Urteil des LG Bochum vom 01.07.2010

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Landgericht Bochum, 14 O 95/10
Datum:
01.07.2010
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
14. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 O 95/10
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Verfügungskläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu
vollstre-ckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Verfügungskläger darf die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des insgesamt
zu vollstre-ckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
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Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein, der satzungsgemäß die
gewerblichen Interessen seiner Mitglieder betreut und darauf achtet, dass die Regeln
des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Die Verfügungsbeklagte wirbt im
Internet unter der Domain www.b.de u.a. für eine von ihr angebotene nichtinvasive
Ultraschallbehandlung namens ''b #'', das sie als Body-Contouring-Verfahren anpreist
und mit dem Problemzonen behandelt werden sollen. Durch die Ultraschallbehandlung
sollen Fettzellen abgebaut werden, das darin enthaltene und nunmehr freigesetzte Fett
soll durch normale Körperfunktionen abgebaut werden.
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Mit Schreiben vom 27.04.2010 (Bl. 30 ff. der Akten) mahnte der Verfügungskläger die
Verfügungsbeklagte ab und forderte sie auf, eine vorformulierte Unterlassungserklärung
zu geben. Dies wies die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 10.05.2010 (Bl. 35 ff.
der Akten) zurück. Mit vorliegendem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
verfolgt der Verfügungskläger sein Begehren weiter.
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Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die von der Verfügungsbeklagten aufgestellten
Werbebehauptungen seien wettbewerbswidrig. Er gäbe keinerlei Beleg dafür, dass sich
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Werbebehauptungen seien wettbewerbswidrig. Er gäbe keinerlei Beleg dafür, dass sich
mittels Ultraschall Übergewicht reduzieren ließe. Überhaupt belege die
Verfügungsbeklagte nicht die Wirksamkeit der von ihr beworbenen Methode im Hinblick
auf einen gewichtsreduzierenden Effekt. Der Verfügungskläger ist der Ansicht, dass
derjenige darzulegen und zu beweisen hat, dass seine Angaben zutreffend und richtig
sind, der im geschäftlichen Verkehr mit Wirkungsaussagen wirbt. Maßstab sei insoweit
der Stand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse, dem die Werbebehauptung
entsprechen müsse. Das sei allerdings vorliegend nicht der Fall. Insoweit verweist der
Verfügungskläger auf ein Gutachten von Prof. Dr. L von der Hautklinik des Klinikums der
Universität Mainz vom 25.03.2004 (Bl. 64 ff. der Akten). In der mündlichen Verhandlung
hat der Verfügungskläger erklärt, dass auch Umfangsreduzierung gemeint sei, soweit
von Gewichtsreduzierung im Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gesprochen
werde.
Der Verfügungskläger beantragt,
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der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall
zukünftiger Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu untersagen,
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im geschäftlichen Verkehr das nichtinvasive Ultraschallverfahren ''b #" mit den
folgenden Angaben zu bewerben:
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1. ''macht per Ultraschall in einem nichtinvasiven Body-Contouring-
Verfahren ein für allemal Schluss mit Problemzonen'',
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2. ''Alternative zur Fettabsaugung'',
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3. ''reduziert die Fettzellen per Ultraschall'',
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4. ''die unter der Haut liegenden Fettzellen werden somit gezielt und vor
allem dauerhaft entfernt. In den kommenden Tagen baut der Körper die
entleerten Fettzellen ab'',
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5. ''Für den Fitness-/Gesundheits- und Wellness-Markt konzipiert, ist die
b # die zur Zeit kostengünstigste Alternative, sein 'Fett' schonend
loszuwerden.'',
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6. ''Durch das erzeugte elektrisch-magnetische Wechselfeld werden
100.000 Schwingungen pro Sekunde erzeugt. Durch die Vibrationen
treffen die Fettzellen in tieferen Lagen aufeinander, erwärmen, werden
perforiert und entleeren ihr 'fat droplet' in den interstitären Raum. Dieser
Vorgang wird als focosierte stabile Kavitation bezeichnet. Die
benachbarten Strukturen wie Haut, Blutgefäße, Nerven und
Bindegewebe bleiben vollkommen unbeeinflusst von der Behandlung.
Die Inhaltsstoffe der Fettzelle werden über körpereigene Mechanismen
wie die Blut-Kapillaren und das lymphatische System über den Darm, die
Leber und die Nieren abgebaut und ausgeschieden'',
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7. ''wurde entwickelt, um kleinere Problemzonen zu behandeln aber auch
mittel- bis übergewichtigen Frauen und Männern zu einem schnellen
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Erfolg zu verhelfen, die den Wunsch nach einer besseren Körperkontur
haben'',
8. ''Die b # bietet eine Alternative für Menschen, die eine effiziente
Fettreduktion im Unterhaut-Fettgewebe an Problemzonen wie, Armen,
Beinen, Bauch oder Po, ohne Operation suchen'',
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9. ''Nach den vorliegenden Erfahrungen führt bereits die erste
Behandlung zu einer sichtbaren Umfangsreduktion'',
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jeweils, sofern dies geschieht, wie in Anlage A 1 wiedergegeben.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Die Verfügungsbeklagte weist darauf hin, dass sie außer im Hinblick auf den Antrag zu
1. im Übrigen ihre Werbeaussagen überarbeitet habe. Zudem seien die Angaben auch
zutreffend. Nach ihrem Wissen verfüge der schweizer Hersteller auch über Gutachten.
