Urteil des LG Bonn vom 20.11.2009

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Landgericht Bonn, 39 T 1252/09
Datum:
20.11.2009
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
14. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
39 T 1252/09
Schlagworte:
GmbH & Co. KG, Liquidation, Offenlegung, Jahresabschluss,
Liquidationsgeschäftsjahr
Normen:
§ 154 HGB, 264a HGB, § 325 HGB, § 335 HGB, § 71 GmbHG
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
1. Die öffentlich-rechtliche Pflicht, laufende Jahresabschlüsse i. S. v. §§
242 ff. HGB, zu erstellen und diese nach § 325 HGB offen zu legen, trifft
auch die iin Liquidatin befindliche GmBH & Co. KG
2. Das für den Jahresabschluss innerhalb der Liquidation maßgebliche
Geschäftsjahr bestimmt sich auch bei der GmBH & Co. KG mangels
abweichender Beschlussfassung nciht nach dem Kalenderjahr, sondern
nach dem mit dem Tag der Auflösung beginnenden Jahreszeitraum.
3. Die Offenlegungspflicht aus § 325 HGB bezieht sich, soweit ein
Liquidationszeitraum betroffen ist, auf das jeweilige
Liquidationsgeschäftsjahr.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde wird die unter dem 21.08.2009 getroffene
Ordnungsgeldentscheidung einschließlich der Festsetzung von
Zustellungskosten und die Verwerfung des Einspruchs in der gleichen
Entscheidung aufgehoben.
Gründe
1
I.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von
2.500,00 Euro wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2007 bei
dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der
Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom
05.06.2009, zugestellt am 12.06.2009, angedroht.
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Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 26.06.2009 (Eingang) Einspruch
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eingelegt. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom
21.8.2009 das bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt.
Gegen die ihr am 25.08.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am
28.08.2009 sofortige Beschwerde eingelegt.
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Mit der Beschwerdeführerin bekannt gemachter Entscheidung vom 01.10.2009 hat das
Bundesamt für Justiz der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
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II.
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Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen
zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
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Die Voraussetzungen, unter denen nach § 335 Abs. 3 HGB der Erlass eines
Ordnungsgeldes stattfinden kann, liegen nicht vor. Denn wie die Beschwerdeführerin
jedenfalls nunmehr glaubhaft gemacht hat, war sie zur Veröffentlichung von
Jahresabschlussunterlagen am 31.12.2008 nicht verpflichtet.
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Soweit sich die Androhungsverfügung auf einen Abschlussstichtag am 31.12.2007
bezieht, bestand eine von der Liquidatorin als gesetzlichem Vertreter der
Beschwerdeführerin zu erfüllende Offenlegungspflicht nicht. Denn für die
Beschwerdeführerin musste zu diesem Datum kein Jahresabschluss aufgestellt werden,
nachdem - wie sie nunmehr glaubhaft gemacht hat - bereits am 18.06.1998 ihre
Auflösung beschlossen worden war. Während der dadurch eingeleiteten Liquidation der
Beschwerdeführerin muss zwar nach § 71 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 264a HGB für den
Schluss eines jeden Jahres ein Jahresabschluss aufgestellt werden. Damit ist aber in
Ermangelung einer abweichenden Beschlussfassung der Gesellschafter weder das am
01.01. beginnende Kalenderjahr noch ein davon abweichendes im Gesellschaftsvertrag
geregeltes Geschäftsjahr gemeint, sondern das mit dem Tag der Auflösung beginnende
Kalenderjahr (OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 06.10.1976 - 4 Ss 461/76, BB 1977,
312 f.; Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh GmbHG § 71 Rn. 23; vgl. auch BFH, BB
1983, 1199). Dafür, dass die Gesellschafter beschlossen hätten, dass für die während
der Liquidation aufzustellenden Jahresabschlüsse das am 01.01. beginnende
Kalenderjahr maßgeblich ist, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr sollte
ausdrücklich auf den Tag der Auflösung bilanziert werden.
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Soweit das Bundesamt für Justiz die Auffassung vertritt, die vorbezeichnete
Maßgeblichkeit eines abweichenden Liquidationsgeschäftsjahres gelte nicht für
Kommanditgesellschaften, schließt sich die Kammer dem nicht an. Die
Jahresabschlüsse einer GmbH & Co. KG unterliegen nach § 264a Abs. 1 HGB den
selben Anforderungen wie diejenigen einer GmbH. Mit § 264a HGB wurde die so
genannte GmbH & Co-Richtlinie vom 8.11.1990 (90/605/EWG) in nationales Recht
umgesetzt, die unter anderem diese Gesellschaftsform in den Anwendungsbereich der
für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften einbezieht, insbesondere der Vierten
Richtlinie über den Jahresabschluss (78/660/EWG). Mit § 264a HGB sollen mithin die
dort bezeichneten Personengesellschaften den Kapitalgesellschaften hinsichtlich der
Abschlusspublizität gleich gestellt werden. Die Abschlusspublizität stellt den
notwendigen Ausgleich für die Haftungsbeschränkung dar. Die in § 264a HGB
bezeichneten Personenhandelsgesellschaften sollen bezüglich ihres
Jahresabschlusses den (gleichen) Verpflichtungen unterworfen werden, wie sie für
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Kapitalgesellschaften bestehen (OLG München NJW-RR 2008, 775 f.; BT-Dr 14/1806,
S. 14). Nach Maßgabe dessen besteht kein Anlass, eine unterschiedliche Bewertung in
Bezug auf die handelsrechtlichen Bilanzierungs- und insbesondere die daraus
folgenden Offenlegungspflichten vorzunehmen. Die Regelung des § 154 HGB und
darauf fußende, dem entgegen stehende Argumentationen (so etwa MüKo/HGB-K.
Schmidt § 154 Rn. 18) verlieren im Anwendungsbereich des § 264a HGB ihre die
"äußere Rechnungslegung" betreffende Bedeutung (vgl. auch LG Bonn, Beschl.
09.11.2009, Az. 37 T 1236/09).
Die gegenständliche Androhungsverfügung ist deswegen auf unzutreffender
Tatsachengrundlage ergangen und kann damit nicht eine auf ihr beruhende
Ordnungsgeldfestsetzung auslösen.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 7 HGB). Die
Beschwerdeführerin hat den hier maßgeblichen Einwand nicht im Einspruchverfahren
geltend gemacht.
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Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig
(§ 335 Abs. 5 S. 6 HGB).
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Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR.
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