Urteil des LG Bonn vom 08.09.2009

LG Bonn (zpo, unrichtigkeit, einspruch, akteneinsicht, berichtigung, beschwerde, bezeichnung, datum, angabe, antrag)

Landgericht Bonn, 6 T 84/09
Datum:
08.09.2009
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
6. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 84/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Euskirchen, 06-2592249-05-N
Schlagworte:
offenbare Unrichtigkeit
Normen:
§ 319 ZPO
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Zur Frage der offenbaren Unrichtigkeit von Rubrumsfehlern bei Evidenz
für die Parteien.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 30.03.2009 gegen
den Beschluss des Amtsgerichts Euskirchen vom 18.03.2009 -06-
2592249-05-N-, durch den die Parteibezeichnungen der Antragstellerin
und der Antragsgegnerin im Mahnverfahren jeweils um den Zusatz
„GmbH“ ergänzt worden sind, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
1
Im Mahnverfahren waren die Parteien zwar mit ihrem Namen, aber ohne den Zusatz
"GmbH" bezeichnet, so auch in dem Vollstreckungsbescheid vom 26.09.2006. Gegen
diesen Vollstreckungsbescheid hat die Antragsgegnerin unter dem 26.03.2007
Einspruch eingelegt, wobei sie die Parteien jeweils mit ihrem Namen und dem Zusatz
"GmbH" bezeichnet und das zutreffende Aktenzeichen angegeben hat.
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In dem daraufhin durchgeführten Verfahren 10 O 170/07 LG Aachen ist zwischen den
Parteien um die Frage gestritten worden, ob der Vollstreckungsbescheid
ordnungsgemäß zugestellt worden ist und der Einspruch deshalb verfristet war. Durch
Urteil des Landgerichts Aachen vom 19.06.2007 ist der Einspruch als unzulässig
verworfen worden, wobei das Landgericht Aachen von einer ordnungsgemäßen
Zustellung des Vollstreckungsbescheides am 28.09.2006 und dementsprechend von
Verfristung des Einspruchs ausgegangen ist. Die hiergegen gerichtete Berufung der
Antragsgegnerin -18 U 129/07 OLG Köln- ist ohne Einreichung einer
Berufungsbegründung zurückgenommen worden. Die Akten 10 O 170/07 LG Aachen
sind beigezogen worden, sie sind derzeit Beiakten der ebenfalls beigezogenen Akten
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42 O 45/08 LG Aachen; in dem letztgenannten Verfahren macht die Antragsgegnerin als
dortige Klägerin mit der am 31.08.2007 erhobenen Klage gegen ihre frühere
Geschäftsführerin D einen Freistellungsanspruch mit folgendem in der dortigen
mündlichen Verhandlung vom 19.06.2009 gestellten Klageantrag geltend:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den mit Vollstreckungsbescheid
vom 26.09.2006 des Amtsgerichts Euskirchen -06-2592249-0-5- = Urteil des
Landgerichts Aachen vom 19.06.2007 titulierten Forderungen -10 O 170/07-
freizustellen.
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In dem Verfahren 42 O 45/08 LG Aachen hat die dortige Beklagte mit Schriftsatz vom
18.06.2009 die Prozessvollmacht der Rechtsanwälte X u.a. aus T bestritten. In der
mündlichen Verhandlung vom 19.06.2009 ist der Klägerin (hier Antragsgegnerin) zur
Erwiderung auf diesen Schriftsatz eine Stellungnahmefrist von fünf Wochen gesetzt
worden, die später bis zum 04.08.2009 und dann nochmals bis zum 18.08.2009
verlängert worden ist. Mit Schriftsatz vom 01.07.2009 haben sich für die –bis dahin
durch Rechtsanwälte X u.a. aus T vertretene- dortige Klägerin (hier Antragsgegnerin)
die Rechtsanwälte C u.a. aus Y bestellt und mitgeteilt, das Mandat der Rechtsanwälte X
u.a. sei beendet. Mit Schriftsatz der Rechtsanwälte C u.a. vom 18.08.2009 hat alsdann
die dortige Klägerin mitgeteilt, der Geschäftsführer der Klägerin habe Rechtsanwalt X
nicht mit der Erhebung einer Klage gegen die Beklagte beauftragt, eine weitere
Stellungnahme der "Klägerin" (sic!) erübrige sich vor diesem Hintergrund.
5
Das Amtsgericht –Mahngericht- hat auf den Antrag der Antragstellerin die
Parteibezeichnungen mit dem angefochtenen Beschluss jeweils um den "GmbH"-
Zusatz ergänzt.
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Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der die Antragsgegnerin rügt, die
Voraussetzungen einer Berichtigung gemäß § 319 ZPO lägen nicht vor, das
Mahnverfahren sei streng formalisiert, fehle im Mahnantrag die Bezeichnung als GmbH,
könne das nicht im Wege der Berichtigung nachgeholt werden, weil für einen fremden
Dritten nicht offenbar sei, dass die GmbH-Zusätze vergessen worden sind.
