Urteil des LG Bonn vom 28.05.2003

LG Bonn: vergabe von aufträgen, öffentliche ausschreibung, geschäftsführer, gefahr, untersuchungshaft, anhörung, anstellungsverhältnis, behandlung, ausführung, firma

Landgericht Bonn, 1 O 517/02
Datum:
28.05.2003
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 O 517/02
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d:
1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass eine von der Beklagten ausgesprochene
Kündigung seines Anstellungsverhältnisses unwirksam ist.
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Er war seit dem 1.5.1986 kaufmännischer Geschäftsführer bei der Beklagten. Bei dieser
handelt es sich um ein privatrechtlich organisiertes Abfallwirtschaftsunternehmen, das
als "beauftragter Dritter" i.S. des § 16 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die
abfallwirtschaftsrechtlichen Pflichten der Kommunen des A - ihres alleinigen
Gesellschafters - erfüllt.
3
Das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis war - zuletzt -bis zum
30.4.2003 befristet (Anlage K 5). Der Kläger erhielt zuletzt eine Grundvergütung
entsprechend der Besoldungsgruppe B 4; die Beklagte zahlte monatlich 7.829,71 EUR
Gesamtbrutto an den Kläger.
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In den Jahren 1998 bis
mehrere abfallwirtschaftliche Verträge, u.a.:
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- Vertrag über die Restmüllentsorgung mit der V3 GmbH vom 26.1.1998,Laufzeit 15
Jahre, jährliches Umsatzvolumen ca. 13,5 Mio EUR
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- Vertrag über den Verkauf der beiden von der Beklagten erstellten Kompostwerke an
die V GmbH/X GmbH (alleinige Gesellschafterin jeweils V3 AG) vom 5.11.1999, Wert
ca. 26 Mio EUR
7
- Vertrag über die Behandlung von Bio- und Grünabfällen mit der V GmbH vom
5.11.1999, Laufzeit 20 Jahre, jährliches Umsatzvolumen ca.8,5 Mio. EUR
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Diese drei abgeschlossenen Verträge ergeben ein Umsatzvolumen von insgesamt
398,5 Mio.EUR.
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Der Abschluß der am 5.11.1999 geschlossenen Verträge erfolgte vor dem -
wirtschaftlichen - Hintergrund, dass die Beklagte mit dem Betrieb der Kompostwerke
erhebliche Verluste erwirtschaftete und der Aufsichtsrat der Beklagten den Kläger
beauftragt hatte, die Kompostwerke zu privatisieren oder eine anderweitige Lösung zu
finden.
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Der Kläger führte daraufhin Verhandlungen mit den bereits für die Beklagte tätigen
Firmen X GmbH und V3.P. GmbH, wobei ihm der geschäftsführende
Alleingesellschafter letztgenannter Firma, Herr L, persönlich bekannt war.
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Am 4.11.1999 schlossen die V3 AG und Herr L einen Notarvertrag über den Erwerb von
dessen Geschäftsanteilen an der Fa. V GmbH zu einem Kaufpreis von 49,5 Mio. DM.
Dieser Vertrag stand unter der auflösenden Bedingung, dass die beiden vorgenannten
Verträge, die die Beklagte am 5.11.1999 mit den Firmen X GmbH und V3.P. GmbH
abgeschlossen hatte, zustande kommen. Ob und ggf. in welcher Weise der Kläger die
Vertragsverhandlungen zwischen den Herren U und L bezüglich des
Gesellschaftsanteilskaufvertrages unterstützte, ist zwischen den Parteien ebenso streitig
wie die Frage, ob und ggf. welche Verbindungen zwischen diesem Vertrag und den am
5.11.1999 eingegangenen Verpflichtungen bestand.
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Von Seiten U erhielt der Kläger in der Zeit von Juni 1999 bis Dezember 2001 Zahlungen
in Höhe von 3.147.818,47 DM. Der Hintergrund der Zahlungen sowie deren rechtliche
Einordnung ist zwischen den Parteien streitig. Von diesen Zahlungen hatte die Beklagte
bis zum 18.7.2002 keine Kenntnis.
