Urteil des LG Bonn vom 14.12.2009

LG Bonn (kläger, arglistige täuschung, fahrzeug, sachmängelhaftung, firma, zug, garantie, angabe, händler, höhe)

Landgericht Bonn, 10 O 421/08
Datum:
14.12.2009
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
10. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 O 421/08
Schlagworte:
Beschaffenheitsvereinbarung beim Gebrauchtwagenkauf
Normen:
§§ 434, 444 BGB
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 8.130,40 nebst Zinsen in
Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2008 zu
zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs W $$## E,
Fahrgestellnummer: $$#$$##$#$#######.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 94% und der Kläger
zu 6%.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages, für den Beklagten ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d:
1
Die Parteien sind gewerbliche Autohändler. Der Kläger begehrt mit der Klage die
Rückabwicklung eines Autokaufs sowie Schadensersatz.
2
Am ##.##.20## nahm der Kläger, der sein Gewerbe in V betreibt, an einer Autoauktion
des C GmbH in O teil. In den AGB des Auktionshauses heißt es u.a.:
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" WICHTIGE INFORMATIONEN
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zum Ablauf der Auktion
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A. Zutritt zur Auktion
6
Zu den Auktionen von B GmbH... sind nur Kfz-Händler zugelassen...
7
B. Einlass zur Auktion
8
...
9
Nutzen Sie bitte die Ihnen zur Verfügung stehende Besichtigungszeit und schauen sich
die zur Versteigerung stehenden Fahrzeuge genau an... Die Fahrzeuge werden unter
Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung gekauft, wie gesehen’...
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I. Besonderer Hinweis
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Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass auch bei einem schriftlichen Gebot oder einem
Gebot über Q das Fahrzeug – wie gesehen unter Ausschluss jeglicher
Sachmängelhaftung – gekauft wird. Die von C gemachten Angaben entbinden auch
diese Bieter nicht von einer Inaugenscheinnahme des Fahrzeuges/Zubehörs. Dies gilt
insbesondere für Angaben, Ausstattung, Zubehör und Unfallschäden. Sie erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dienen nur als Orientierungshilfe.
12
...
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ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN
14
...
15
A. Allgemeine Vorschriften
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I. Verkaufsveranstaltungen, Verbindlichkeit der AGB
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B GmbH... ist ein Auktionshaus, in dem gebrauchte Fahrzeuge und gebrauchtes
Zubehör ver- und ersteigert werden.
18
...
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B. Einlieferungsbedingungen
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I. Daten, Angaben und Inhalt
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Der Einlieferer stellt C zu dem zu vermarktenden Fahrzeug folgende Daten und
Angaben zur Verfügung:
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...
Ausstattung
Zustandsbeschreibung
Mindestpreis
...
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II. Daten und Angaben, Richtigkeit und Vollständigkeit
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Diese Daten und Angaben haben das Fahrzeug zutreffend und vollständig zu
beschreiben. Hierbei muss der Einlieferer alle für die Kaufentscheidung im Verkehr als
wesentlich angesehenen Eigenschaften und Merkmale, sowie Mängel wahrheitsgemäß
angeben. Insbesondere hat der Einlieferer... zu garantieren, dass das Fahrzeug
fahrbereit und verkehrssicher ist...
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D. Sachmängelhaftung
27
...
28
III. Gewährleistung
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C ist nicht Eigentümer der Fahrzeuge... und übernimmt keine Gewähr für eine bestimmte
Beschaffenheit oder Eigenschaft des Fahrzeugs... Ebenso übernimmt C keine Gewähr
für die Richtigkeit der Angaben des Einlieferers. Dies gilt insbesondere für Angaben
über eine bestimmte Beschaffenheit oder Eigenschaft des Fahrzeugs... und deren
Ausstattung. Für diese Angaben haftet ausschließlich der Einlieferer..." (Bl. 90, 91, 97,
99).
