 635 BGB obliegt es nach dem Rechtsgedanken des § 282 BGB den Beklagten,
sich zu entlasten (Palandt-Sprau, BGB, 57. Aufl., § 635 Rdnr. 9 m.w.Nachw.). Die
Beklagten zu 3) bis 6) kannten - ebenso wie der Zeuge y - die Bedeutung der Konsole
für den Hochwasserschutz, auch war nach deren eigenen Angaben zumindest dem
Zeugen y und dem Beklagten zu 3) bekannt, dass die Konsole nicht durch die ARGE A
errichtet worden war. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten zu 3) bis 6) Ende
1993 bei Herannahen des Hochwassers davon ausgehen durften, dass die Konsole im
Bereich der Achse 42/L-Q zwischenzeitlich fertiggestellt war. Hierfür hatten sie keine
Anhaltspunkte. Umstände, die ein Verschulden dennoch ausschließen, sind nicht
vorgetragen.
608
Vielmehr liegt auf Grundlage des Vorbringens der Beklagten zu 3) bis 6), ihnen sei
sowohl die Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz als auch das Fehlen der
Konsole in diesem Bereich bekannt gewesen, sogar - bezogen auf die Pflichtverletzung
- zumindest grobe Fahrlässigkeit vor.
609
3. Haftungsausschluss wegen "Obliegenheitsverletzung"
610
Die Haftung der Beklagten zu 3) bis 6) ist nicht durch Obliegenheitsverletzungen seitens
der Klägerin oder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB ausgeschlossen.
611
3.1. Ein Haftungsausschluss oder eine Haftungseinschränkung lässt sich nicht daraus
herleiten, dass die Klägerin zu Lasten der Beklagten zu 3) bis 6) eine besondere, nicht
erforderliche Gefahrenlage geschaffen hat. Auch den Beklagten zu 3) bis 6) wurde durch
das Hochwasserschutzkonzept der Klägerin oder die Organisation und Koordinierung
des Bauablaufs kein außergewöhnliches Risiko auferlegt, welches ihre Haftung als
unbillig erscheinen lässt. Wie oben bereits dargelegt, haben sich die Schwachpunkte im
Hochwasserschutzkonzept und eventuelle Versäumnisse der Klägerin bei der Freigabe
der Ausführungspläne auf den Eintritt des Schadens nicht ausgewirkt. Ursache des
Schadens war vielmehr, dass die ARGE A die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q
nicht fertiggestellt hat und die Beklagten zu 3) bis 6) dies nicht gerügt, sondern statt
dessen die technische Abnahmereife der Leistung der ARGE A bestätigt haben.
Schadensursächlich war damit nicht die Planung und Koordinierung des
Hochwasserschutzkonzeptes, sondern dessen mangelhafte Umsetzung durch die
ausführende Firma, mithin ein schlichter Ausführungsmangel.
612
Weder die ordnungsgemäße Herstellung der Konsole noch deren Überwachung war
aber für die Beklagten zu 3) bis 6) mit besonderen, nicht vorhersehbaren und nicht
beherrschbaren Risiken verbunden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von
den Beklagten zu 3) bis 6) in ihrer Klageerwiderung (Schriftsatz vom 13.2.98 S. 29 f, Bl.
540 f d.A.) zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.8.1997 (Hagedorn I,
NJW 1997, 3018). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof im
Zusammenhang mit § 645 BGB ausgeführt, dass die Klägerin als Bauherrin der durch
die Beschaffenheit des Hochwasserschutzes geschaffenen Gefahr näher steht als ein
Bauunternehmer, welcher mit Arbeiten beauftragt ist, die mit dem Hochwasserschutz
nichts zu tun haben (hier Elektroarbeiten), und deshalb auch keine Möglichkeit hat, auf
die ordnungsgemäße Ausführung des Hochwasserschutzes einzuwirken. Diese
Risikoverteilung gilt im Verhältnis der Klägerin zu den Beklagten zu 3) bis 6) (und auch
der ARGE A) aber nicht, da gerade die Beklagten zu 3) bis 6) mit der Überwachung der
ordnungsgemäßen Umsetzung der Hochwasserschutzplanung beauftragt waren. Denn
die Beklagten zu 3) bis 6) konnten im Rahmen der ihnen obliegenden
Objektüberwachung gerade auf die planmäßige Herstellung der Konsole Einfluss
nehmen und wären hierzu auch verpflichtet gewesen.
613
3.2. Auch die weiteren, von den Beklagten zu 3) bis 6) in ihrer Klageerwiderung sowie
ihrem Schlussvortrag im Termin vom 22.12.1999 geltend gemachten
Obliegenheitsverletzungen führen nicht zu einem Haftungsausschluss.
614
Insbesondere kann ein Haftungsausschluss oder Mitverschulden nicht auf eine
Verletzung von Hinweis- oder Warnpflichten in Bezug auf die Hochwassergefahr und
besonderen Risiken des Hochwasserschutzkonzeptes hergeleitet werden.
615
Die Hochwassergefahr war offensichtlich, sie ergab sich aus der Lage des Objektes in
unmittelbarer Rheinnähe. Das Hochwasserschutzkonzept war den Beklagten zu 3) bis
6) bekannt. Insoweit bedurfte es keiner besonderen Aufklärung. Die Beklagten zu 3) bis
6) kannten die Bedeutung der Konsole für den Hochwasserschutz und sie wussten oder
hätten wissen müssen, dass die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q nicht errichtet
war. Schließlich musste ihnen auch die generelle Auftriebsgefahr bei einem Anstieg des
Wasserstand im Schlitzwandtopf und damit auch die Gefahr erheblicher Schäden
bekannt sein.
616
Für die Überwachung der ordnungsgemäßen Ausführung des den Beklagten zu 3) bis
6) bekannten Hochwasserschutzkonzeptes bedurfte es keiner weiteren Hinweise oder
Warnungen.
617
Die Klägerin hätte die Beklagten zu 3) bis 6) auch nicht besonders auf ein
außergewöhnliches, hohes wirtschaftliches Haftungsrisiko hinweisen müssen. Es war
für die Beklagten zu 3) bis 6) ohne weiteres erkennbar, dass bei einem Versagen des
Hochwasserschutzes ganz erhebliche Schäden drohten. Das ergab sich schon aus der
Größe der Baumaßnahme. Auch die Auftriebsgefahr bei einem unzulässigen Anstieg
des Wasserstands im Schlitzwandkopf musste den Beklagten zu 3) bis 6) bekannt sein.
618
Schließlich ergibt sich eine Verletzung von Obliegenheiten auch nicht daraus, dass die
Klägerin die Ausführung ihres Hochwasserschutzkonzeptes nicht hinreichend selbst
überwacht und die Konsolfehlstelle nicht erkannt hat. Der Klägerin oblagen in Bezug auf
die
Ausführung
619
Überwachungspflichten. Die Errichtung der Konsole war zwar für das Bauwerk von
besonderer Bedeutung, technisch war die Herstellung der Konsole aber nicht mit
besonderen Schwierigkeiten und Risiken verbunden.
Anlass für eine besondere Kontrolle bestand allenfalls deshalb, weil die Bedeutung der
Konsole und das Erfordernis, diese kurzfristig herzustellen, weder aus der
Baubeschreibung noch den Ausführungsplänen ersichtlich waren und für die Konsole
im Bereich der Achse 42/A-J der Schlitzwandkopfplan nicht vorlag. Es kann
dahinstehen, ob dies bereits eine eigenständige Kontrollpflicht eines Bauherren, der
einen Architekten mit der Objektüberwachung beauftragt hat, zu begründen vermag.
Denn jedenfalls musste die Klägerin nicht damit rechnen, dass die ARGE A ohne eine
Behinderung anzuzeigen ihre Leistung zur Abnahme stellen würde und die mit der
Objektüberwachung beauftragten Beklagten zu 3) bis 6) die Abnahme vorschlagen
würden, obwohl die Konsole nicht hergestellt war.
620
Auf eine Verletzung von Koordinierungspflichten können die Beklagten sich nicht
berufen. Denn in dem Schadenseintritt haben sich nicht Risiken, die sich aus der
arbeitsteiligen Herstellung des Hochwasserschutzes ergeben mögen, verwirklicht.
621
Schließlich führt auch der Umstand, dass die Klägerin von den Beklagten den
Abschluss einer Haftpflichtversicherung lediglich mit einer Deckungssumme von
300.000 DM verlangt hat, nicht zu einem Haftungsausschluss nach Treu und Glauben (§
242 BGB). Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin hierdurch einen schutzwürdigen
Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
622
Die Beklagten zu 3) bis 6) konnten hieraus weder den Schluss ziehen, dass größere
Schäden nicht drohten noch, dass sie im Schadensfall nur bis zu diesem Betrag in
Anspruch genommen würden. Dass größere Schäden möglich waren, ergab sich schon
aus dem Umfang der Baumaßnahme. Die Beklagten zu 3) bis 6) konnten diese Klausel
auch nicht im Sinne einer Haftungsbegrenzung verstehen. Für eine solche
Haftungsbegrenzung bestand kein Anlass, sie wäre aus haushaltsrechtlichen Gründen
auch nicht zulässig gewesen. Zudem enthält § 9.2 der Allgemeinen
Vertragsbedingungen gerade keine betragsmäßige Haftungsbeschränkung für Schäden
an der baulichen Anlage.
