Urteil des LG Bonn vom 28.07.2008

LG Bonn: anschlussberufung, berufungskläger, rücknahme, anschlussbeschwerde, hauptsache, zustellung, kostenverteilung, datum

Landgericht Bonn, 5 S 106/08
Datum:
28.07.2008
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 S 106/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 13 C 110/07
Schlagworte:
Kosten, Anschlussberufung
Normen:
§§ 522 Abs. 2, 524 Abs. 4 ZPO
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Die Kosten der Anschlussbeschwerde trägt nach Zurückweisung der
Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO nicht der Anschlussbeschwerdeführer,
sondern der Berufungsführer.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 12. März 2008 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Bonn – 13 C 110/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Berufungsstreitwert wird auf € 2.197,40 festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Kammer weist die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz
1 ZPO zurück.
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Dass und warum die Berufung unbegründet ist und somit keine Aussicht auf Erfolg hat
(§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), hat die Kammer in ihrem Hinweisbeschluss vom
20.06.2008 bereits im einzelnen begründet. An dieser Beurteilung hält die Kammer auch
in geänderter Besetzung fest.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Der Kläger hat auch die Kosten der Anschlussberufung zu tragen. Infolge der
Zurückweisung der Berufung durch die Kammer nach § 522 Abs. 2 ZPO verliert die
Anschlussberufung gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung. Die Kammer schließt sich
der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, OLGR Köln 2004, 397-398) an,
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dass die Kosten in diesem Fall entsprechend den von der Rechtsprechung zur
Rücknahme der Berufung aufgestellten Grundsätzen zu verteilen sind. Danach trägt
grundsätzlich der Berufungskläger auch die Kosten der durch Zurückweisung der
Berufung wirkungslos gewordenen Anschlussberufung (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 25.
Aufl., § 524 Rdn. 43 m.w.N.). Zwar wird in der dazu veröffentlichten obergerichtlichen
Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Großen Senats des
Bundesgerichtshofs zur Nichtannahme der Hauptrevision (BGHZ 80, 146) vielfach
vertreten, dass eine Kostenquotelung vorzunehmen ist. Das Oberlandesgericht Köln hat
jedoch in der zitierten Entscheidung dazu folgendes ausgeführt:
"Die Gegenmeinung, die bei einer Entscheidung nach § 522 Abs. 1 ZPO die
Kosten im Verhältnis der Streitwertanteile von Berufung und Anschlussberufung
aufteilt" [Es folgen Rechtsprechungsnachweise] "vermag nicht zu überzeugen. Sie
benachteiligt ohne zureichenden Grund den Berufungskläger, der auf den nach §
522 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderlichen Hinweis hin, die Berufung zurücknimmt,
gegenüber dem, der es auf eine Entscheidung ankommen lässt. Nicht zwingend ist
auch der Hinweis auf die Entscheidung des Großen Senats des BGH zur
Kostenverteilung im Falle der Nichtannahme der Hauptrevision nach § 554b ZPO
a.F. (BGHZ 80, 146). Dort werden die Kosten der unselbständigen - mit der
Nichtannahme der Revision nach § 566 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. wirkungslos
werdenden - Anschlussrevision dem Revisionsbeklagten mit der Erwägung
auferlegt, er wisse von vornherein, dass er mit seinem Rechtsschutzbegehren nur
dann zum Zuge komme, wenn die Revision nicht abgelehnt werde (BGHZ 80, 146,
150). Es ist schon zweifelhaft, ob diese Entscheidung für das neue Revisionsrecht
Gültigkeit beanspruchen kann. In diesem ist die Annahmerevision durch das
Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde abgelöst worden (§ 544 ZPO). Danach
beginnt die Revisionsbegründungsfrist erst dann, wenn der Beschwerde über die
Nichtzulassung der Revision stattgegeben worden ist (§ 544 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
Da der Revisionsbeklagte die Anschließung erst bis zum Ablauf eines Monats
nach Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären braucht, hat er vorher keine
Veranlassung, eine Anschlussrevision einzulegen. Dementsprechend hat der
Gesetzgeber - anders als in § 556 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. bei der Nichtannahme
der Revision - das Schicksal der Anschlussrevision für den Fall, dass sie bereits
vor der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist, in §
554 Abs. 2 ZPO nicht mehr (ausdrücklich) geregelt. Die Parallelen zwischen dem
Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO und dem Revisionsannahmeverfahren nach
früherem Recht vermögen eine Kostenaufteilung jedenfalls nicht zu rechtfertigen.
Dabei besteht ein wesentlicher Unterschied darin, dass der Berufungskläger zuvor
auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit einer
Frist zur Stellungnahme hinzuweisen ist (§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Dieses für das
frühere Revisionsannahmeverfahren nicht geltende Erfordernis der Einräumung
einer Stellungnahmefrist soll dem Berufungsführer gerade auch die Möglichkeit
eröffnen, aus Kostengründen das Rechtmittel zurückzunehmen, wenn er keine
erheblichen Gesichtspunkte mehr vorbringen kann. Davon könnte er jedoch
abgehalten werden, wenn durch eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO dem
Gegner ein Kostenanteil für die Anschlussberufung auferlegt würde, der die mit der
Rücknahme des Berufung verbundene Kostenersparnis überwiegt."
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Dem schließt sich die Kammer im Ergebnis und in der Begründung an.
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Die Rechtssache hat in der Hauptsache auch keine grundsätzliche Bedeutung; weder
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die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erfordern eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs.
2 und 3 ZPO). Umstände, die der Kammer Anlass geben könnten, gemäß § 543 Abs. 2
ZPO die Revision zuzulassen und daher eine Entscheidung der Kammer erfordern, sind
ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere rechtfertigt auch die vorstehend umstrittene
Frage zu den Kosten der Anschlussbeschwerde die Revisionszulassung nicht. Im
Rahmen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kann eine Revision nicht
zugelassen werden. Da sich die dargestellte Kostenproblematik aber nur dann stellt,
wenn die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
zurückgewiesen wird, kann diese Streitfrage auch nicht durch Anberaumung eines
Termins und Zurückweisung der Berufung unter Revisionszulassung einer
höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden. Denn dann würde diese Frage sich nicht
stellen.