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Der Kläger interessierte sich für den im Klageantrag genannten PKW, den der Beklagte
über das Auktionshaus C GmbH zur Versteigerung anbot. Laut Auktionskatalog ist der
PKW ein Reimport, hatte zum Zeitpunkt der Auktion eine Laufleistung von 104.413 Km
und eine Erstzulassung datierend vom 10.07.2000. Da Probefahrten bei den Auktionen
der C GmbH nicht vorgesehen sind, nahm der Kläger den PKW nur in Augenschein und
startete den Motor. Er ersteigerte das Fahrzeug sodann für einen Preis von € 7.600,00
zzgl. einer Käufergebühr i.H.v. € 220,15. Auf der Fahrt von O zurück nach V fing plötzlich
der Motor des ersteigerten PKW in Höhe des Autobahnkreuz I, A ##/A #, Fahrtrichtung L,
an zu stottern. Der Kläger war bis dahin etwa 20 bis 25 Km mit dem PKW gefahren. Er
stellte ihn unmittelbar nach dem Autobahnkreuz am Standstreifen ab und stellte fest,
dass Öl aus dem Motor auslief. Er ließ das Fahrzeug daraufhin abschleppen und
anschließend in einer Werkstatt untersuchen, wodurch ihm insgesamt Kosten i.H.v.
€ 280,25 entstanden. In ihrer Rechnung vom 11.07.2008 vermerkte die Firma T + M,
dass vermutlich ein Motorschaden die Ursache für das Liegenbleiben des Fahrzeugs
sei. Am 11.07.2008 schrieb der Kläger an das Auktionshaus eine E-Mail, in der er von
dem Vorfall berichtete. Mit Schreiben vom 14.07.2008 wurde dem Kläger vom
Auktionshaus das Antwortschreiben des Beklagten übermittelt, in dem es u.a. wörtlich
heißt: "Deshalb wir lehnen den Reklamation ab." Mit Schreiben vom 22.07.2008 erklärte
der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Beklagten erstmals
den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung und setzte dem Beklagten
eine Frist zur Rücküberweisung des Kaufpreises und der ihm entstandenen sonstigen
Kosten bis zum 29.07.2008. Da sich in der Folgezeit durch eine Anfrage seitens des
Klägers bei der Firma D aus den X herausstellte, dass der PKW in den X bereits am
23.10.2007 mit einer Laufleistung von 230.300 Km registriert und dort auch bereits am
29.10.1999 zugelassen worden war, erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom
11.08.2008 nochmals den Rücktritt und forderte den Beklagten nochmals auf, bis
spätestens zum 18.08.2008 den Kaufpreis zurückzuzahlen. Dem kam der Beklagte
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spätestens zum 18.08.2008 den Kaufpreis zurückzuzahlen. Dem kam der Beklagte
bisher nicht nach.
Der Kläger behauptet, der Grund für das Liegenbleiben des PKW sei ein Motorschaden,
der bereits bei Übergabe vorgelegen habe. Dies sei durch die Firma T + M bestätigt
worden. Er behauptet weiter, der Beklagte habe das Fahrzeug bereits mit dem
Motorschaden gekauft. Der damalige Verkäufer, die auf US-Importe spezialisierte Firma
N GmbH, habe Kenntnis von der anderen Laufleistung, vom anderen Baujahr sowie
vom Motorschaden gehabt und den Beklagten hierüber auch aufgeklärt. Der Kläger sei
vom Beklagten arglistig getäuscht worden. Er trägt zudem vor, er habe den PKW bereits
am 06.07.2008 nach S, an einen Herrn Y zu einem Kaufpreis i.H.v. € 8.100,00
weiterverkauft, so dass er einen Gewinn von € 500,00 gemacht hätte.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 8.630,40 nebst Zinsen i.H.v. 8 %-
Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2008 zu zahlen sowie
außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. € 535,60, Zug um Zug gegen
Herausgabe des Fahrzeugs W $$## E, Fahrgestellnummer:
$$#$$##$#$#######.