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Seit dem 12.7.2002 wird gegen den Kläger mit dem Vorwurf der Bestechlichkeit in
besonders schwerem Fall während der Jahre 1998 bis 2001 ermittelt.
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Dem Kläger wird im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vorgeworfen, in seiner
Eigenschaft als Geschäftsführer von dem gesondert verfolgten U über die lediglich als
Domizilgesellschaft dienende Firma T2 AG mit Sitz in der Schweiz Zahlungen in
Millionenhöhe erhalten zu haben. Diese Zahlungen soll der Kläger aufgrund mit Herrn U
getroffenen Unrechtsvereinbarung(en) als Gegenleistung für die Berücksichtigung bzw.
Bevorzugung von Firmen der U-Gruppe bei der Vergabe von Aufträgen durch die S
unter Verletzung seiner Dienstpflichten bzw. als Ermessensträger erhalten haben.
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Der Kläger wurde am 18.7.2002 vorläufig festgenommen und befand sich vom
19.7.2002 bis zum 16.5.2003 in Untersuchungshaft. Im Zuge seiner Vernehmung am
19.7.2002 räumte der Kläger erhaltene Zahlungen in Höhe von 2,05 Mio.DM ein; durch
Schriftsatz seiner Verteidiger vom 5.9.2002 erhöhte er diesen Betrag vorgenannten
Betrag auf rund 3,147 Mio. DM.
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Auf entsprechende Empfehlung des Aufsichtsrats der Beklagten beschloß deren
Gesellschafterversammlung in ihrer Sitzung am 23.7.2002 die Abberufung des Klägers
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als Geschäftsführer und die Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem
Grund.
Durch Schreiben vom 25.7.2002 (Anlage K 7) kündigte die Beklagte das
Anstellungsverhältnis fristlos und berief den Kläger mit sofortiger Wirkung als
Geschäftsführer ab.
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Das Oberlandesgericht L2 hat - zuletzt - durch Beschluss vom 19.2.2003 die Fortdauer
der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet. Wie während der
Spruchfrist durch Presseveröffentlichungen bekannt wurde, hat die Strafkammer des
Landgerichts C durch Beschluß vom 16.5.2003 mittlerweile den Vollzug der
Untersuchungshaft aus dem Haftbefehl des Amtsgerichts C nach § 116 StPO gegen
Auflagen ausgesetzt.
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Der Kläger behauptet, es habe sich bei den erhaltenen Zahlungen um Provisionen für
von ihm erbrachte Unterstützungsleistungen allein im Zusammenhang mit dem Verkauf
der Geschäftsanteile der Fa. V GmbH an die Fa. U AG gehandelt. Aus privat geführten
Gesprächen mit Herrn L habe er erfahren, dass dieser aus wirtschaftlichen und auch
persönlichen Gründen mit dem Gedanken gespielt habe, die Gesellschaft V3.P. GmbH
zu verkaufen und seinen Lebensmittelpunkt nach Aserbaidschan zu verlegen.
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Er habe sich gegenüber Herrn U auf Nachfrage bereit erklärt, von Herrn L anläßlich
privater Gespräche erhaltene Informationen weiterzuleiten und auf diese Weise bei
einer Geschäftsübernahme behilflich zu sein. Für seine Bemühungen insoweit habe er
mit Herrn U die Zahlung einer - zunächst der Höhe nach noch offenen - Provision
vereinbart.
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Durch die in den Folgemonaten von ihm an Herrn U weitergeleiteten
Hintergrundinformationen sei es diesem gelungen, zum jeweils richtigen
"Stimmungszeitpunkt" weitere Vorstöße und Aktivitäten bei Herrn L vorzunehmen und
den zunächst auf 60 Mio. DM festgelegten Kaufpreis für die Geschäftsanteile auf den
Betrag von 49,5 Mio. DM zu drücken.