623
4. Mitverschulden
624
Schließlich steht dem grundsätzlich gegebenen Schadensersatzanspruch der Klägerin
auch kein anspruchsausschließendes oder anspruchsminderndes Mitverschulden nach
§ 254 BGB entgegen.
625
Hierzu kann im wesentlichen auf die vorstehenden Ausführungen zum
Haftungsausschluss wegen Obliegenheitsverletzung verwiesen werden.
626
Ein eventuelles Planungsverschulden im Bereich der Entwurfsplanung begründet schon
deshalb kein Mitverschulden, weil eventuelle Schwachstellen in der
Hochwasserschutzkonzeption für die fehlende Herstellung der Konsole im Bereich der
Achse 42 oder den eingetretenen Schaden nicht ursächlich geworden sind, wie bereits
dargelegt.
627
Auch eventuelle Fehler im Bereich der Ausführungsplanung haben sich nicht
628
ausgewirkt. Da die Gründe für die Nichtherstellung der Konsole letztlich nicht geklärt
werden konnten, steht auch nicht fest, dass die Konsole bei einem ausdrücklichen
Hinweis an die ARGE A bei Auftragserteilung oder später errichtet worden wäre. Dies
geht zu Lasten der für die Voraussetzungen eines Mitverschuldens beweispflichtigen
Beklagten zu 3) bis 6).
Schließlich steht auch nicht fest, dass die Klägerin die Konsolfehlstelle kannte oder
hätte kennen müssen, wie bereits im Zusammenhang mit der ARGE A ausgeführt.
629
Inwieweit einzelne Schäden auf andere Schwachpunkte des Hochwasserschutzes
zurückzuführen sind oder die Klägerin ihrer Schadensminderungspflicht nicht
nachgekommen ist, ist im Betragsverfahren zu klären.
630
5. Zinsen
631
Der Zinsanspruch ist dem Grunde nach aus § 286 BGB gerechtfertigt.
632
II.
633
Dagegen ergibt sich keine Haftung der Beklagten zu 3) bis 6) im Zusammenhang mit der
Konsolfehlstelle in der Achse R 21/22 sowie den Spundwandlücken in den Bereichen
42/K-L und 50/M-N.
634
1. Inwieweit den Beklagten zu 3) bis 6) eine Verletzung ihrer Pflichten zur
Objektüberwachung in Bezug auf die Konsolfehlstelle in der Achse R/21-22
vorgeworfen werden kann, kann dahinstehen, da es insoweit an der erforderlichen
Kausalität fehlt.
635
Wie oben dargelegt, lässt sich nicht feststellen, dass die Konsolfehlstelle in der Achse R
für den eingetretenen Schaden kausal war.
636
2. Die Haftung der Beklagten zu 3) bis 6) ergibt sich auch nicht aus einer eventuellen
Pflichtverletzung im Hinblick auf die Spundwandlücke im Bereich der Achse 50/M-N.
637
Es kann dahinstehen, inwieweit eine Verletzung der Objektüberwachungspflichten darin
liegt, dass die Beklagten zu 3) bis 6) die Fehlstelle nicht bereits längere Zeit vor dem
Hochwasser gerügt haben. Denn dies war im Rechtssinne für den Schaden nicht
kausal.
638
Die Klägerin macht selbst geltend, dass die Spundwandlücke keine permanente Gefahr
für den SO/BG-Bereich bedeutet habe, da die Achse 50 an der rheinabgewandten Seite
des Bauwerks liegt, zu der das Hochwasser erst relativ spät gelangen konnte und
tatsächlich auch erst im Verlaufe des Vormittages des 23.12. gelangt sei. Noch am
21.12.1993 hätte die Spundwandlücke ordnungsgemäß - und nicht nur behelfsmäßig -
geschlossen werden können (Bl. 47 des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.6.1998, Bl.
668 d.A.).
639
Spätestens am 21.12. - bei Herannahen des Hochwassers - haben die Beklagten zu 3)
bis 6) die Klägerin aber unstreitig auf diese Lücke in der Spundwand hingewiesen.
Damit haben die Beklagten zu 3) bis 6) ihre Pflicht, dem Auftraggeber Mängel
mitzuteilen, möglicherweise spät erfüllt, aber nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin
640
noch rechtzeitig zur Verhinderung des Schadens.
Die Beklagten zu 3) bis 6) haften auch nicht dafür, dass die - spätestens am 21.12.
erkannte - Spundwandlücke nicht ordnungsgemäß geschlossen worden ist, sondern nur
durch Notmaßnahmen, die dazu noch unfachmännisch waren.
641
Eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 3) bis 6) im Zusammenhang mit der Anordnung
der - letztlich unfachmännischen - Notmaßnahme liegt nicht vor. Zwar war die
Notmaßnahme in Abstimmung mit der ABE auf der Besprechung am 21.12. angeordnet
worden, die Beklagten zu 3) bis 6) waren aber als Objektüberwacher für die Planung der
Notmaßnahmen nicht verantwortlich. Vielmehr oblag es der Klägerin, eine
ordnungsgemäße Planung für den Hochwasserfall zu erstellen. Bei einer derart großen
Baumaßnahme ist vor Abschluss der Bauarbeiten immer damit zu rechnen, dass der
Hochwasserschutz einzelne Lücken aufweist, die kurzfristig durch Notmaßnahmen
geschlossen werden müssen.
642
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten zu 3) bis 6) bei der
Überwachung der Ausführung der Notmaßnahme durch die ARGE F ihre Pflichten
verletzt haben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten zu 3) bis 6) hätten erkennen
können oder müssen, dass die ARGE F nicht bindigen, sondern ungeeigneten Boden
verwendet hat. Wie bereits ausgeführt, steht noch nicht einmal fest, dass die ARGE F
die Erdanschüttung entgegen der erteilten Anordnung aus nicht-bindigem Boden
hergestellt hat.
643
Schließlich bestehen auch Zweifel daran, ob Fehler bei der Anordnung oder Ausführung
der Notmaßnahme in diesem Bereich für den eingetretenen Schaden kausal waren.
Denn nach dem Vortrag der Klägerin und den Feststellungen der Sachverständigen
spricht einiges dafür, dass das Hochwasser die Spundwandlücke im Bereich der Achse
50/M-N erst im Laufe des Vormittags des 23.12.1993 erreicht hat, wobei die
Sachverständigen den genauen Zeitpunkt aber nicht mehr eingrenzen konnten. Zu
diesem Zeitpunkt waren die Schäden im Bereich der Besuchergarage aber bereits
eingetreten, da - unstreitig (vgl. Bl. 30 der Klageschrift, Bl. 30 d.A.) - die Klägerin bereits
in den frühen Morgenstunden in Abstimmung mit den Statikern beschlossen hatte, die
Besuchergarage zu fluten, um den befürchteten Auftrieb der Besuchergarage zu
verhindern. Ausweislich des von der Klägerin im selbständigen Beweisverfahren
vorgelegten Vermerks des Zeugen S vom 29.12.1993 über den zeitlichen Ablauf des
Hochwasserereignisses (Ordner 1, Anlage 1 - 31) fiel die Entscheidung zwischen 2.30
Uhr und 4.00 Uhr.
644
Demgemäß sind die Gutachter zu dem Schluss gelangt, dass die Spundwandlücke im
Bereich der Achse 50/M-N für die Schäden nicht ursächlich war (Protokoll vom
2.12.1999, Bl. 23, Bl. 1911 d.A.).
645
3. Die Beklagten zu 3) bis 6) haften auch nicht wegen unzureichender
Objektüberwachung hinsichtlich der Spundwandlücke im Bereich der Achse 42/K-L.
646
Wie bereits ausgeführt, stellt das Fehlen der Spundwand im Bereich der Achse 42/K-L
aufgrund des Bautenstandes Ende Dezember 1993 keinen Ausführungsmangel dar.
Damit mussten die Beklagten zu 3) bis 6) die Spundwandlücke auch nicht bei Abnahme
der Rampe beanstanden.
647
Aufgrund des herannahenden Hochwassers wäre es aber erforderlich gewesen, die
Spundwandlücke spätestens am 22.12.1993 zumindest durch eine fachgerechte
Notmaßnahme zu verschließen. Inwieweit die Beklagten zu 3) bis 6) die ihr obliegenden
Objektüberwachungspflichten insoweit verletzt haben, kann aber dahinstehen, da - wie
ebenfalls bereits dargelegt - auch eine ordnungsgemäße Notmaßnahme das Überfluten
des Tunneldecks nach dem Auftrieb des Hauptbauwerks nicht verhindert hätte.
648
Klage gegen die Beklagten zu 7) und 8)
649
Die Klage gegen die Beklagten zu 7) und 8) ist nicht begründet. Der Klägerin stehen
gegen die Beklagten zu 7) und 8) keine Schadensersatzansprüche aus § 635 BGB oder
positiver Vertragsverletzung (pVV) wegen Verletzung der Pflichten aus dem Vertrag vom
22./26.4.1985 zu.
