Urteil des LG Bonn vom 09.10.1995

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Landgericht Bonn, 31 Qs 118/95
Datum:
09.10.1995
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
7. große Strafkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
31 Qs 118/95
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Vorsitzende des Schöffengerichts des Amtsgerichts F wird unter
Aufhebung der Verfügung vom 29. August 1995 verpflichtet, dem
Verteidiger des Beschwerdeführers Einsicht in die Beweisstücke
Lichtbildmappe und Videoband durch Überlassung von Kopien in seine
Kanzleiräume zu gewähren.
Gründe:
1
Die Beschwerde gegen die Versagung der Akteneinsicht durch die Vorsitzende ist
zulässig und begründet.
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Dem Verteidiger des Angeklagten ist nach § 147 Abs. 1, 4 StPO Einsichtnahme in die
Beweisstücke Lichtbildmappe und Videofilm durch Überlassung von Kopien in seine
Kanzleiräume zu gewähren. Grundsätzlich besteht hinsichtlich der Einsichtnahme in
amtlich verwahrte Beweisstücke nach § 147 Abs. 4 StPO kein Anspruch auf
Überlassung in die Kanzleiräume, sondern lediglich ein Anspruch auf Besichtigung an
ihrem Verwahrungsort. Damit soll nicht zuletzt die Unversehrtheit der Beweisstücke
gesichert werden. Es besteht darüber hinaus im Regelfall auch kein Anspruch des
Verteidigers gegenüber dem Gericht Ablichtungen von relevanten Beweisstücken
anzufertigen. Liegen jedoch Kopien vor, so steht der Schutz der Integrität der
Beweisstücke einer Überlassung in die Kanzleiräume des Verteidigers nicht entgegen.
Nachdem die Staatsanwaltschaft im Beschwerdeverfahren eine weitere Kopie des
Videobandes zu den Akten gereicht hat (s. Bl. 196), kann diese nunmehr dem
Verteidiger des Beschuldigten zur Einsicht überlassen werden.
3
Im Hinblick auf die ebenfalls als Beweismittel aufgeführte Lichtbildmappe hält die
Kammer es im Hinblick auf die mutmaßliche Beweisbedeutung in einer großen Zahl der
beim Schöffengericht anhängigen Verfahren aus dem Komplex "Blockade der A 61" für
erforderlich, dass zumindest eine Fotokopie der Lichtbildmappe beim Amtsgericht
vorliegt, um eine Einsichtnahme durch Verteidiger der anhängigen Verfahren zu
ermöglichen. Die Vorsitzende des Schöffengerichts weist in der angefochtenen
Verfügung darauf hin, dass wegen der fortlaufend terminierten Verfahren in diesem
Komplex eine Einsichtnahme für den Verteidiger des Angeklagten nicht möglich sei.
Dem bestehenden Anspruch auf Besichtigung des Beweismittels nach § 147 Abs. 1
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StPO kann daher nur durch Anfertigung von. Kopien Rechnung getragen werden. Für
die Modalitäten gilt insoweit das zuvor ausgeführte.
Die Kostenentscheidung folgt entsprechend § 467 Abs. 1 StPO.
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