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Hingegen habe er keine Gelder erhalten, die mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der
Beklagten in Zusammenhang standen und ihn zu Lasten der Beklagten hätten
beeinflussen können. Die zeitliche Nähe zwischen dem Gesellschaftsanteilskaufvertrag
und dem Vertrag über den Verkauf der Kompostwerke an die V2 GmbH/X GmbH sei
zufällig und relativiere sich auch angesichts des erst für den 1..1.2001
(Anteilskaufvertrag) bzw. 1.1.2002 (Verkauf der Kompostwerke) vereinbarten rechtlichen
und wirtschaftlichen Übergangs.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Voraussetzungen einer - nach dem übereinstimmenden
Vorbringen der Parteien von der Beklagten zunächst ausgesprochenen - Tatkündigung
lägen nicht vor; gleiches gelte für eine Verdachtskündigung, da es insoweit jedenfalls an
seiner vorherigen Anhörung fehle.
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Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die
Kündigung vom 25.7.2002 aufgelöst wurde.
26
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, bei den an den Kläger erfolgten Zahlungen habe es sich um
"Schmiergeldzahlungen" gehandelt, die im Zusammenhang mit dessen
Dienstausübung gestanden hätten.
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Das Interesse des Herrn U sei
Kompostierungsanlagen unter deren gleichzeitig auf 20 Jahre gesicherter Auslastung zu
erwerben. Aufgabe des Klägers sei gewesen, dem U-Konzern das "Vertragspaket" und
damit langfristige wirtschaftliche Vorteile im Bereich der Abfallwirtschaft ohne öffentliche
Ausschreibung zu verschaffen; die an den Kläger erfolgten Zahlungen hätten allein den
Zweck gehabt, diesen zu entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen zu
veranlassen und ihre Interessen hintan zu stellen.
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Jedenfalls aber bestehe aufgrund der zeitlichen und sachlichen Nähe sowie der Höhe
der Zahlungen die naheliegende Gefahr, dass sich der Kläger bei seinen für die
Beklagte zu treffenden Entscheidungen von persönlichen Vorteilen habe leiten lassen.
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Das zu dem Kläger bestehende Vertrauensverhältnis sei tiefgreifend und endgültig
zerstört; die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses sei, ihr nicht zumutbar gewesen,
und zwar auch nicht bis zum 30.4.2003.
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Das vom Kläger zunächst angerufene Arbeitsgericht T hat den beschrittenen Rechtsweg
durch Beschluß vom 1.10.2002 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das
Landgericht C verwiesen (Eingang hier am 6.12.2002).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen..
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist unbegründet.
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Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die von der
Beklagten am 25.7.2002 erklärte Kündigung aufgelöst worden.
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Die an diesem Tage aus wichtigem Grund erklärte Tatkündigung ist wirksam.
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Mithin konnte unentschieden bleiben, ob die Beklagte berechtigt ist, die erklärte
Kündigung nachträglich zusätzlich noch mit dem Verdacht der Annahme von
Schmiergeldern zu begründen. Gleiches gilt für die Frage, ob eine solche Kündigung in
der gegebenen Konstellation einer vorherigen Anhörung des Klägers bedurft hätte, oder
diese entbehrlich war (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 21.6.2001, AZ 2ARZ 325/00,
abgedruckt u.a. in NZA 2002, 1030; BAG, Urteil vom 13.9.1995, AZ 2 ARZ 587/94,
abgedruckt u.a. in NZA 1996, 81; BAG, Urteil vom 5.4.2001., AZ 2 ARZ 217/00,
abgedruckt u.a. in NZA 2001, 837; LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.8.1998, AZ 13 Sa
345/98, abgedruckt u.a. in NZA-RR 1999, 640).
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Formelle Bedenken gegen die Wirksamkeit der am 25.7.2002 ausgesprochenen
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Kündigung sind weder ersichtlich noch - soweit es um eine Tatkündigung geht -
dargetan. Eine - vorliegend nicht erfolgte - vorherige Anhörung des Klägers ist insoweit
keine Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. BAG, Urteil vom 21.6.2001, AZ 2 ARZ 30/00,
abgedruckt u.a. in NZA 2002, 232) . Die Frist des § 626 Abs.2 BGB ist eingehalten.
