Urteil des LG Bonn vom 03.04.2009

LG Bonn: bundesamt für justiz, offenlegungspflicht, befreiung, tochtergesellschaft, betreiber, mindestbetrag, konzern, bestätigung, datum, verfügung

Landgericht Bonn, 30 T 256/09
Datum:
03.04.2009
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
5. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
30 T 256/09
Schlagworte:
Offenlegung, Ordnungsgeld, Befreiung, Konzernabschluss
Normen:
HGB § 325; HGB § 335; HGB § 264b
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Die Befreiung von der Offenlegungspflicht einer Tochtergesellschaft
nach § 264b HGB wegen Einbeziehung in den Konzernanschluss setzt
voraus, dass ihre Befreiung von der Offenlegungspflicht im Anhang des
offengelegten Konzernabschlusses sowie zusätzlich in einer eigenen,
ebenfalls offengelegten Mitteilung der Tochtergesellschaft nach § 264b
Nr. 3 b HGB angegeben ist.
Die der Ordnungsgeldentscheidung zugrunde liegende
Androhungsverfügung nach § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB ist auch ohne
Hinweis auf die Voraussetzungen der Befreiung von der
Offenlegungspflicht nach § 264b HGB hinreichend bestimmt.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde vom 09.02.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
1
I.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von
2.500,00 Euro wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem
Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der
Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom
27.03.2008, zugestellt am 02.04.2008, angedroht und ihr aufgegeben, innerhalb einer
Frist von sechs Wochen die in § 325 HGB genannten Rechnungslegungsunterlagen
zum Abschlussstichtag 31.12.2006 beim dem Betreiber des elektronischen
Bundesanzeigers einzureichen und bekannt machen zu lassen oder die Unterlassung
mittels Einspruchs zu rechtfertigen. Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem
07.04.2008 (Eingang) Einspruch eingelegt und zur Begründung den am 09.04.2008 im
elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Konzernabschluss ihres
Mutterunternehmens zum 31.12.2006 vorgelegt, in welchen sie einbezogen ist. Das
Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 04.02.2009 das
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bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt. Gegen die ihr
am 06.02.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 11.02.2009
sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung angeführt, sie habe von einer
Befreiung von der Offenlegungspflicht ausgehen dürfen, sie sei nicht hinreichend auf die
Voraussetzungen einer Befreiung nach § 264b HGB hingewiesen worden, im Ergebnis
sei die Verhängung von Ordnungsgeldern gegen jede der 13 Tochtergesellschaften
ihres Mutterunternehmens unverhältnismäßig.
II.
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Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 und 2 HGB statthafte und auch im Übrigen
zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
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Die angefochtene Ordnungsgeldentscheidung ist rechtmäßig und beruht auf § 335 Abs.
3 Satz 4 HGB. Die Beschwerdeführerin hat die Pflicht zur Offenlegung der
Jahresabschlussunterlagen nach §§ 325 ff. HGB schuldhaft verletzt. Das
Ordnungsgeldverfahren ist rechtmäßig nach §§ 335, 335b HGB durchgeführt worden.
Zur Begründung wird auf die angefochtene Ordnungsgeldentscheidung verwiesen. Das
Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
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Die Beschwerdeführerin ist der Aufforderung in der Androhungsverfügung vom
27.03.2008, innerhalb einer Frist von sechs Wochen die in § 325 HGB genannten
Rechnungslegungsunterlagen zum Abschlussstichtag 31.12.2006 bei dem Betreiber
des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen und bekannt machen zu lassen oder
die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen, schuldhaft nicht nachgekommen.
Eigene Jahresabschlussunterlagen zum 31.12.2006 hat die Beschwerdeführerin nicht
offengelegt. Auch hat sie ihre Unterlassung nicht mittels Einspruchs gerechtfertigt.
Entgegen ihrem Einspruchsvorbringen lagen die Voraussetzungen einer Befreiung von
der Offenlegungspflicht nach § 264b HGB nicht vor. Nach § 264b HGB können
Personenhandelsgesellschaften ohne Vollhafter im Sinne des § 264a HGB von der
Offenlegungspflicht nach § 325 HGB befreit werden, wenn sie in den Konzernabschluss
ihres Mutterunternehmens einbezogen sind und ihre Befreiung von der
Offenlegungspflicht im Anhang des offengelegten Konzernabschlusses sowie zusätzlich
in einer eigenen, ebenfalls offengelegten Mitteilung nach § 264b Nr. 3 b HGB
angegeben ist.