34
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte behauptet, den Kläger nicht arglistig getäuscht zu haben. Er trägt vor, den
PKW nicht von der N GmbH, sondern am 03.07.2008 von einem Herrn F aus P gekauft
zu haben. Dieser habe dem Beklagten ein TÜV-Gutachten vom 10.03.2008 sowie eine
– unstreitig von der Firma N GmbH ausgestellte – G-KAT AU vom 14.02.2008 vorgelegt,
in dem – insoweit ebenfalls unstreitig – eine Laufleistung von 104323 Km angegeben
sei. Vom manipulierten Kilometerstand habe er nichts gewusst und sei selbst getäuscht
worden.
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Das Gericht hat aufgrund der Verfügung vom 31.08.2009 Beweis erhoben durch
Vernehmung des Zeugen N. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 13.11.2009, Bl. 183 bis 184R d.A., Bezug genommen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
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Dem Kläger steht gegen den Beklagten insgesamt ein Anspruch auf Zahlung von
€ 8.130,40 nebst Zinsen zu.
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Er kann vom Beklagten nach §§ 346 Abs. 1, 348 BGB i.V. mit §§ 437 Nr. 2, 323 BGB die
Rückzahlung des Kaufpreises von € 7.600,00 Zug um Zug gegen Rückgabe des
Fahrzeugs beanspruchen. Denn danach kann der Gläubiger von einem gegenseitigen
Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner seine Leistung nicht vertragsgemäß erbringt.
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Zwischen den Parteien wurde über die AGB des Auktionshauses eine Garantie i.S. des
§ 443 BGB für die Fahrbereitschaft und Verkehrssicherheit des streitgegenständlichen
PKW übernommen. Die Fahrbereitschaft lag hier bei Übergabe des PKW nicht vor.
Denn die Fahrbereitschaft setzt voraus, dass sich das Fahrzeug in einem Zustand
befindet, der eine gefahrlose Benutzung im Straßenverkehr erlaubt (BGHZ 122, 256,
261). Das Fahrzeug muss im Hinblick auf seine wesentlichen technischen Funktionen
so beschaffen sein, dass es überhaupt betrieben werden kann. Daran kann es fehlen,
wenn ein PKW schon im Zeitpunkt der Übergabe wegen gravierender technischer
Mängel nicht imstande ist, eine auch nur minimale Fahrstrecke zurückzulegen (vgl. BGH
NJW 2007, 759 ff.; OLG Frankfurt, OLG-Report 1995, 265). Zwar hat der BGH in der
zitierten Entscheidung nicht abschließend zur Frage Stellung genommen, bis zu
welcher Grenze ein Fahrzeug, das schon nach kürzester Strecke liegen bleibt, als
bereits im Zeitpunkt der Übergabe betriebsunfähig – und somit nicht fahrbereit –
anzusehen ist. Angesichts der Tatsache, dass der streitgegenständliche PKW bereits
auf der ersten Fahrt des Klägers nach lediglich 20 bis 25 gefahrenen Kilometern liegen
blieb, kann von einer Fahrbereitschaft des PKW im Zeitpunkt der Übergabe allerdings
nicht ausgegangen werden. Dabei kann dahinstehen, ob das Fahrzeug wegen eines
Motorschadens oder eines sonstigen Defekts liegen blieb. Denn jedenfalls war der
Defekt derart gravierend, dass der Kläger seine Fahrt mit dem PKW nicht fortsetzen
konnte und ihn abschleppen lassen musste. Gemäß § 444 Alt. 2 BGB hat die
Übernahme der Garantie für die Fahrbereitschaft des PKW seitens des Beklagten zur
Folge, dass er sich insoweit nicht auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen
kann. Einer Nachfristsetzung bedurfte es gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht, da der
Beklagte in seinem Antwortschreiben die Erfüllung ("Reklamation") endgültig und
ernsthaft verweigerte. Zudem war die Pflichtverletzung des Beklagten, die darin zu
sehen ist, dass er trotz garantierter Fahrbereitschaft ein Fahrzeug lieferte, das nicht
fahrbereit ist, nicht unerheblich i.S. des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.