Auch in materieller Hinsicht sind die Voraussetzungen des § 626 Abs.1 BGB erfüllt.
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Nach gefestigter Rechtsprechung (s. BAG, Urteil vom 15.11.1995, AZ 2 AZR 974/94,
abgedruckt u.a. in NZA 1996, 419 ff; BAG, Urteil vom 21.6.2001, AZ 2 AZR 30/00,
jeweils m.w.N) handelt ein Arbeitnehmer, der sich bei der Ausführung von vertraglichen
Aufgaben Vorteile versprechen läßt oder entgegennimmt, die dazu bestimmt oder
geeignet sind, ihn in seinem geschäftlichen Verhalten zugunsten Dritter und zum
Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen, den Interessen seines Arbeitgebers
zuwider und gibt diesem damit regelmäßig einen Grund zur fristlosen Kündigung. Dabei
kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden
Handlung gekommen ist. Vielmehr reicht es aus, dass der gewährte Vorteil allgemein
die Gefahr begründet, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des
Geschäftsherrn wahrnehmen.
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In diesen Fällen liegt die eigentliche Ursache dafür, dass ein solches Verhalten die
außerordentliche Kündigung rechtfertigt, nicht so sehr in der Verletzung vertraglicher
Pflichten, sondern in der damit zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers,
unbedenklich eigene Vorteile bei der Erfüllung von Aufgaben wahrnehmen zu wollen,
obwohl er sie allein im Interesse des Arbeitgebers durchzuführen hat. Durch sein
gezeigtes Verhalten zerstört er das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend bereits unter Zugrundelegung des klägerischen
Tatsachenvortrags erfüllt.
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In dem Zeitraum von Juni 1999 bis Dezember 2001 hat der Kläger von Herrn U bzw.
einer von diesem geführten Gesellschaft Zahlungen in Höhe von insgesamt über 3 Mio.
DM erhalten. Diese ihm gewährten Vorteile, von denen die Beklagte keine Kenntnis
hatte, begründen in der gegebenen Konstellation auch die Gefahr, er werde nicht mehr
allein die Interessen der Beklagten, seiner Arbeitgeberin, wahrnehmen. Dies ist
ausreichend, um das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit zu zerstören
und rechtfertigt die Annahme eines wichtigen Grundes.
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Die Beklagte und Unternehmen des U-Konzerns schlossen in den Jahren 1998 bis
2001 nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten eine Fülle
abfallwirtschaftlicher Verträge, u.a. am 26.1.1998 den Vertrag über die
Restmüllentsorgung mit der U GmbH (jährliches Umsatzvolumen von etwa 13,5 Mio.
DM). Mithin bestand zwischen der Beklagten und demjenigen, der die Zahlungen an
den Kläger veranlaßte, eine geschäftliche Beziehung von insbesondere wirtschaftlich
großer Bedeutung. Weitere Verpflichtungen bedeutenden Umfangs ging die Beklagte
durch den Abschluss der beiden Verträge mit der Fa. V GmbH bzw. der V2 GmbH/X
GmbH am 5.11.1999 ein, die gleichfalls abfallwirtschaftlichen Inhalts waren. Nur einen
Tag zuvor, am 4.11.1999, hatten sich die Fa. U AG und Herr L auf die Übernahme
sämtlicher Geschäftsanteile der Fa. V GmbH verständigt, und hierbei die Wirksamkeit
dieser Vereinbarung von dem Abschluss der beiden Abfallverträge vom 5.11.1999
abhängig gemacht. Auch wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - die geforderten und
zugesagten Gelder nur für Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit dem
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Anteilskaufvertrag gefordert und erhalten haben sollte, besteht zwischen der von ihm
behaupteten - im Verhältnis zur Beklagten - rein außervertraglich entfalteten Tätigkeit
und den zwischen der Beklagten und dem U-Konzern bestehenden
Vertragsverhältnisse eine so enge gegenständliche, zeitliche und auch personelle
Verbundenheit, dass die Gefahr der Beeinflussung des Klägers in seinem
geschäftlichen Verhalten zum Nachteil der Beklagten, deren Alleingeschäftsführer er
war, begründet ist.