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Hier fehlt es jedenfalls an der eigenen, offengelegten Mitteilung der Beschwerdeführerin
nach § 264b Nr. 3 b HGB. Diese hat die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht innerhalb
der am 14.05.2008 ablaufenden Sechswochenfrist gegenüber dem Betreiber des
elektronischen Bundesanzeigers offengelegt. Auch die verspätet am 24.10.2008 im
elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichte Mitteilung des Mutterunternehmens der
Beschwerdeführerin über die befreiende Einbeziehung von 13 Tochtergesellschaften in
den Konzernabschluss ist keine Mitteilung der Beschwerdeführerin nach § 264b Nr. 3 b
HGB. Die Mitteilung nach § 264b Nr. 3 b HGB muss im elektronischen Bundesanzeiger
eigens für die zu befreiende Tochtergesellschaft unter Angabe des Mutterunternehmens
veröffentlicht werden, damit interessierte Dritte bei einer Suche im elektronischen
Bundesanzeiger unter dem Namen der Tochtergesellschaft fündig werden. Denn ohne
die eigene Mitteilung für die Tochtergesellschaft nach § 264b Nr. 3 b HGB könnten
interessierte Dritte sich über die bilanziellen Verhältnisse der Tochtergesellschaft nur
erkundigen, wenn sie von der Einbeziehung in den Konzernabschluss wissen.
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Die Notwendigkeit einer eigenen Mitteilung über die Befreiung von der
Offenlegungspflicht aufgrund Einbeziehung in den Konzernabschluss des
Mutterunternehmens war für die Beschwerdeführerin aus § 264b Nr. 3 b HGB ersichtlich.
Insbesondere ist die der Ordnungsgeldentscheidung zugrunde liegende
Androhungsverfügung nach § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB auch ohne Hinweis auf die
Voraussetzungen der Befreiung von der Offenlegungspflicht nach § 264b HGB
hinreichend bestimmt. Die Inanspruchnahme der Befreiungswirkung ist nicht die
Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 325 HGB, sondern befreit lediglich von der
Einreichung eigener Jahresabschlussunterlagen. Durch rechtzeitige Offenlegung
eigener Jahresabschlussunterlagen hätte die Beschwerdeführerin der
Ordnungsgeldfestsetzung entgehen können, wozu sie durch die Androhungsverfügung
hinreichend bestimmt aufgefordert war. Wenn die Beschwerdeführerin aber abweichend
vom gesetzlichen Regelfall ihre Offenlegungspflicht ausschließen oder sie ihre
Unterlassung rechtfertigen will, muss sie auf die Voraussetzungen dafür nicht gesondert
hingewiesen werden. Dabei war aufgrund der Fristsetzung zur Einspruchseinlegung
auch erkennbar, dass die Voraussetzungen einer Befreiung von der Offenlegungspflicht
nach § 264b HGB innerhalb der sechswöchigen Einspruchsfrist erfüllt sein müssen.
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Auch die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die
Ordnungsgeldentscheidung sind unerheblich. Soweit sie eine unzutreffende
Bestätigung ihrer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anführt, nach der die
Voraussetzungen des § 264b HGB erfüllt seien, war das Gegenteil für sie aus § 264b
Nr. 3 b HGB ersichtlich. Soweit sie die Verhängung von Ordnungsgeldern von jeweils
2.500,00 Euro gegen jede der 13 Tochtergesellschaften ihres Mutterunternehmens in
der Summe für unverhältnismäßig erachtet, verkennt sie, dass nach §§ 335, 335b HGB
gegen jede offenlegungssäumige Gesellschaft ein eigenes Ordnungsgeldverfahren zu
führen ist, das Ordnungsgeld den gesetzlichen Mindestbetrag von jeweils 2.500,00 Euro
nicht unterschreiten darf und die Summierung der Ordnungsgelder betreffend den
Konzern lediglich Folge der von den Gesellschaftern gewollten Führung der Geschäfte
in einzelnen Gesellschaften ist.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 5 HGB).
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Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 Euro.
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