Urteil des LG Bonn vom 09.07.2010
LG Bonn (miete, eigenes verschulden, zahlung, vater, zpo, quittung, zustellung, mietvertrag, mieter, verschulden)
Landgericht Bonn, 6 T 144/10
Datum:
09.07.2010
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 144/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Waldbröl, 6 C 388/09
Schlagworte:
Verzug, ARGE, Miete
Normen:
§§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB, 91a ZPO
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Hat der Mieter nicht selbst alles ihm obliegende getan, um pünktliche
Mietzahlung durch die ARGE zu gewährleisten, kann er sich auf
Unpünktlichkeit der Zahlungen der ARGE nicht berufen, kommt vielmerh
dadurch in Verzug.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 21.04.2010 gegen den
am 09.04.2010 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts vom
06.04.2010, durch den die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO
gegeneinander aufgehoben worden sind, wird der angefochtene
Beschluss hinsichtlich der Kostenentscheidung teilweise abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
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Zur Begründung wird Bezug genommen auf die Hinweisverfügung vom 17.06.2010.
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Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten führen nicht zu einer anderen
Entscheidung.
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Soweit die Beklagte sich neuerlich darauf beruft, die Unpünktlichkeit von Zahlungen der
ARGE sei ihr nicht zuzurechnen, trifft das in dieser Allgemeinheit nicht zu. Auf fehlendes
eigenes Verschulden kann der Mieter als selbst dem Vermieter gegenüber
Zahlungspflichtiger sich allenfalls dann berufen, wenn er selbst alles ihm Obliegende
getan hat, eine pünktliche Zahlung durch die ARGE zu erreichen, diese aber
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gleichwohl, obwohl also alle Voraussetzungen für eine pünktliche Zahlung erfüllt waren,
nicht pünktlich zahlt; auf ein solches im Ergebnis objektiv willkürliches Verhalten der
ARGE hätte in der Tat der Mieter dann keinen eigenen Einfluss, weshalb er sich die
objektiv willkürliche Unpünktlichkeit der ARGE nicht zurechnen lassen muss.
Die Beklagte hat im Rechtsstreit allerdings lediglich substanzlos behauptet, die ARGE
habe in "absolut rechtswidriger Weise", Leistungen ab August 2009 nicht mehr erbracht,
es habe eines Widerspruchsverfahrens bedurft, im November die rückwirkende
Bewilligung ab August zu erreichen (Schriftsatz vom 20.11.2009), die ARGE habe die
Zahlungen "nicht nachvollziehbarer Weise" eingestellt (Schriftsatz vom 30.03.2010),
"erst im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens" seien Leistungen der ARGE zur
Auszahlung gelangt (Schriftsatz vom 04.06.2010). Daraus ergibt sich schon nicht, dass
die Beklagte ihrerseits alles ihr Obliegende getan hat, pünktliche Auszahlung der
Leistungen der ARGE zu gewährleisten; es wird nicht einmal vorgetragen, was denn
Gegenstand des Widerspruchsverfahrens war und was konkret zur nachträglichen
Bewilligung geführt hat. Soweit der Vortrag der Beklagten es möglich erscheinen lässt,
dass die Zahlungsverzögerungen der ARGE auf einem Verschulden der ARGE, das
durch nichts substantiiert ist, beruhen könnten, kommt es darauf schon deshalb nicht an,
weil die Beklagte sich nicht entlastet hat. Ein bloß denkbares Verschulden der ARGE,
bei gleichzeitig nicht ersichtlich fehlendem Eigenverschulden der Beklagten, vermag
einen Verzug der Beklagten nicht auszuschließen.
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Soweit die Beklagte sich wiederum darauf beruft, mit dem Vater der Klägerin
vertragsändernde Absprachen getroffen zu haben, ist das unerheblich, da nicht
vorgetragen und unter Beweis gestellt ist, der Vater sei zu vertragsabändernden
Absprachen bevollmächtigt gewesen. Die Klägerin hat in ihrem Mahnschreiben vom
31.07.2009 völlig unmissverständlich ihren eigenen Willen unter Berufung auf die
Regelung im Mietvertrag bekundet, nämlich: "Ich wünsche in Zukunft eine pünktliche
Überweisung, per Dauerauftrag bis spätestens den 3. Werktag eines jeden Monats, auf
das im Mietvertrag angegebene Konto." Das ist an Eindeutigkeit kaum zu überbieten.
