Urteil des LG Bonn vom 14.02.2002
LG Bonn: grundbuchamt, vollzug, urkunde, insolvenz, agb, sperrklausel, anweisung, kaufvertrag, vorleistungspflicht, gewährleistung
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Sachgebiet:
Landgericht Bonn, 4 T 801/01 LG Bonn
14.02.2002
Landgericht Bonn
4. Zivilkammer
Beschluss
4 T 801/01 LG Bonn
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2. und 3. im
Beschwerdeverfahren hat die Beteiligte zu 1. zu tragen.
Gründe:
I.
Am 2. September 1993 schlossen die Beteiligten zu 1., 2. und 3. vor Notar L. zu UR.-Nr.
1...../19..... einen Kauf- und Werklieferungsvertrag (Bauträgervertrag). Dabei sollte auf dem
Grundstück Grundbuch von Q Blatt 0571, Gemarkung Q, Flur 9, Flurstück 17/8, Hof - und
Gebäudefläche, D-Straße. 75a, groß:9,48 Ar ein Wohn - und Geschäftshaus unter
Einbeziehung eines bereits bestehenden Altbaus in 2 Gebäudeteilen errichtet werden, das
8 Wohnungen, 5 Gewerbeeinheiten und 23 Garagenstellplätze umfassen sollte, die als
Wohnungseigentum,Teileigentum bzw. sondergenutzte Flächen (Tiefgaragenplätze,
Garten) genutzt werden sollten. Wegen aller Einzelheiten des Vertrages wird auf diesen
(Bl. 5ff d.A.) Bezug genommen.Die Beteiligte zu 1. sollte hiernach einen Miteigentumsanteil
von 1.099/10.000 an dem Grundbesitz , verbunden mit dem Sondereigentum an der
Gewerbeeinheit (Praxis) im 1. Obergeschoß (Neubau), im Aufteilungsplan mit Nr. 7
bezeichnet, sowie das Sondernutzungsrecht an vier Tiefgaragenstellplätzen für insgesamt
1.015.000.- DM erwerben. Die Kaufpreisfälligkeit regelt sich nach Ziff. IV. des Vertrages
nach dem Bautenstand (Bl. 10 d.A.). In Ziff. XII. heißt es u.a. :
"... Der vertretene Notar wird angewiesen, den Umschreibungsantrag dem Grundbuchamt
erst dann zum Vollzug vorzulegen und beglaubigte Abschriften oder Ausfertigungen dieser
Urkunde , in denen die Auflassung enthalten ist, erst dann zu erteilen, wenn der Käufer den
Kaufpreis - ohne Zinsen - an den Verkäufer gezahlt hat".
Wie weit die Bauarbeiten seit Vertragsschluß gediehen sind und ob und wenn ja, welche
Mängel an dem Bauwerk bestehen, ist im einzelnen nicht bekannt. Zu einem nicht näher
bekannten Zeitpunkt ist die F&T Baugesellschaft mbH in die Insolvenz geraten - AG
Dresden AZ.:5.... IN 1..... .
Mit dem vorliegenden Notarbeschwerdeverfahren will die Beteiligte zu 1. die
Umschreibung des Grundeigentums im Grundbuch erreichen. Mit Schreiben ihres
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Umschreibung des Grundeigentums im Grundbuch erreichen. Mit Schreiben ihres
Verfahrensbevollmächtigten vom 5.12.2001 (Bl. 25f d.A.) hat sie sich an Notar Dr. L.
gewandt und sich unter Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 7.6.2001 (ZIP
2001,2140) auf den Standpunkt gestellt, die in dem vorliegenden Vertrag verwandte zitierte
Umschreibungs-Sperrklausel in Ziff. XII. des Vertrages sei wegen Verstoßes gegen das
AGB - Gesetz unwirksam. Der Notar sei daher zur umgehenden Stellung des
Umschreibungsantrags beim Grundbuchamt verpflichtet. Der Notar bleibt bei der in seinem
Schreiben vom 10.12.2001 (Bl. 27 d.A.) vertretenen Auffassung, er sei zur Stellung des
Umschreibungsantrags nicht befugt. Er hat die Beteiligte zu 1. auf den Beschwerdeweg
nach § 15 BNotO verwiesen.
Diesen Weg hat die Beteiligte zu 1. mit Schriftsatz vom 12.12.2001 eingeschlagen. Das
Rechtsmittel zielt darauf ab, der Notar (fälschlich als Beschwerdegegner bezeichnet) möge
angewiesen werden, den Umschreibungsantrag zugunsten der Beteiligten zu 1. beim
Grundbuchamt zu stellen. Wegen der Begründung des Antrags im einzelnen wird auf die
Schriftsätze vom 12.12.2001 (Bl. 1ff d.A.) sowie vom 2.1.2002 (Bl. 31ff d.A.)verwiesen.