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Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach §§ 346 Abs. 1, 348 BGB i.V. mit
§§ 437 Nr. 2, 323 BGB stünde dem Kläger allerdings auch unabhängig von dem
Vorliegen einer Garantie für die Fahrbereitschaft des PKW zu. Denn die Angabe über
die Laufleistung (bzw. die Erstzulassung) stellt eine Vereinbarung dar, auf die sich der
umfassende Ausschluss der Sachmängelhaftung nicht erstreckt.
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Zur Frage, wie sich ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung zu der im
Verkaufsangebot getroffenen Angabe über die Laufleistung eines PKW verhält und ob
es sich bei dieser Angabe um die Übernahme einer Garantie i.S.d. § 444 Alt. 2 BGB
oder um eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB handelt, hat der
BGH in einem Urteil aus dem Jahre 2006 Stellung genommen (BGH NJW 2007, 1346
ff.). Da diesem Urteil ein Sachverhalt zugrunde liegt, in dem es um einen Kauf zwischen
zwei Verbrauchern (privater Direktverkauf) über das Internetauktionshaus ebay ging,
sind die dortigen Entscheidungsgründe zwar nur beschränkt auf den vorliegenden Fall
anwendbar. Zwei grundsätzliche Gedanken der Entscheidung gelten nach Auffassung
des Gerichts jedoch unabhängig davon, ob es sich um einen privaten Direktverkauf oder
um ein Geschäft zwischen Händlern handelt:
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1. Ob Angaben des Verkäufers zur Laufleistung eines gebrauchten Kfz lediglich als
Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie
(§ 444 Alt. 2 BGB) zu werten sind, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines
Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage
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zu beantworten.
2. Die Frage, ob ein vereinbarter Haftungsausschluss in uneingeschränktem Sinne
aufzufassen ist, ist nicht nur nach dem Wortlaut der Ausschlussbestimmung, sondern
nach dem gesamten Vertragstext zu beurteilen.
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Daraus folgt für den vorliegenden Fall zunächst, dass in der Angabe der Laufleistung
keine Beschaffenheitsgarantie zu sehen ist. Denn hier ist die Interessenlage dadurch
gekennzeichnet, dass beide Parteien Händler sind, mithin über die gleiche Erfahrung
und Sachkunde hinsichtlich eines Gebrauchtwagenkaufs verfügen. Es ist nicht
ersichtlich, wieso der Kläger davon hätte ausgehen dürfen, die Beklagte wolle sich für
die Kilometerangabe "stark machen", mithin garantieren, dass die bisherige Laufleistung
nicht wesentlich höher liege als die angegebene. Vielmehr musste der Kläger als
"Kenner" des Handels mit Gebrauchtwagen davon ausgehen, dass die Beklagte den
PKW nur als Zwischenhändler erwarb, um ihn möglichst bald wieder zu verkaufen und
dass sie insoweit selbst auf die Richtigkeit der Angaben ihres Vertragspartners sowie
auf die Richtigkeit der Tachoanzeige vertraute ohne diese einer eingehenden
Überprüfung zu unterziehen. Darüber hinaus konnte der Kläger sich durch die
Inaugenscheinnahme des PKW sowie das Starten des Motors selbst von der
Beschaffenheit des Fahrzeugs überzeugen. Er war den Angaben der Beklagten also
nicht "schutzlos ausgeliefert" und musste diesen nicht blind vertrauen.
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In der Angabe der Laufleistung durch die Beklagte ist jedoch eine
Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zu sehen. Diese wird von
dem umfassenden Gewährleistungsausschluss nicht miterfasst. Denn die AGB
bestimmen, dass für die Angaben über eine bestimmte Beschaffenheit der Einlieferer
haftet. Dem steht nicht entgegen, dass an anderer Stelle davon die Rede ist, dass die
von C zu den Fahrzeugen gemachten Angaben keinen Anspruch auf Vollständigkeit
erheben und lediglich als Orientierungshilfe dienen. Denn dies betrifft lediglich das
Verhältnis Käufer-Auktionshaus, nicht jedoch das Verhältnis Käufer-Verkäufer.