Jedenfalls habe sie eine Vielzahl sehr zufriedener Kunden, bei denen eine Wirkung zu
verzeichnen sei. Das ergebe sich auch aus der Darstellung im Internet-Auftritt. Zudem
gebe sie ihren Kunden eine ''Geld-zurück-Garantie'', falls diese unzufrieden seien, diese
Garantie sei aber so gut wie gar nicht in Anspruch genommen worden.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf
die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.
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Der Verfügungskläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Untersagung, denn nach
dem bisherigen Sach- und Streitstand ist die von der Verfügungsbeklagten beworbene
Wirkungsweise hinreichend glaubhaft gemacht.
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Zunächst einmal ist dem Verfügungskläger dahin Recht zu geben, dass derjenige, der
sich werbend auf eine spezielle Wirkung beruft, diese auch darlegen und beweisen
muss. Die volle Beweislast trifft daher die Verfügungsbeklagte in einem entsprechenden
Unterlassungsverfahren, soweit, wie hier im einstweiligen Verfügungsverfahren, eine
Untersagung begehrt wird, ist es ausreichend, dass eine Wirkung nicht ausgeschlossen,
sondern als hinreichend wahrscheinlich belegt wird. Das ist vorliegend der Fall.
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Soweit der Verfügungskläger zunächst gerügt hat, die Verfügungsbeklagte werbe mit
einer Gewichtsreduzierung, ist dies unzutreffend. Sämtliche Werbeaussagen sind
ausschließlich darauf gerichtet, dass kleinere Fettpolster an Problemzonen durch die
Behandlungsmethode entfernt werden, so dass sich die Körperkontur verbessert.
Natürlich führt ein Abbau von Fettzellen im Ergebnis auch zu einer
Gewichtsreduzierung, dies bleibt allerdings bei dem vorliegenden und beworbenen
Einsatzgebiet im geringfügigen Bereich. Tatsächlich wirbt die Verfügungsbeklagte auch
nicht damit, dass ihre Methode ihren Kunden helfe, abzunehmen und Gewicht zu
verlieren. Durch die Körperkonturkorrektur soll besseres Erscheinungsbild erreicht
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werden. Nach Auffassung der Kammer ist dies als kosmetische Behandlung mit dem
Ziel der Verschönerung der Körperkontur zu verstehen.
Dass diese Methode Wirkung zeigt oder keine Wirkung zeigt, ist von beiden Parteien
nicht belegt worden. Soweit die Verfügungsklägerin sich auf das Gutachten von Prof. Dr.
L vom 25.03.2004 beruft, ist dieses Gutachten weder für das von der Beklagten
verwendete Gerät noch für die von der Verfügungsbeklagten vorgenommene
Behandlung noch für die behauptete Wirkungsweise von Relevanz. Zum einen handelt
es sich um ein gänzlich anderes Gerät, das damals zur Begutachtung anstand. Soweit
das Gutachten sich überhaupt auf Veränderungen von Fettzellen fasst, kommt es zum
Ergebnis, dass Massage, gleich welcher Art, nicht zu einer Verkleinerung von Fettzellen
führen kann. Aber auch dieses Gutachten führt auf Seite 6 unten aus, dass Ultraschall
nach dem damaligen Erkenntnisstand im Rahmen sehr hoher Leistungen dazu
imstande sei, Fettzellen zu zerreißen und das gespeicherte Fett freizusetzen. Nach dem
damaligen Erkenntnisstand hat der Sachverständige eine Bewirkung solcher Effekte bei
dem damals zu überprüfenden Gerät verneint.