650
I.
651
Die Beklagten zu 7) und 8) haben dadurch, dass sie die Konsolfehlstelle in der Achse
42/L-Q nicht bemerkt und der Klägerin mitgeteilt bzw. gegenüber der ARGE A gerügt
haben, nicht eine Pflicht zur (zivilrechtlichen) Objektüberwachung verletzt.
652
1. Nach dem Vertrag "Tragwerksplanung" vom 22./26.4.1985 (Anl. K 8) oblag den
Beklagten zu 7) und 8) nicht die zivilrechtliche Objektüberwachung im Sinne von § 64
Abs. 3 Leistungsphase 8 HOAI, vielmehr waren sie - neben der Planung und Mitwirkung
an der Vergabe - lediglich mit der öffentlich-rechtlichen Bauüberwachung beauftragt.
653
Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang des
Vertrages.
654
Die Leistungsbeschreibung in § 3.1.5 des Vertrages umfasst schon nach dem Wortlaut
lediglich die Bauüberwachung in baurechtlicher Hinsicht. Danach oblag den Beklagten
zu 7) und 8) die Überwachung der Ausführung (lediglich) entsprechend den
bauaufsichtlichen Bestimmungen. Ferner war die Ausführung der Konstruktion auf
Übereinstimmung mit den Ausführungszeichnungen zu überwachen. Auch hierin liegt
keine Pflicht zur Überwachung der Ausführung auf Vollständigkeit. Vielmehr haben die
Beklagten zu 7) und 8) lediglich zu überprüfen, ob die ausführenden Firmen die richtige
Konstruktionsart verwenden.
655
Dass die Leistungsbeschreibung in diesem Sinne zu verstehen ist, ergibt sich neben
dem Wortlaut der Klausel auch aus den Erläuterungen zu den RBBau. Die Klägerin hat
bei der Vergabe der Leistungen an die Architekten und Statiker die für sie verbindlichen
amtlichen Musterverträge nach der RBBau (Richtlinien für die Durchführung von
Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen)
verwandt. Die Formulierung der Leistungsbeschreibung in § 3.1.5. des Vertrages mit
den Beklagten zu 7) und 8) ist der Klausel § 3.1.3. des Vertragsmusters "Prüfung der
Tragwerksplanung" entnommen und entspricht ihr. Dieses Vertragsmuster regelt die
bauaufsichtsrechtliche Prüfung der Statik durch den Prüfingenieur, die normalerweise
durch die Bauaufsichtsbehörde bzw. den von dieser beauftragten Prüfingenieur
vorgenommen wird. Im Rahmen des Vertragsmusters "Prüfung der Tragwerksplanung"
beinhaltet diese Leistungsbeschreibung lediglich die Bauüberwachung in
baurechtlicher Hinsicht, also im Hinblick auf die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen
Bauvorschriften. In den Erläuterungen der RBBau heißt es zu dieser Vertragsklausel:
656
"Das Vertragsmuster (gemeint ist Anh. 12/1: Prüfung der Tragwerksplanung") dient
dem Abschluss von Verträgen für Baumaßnahmen, die den Bestimmungen über
die bauaufsichtliche Behandlung des Bundes/Landes unterliegen,
657
...
658
Der Vertrag ist in der Regel mit einem Auftragnehmer abzuschließen, der als
Prüfingenieur für Tragwerksplanung anerkannt ist.
659
Die Leistungen nach 3.1.3. und 3.1.4. können auch einem Tragwerksplaner
übertragen werden. Das Vertragsmuster ist in diesem Fall entsprechend zu
ergänzen.
660
Bei der Leistung nach 3.1.3 handelt es sich um die vom Prüfingenieur im Rahmen
der Prüftätigkeit durchzuführende Bauüberwachung in baurechtlicher Hinsicht und
nicht um die Objekt-(Bau-)überwachung nach § 15 Abs. 2 Nr. 8 oder § 64 Abs. 3 Nr.
8 HOAI (vgl. Anhang 10, Abschnitt 3.5) oder die Bauüberwachung nach § 57 HOAI
(vgl. Anhang 14 Abschnitt 3.6)." (zitiert auf Bl. 589 d.A.)
661
Die Klägerin hat die Beklagten zu 7) und 8) auch - unstreitig - mit der öffentlich-
rechtlichen Bauaufsicht beauftragt. Es oblag hier der Klägerin, diese Leistung in Auftrag
zu geben, da der T3-Bau als Bauvorhaben des Bundes gem. § 75 BauO NW in der bis
1994 geltenden Fassung (jetzt § 80 BauO) nicht der Bauaufsicht der Baubehörden
oblag. Eine Baugenehmigung war nicht erforderlich, sondern lediglich die Zustimmung
der oberen Bauaufsichtsbehörden gem. § 75 Abs. 2 BauO NW a.F.. Auch die
Bauüberwachung nach § 76 BauO NW a.F. erfolgte nicht durch die Behörde, sondern
war Sache der Klägerin als öffentlichem Bauherrn, § 75 Abs. 1 BauO NW a.F.
(Böckenförde, in: Gädtke u.a., Landesbauordnung NW, 8. Aufl., 1989, § 75 Rdnr. 18; §
76 Rdnr. 2). Dementsprechend hat die Klägerin mit der Prüfung der Tragwerksplanung
das Ing.-Büro M3, B3 und Partner (Achse -4 bis Achse 42) und das Ing.-Büro Prof.Dr.-
Ing. G (Achse 42 bis Achse 64) beauftragt (vgl. § 4.1.3 des Vertrages mit den Beklagten
zu 3) bis 6), Anl. K 7). Diesen war aber die öffentlich-rechtliche Bauaufsicht nach § 3.1.3.
des Vertragsmusters "Prüfung der Tragwerksplanung" unstreitig nicht in Auftrag
gegeben worden, vielmehr sollte diese Leistung von den Beklagten zu 7) und 8)
erbracht werden (vgl. den Vortrag der Klägerin, Bl. 60 des Schriftsatzes vom 30.6.1998,
Bl. 681 d.A.). Wie sich aus den vorstehend zitierten Erläuterungen ergibt, sieht die
RBBau ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Bauüberwachung in baurechtlicher
Hinsicht dem Tragwerksplaner zu übertragen und dessen Vertragsmuster entsprechend
zu ergänzen.
662
Dem Vertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 7) und 8) kann dagegen nicht
entnommen werden, dass den Beklagten zu 7) und 8) mit § 3.1.5. des Vertrages darüber
hinaus zusätzlich auch die zivilrechtliche Objektüberwachung im Sinne einer
Fachbauleitung übertragen werden sollte. Der Vertragstext enthält keinen Hinweis
hierauf. Der Text der Klausel 3.1.3 aus dem Vertragsmuster "Prüfung der
Tragwerksplanung" wurde ohne Änderung und ohne jeden Zusatz übernommen. Der
Text der Klausel enthält lediglich die Pflichten, die dem Prüfingenieur im Rahmen der
Bauüberwachung in baurechtlicher Hinsicht obliegen. Umgekehrt enthält die
Leistungsbeschreibung keine Bezugnahme auf die zivilrechtliche Objektüberwachung
nach § 64 Abs. 3 Leistungsphase 8 HOAI (wohingegen die übrigen Leistungen mit den
663
Leistungsphasen der HOAI beschrieben sind); insbesondere hat die Klägerin die
Leistungsbeschreibung der RBBau für zivilrechtliche Bauüberwachung (Anhang 10,
Abschnitt 3.5.) nicht übernommen.
Allein aus der Überschrift "Besondere/Zusätzliche Leistungen nach der HOAI" lässt sich
noch nicht ableiten, dass mit der in Ziffer 3.5. beschriebenen Leistung neben der
Objektüberwachung in baurechtlicher Hinsicht gleichzeitig auch die zivilrechtliche
Objektüberwachung beschrieben ist. Die Überschrift bringt lediglich zum Ausdruck, dass
es sich nicht um eine Grundleistung nach § 64 Abs. 3 HOAI handelt. Dies trifft aber
sowohl auf die Objektüberwachung nach § 64 Abs. 3 Leistungsphase 8 HOAI, als auch
auf die dem Prüfingenieur obliegende bauaufsichtliche Objektüberwachung zu. Auch
nach Auffassung der Klägerin umfassen die "Besonderen Leistungen nach HOAI" auch
die bauaufsichtliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Sinne (Schriftsatz der Klägerin
vom 30.6.1998, Bl. 60, Bl. 681 d.A.).
664
Wenn aber die Klägerin die Beklagten zu 7) und 8) zusätzlich zur öffentlich-rechtlichen
Bauüberwachung auch mit der Fachbauleitung hätte beauftragen wollen, hätte es
nahegelegen, dies im Vertrag auch zum Ausdruck zu bringen. Für die zivilrechtliche
Objektüberwachung bzw. Fachbauleitung sehen die RBBau - wie sich ebenfalls aus der
vorstehend zitierten Erläuterung ergibt - die Formulierung aus § 3.5. des
Vertragsmusters Anhang 10, welches dem Vertrag mit den Beklagten zu 3) bis 6)
zugrundeliegt, vor. Diese Formulierung wurde aber gerade nicht verwandt.