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Damit stehen der Haftungsausschluss und die Beschaffenheitsvereinbarung – jedenfalls
aus der Sicht des Käufers – gleichrangig nebeneinander. Für diesen Fall geht der BGH
(a.a.O.) davon aus, dass dies regelmäßig dahin auszulegen ist, dass der
Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1
S. 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die
Sache sich nicht die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs.
1 S. 2 Nr. 1) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine
Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer
nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2). Diese Auslegungsregel
muss auch auf die hier vorliegende Konstellation Händler-Händler Anwendung finden,
denn es ist nicht ersichtlich, wieso sie nur bei einem Kauf zwischen Privaten zum Zuge
kommen sollte. Die Situation bei einer unklaren bzw. widersprüchlichen
Vertragsgestaltung gestaltet sich für einen (kaufenden) Händler nicht anders als für
einen Privatkäufer.
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Die Abweichung zwischen der vereinbarten Laufleistung von rund 105.000 Km und der
tatsächlichen Laufleistung von mehr als 230.000 Km stellt einen Sachmangel dar (§ 434
Abs. 1 S. 1 BGB), der nicht unerheblich ist (§ 323 Abs. 5 BGB). Die Fristsetzung war
wegen § 326 Abs. 5 BGB entbehrlich (vgl. Palandt, a.a.O., § 323, Rn. 7).
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Die sonstigen, vom Kläger geltend gemachten Positionen setzen als
Schadensersatzansprüche über § 280 Abs. 1 BGB grundsätzlich ein Verschulden des
Beklagten an dem zur Fahruntüchtigkeit des PKW führenden Mangel voraus. Da der
Beklagte hier aber eine Garantie für die Fahrbereitschaft des PKW i.S.d. § 443 BGB
übernommen hat, haftet er verschuldensunabhängig für alle Folgen des Fehlens der
Fahrbereitschaft (vgl. Palandt, 68. Aufl. 2009, § 280, Rn. 19; § 276, Rn. 29; § 443, Rn.
11). Dem Kläger steht also grundsätzlich auch ein Anspruch auf Schadensersatz gem.
§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB zu. Hiervon umfasst sind die geltend gemachten Kosten
für das Auktionshaus i.H.v. € 220,15, die Abschlepp- und Werkstattkosten i.H.v.
insgesamt € 280, 25 sowie die Kosten für die Anfrage bei der Firma D i.H.v. € 30,00.
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Hinsichtlich des entgangenen Gewinns i.H.v. € 500,00 fehlt es an einem hinreichend
substantiierten Vortrag des Klägers, vgl. § 138 Abs. 3 ZPO. Zwar bot er für das
Vorliegen eines Kaufvertrages Beweis durch Vorlage einer entsprechenden
Vertragsurkunde an. Diesen Vortrag durfte der Beklagte jedoch mit Nichtwissen gemäß
§ 138 Abs. 4 ZPO bestreiten. Es wäre nun am Kläger gewesen, seinen Vortrag
hinreichend zu substantiieren.
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Nicht umfasst sind auch die außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. € 535,60, da diese
als Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung nicht ersatzfähig sind (vgl.
Palandt, a.a.O., § 286, Rn. 48). Die außergerichtlichen Anwaltskosten können auch
nicht als ein Schaden, der durch eine arglistige Täuschung seitens des Beklagten
verursacht wurde, geltend gemacht werden. Denn nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme ist das Gericht nicht der Überzeugung, dass der Beklagte den Kläger
arglistig täuschte. Hiergegen spricht die Aussage des Zeugen N, der weder Angaben
zur Herkunft des streitgegenständlichen PKW noch zur Person des Beklagten machen
konnte. Der fehlende Nachweis geht zur Lasten des Klägers, denn dieser trägt als
Käufer die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich eine Täuschung ergibt (vgl.
Palandt, a.a.O., § 444, Rn. 4).
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB. Da Verzug hinsichtlich der
Kaufpreisrückzahlung erst ab dem 29.07.2008 vorlag und eine arglistige Täuschung
nicht nachgewiesen werden konnte, war auch der Zinsanspruch erst ab dem Zeitpunkt
des Verzugs zu gewähren.
56
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.
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Streitwert:
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