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Allerdings bleibt festzuhalten, dass zwischen dem Gutachten und dem heutigen
Verfahren 6 Jahre liegen. Die Entwicklung und auch die Kenntnisse über
Einsatzmöglichkeiten von derartigen Geräten und Ultraschallwellen ist immens. Soweit
der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, dass
Ultraschallwellen bereits seit langem bekannt seien, ist dem entgegen zu halten, dass
bei vielen Dingen, die bereits seit langem bekannt sind, neue Einsatzmöglichkeiten
geprüft, erprobt und gefunden werden. Dass daher im März 2004 nach dem damaligen
Erkenntnisstand, wie der Sachverständige Prof. Dr. L selbst betont, keine Hinweise auf
eine mögliche Fettzellenreduzierung durch Ultraschall bejahen konnte, spricht nicht
dafür, dass eine weitere Entwicklung genau dies erreichen kann. So kommt der
Sachverständige auch im weiteren zum Ergebnis, dass durch den von Ultraschall
erzielten Tiefenwärmeeffekt bei dem damals untersuchten Gerät auch mangels
existierender Studien keine positiven Wirkungen festgestellt werden konnten. Da aber
wie bereits dargelegt sowohl ein anderes Gerät vom Sachverständigen überprüft wurde,
darüber hinaus sich das Gutachten nur am Rande mit der Frage des Fettzellenabbaus
durch Ultraschall befasst, sind Rückschlüsse auf das hier verwendete Gerät angesichts
der bereits angesprochenen Entwicklungsmöglichkeiten nicht möglich.
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Dem gegenüber hat allerdings auch die Verfügungsbeklagte nicht durch klinische
Studien oder Gutachten zu belegen vermocht, dass das von ihr beworbene Gerät die
Abbauwirkungen erzielt. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung dazu dargelegt hat,
der Hersteller verfüge wohl über derartige Studien, ist dies zum einen bestritten worden,
zum anderen auch nicht sehr wahrscheinlich, da derartige Studien dann von dem
Hersteller sicherlich zu Werbezwecken verwendet würden. Jedenfalls sind sie nicht
vorgelegt worden. Von daher sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die für oder gegen
die Wirksamkeit im Hinblick auf die Werbeaussagen der Behandlungsmethode der
Verfügungsbeklagten sprechen, nicht ersichtlich.
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Allerdings bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass die Wirkung des Geräts bzw. der
Behandlungsmethode von einer Vielzahl von zufriedenen Kunden belegt wird. So hat
zum einen die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen,
dass von etwa 500 Behandlungen/Kunden lediglich ein oder zwei Fälle von der Geld-
zurück-Garantie Gebrauch gemacht haben. Zwar hat der Verfügungskläger bestritten,
dass lediglich zwei Kunden die Geld-zurück-Garantie in Anspruch genommen haben,
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aber es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von den 500 Kunden der
Verfügungsbeklagten eine große Anzahl ihr Geld zurückverlangten. Für die Wirksamkeit
des Gerätes der Behandlungsmethode sprechen zudem auch die Fotodokumentationen,
die im Internet eingestellt worden sind. Auch die Recherchen der Kammer im Internet
haben - das ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden - positive Reaktion
zutage gefördert. So gibt es eine Vielzahl von Kunden, die - nicht nur bei der
Verfügungsbeklagten, sondern auch in anderen Kosmetik- und Wellness-Instituten -
derartige Ultraschallbehandlungen gegen Problemzonen durchführen ließen, sich
durchweg positiv äußern und eine Umfangsreduzierung bestätigen. Die Kammer ist sich
darüber im klaren, dass es im Internet gewisse Manipulationsmöglichkeiten gibt, um
eine positive Stellungnahme in Foren und in übrigen Internetauftritten zu erreichen.
Allerdings steht auch fest, dass diese Frage intensiv diskutiert wird und es eine Vielzahl
von Stellungnahmen gibt, die nach einem "Eigenversuch" die Wirkung bejahen. Da
vorliegend auch die vom Verfügungskläger nicht angegriffenen bildlichen Darstellungen
im Internetauftritt der Verfügungsbeklagten Behandlungserfolge durchaus ergeben,
spricht alles dafür, dass die von der Verfügungsbeklagten angewandte und beworbene
Methode tatsächlich Wirkung erzielt mit dem Ergebnis, dass an Problemzonen
Fettzellen reduziert werden durch die Ultraschallbehandlung und dadurch die
Körperkontur verbessert wird.
Angesichts der Vielzahl der positiven Stellungnahmen im Hinblick auf die
Wirkungsweise der Fettzellenbehandlung mit Ultraschall und der tatsächlich im
Ergebnis erzielten Umfangsreduzierung vermag die Kammer nicht anzunehmen, dass
dies alles subjektive, in keiner Weise objektivierbare Ergebnisse der
Behandlungsmethode der Verfügungsbeklagten sind. Von daher ist nach Auffassung
der Kammer die von der Verfügungsbeklagten beworbene Wirkung so hinreichend
glaubhaft gemacht, dass ihr im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens die
Werbung nicht zu untersagen war. Denn bei der von der Verfügungsbeklagten
beworbenen Wirkung stellt diese Behandlung tatsächlich im Hinblick auf die
Problemzonen eine Alternative zur Fettabsaugung dar und kann - auch wenn es nicht
zur Behandlung von Übergewicht geeignet ist und dafür von der Beklagten auch nicht
beworben wird - durchaus auch bei übergewichtigen Personen in kleinem Umfang zu
Körperkonturverbesserungen führen.
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Nach alledem war, wie erkannt, mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zu entscheiden.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
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