Notar Dr. L. hat in mehreren Schriftsätzen erläutert, wieso er sich daran gehindert sieht, den
Umschreibungsantrag zu stellen. Er hat ausgeführt, daß das Ansinnen der Beteiligten zu 1.
offenbar auf einem Mißverständnis der zitierten Entscheidung des BGH beruhe, die für das
vorliegende Verfahren nicht maßgebend sei. Auf die Schriftsätze des Notars vom
19.12.2001 (Bl. 28ff d.A.), vom 9.1.2002 (Bl. 35ff d.A.) sowie vom 1.2.2002 (Bl. 43ff d.A.)
nebst den jeweiligen Anlagen wird Bezug genommen. Die Beteiligte zu 3. hat mit
Schriftsatz vom 14.1.2002, auf den Bezug genommen wird (Bl. 39f d.A.), Stellung
genommen und ebenfalls ausgeführt, die BGH-Entscheidung sei für den vorliegenden Fall
nicht einschlägig, da hier der Rechtsstreit über den Restkaufpreisanspruch und etwaige zur
Aufrechnung gestellte Gegenansprüche wegen Mängeln noch nicht entschieden sei. Über
derartige materielle Fragen zu entscheiden, sei nicht Sache des Notars.
1.
II.
Die Beschwerde ist gem. §§ 15 Abs. 2 S. 1 Bundesnotarordnung (BNotO), 20 Abs. 2 FGG
statthaft, da es hier um die Weigerung des Notars geht, den grundbuchlichen Vollzug
seiner Kaufvertragsurkunde durchzuführen (vgl. OLG Köln 2 Wx 1/01). § 15 Abs. 1 BNotO
erfaßt alle Fälle der Amtsverweigerung, auch die Ablehnung einer Vollzugstätigkeit nach §
53 Beurkundungsgesetz (OLG Köln 2 Wx 18/99 ; Seybold/Schippel, BNotO , 6.Aufl., § 15 ,
Rdnr. 27f).
Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Denn eine Anweisung an Notar Dr. L., den Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt jetzt
zu stellen, kommt vorliegend nicht in Betracht. Eine entsprechende übereinstimmende
Weisung der Beteiligten an den Notar liegt nicht vor.
Auch sonst ist nicht ersichtlich, woraus die Pflicht des Notars resultieren sollte, den
Umschreibungsantrag stellen zu müssen. § 53 GBO sieht vor, daß der Notar die
beurkundete Willenserklärung beim Grundbuchamt einreichen soll, wenn die Urkunde
vollzogen werden kann. Dieser Zeitpunkt ist hier vorliegend durch Ziff. XII. des Vertrages
gesondert geregelt.An die dort festgelegte übereinstimmende Weisung der Beteiligten ist
der Notar gebunden (vgl. Keidel/Winkler BeurkG , 14.Aufl., § 53 Rdr. 20). Unstreitig aber ist
bislang der Gesamtkaufpreis nicht gezahlt; vielmehr ist ein Rechtsstreit zwischen den
Beteiligten anhängig über Restkaufpreisansprüche und Gegenansprüche (Gewährleistung,
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Schadensersatz). In diesem Streit Position zu beziehen und durch die Vollzugstätigkeit
nach § 53 GBO Fakten zu schaffen, ist nicht Aufgabe des Notars, der eine unparteiliche
Stellung einzunehmen hat. Hieraus erhellt zugleich, daß sich die Entscheidung des BGH
auf die Abwicklung von Grundstückskaufverträgen durch den Notar nicht unmittelbar
auswirken kann, weil die Entscheidung sich ausschließlich mit dem Verhältnis der am
Kaufvertrag Beteiligten zueinander befaßt und hierzu postuliert, daß es bei dem Zug-um-
Zug-Prinzip der §§ 320,322 BGB (a.F.) zu bleiben hat und eine in AGBs postulierte
Vorleistungspflicht nur wirksam ist, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt
ist, der auch bei der Abwägung mit den für den Erwerber entstehenden Nachteilen Bestand
hat (BGH, DNotZ 2001, 41ff, 43 m. Anm. Basty).
Von dieser materiell-rechtlichen Frage der Zug-um-Zug-Leistung zwischen den Beteiligten
ist die verfahrensmäßige Abwicklung des Vertrages durch den Notar, wie sie hier durch die
"Umschreibungssperrklausel" in Ziff. XII. des notariellen Vertrages geregelt ist, zu trennen.
Die übereinstimmende Weisung der Parteien, erst nach Zahlung des Kaufpreises zum
Vollzug der Urkunde tätig zu werden, bindet den Notar; entfiele diese Klausel, läge keine
Regelung dieser Frage vor, was aber nicht dazu führen würde, daß der Notar nunmehr
etwa verpflichtet wäre, auf einseitiges Verlangen eines der Beteiligten den
Umschreibungsantrag zu stellen.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, daß das vorliegend gewählte Verfahren die
zivilgerichtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien, die offenbar noch nicht
beendet ist, weder verkürzen noch ersetzen kann .
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs.1 S.2 FGG.
Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 3.000.- Euro.