Vor diesem Hintergrund ist zum einen das Erfordernis "bei der Ausführung von
vertraglichen Aufgaben" im Sinne der seitens des Bundesarbeitsgerichts formulierten
Maßgabe gegeben. Für die Annahme der für einen wichtigen Grund ausreichenden
Gefährdung der Arbeitgeberinteressen bedarf es keiner absoluten personellen und
vertraglichen Identität. Mithin ist für die hier zur Entscheidung stehende Frage auch nicht
von ausschlaggebener Bedeutung, ob und in welchem Umfang die Zahlungen -
gegebenenfalls auch - für eine etwaige Einflußnahme des Klägers auf die vertragliche
Ausgestaltung der unmittelbar mit der Beklagten abgeschlossenen Verträge
versprochen waren und sodann erfolgt sind.
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Auch ist nicht von Bedeutung, ob der Geldgeber unmittelbarer Vertragspartner des
Arbeitgebers ist. Die Gefahr der Interessengefährdung kann selbst dann gegeben sein,
wenn ein Dritter die Zuwendungen erbringt. Erst recht ist ausreichend, wenn "der
Zahlende", bereits selbst - und zudem noch in demselben Betätigungsfeld vertraglich
mit dem Arbeitgeber verbunden ist und diese Verbindung durch die angestrebte
Übernahme von Geschäftsanteilen einer gleichfalls in demselben Geschäftszweig
bereits mit dem Arbeitgeber kontrahierenden Gesellschaft intensiviert wird. Mithin wirkt
sich nicht aus, dass die U AG nicht bereits am 4.11.1999 "wirtschaftlicher Inhaber" der
Fa. V GmbH geworden ist. Aufgrund der vertraglich abgesicherten Zeitpunkte sowie der
Verknüpfung beider Verträge war jedenfalls gesichert, dass die Fa. U-AG die Anteile der
Fa. V GmbH nur dann übernimmt, wenn diese die anstehenden Verträge mit der
Beklagten abgeschlossen hat, und Herr U bzw. Teile seines Unternehmens in diesem
Fall an der Abwicklung der langfristig abgeschlossenen Verträge ab dem 1.1.2001 - und
für die weitaus überwiegende Vertragslaufzeit - beteiligt ist. Dass der Kläger von dieser
Verknüpfung der Verträge keine Kenntnis hatte, behauptet er nicht.
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Schließlich ergibt sich die - jedenfalls anzunehmende - Geeignetheit der
Interessengefährdung der Beklagten auch aus der Höhe der erfolgten Zahlungen von
insgesamt über 3 Mio. DM während eines Zeitraums, in dem langfristige Verträge über
die Kompostwerke und die Behandlung von Bio- und Grünabfällen vorbereitet wurden
und auch zum Abschluß gelangten.
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Bei diesen Umständen und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile war der
Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der vereinbarten
Vertragslaufzeit nicht zumutbar; auch bestehen keine Bedenken dagegen, dass die
Beklagte den Kläger nicht nur als Geschäftsführer abberufen hat.
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Zwar waren einerseits
Position sowie auch die relativ kurze Restlaufzeit des Vertrages zu berücksichtigen.
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Auf der anderen Seite fielen jedoch neben der wirtschaftlichen Bedeutung der Verträge
und der Höhe der an den Kläger erfolgten Zahlungen über einen Zeitraum von etwa
zweieinhalb Jahren insbesondere ins Gewicht, dass die Beklagte im abfallrechtlichen
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Bereich - wenn auch als Rechtspersönlichkeit des Privatrechts - öffentliche Aufgaben
wahrnimmt.
Einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Erledigung des Strafverfahrens nach § 149
ZPO bedurfte es nicht. Die sich in beiden Verfahren ergebenden Fragestellungen sind
nicht kongruent. Die Kündigungsschutzklage war entscheidungsreif.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.l ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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Streitwert: 70.467,39 EUR (9 x 7.829,71 EUR)
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(§ 3 ZPO. vgl. OLG Köln, Beschluß vom 8.9.1993, AZ 19 W 31/94)
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