665
Die Klägerin kann sich demgegenüber auch nicht darauf berufen, dass die Leistungen
des Prüfingenieurs und des Fachbauleiters im Sinne von § 64 Abs. 3 Leistungsphase 8
HOAI sich entsprechen. Dass dies für eine Beauftragung der Beklagten zu 7) und 8) mit
der Fachbauleitung nicht ausreicht, zeigen gerade die oben zitierten Erläuterungen
dieser Leistungsbeschreibung im Muster "Prüfung der Tragwerksplanung", die
klarstellen, dass damit gerade nicht (auch) die Fachbauleitung gemeint ist. Hinzu
kommt, dass Unklarheiten in der Auslegung des Vertrages zu Lasten der Klägerin
gehen. Da die Vertragsformulare der RBBau für die Klägerin verbindlich sind, richtet
sich auch die Auslegung dieser Verträge nach dem Wortlaut und den amtlichen
Erläuterungen zu diesem Vertragsmuster. Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken
des § 5 AGBG, wonach Unklarheiten in Formularverträge zu Lasten des Verwenders,
hier mithin der Klägerin, gehen. Schließlich ist die Klägerin auch nach allgemeinen
Grundsätzen beweispflichtig für den Umfang der den Beklagten zu 7) und 8)
obliegenden Leistungen.
666
Auch aus der tatsächlichen Handhabung ergibt sich nicht, dass nach dem Willen der
Parteien die Beklagten zu 7) und 8) auch die Fachbauleitung innehaben sollten. Weder
die von den Beklagten zu 7) und 8) erstellten "Überwachungsprotokolle" (Anl. K 486)
noch der Umstand, dass sich die ausführenden Firmen mit Nachfragen unmittelbar an
die Beklagten zu 7) und 8) gewandt haben, reicht hierfür aus.
667
Aus den Überwachungsprotokollen ergibt sich nicht, dass die Beklagten zu 7) und 8)
über die bauaufsichtliche Überwachung hinausgehende Kontrollen vorgenommen
haben. Die vorgelegten Protokolle dokumentieren keine umfassende
Objektüberwachung in statischer Hinsicht. Sie enthalten lediglich eine stichprobenartige
Überprüfung.
668
Auch die Anfragen der ausführenden Firmen sind kein Indiz für eine umfassende
669
Objektüberwachung durch die Beklagten zu 7) und 8). Nach den von den Beklagten zu
1), 2) und 9) vorgelegten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen I4 und W hat die
ARGE A die Verwendung von Comax-Anschlüssen anstelle der in den Plänen
vorgesehenen konventionellen Bewehrung unmittelbar mit den Beklagten zu 7) und 8)
abgesprochen. Zudem haben die Beklagten zu 7) und 8) auch unmittelbar Anfragen der
ausführenden Argen zur Ausführung der Bewehrung (teilweise per Fax) beantwortet,
wie sich im Hinblick auf die Konsole über dem Tunneldeck 42/K-L aus der
Korrespondenz Anl. B 88 und B 89 ergibt. Damit haben die Beklagten zu 7) und 8) aber
nicht notwendig die Objektüberwachung übernommen; vielmehr lassen sich diese
Leistungen auch der - den Beklagten zu 7) bis 8) ebenfalls übertragenen -
Ausführungsplanung zuordnen. Hierzu gehört nach § 64 Abs. 3 Leistungsphase 5 auch
die zeichnerische Darstellung der Konstruktion mit "Einbau- und Verlegeanweisungen".
Indem die Beklagten zu 7) und 8) die Anfragen der Argen beantwortet haben, haben sie
ihre Planung erläutert, nicht aber die Ausführung überwacht. Die Verwendung von
Comax-Anschlüssen bedeutete zudem eine - wenn auch nicht erhebliche - Abweichung
von den Ausführungsplänen. Dafür, dass diese Leistungen keine Objektüberwachung
darstellen, spricht auch, dass die Anfragen nur teilweise an den vor Ort tätigen Zeugen
I4 gerichtet wurden, im übrigen aber - insbesondere hinsichtlich der Details über den
Anschluss der Bewehrung - an die in T2 ansässige Beklagte zu 7) gerichtet wurden, die
nach der Aussage des Zeugen I4 die Bewehrungspläne angefertigt hatte (Protokoll vom
2.12.1999, Bl. 8, Bl. 1896 d.A.). Ausweislich des Schreibens der ARGE A vom 8.4.1992
an die ABE (Anl. B 66) wurden die Anfragen zudem auch deshalb unmittelbar an die
Beklagte zu 7) gerichtet, weil deren Geschäftsführer zugleich der zuständige
"Prüfstatiker" war und zusätzliche kostenaufwendige Störungen und Behinderungen so
vermieden werden konnten. Weiter heißt es in dem Schreiben der ARGE A:
"Gemäß Bauvorschriften sind wir schon allein deshalb an die technischen
Anweisungen des Prüfstatikers gebunden."
670
Die Anfragen der ausführenden Firmen belegen damit gerade nicht die Ausübung der
zivilrechtlichen Objektüberwachung durch die Beklagten zu 7) und 8).
671
Schließlich reicht es als Übernahme der zivilrechtlichen Objektüberwachung auch nicht
aus, dass der Zeuge I4 das Hochwasserschutzkonzept erläutert oder bei einer
Gelegenheit die Herstellung der Konsole im Bereich der Achse R angemahnt hat. Aus
einem solchen einzelnen Umstand kann weder auf eine Beauftragung de Beklagten zu
7) und 8) mit der zivilrechtlichen Objektüberwachung noch auf eine faktische
Übernahme der Fachbauleitung durch die Beklagten zu 7) und 8) geschlossen werden.
672
Kein Indiz für eine den Beklagten zu 7) und 8) obliegende Fachbauleitung stellt die
Teilnahme oder Nichtteilnahme der Beklagten zu 7) und 8) an den Vorbegehungen zu
den Abnahmen dar. Die Beklagten zu 7) und 8) waren an einigen Vorbegehungen
anwesend, ohne dass sich feststellen ließe, nach welchen Kriterien die Beklagten zu 7)
und 8) zu einem Teil der Vorbegehungen zugezogen wurden, zu anderen wiederum
nicht. Ausweislich der von den Beklagten zu 1), 2) und 9) vorgelegten Protokolle der
Vorbegehungen zur Abnahme der Leistungen der ARGE A (Anl. B 145) haben die
Beklagten zu 7) und 8) an diesen Vorbegehungen aber nicht teilgenommen, ohne dass
dies von der Klägerin beanstandet worden wäre. Auch an der Schlussbesprechung vom
10.12.1992 waren sie ausweislich des Protokolls (Anl. B 72) nicht beteiligt.
673
Gegen die Übertragung der zivilrechtlichen Objektüberwachung spricht aber, dass die
674
Beklagten zu 7) und 8) in den Abnahmebescheinigungen nicht als Fachbauleiter
aufgezählt sind, obwohl die Abnahmeprotokolle von den übrigen Fachbauleitern
unterzeichnet sind (z.B. Anl. K 487). Die Abnahmebescheinigungen enthalten unter der
Überschrift "Als der mit der Objektüberwachung Beauftragte hat an der Abnahme
teilgenommen" die Unterschriften der ABE, der F und der Firma I sowie von Mitarbeitern
der C2, nicht aber der Beklagten zu 7) und 8).
2. Darin, dass die Beklagten zu 7) und 8) nicht überprüft haben, ob die ARGE A die
Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q vollständig betoniert hat, liegt keine Verletzung
der den Beklagten zu 7) und 8) nach § 3.5. des Vertrages vom 22./26.4.1985
obliegenden bauaufsichtlichen Pflichten. Bei ihrer im Rahmen der Prüftätigkeit
durchzuführenden Bauüberwachung in baurechtlicher Hinsicht mussten die Beklagten
zu 7) und 8) lediglich stichprobenartig überprüfen, ob die ausführenden Unternehmen
die Konstruktion richtig ausführen, nicht aber, ob die Arbeiten - auch soweit sie in
statischer Hinsicht von Bedeutung sind - vollständig ausgeführt sind.
675
II.
676
Eine Haftung der Beklagten zu 7) und 8) ergibt sich auch nicht aus "faktischer
Bauüberwachung". Zwar kann ein Statiker, dem die Objektüberwachung nach § 64 Abs.
3 Leistungsphase 8 HOAI nicht übertragen worden ist, dennoch wegen unzureichender
Objektüberwachung bzw. Verletzung seiner Pflicht, auf erkennbare Ausführungsmängel
hinzuweisen, haften, wenn er auf der Baustelle Kontrollen vornimmt und hierbei auf
erkannte oder unübersehbare Mängel nicht hinweist (OLG Hamm, NJW-RR 1990, 915,
916).
677
Die Beklagten zu 7) und 8) waren, zumindest über den Zeugen I4, auf der Baustelle
präsent und haben - wenn auch im Rahmen der ihnen obliegenden öffentlich-
rechtlichen Bauüberwachung - die Ausführung stichprobenartig überprüft und Anfragen
der ausführenden Argen beantwortet.