Wie auf dieser Grundlage der Vater der Klägerin sollte befugt gewesen sein können,
vertragsändernde Absprachen zu treffen, erschließt sich nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO
nicht erfüllt sind und in Kostenbeschwerdeverfahren nach § 91a ZPO die
Rechtsbeschwerde nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zugelassen
werden darf, wenn nicht Fragen der prozessualen Anwendbarkeit der Vorschrift,
sondern materielle Rechtsfragen der Kostenentscheidung zugrunde liegen.
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Eine Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren hat zu unterbleiben, weil keine
gerichtliche Wertgebühr anfällt.
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Dem Beschluss ist folgende Hinweisverfügung vom 17.06.2010 vorausgegangen:
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Nach Aktenlage dürfte die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts vom 06.04.2010 begründet sein.
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Soweit die Beklagte sich auf Unpünktlichkeiten der ARGE beruft, kommt es darauf nicht
an. Zwischen den Parteien ist, soweit ersichtlich, nicht vereinbart worden, dass
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Mietzahlungen unmittelbar –oder überhaupt- durch die ARGE erfolgen. Der Vortrag der
Beklagten dürfte auch so zu verstehen sein, dass die ARGE nicht unmittelbar an die
Klägerin, sondern an die Beklagte gezahlt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass bei
Vertragsschluss oder später die Beklagte die Klägerin jemals darauf hingewiesen hätte,
dass sie, um die Miete aufbringen zu können, auf Zahlungen der ARGE angewiesen sei.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte im Verhältnis zur ARGE alles
Erforderliche stets pünktlich unternommen hätte, um pünktliche Zahlungen durch die
ARGE sicherzustellen und deshalb etwaige verspätete Zahlungen der ARGE ganz ohne
eigenen Verursachungsbeitrag erfolgt seien.
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, mit dem Vater der Klägerin eine Vereinbarung
getroffen zu haben, dass die Miete in Abänderung des/in Abweichung vom
Mietvertrag(s) jeweils erst zum Monatsende gezahlt werden musste, kommt es auch
darauf nicht an. Es mag sein, dass die Beklagte den Vater der Klägerin als ihren
Ansprechpartner vor Ort angesehen hat. Es ist allerdings nicht einmal behauptet, dass
der Vater von der Klägerin bevollmächtigt gewesen sei, vertragsändernde Absprachen
zu treffen. Eine solche Vollmacht ergibt sich auch nicht daraus, dass sein Konto im
Mietvertrag als Zahlstelle angegeben worden ist.
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Nach Aktenlage war die Klage bei Zustellung zulässig und begründet.
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Die Kündigung vom 16.09.2009 ist auf Mietrückstände für August und September 2009
gestützt; diese Kündigung hat das Mietverhältnis auch beendet.
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Soweit die Beklagte unter Vorlage der Quittung vom 29.08.2009 behauptet, die Zahlung
für August sei am 29.08.2009 erfolgt, ergibt sich das aus der Quittung nicht, weil diese
einen Monat, für den die Zahlung erfolgt ist, nicht angibt. Die Klägerin trägt vor, es habe
sich um die Juli-Miete gehandelt. Zwar behauptet die Beklagte, die Miete für Juli sei
schon zur Zeit des Mahnschreibens vom 31.07.2009 bezahlt gewesen, hat dafür aber
keinen Beweis angetreten.
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Hinsichtlich der Miete September behauptet die Beklagte deren Zahlung am
22.09.2009, wozu sie eine entsprechend datierte Quittung vorlegt. Die Quittung weist
allerdings wiederum keinen Monat aus, für den die Zahlung erfolgen sollte. Die Klägerin
trägt vor, es habe sich um die Miete August gehandelt. Demgegenüber ist die Miete für
September erst am 17.11.2009 gezahlt worden, wie in einer der beiden Quittungen vom
17.11.2009 ausdrücklich angeführt (die andere Quittung vom 17.11.2009 bezieht sich
auf die Miete Oktober).
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Gegenstand des Zahlungsantrags sind die Mieten für September und Oktober 2009
gewesen. Diese Mieten sind ausweislich der beiden Quittungen vom 17.11.2009 erst
nach der Klagezustellung (28.10.2009) gezahlt worden, so dass die Klage auch
insoweit bei Zustellung zulässig und begründet war.
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Mithin sind beide Klageansprüche nach Zustellung der Klage zu einer Zeit erfüllt
worden, als die Klage zulässig und begründet war. Dementsprechend besteht nach
Aktenlage keine Veranlassung, die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für
erledigt erklärten Rechtsstreits auch nur teilweise der Klägerin aufzuerlegen, vielmehr
hat diese Kosten die Beklagte zu tragen.
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Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme
binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser
20
Verfügung