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Die an sich statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
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§ 319 ZPO ist auch auf den Vollstreckungsbescheid anzuwenden. Die Voraussetzung
für die durchgeführte Berichtigung –offenbare Unrichtigkeit- lag vor.
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Dabei ist ausweislich des Aktenausdrucks des Mahngerichts davon auszugehen, dass
die "GmbH"-Zusätze im Mahnantrag nicht enthalten waren, weil der Aktenausdruck
diese Zusätze nicht enthält und gemäß § 696 Abs. 2 ZPO an die Stelle der Akte mit der
Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde tritt. Mithin hat danach die Antragstellerin durch
die Unterlassung der Angabe der "GmbH"-Zusätze den Fehler verursacht, der sich dann
noch im Vollstreckungsbescheid findet. Das steht einer Berichtigung indessen nicht
entgegen, weil diese nicht ein Versehen des Gerichts erfordert (LAG München MDR
1985, 170; LG Bonn JurBüro 1991, 125f, beide zitiert nach JURIS).
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Die Unterlassung der Angabe der "GmbH"-Zusätze im Mahnantrag und in der Folge im
Vollstreckungsbescheid ist auch eine auf einen Parteifehler zurückzuführende objektive
Unrichtigkeit. Weder im Mahnverfahren, noch in der sofortigen Beschwerde, noch in den
Verfahren 10 O 170/07 (dort auch nicht nach Akteneinsicht ihres
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Prozessbevollmächtigten) und 42 O 45/08 LG Aachen wird geltend gemacht, bei den im
Mahnverfahren bezeichneten Parteien handele es sich nicht um die beiden GmbHs.
Jedenfalls für die Parteien war die fehlerhafte Bezeichnung beider Parteien im Rubrum
von Anfang an evident. Zwischen den Parteien bestand erkennbar von Anfang an
Klarheit darüber, dass Parteien des Mahnverfahrens die beiden GmbHs waren. Das
versteht sich für das Mahnverfahren schon deshalb von selbst, weil zur damaligen Zeit –
auch noch zur Zeit der Zustellung des Vollstreckungsbescheids- dieselbe Person
Geschäftsführerin beider GmbHs war. Das setzt sich fort in dem später als unzulässig
verworfenen Einspruch vom 26.03.2007 gegen den Vollstreckungsbescheid, der
(gemeint: der Einspruch) schon beide Parteien zutreffend als GmbHs bezeichnet und
den Vollstreckungsbescheid ebenso zutreffend nach Datum und Aktenzeichen angibt; in
diesem Einspruch wird nicht gerügt, dass die Parteibezeichnungen im
Vollstreckungsbescheid fehlerhaft seien. Eine derartige Rüge erfolgt auch nicht nach
Akteneinsicht der damaligen Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, die diese
zwischen dem 11.04.2007 (Antrag auf Akteneinsicht) und dem 19.04.2007 (Danksagung
für die Akteneinsicht) gehabt haben. Im gesamten Verfahren bis zur
Berufungsrücknahme (Eingang 28.09.2007) ist die unrichtige Parteibezeichnung im
Mahnverfahren soweit erkennbar nicht gerügt worden.
Die selben Anwälte haben dann auch die schon am 31.08.2007 eingereichte Klage auf
Freistellung -42 O 45/08 (ursprünglich 10 O 421/07) LG Aachen- nach Einzahlung des
Gerichtskostenvorschusses im Februar 2008 der dortigen Beklagten D zustellen lassen,
ohne etwa geltend zu machen, die dortige "Klägerin" sei gar nicht Titelschuldnerin aus
dem Vollstreckungsbescheid.
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Eine objektive Unrichtigkeit ist jedenfalls dann im Sinne des § 319 ZPO offenbar, wenn
sie zwischen den Parteien evident ist, es sich um fehlerhafte Angaben im Rubrum
handelt, die Identität der Parteien sich durch Rubrumsberichtigung nicht ändert (BGH
NJW 2007, 518), Rechte Dritter nicht betroffen sind (BGHReport 2008, 562) und auch
ein Außenstehender durch Einsicht in das Handelsregister (LAG München a.a.O.) die
Unrichtigkeit erkennen kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ausweislich des
Vortrags der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 22.11.2007 –gerichtet an das
Amtsgericht Eschweiler, von dort weitergeleitet an das Amtsgericht Euskirchen- (in
Bezug genommen in der Beschwerdeeschrift, zu finden in der Akte 10 O 170/07, dort Bl.
291-293 d.A.) die beiden Firmen ohne den GmbH-Zusatz rechtlich nicht existieren, eine
Verwechslungsgefahr demnach auszuschließen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO
nicht erfüllt sind.
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