678
Dennoch lässt sich in Bezug auf die Konsole im Bereich der Achse 42 keine schuldhafte
Verletzung der Hinweispflicht feststellen. Eine solche Pflichtverletzung würde
voraussetzen, dass die Beklagten zu 7) und 8) das Fehlen der Konsole im Bereich der
Achse 42/L-Q erkannt haben oder hätten erkennen müssen. Dass den Beklagten zu 7)
und 8) die Unvollständigkeit der Konsole bekannt war, behauptet die Klägerin nicht,
hierfür liegen auch keine Anhaltspunkte vor.
679
Die Beklagten zu 7) und 8) hätten das Fehlen der Konsole auch nicht erkennen müssen.
Sie waren - auch aus dem Gesichtspunkt einer "faktischen Bauüberwachung" - nicht
verpflichtet, die Vollständigkeit der Konsole zu überprüfen. Sie waren weder von der
Klägerin noch den ausführenden Firmen hierzu hinzugezogen worden. Vielmehr war
dies Aufgabe der mit der Objektüberwachung beauftragten ABE. Insbesondere wurden
die Beklagten zu 7) und 8) auch nicht zu den Abnahmebegehungen im Bereich der
Achse 42 hinzugezogen. Die bloße Anwesenheit auf der Baustelle und die
Beantwortung von Anfragen der ausführenden Firmen begründet noch keine über die
vertragliche Leistungsbeschreibung hinausgehende Pflicht, die gesamte Ausführung
des Hochwasserschutzes auf Vollständigkeit zu überprüfen.
680
Die Beklagten zu 7) und 8) hätten bei ihrer Anwesenheit auf der Baustelle das Fehlen
der Konsole auch nicht zwangsläufig bemerken müssen. Wie bereits ausgeführt, liegt
681
die Achse 42 im Bereich L-Q in einem schlecht zugänglichen Bereich der Baustelle. Sie
hatten auch keinen Anlass, in diesem Bereich die Vollständigkeit der Konsole zu
überprüfen. Ein solcher Anlass ergab sich nicht schon aus den vom Zeugen I4
geschilderten Gesprächen mit der Mitarbeiterin der Beklagten zu 1), Frau M2, über die
Frage, ob aufgrund des fehlenden Schlitzwandkopfes im Bereich der Achse 42/A-J die
ARGE A behindert ist. Wie bereits ausgeführt, bedeutete der fehlende Schlitzwandkopf
in diesem Bereich nach der Genehmigung der Verwendung von Comax-Anschlüssen
keine Behinderung für den Bau der Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q. Durch die
Verwendung von Comax war es möglich, die gesamte Außenwand zu errichten, ohne
dass der Schlitzwandkopf vorhanden war. Schließlich konnte auch die Konsole im
Bereich der Achse 42/L-Q unabhängig vom Schlitzwandkopf in der Achse 42/A-J
fertiggestellt werden.
Auch der Umstand, dass die ARGE A entgegen der ursprünglichen Planung Comax-
Anschlüsse verwendet hat und dennoch keine Änderung der Bewehrungsplanung
angefordert hatte, war noch kein ausreichender Anlass, an der planmäßigen
Fertigstellung der Konsole zu zweifeln und diese zu überprüfen. Die Beklagten zu 7)
und 8) konnten davon ausgehen, dass die ARGE A die Bewehrung entweder ohne
Nachfrage richtig an die Außenwand anschließen würde (es ist weder vorgetragen noch
aus den Unterlagen ersichtlich, dass in den übrigen Bereichen, in denen die ARGE A
Comax-Anschlüsse verwendet hat, generell die Bewehrungspläne geändert wurden
oder es Nachfragen bei den Statikern gegeben hat) oder eine entsprechende Nachfrage
an die Statiker richten würde. Sie mussten aber nicht damit rechnen, dass die ARGE A
die Konsole nicht fertigstellen würde.
682
Schließlich begründet auch die Korrespondenz vom 24./26.11.1993 über den Anschluss
der Konsolenbewehrung im Bereich des Tunneldecks (Achse 42/K-L) noch keine
Überprüfungspflicht oder fahrlässige Unkenntnis vom Fehlen der Konsole. Die Anfrage
und die Skizze betrafen nicht die Konsole in dem hier relevanten Bereich, sondern die
Konsole auf dem Tunnel. Auf der Skizze der ARGE F (Anl. B 88) ist zwar erkennbar,
dass die Bewehrung - und damit auch die Konsole - nicht fertiggestellt ist und im
weiteren Verlauf Richtung L lediglich die Bewehrung vorhanden war; dies betrifft aber
nur den Bereich bis 42/L. Auf der Skizze war dagegen nicht erkennbar, ob lediglich der
Anschluss nicht fertiggestellt war oder die gesamte Konsole im weiteren Verlauf der
Achse 42 Richtung R noch nicht betoniert war. Schließlich konnten die Beklagten zu 7)
und 8) davon ausgehen, dass nach der Klärung der offenen Details die Konsole auf dem
Tunnel nunmehr fertiggestellt und an die Konsole im Bereich der Achse 42/L-Q
angeschlossen werden würde. Die Anfrage bot dagegen keinen Anlass, nach
Beantwortung der Fragen der ARGE F die Ausführung zu überprüfen.
683
III.
684
Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB wegen Planungsmängeln besteht
nicht.
685
Die Klägerin stützt die Klage ausdrücklich nicht auf Planungsfehler, sondern lediglich
auf eine Verletzung der Objektüberwachung.
686
Darüber hinaus waren - wie bereits dargelegt - eventuelle Mängel des
Hochwasserschutzkonzeptes für den eingetretenen Schaden nicht kausal. Vielmehr ist
der Schaden auf Ausführungsmängel zurückzuführen.
687
Klage gegen die Beklagte zu 9)
688
Die Klage gegen die Beklagte zu 9) ist zulässig und dem Grunde nach gerechtfertigt.
689
I.
690
Die Klage ist zulässig, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die
örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bonn sind gegeben.
691
Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bonn ergibt sich aus Art.
6 Nr. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Der
Anwendungsbereich des EuGVÜ ist eröffnet. Der geltend gemachte Anspruch stellt eine
Zivil- und Handelssache i.S.v. Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ dar. Der persönlich-geographische
Anwendungsbereich des Übereinkommens ist eröffnet, da die Beklagte zu 9) ihren Sitz
in den O2 und damit in einem Vertragsstaat hat. Gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ kann, wenn
mehrere Personen zusammen verklagt werden, eine Person, die ihren Wohnsitz in dem
Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, auch vor dem Gericht, in dessen Bezirk einer
der (anderen) Beklagten seinen Wohnsitz hat, verklagt werden. Diese Vorschrift ist
ihrem Wortlaut nach erfüllt, da mehrere Personen verklagt sind und der Beklagte zu 5)
seinen Wohnsitz im Landgerichtsbezirk C hat.
692
Die Anwendbarkeit von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ setzt aber zusätzlich Konnexität der
verschiedenen Klagen voraus. Nach der Kalfelis-Entscheidung des EuGH (NJW 1988,
3088) "muss zwischen den verschiedenen Klagen eines Klägers gegen verschiedene
Beklagte ein Zusammenhang bestehen, der eine gemeinsame Entscheidung geboten
erscheinen lässt, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende
Entscheidungen ergehen können." Der EuGH begründet dieses Konnexitätserfordernis
mit der ansonsten bestehenden Missbrauchsgefahr. Es soll die Möglichkeit
ausgeschlossen werden, dass ein Kläger die Klage allein zu dem Zweck gegen
mehrere Beklagte richtet, einen dieser Beklagten der Zuständigkeit der Gerichte seines
Wohnsitzstaates zu entziehen (EuGH NJW 1988, 3088, 3089 Tz. 9 der Gründe). Daher
muss ein sachlicher Grund dafür bestehen, den Beklagten, der seinen Wohnsitz in
einem anderen Staat hat, in den Prozess einzubeziehen. Dieser Zusammenhang ist
dem Zweck der Zuständigkeitsnorm des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ zu entnehmen. Mit dieser
Vorschrift sollte u.a. verhindert werden, "dass in einzelnen Vertragsstaaten unter sich
unvereinbare Entscheidungen ergehen" (Bericht des Sachverständigenausschusses,
Amtsblatt C 59 vom 5.3.1979, zitiert vom EuGH, NJW 1988, 3088, 3089, Tz. 11). Die
erforderliche Konnexität zwischen den verschiedenen Klagen besteht damit, wenn eine
gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass
in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Nach der
Rechtsprechung des EuGH ist die Art dieses Zusammenhangs vertragsautonom zu
bestimmen, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, in jedem Einzelfall zu prüfen,
ob diese Voraussetzung erfüllt ist (EuGH, NJW 1988, 3088, 3089, Tz. 10 und 12 a.E.).
Daraus folgt, dass die Prüfung der Konnexität nicht allein aufgrund abstrakter Kriterien
erfolgen kann, sondern die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Der
EuGH hat in einer anderen Entscheidung (The Tatry/The Maciej Rataj, JZ 1995, 616)
klargestellt, dass im Rahmen des Art. 22 EuGVÜ, den der EuGH in seiner Kalfelis-
Entscheidung zur Auslegung des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ heranzieht, der Begriff des
Zusammenhangs weit auszulegen ist und alle Fälle erfassen müsse, in denen die
693
Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht, selbst wenn die Entscheidungen
getrennt vollstreckt werden können und sich ihre Rechtsfolgen nicht gegenseitig
ausschließen (EuGH, JZ 1995, 616, 619, Tz. 53).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien besteht nach Auffassung der Kammer eine
hinreichende Konnexität zwischen den Klagen, um auch die Beklagte zu 9) in den
Prozess einzubeziehen.
694
Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 9) kann nicht generell davon ausgegangen
werden, dass zwischen den Klagen gegen einen Gesamtschuldner und den Bürgen
eines anderen Gesamtschuldners eine zuständigkeitsbegründende Konnexität wegen
Verschiedenheit des Klagegrundes ausgeschlossen ist. Hierbei wird übersehen, dass
die Haftung des Bürgen zur Haftung des Gesamtschuldners, für den er sich verbürgt hat,
akzessorisch ist, d.h. die Haftung des Gesamtschuldners Voraussetzung für die
Verpflichtung des Bürgen ist. Aus diesem Grund besteht zwischen der Klage gegen
einen Gesamtschuldner und dem Bürgen eines anderen Gesamtschuldners der gleiche
Zusammenhang wie zwischen der Klage gegen zwei (oder mehr) Gesamtschuldner
(ebenso das von der Klägerin vorgelegte Rechtsgutachten von I7/T7/X7, Anl. K 502, dort
S. 3 unten).
695
Der erforderliche Zusammenhang zwischen den verschiedenen Klagen ergibt sich -
auch bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 5) und der Beklagten zu
9) - darüber hinaus aus den konkreten Umständen des vorliegenden Falles.
696
Zwar beruht die Haftung des Beklagten zu 5) und der Beklagten zu 9) auf verschiedenen
Rechtsgründen. Der Beklagte zu 5) wird aus Verletzung des
Objektüberwachungsvertrages in Anspruch genommen, die Beklagte zu 9) dagegen aus
ihren für die Beklagten zu 1) und 2) übernommenen "Garantieerklärungen". Die
tatsächlichen Voraussetzungen der Haftung des Beklagten zu 5) und der Beklagten zu
9) sind aber identisch. Beide Ansprüche hängen von den selben tatsächlichen und
rechtlichen Vorfragen ab. Sowohl die Haftung des Beklagten zu 5) als auch die
Verpflichtung der Beklagten zu 9) setzen voraus, dass der von der Klägerin geltend
gemachte Schaden auf einem Ausführungsmangel der Beklagten zu 1) und 2) beruht,
ferner richtet sich die Höhe des Anspruchs in beiden Fällen danach, welcher Schaden
durch den Ausführungsmangel entstanden ist und wie die Klägerin ihren Schaden
berechnen darf. Im Vordergrund beider Klagen steht die Klärung der gleichen
Tatsachenfragen, ob nämlich die ARGE A zur Herstellung der Konsole im Bereich der
Achse 42/L-Q und R 21/22 verpflichtet war oder die Konsole von der Klägerin aus der
Leistung der ARGE A herausgenommen wurde, ferner die Frage, ob das Fehlen der
Konsole in diesen Bereichen für die entstandenen Schäden kausal war. Schließlich
verlangt die Klägerin von dem Beklagten zu 5) und der Beklagten zu 9) den Ersatz des
selben Schadens, nämlich Ersatz der durch das Eindringen des Hochwassers in den
Schlitzwandtopf der Hauptbaugrube entstandenen Schäden. Dass gegenüber der
Beklagten zu 9) kein Schadensersatzanspruch, sondern (lediglich) ein Anspruch aus
Bürgschaft oder Garantie besteht, steht der Konnexität nicht entgegen.
697
Diese Umstände reichen zur Begründung der Konnexität aus. Denn insoweit besteht die
Gefahr, dass in getrennten Verfahren verschiedene, miteinander nicht vereinbare
Entscheidungen ergehen können. Es besteht die Möglichkeit, dass in einem Verfahren
der Ausführungsmangel bejaht wird und in einem anderen Verfahren aufgrund eines
anderen Verlaufs der Beweisaufnahme, aufgrund anderer rechtlicher Bewertungen oder
698
unterschiedlicher Beweislastregeln die Klage wegen Fehlens eines
Ausführungsmangels abgewiesen wird. Das gleiche gilt für die Frage der Kausalität und
der Schadenshöhe. Dass darüber hinaus die Gefahr sich gegenseitig ausschließender
Rechtsfolgen besteht, ist für das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen den
Klagen dagegen nicht erforderlich, vielmehr genügen Widersprüche in den tragenden
Entscheidungsgründen (EuGH, JZ 1995, 616, 619, Tz. 58 zu Art. 22 EuGVÜ; ebenso
Schlosser, EuGVÜ, Art. 6 Rdnr. 4).
Die Kammer sieht hierin entgegen dem von der Beklagten zu 9) eingeholten
Rechtsgutachten von Prof. T4 (Anl. B 107) keine unzulässige "Kettenkonnexität", bei der
der rechtliche Zusammenhang zwischen den verschiedenen Klagen erst dadurch
vermittelt wird, dass auch die Beklagten zu 1) und 2) in den Prozess einbezogen
werden. Vielmehr besteht - wie ausgeführt - ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
der Klage gegen den Beklagten zu 5) und der Klage gegen die Beklagte zu 9), da auch
im Verhältnis dieser Beklagten zueinander die Gefahr widersprechender, miteinander
nicht vereinbarer Entscheidungen besteht.
699
Die Einbeziehung der Beklagten zu 9) stellt schließlich auch keinen Missbrauch des Art.
6 Nr. 1 EuGVÜ dar, sondern ist zur umfassenden Klärung der Haftungsfrage sinnvoll.
Das Landgericht Bonn ist das für die Entscheidung der Haftungsfrage sachnächste
Gericht. Das Bauwerk liegt im Bezirk des Landgerichts Bonn, hier ist ein Großteil der
Beweismittel, insbesondere auch zur Schadenshöhe, verfügbar. Schließlich wurde auch
das selbständige Beweisverfahren, welches sowohl von der Klägerin als auch den
Beklagten zu 1) und 2) unabhängig voneinander eingeleitet wurde, in Bonn
durchgeführt. Im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens war bereits vor
Klageerhebung Beweis erhoben worden. Für alle anderen Beklagten besteht unter dem
Gesichtspunkt des Erfüllungsortes ein eigener Gerichtsstand in Bonn. Die Verträge mit
den Beklagten zu 1) bis 8), aus denen sich der Umfang der diesen obliegenden
Pflichten ergibt, unterliegen deutschem Recht.
700
Auf der anderen Seite stellt es für die Beklagte zu 9) keine unzumutbare Härte dar, den
Prozess in Bonn zu führen. Die Beklagte zu 9) ist ein international tätiger Baukonzern
mit in- und ausländischen Tochterfirmen und als solcher auf Gerichtsverfahren im
Ausland eingestellt.
701
Dagegen würde es zumindest für die Beklagten zu 3) bis 8) eine besondere Belastung
bedeuten, den Prozess in den O2 führen zu müssen.
702
Aus der internationalen Zuständigkeit des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ folgt zugleich die örtliche
Zuständigkeit des Landgerichts Bonn (vgl. das Gutachten von Prof. T4, Anl. B 107, dort
S. 4 unten mit weiteren Nachweisen; Gottwald, in Münchener Kommentar zur ZPO, Art.
6 IZPR, Rdnr. 2).
703
II.
704
Die Klage ist dem Grunde nach aus § 765 BGB begründet.
705
1. Die Garantieerklärungen der Beklagten zu 9) vom 14.12.1990 für die ARGE A und
vom 18.2.1992 für die ARGE B unterliegen deutschem Recht.
706
Das anwendbare Recht ist gem. Art. 3 Abs. 1 S. 1 EGBGB anhand der Vorschriften des
707
Internationalen Privatrechts zu bestimmen, da die Garantieerklärungen Auslandsbezug
haben. Denn die Beklagte zu 9), die die Garantieerklärungen abgegeben hat, hat ihren
Sitz in den O2.
1.1. Gem. Art. 27 Abs. 1 EGBGB wird das auf einen Vertrag anwendbare Recht
(Vertragsstatut) vorrangig durch Rechtswahl bestimmt.
708
Im vorliegenden Fall haben die Parteien keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen.
Möglich ist gem. Art. 27 Abs. 1 S. 2 EGBGB aber auch eine konkludente Rechtswahl,
wenn sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder
den Umständen des Falles ergibt. Hierzu ist ein realer, auf die Rechtswahl gerichteter
Parteiwille erforderlich. Der Giuliano/Lagarde-Bericht (BT-DrS. 10/503, S. 49) führt
hierzu aus:
709
"Auf jeden Fall steht fest, daß der soeben erwähnte Satzteil (gemeint ist Art. 27
Abs. 2 a.E. EGBGB) den Richter in keiner Weise ermächtigt, eine Rechtswahl
durch die Parteien zu unterstellen, sofern diese nicht die bestimmte Absicht der
Vornahme einer solchen Rechtswahl hatten."
710
Erforderlich sind somit Indizien mit hinreichendem Gewicht, die auf einen realen
"Rechtswahlwillen" der Parteien schließen lassen. Hierbei sind im Interesse der
Rechtssicherheit gewisse Mindestanforderungen zu erfüllen. Vage Anhaltspunkte
genügen nicht (Martiny, in: Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. Art. 27 EGBGB
Rdnr. 42). Als Indizien von Gewicht für einen Rechtswahlwillen kommen u.a. in Betracht
eine Gerichtsstandsvereinbarung oder Schiedsklausel, die Bezugnahme auf eine
bestimmte Rechtsordnung, die Verwendung juristischer Fachbegriffe eines bestimmten
Rechts und die bisherige Vertragspraxis der Parteien (Martiny, aaO, Art. 27 EGBGB,
Rdnr. 42-52; Staudinger-Magnus, BGB, 12. Aufl., Art. 27 EGBGB Rdnr. 64-82).
Hingegen haben Umstände wie Abschlussort, Erfüllungsort, Staatsangehörigkeit,
Vertragssprache und -währung nur ein schwaches Gewicht; einzeln können sie keine
stillschweigende Rechtswahl belegen (Staudinger-Magnus, Art. 27 EGBGB Rdnr. 63).
711
Als außerhalb des eigentlichen Vertrages liegende Indizien für einen Rechtswahlwillen
können insbesondere ausdrückliche Rechtswahlvereinbarungen zwischen denselben
Parteien in früheren Geschäftsbeziehungen herangezogen werden (Staudinger-
Magnus, aaO, Art. 27 EGBGB Rdnr. 82; Soergel-v. Hoffmann, BGB, Art. 27 EGBGB
Rdnr. 46).
712
Danach ergeben sich insgesamt genügend Indizien, um von einer konkludenten Wahl
deutschen Rechts auszugehen.
713
Aus dem Vertrag und den Umständen ergibt sich, dass beide Parteien von der
Anwendung deutschen Rechts ausgegangen sind. Für die Klägerin ergibt sich dies
daraus, dass - soweit ersichtlich - alle Verträge den T3-Bau betreffend deutschem Recht
unterliegen. Dies gilt insbesondere auch für die von der Westdeutschen Landesbank
(Europa) AG, Zweigstelle S4, gestellten Bürgschaften für die Argen A, B und F (Anl. B 1,
B 7, B 105 und B 106). Aus diesen Bürgschaften ergibt sich auch, dass die Klägerin
jeweils die Anwendung deutschen Bürgschaftrechts von dem Bürgen verlangt hat. Denn
die Bürgschaften wurden auf den von der Klägerin aus deren Vergabehandbuch
gestellten Formularen abgegeben, die ausdrücklich auf deutsches Bürgschaftsrecht
Bezug nehmen (Anl. K 27). Die Klägerin trägt hierzu selbst vor, es sei ihr daran gelegen
714
gewesen, mit den Garantieerklärungen der Beklagten zu 9) eine Sicherheit zu erhalten,
wie sie vom Vergabehandbuch vorgeschrieben und von inländischen Auftragnehmern
gefordert wird (Bl. 53 der Klageschrift = Bl. 53 d.A.). Wenn auch Zweifel daran bestehen,
ob die Garantieerklärungen die nach dem Vergabehandbuch vorgeschriebene
Erfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft ersetzen sollten - die ja zusätzlich noch von
den Argen A und B gestellt wurden - so wollte die Klägerin doch sicher keine weniger
weitgehende oder einer anderen Rechtsordnung unterliegende Sicherheit erhalten. Ein
weiteres Indiz für einen auf die Vereinbarung deutschen Rechts gerichteten
Rechtswahlwillen der Klägerin ist der Umstand, dass die Klägerin als öffentlicher
Auftraggeber in der Ausgestaltung ihrer Verträge nicht frei ist, sondern an die
entsprechenden Richtlinien und ihre Musterverträge, insbesondere die RBBau,
gebunden ist. Damit hätte die Klägerin die Anwendung O2 Rechts nicht ohne weiteres
vereinbaren können. Umgekehrt musste auch die Beklagte zu 9) davon ausgehen, dass
die Klägerin nur eine Bürgschaft nach deutschem Recht akzeptieren würde. Ihr mussten
die vorgenannten Umstände bekannt sein. Es kann nicht davon ausgegangen werden,
dass die Beklagte zu 9) die Garantien ohne Kenntnis der Vergabeunterlagen
abgegeben hat, zumal die Verhandlungen ausweislich der vorgelegten
Vertragsunterlagen (Anl. B 1) mit der O2 Tochtergesellschaft der Beklagten zu 9), der I5
H3 geführt wurden.
Dass auch die Beklagte zu 9) zumindest stillschweigend von der Anwendung deutschen
Rechts ausging, zeigt schon ihr Vortrag im Prozess. Denn sie ist es gerade, die sich auf
eine konkludente Wahl deutschen Rechts beruft und damit einen entsprechenden
Rechtswahlwillen behauptet. Hinzu kommt, dass die Garantieerklärungen der Beklagten
zu 9) eine besondere Nähe zu den Hauptverträgen mit den Argen A und B aufweisen,
die schon mangels Auslandsbezugs und aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf
die VOB deutschem Recht unterliegen. Bei Sicherungsgeschäften, die selbst keinen
Hinweis auf eine bestimmte Rechtsordnung enthalten, kann unter Umständen das Recht
als stillschweigend vereinbart gelten, das das Grundgeschäft beherrscht (Staudinger-
Magnus, aaO, Art. 27 EGBGB, Rdnr. 81 m.w.Nachw.). Solche Umstände liegen hier vor,
da die Garantieerklärungen eng mit dem Abschluss des Hauptvertrages verknüpft
wurden. In den Garantieerklärungen wird unter Angabe der Vergabeeinheit und der
Vergabenummern der Klägerin auf die Verträge mit den Argen A und B Bezug
genommen. Die Garantien wurden erteilt für die in Deutschland ansässigen
Tochtergesellschaften der Beklagten zu 9). Die Garantie zugunsten der ARGE A wurde
von der Klägerin ausdrücklich zum Bestandteil des deutschem Recht unterliegenden
Hauptvertrages gemacht, wie sich aus dem Auftragsschreiben vom 21.12.1990 (Anl. K 2
und B 1) ergibt. Die Garantieerklärung wurde der Klägerin wenige Tage vor
Auftragserteilung übermittelt und war Voraussetzung für die Auftragserteilung. Die
Aufträge selbst weisen wiederum eine besondere Nähe zu deutschem Recht auf, da sie
deutschem Recht unterliegen, Erfüllungsort für alle Verpflichtungen aus diesen
Verträgen der Ort, an dem das Bauwerk errichtet wird, ist und insbesondere die
Beklagten zu 1) und 2) alle Pflichten aus den Aufträgen in Deutschland zu erbringen
hatten. Schließlich stellt auch der Umstand, dass die Beklagte zu 9) die
Garantieerklärungen in deutscher Sprache abgegeben hat, ein gewisses Indiz dafür dar,
dass sie sich deutschem Recht unterwerfen wollte. Dies gilt um so mehr, als die
Garantie zugunsten der ARGE A ausweislich des Schreibens der I5 H3 vom 11.12.1990
(Anl. B 104), in dem die Übersendung der Garantie angekündigt wird, ursprünglich in
englischer Sprache abgefasst war und von der Beklagten zu 9) ins Deutsche übersetzt
wurde.
715
Die konkludente Rechtswahlvereinbarung ergibt sich auch aus der beiderseitigen
Interessenlage.
716
Wie bereits dargelegt, entsprach die Vereinbarung deutschen Rechts dem Interesse der
Klägerin. Für die Beklagte zu 9) als international tätigem Konzern ist der Abschluss von
Verträgen, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, nicht ungewöhnlich.
Hinzu kommt, dass die Klägerin die Vertragsbedingungen bestimmen konnte, da sie
darüber entschied, welchem von mehreren Bietern sie den Auftrag erteilen wollte.
717
Damit liegen ausreichende Indizien für eine stillschweigende Wahl deutschen Rechts
vor.
718
1.2. Auch wenn man davon ausgeht, dass eine (konkludente) Rechtswahl nicht erfolgt
ist, wäre deutsches Recht nach Art. 28 Abs. 1 und 5 EGBGB anzuwenden. Nach Art. 28
Abs. 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag, für den ein bestimmtes Recht nicht nach Art. 27
EGBGB vereinbart ist, dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen
aufweist. Dabei besteht nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB die (widerlegliche) Vermutung, dass
der Vertrag die engste Verbindung mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, die die
charakteristische Vertragsleistung zu erbringen hat, ihre Hauptniederlassung hat. Nach
dieser Vermutung wäre niederländisches Recht anzuwenden, da die Beklagte zu 9)
ihren Sitz in den O2 hat. Diese Vermutung gilt gem. Art. 28 Abs. 5 EGBGB indes nicht,
wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag engere
Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. Danach ist auf die Garantien
deutsches Recht anzuwenden, da sich aus der Gesamtheit der Umstände eine engere
Beziehung zu deutschem Recht ergibt.
719
Die Garantien weisen eine über das allgemeine Verhältnis von Bürgschaft bzw.
Garantie zur Hauptschuld hinausgehende besondere Nähe zum Hauptvertrag auf. Die
Auftragsvergabe war untrennbar mit den Garantien verbunden. Die Beklagte zu 9) hat
die Garantie abgegeben, um die Aktivitäten ihrer deutschen Tochtergesellschaften in
Deutschland zu unterstützen. Sie dienten damit indirekt auch der Geschäftstätigkeit der
Beklagten zu 9) in Deutschland. Ein weiteres Indiz für die Nähe der Garantieerklärungen
zur Bundesrepublik ist die Beteiligung des deutschen Staates. Denn bei Verträgen mit
einem Staat oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft besteht eine gewisse
Vermutung dafür, dass der Staat sich nicht fremdem Recht unterwerfen will (Palandt-
Heldrich, BGB, 57. Aufl., Art. 28 EGBGB, Rdnr. 2; Martiny, in Münchener Kommentar, 3.
Aufl., Art 28 EGBGB Rdnr. 85, Staudinger-Magnus, aaO, Art. 28 EGBGB Rdnr. 49).
Dabei kann dahinstehen, inwieweit diesem Gesichtspunkt generell eine entscheidende
Indizwirkung zukommt. Zumindest im vorliegenden Fall ergibt sich die Indizwirkung
daraus, dass die Klägerin als öffentlicher Bauherr an die Musterverträge der RBBau
gebunden ist und im Regelfall Vertragserfüllungsbürgschaften auf ihren eigenen
Formularen verlangt, die ausdrücklich auf deutsches Recht Bezug nehmen. Darüber
hinaus begründen auch die oben dargestellten Indizien, die für eine konkludente
Rechtswahl sprechen, zugleich eine besondere Nähe des Vertrages zum deutschen
Recht.
720
Auf der anderen Seite kommt der durch den Sitz der Beklagten zu 9) begründeten Nähe
zu niederländischem Recht im vorliegenden Fall eine nur untergeordnete Bedeutung zu,
da es sich bei der Beklagten zu 9) um einen international tätigen Konzern mit
ausländischen Tochtergesellschaften handelt, für den der Abschluss von fremdem
Recht unterliegenden Verträgen nicht ungewöhnlich ist, und die Bürgschaften der
721
Unterstützung der Tätigkeit der deutschen Tochterfirmen in Deutschland dienten.
Weitere Umstände, die eine besondere Nähe der Garantieerklärungen zu den O2
begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
Insgesamt weisen damit die Garantieerklärungen der Beklagten zu 9) die engsten
Verbindungen zu Deutschland auf, so dass deutsches Recht zur Anwendung kommt.
722
2. Bei den Garantieerklärungen handelt es sich um Bürgschaften im Sinne von § 765
BGB.
723
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Garantieerklärungen
Bürgschaften darstellen. Dies entspricht auch dem Inhalt der Erklärungen und der
Interessenlage der Parteien.
724
Ein Schuldbeitritt liegt nicht vor, da die Beklagte zu 9) sich erkennbar nicht dazu
verpflichten wollte, die den Beklagten zu 1) und 2) obliegenden Bauleistungen selbst zu
erbringen. Auch wollte sie lediglich akzessorisch, d.h. nur dann und in dem Umfang
haften, in dem auch die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind. Für die Übernahme
einer weitergehenden Haftung liegen keine Anhaltspunkte vor.
725
3. Die Bürgschaften sind formwirksam. Nach Art. 11 Abs. 2 EGBGB i.V.m. § 350 HGB
unterliegt die Bürgschaft keinen Formvorschriften, wenn sie für den Bürgen ein
Handelsgeschäft darstellt.
726
4. Die Beklagte zu 9) kann sich auf die Einrede der Vorausklage nicht berufen, da diese
nach § 349 HGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift steht dem Bürgen die
Einrede der Vorausklage nicht zu, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist.
Diese Voraussetzung ist gegeben. Die Beklagte zu 9) ist eine Handelsgesellschaft. Sie
hat die Bürgschaft im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit erteilt.
727
5. Der Antrag auf Erstattung der der Klägerin entstehenden Rechtsverfolgungskosten
gegen die Beklagten zu 1) und 2) (Antrag zu 11)) ist aus § 767 Abs. 2 BGB teilweise
begründet.
728
Die Klägerin begehrt mit diesem Antrag die Feststellung, dass die Beklagte zu 9) ihr die
entstehenden
erstatten habe. Nach § 767 Abs. 2 BGB kann die Klägerin aber nicht die Kosten der
Rechtsverfolgung ersetzt verlangen, die ihr gegen den Hauptschuldner
entstehen
sondern lediglich die von dem Hauptschuldner zu
ersetzenden
weitergehende Antrag war daher abzuweisen.
729
Zur Fassung des Tenors:
730
I.
731
Da im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) bis 6) und 9) neben dem Grund auch die Höhe
des Anspruchs streitig ist, insoweit aber das selbständige Beweisverfahren noch nicht
abgeschlossen ist, konnte die Kammer lediglich eine Zwischenentscheidung zum Grund
gem. § 304 ZPO erlassen.
732
II.
733
Hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) hatte die Kammer über die Frage, ob auch
Ansprüche der Klägerin aus § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B bestehen oder die Beklagten auch
für die Fehlstelle R/21-22 und als ARGE B und ARGE F haften, abschließend zu
befinden. Im Falle konkurrierender Anspruchsgrundlagen kann in einem Grundurteil,
das den Anspruch aus einem der Klagegründe für gerechtfertigt erklärt, die Frage, ob die
Klage auch aus einem anderen Klagegrund gerechtfertigt ist, nur dann offenbleiben,
wenn der aus diesem Klagegrund hergeleitete Anspruch in keinem Fall weitergehen
kann als der für berechtigt erklärte Anspruch (BGH LM Nr. 52 zu § 304 ZPO). Diese
Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, da die Ansprüche gegen
die Beklagten zu 1) und 2) in Form der ARGE B und F und der Anspruch aus § 13 Nr. 7
Abs. 2 VOB/B in ihrem Umfang bezüglich einzelner Schadenspositionen über den
Anspruch aus § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B wegen Fehlens der Konsole im Abschnitt 42/L-Q
hinausgehen können. Die teilweise Klageabweisung insoweit ist im Interesse der
Eindeutigkeit und Bestimmtheit der Entscheidung - wie erfolgt - in der Urteilsformel zum
Ausdruck zu bringen (BGH aaO). Dies gilt sowohl für den Leistungsantrag wie auch für
den Feststellungsantrag.
734
III.
735
Über die Feststellungsanträge gem. Klageanträgen zu 8) und 9) konnte und musste die
Kammer (im wesentlichen) abschließend entscheiden, da über unbezifferte
Feststellungsanträge - von Ausnahmen abgesehen - ein Grundurteil nicht ergehen kann.
Der Erlass eines Grundurteils setzt voraus, dass nicht nur der Grund des Anspruchs,
sondern auch die Höhe streitig sind. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, soweit im
Feststellungsantrag eine Feststellung bezüglich der Höhe nicht begehrt wird, wie es bei
einem unbezifferten Feststellungsantrag regelmäßig der Fall ist. Die oben genannte
Einschränkung der Haftung der Beklagten zu 1) und 2) dem Grunde nach ( oben II.) war
auch bezüglich der Feststellungsanträge im Tenor zum Ausdruck zu bringen.
736
Soweit die Klägerin in den Feststellungsanträgen gleichzeitig die Feststellung der
fiktiven Schadensberechnung begehrt, ergeht hierüber noch keine Entscheidung. Die
Frage der Schadensberechnung (konkret oder abstrakt) ist ebenso wie die Frage einer
eventuellen Verletzung der Schadensminderungspflicht dem Nachverfahren
vorzubehalten (Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 304 Rdnr. 15).
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Widerklage
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Hinsichtlich der Widerklage ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif.
739
Ein Grundurteil hinsichtlich der Widerklage kommt nicht in Betracht, da nicht feststeht,
ob nach Aufrechnung mit den Schadensersatzansprüchen der Klägerin ein Anspruch
verbleibt.
740
Eine Abweisung der Widerklage kommt derzeit ebenfalls nicht in Betracht, da die
Klägerin die Aufrechnung hinsichtlich der streitigen Werklohnforderung nur hilfsweise
erklärt hat.
741
Kostenentscheidung
742
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Beklagten zu 7) und 8) folgt aus § 91 ZPO, im
übrigen ist die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorzubehalten.
743
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
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Streitwert (im Verhältnis zu den Beklagten zu 7) und 8)):
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Zahlungsantrag:
5.000.000 DM
Feststellungsantrag:
1.399.232 DM (1,74904 % von 80 Millionen DM)
Insgesamt:
6.399.232 DM
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