Urteil des LG Bochum vom 04.07.2007
LG Bochum: unfall, operation, abgrenzung, vollstreckbarkeit, arztbericht, synovektomie, datum
Landgericht Bochum, 11 S 337/06
Datum:
04.07.2007
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
Berufungszivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 S 337/06
Vorinstanz:
Amtsgericht Recklinghausen, 57 C 382 / 05
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07.11.2006 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
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(abgekürzt gemäß §§ 313a Abs. 1 S. 1,540 Abs. 2 ZPO)
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
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Der Klägerin stehen gegenüber der Beklagten aus dem unstreitig zwischen den
Parteien bestehenden Unfallversicherungsvertrag keine Ansprüche auf Gewährung
eines Unfallkrankenhaustagegeldes mit sich anschließendem Genesungsgeld für einen
stationären Krankenhausaufenthalt vom 14.bis 20.3.2004 zu.
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Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch ist, dass sich die Klägerin wegen
des am 20.10.2003 erlittenen Unfalles, bei dem sie als Fußgängerin gestürzt und auf die
linke Hand und den linken Arm gefallen ist, aus medizinischen Gründen in
vollstationärer Krankenhausbehandlung befunden hat.
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Die Klägerin war unstreitig vom 14.03. bis 20.03.2004 in vollstationärer
Krankenhausbehandlung im F-Hospital in Herten. Es wurde eine Arthroskopie am
linken Schultergelenk durchgeführt mit partieller Synovektomie des
Schulterhauptgelenkes, Durchführen einer Akromionplastik mit Entfernung der antero-
lateralen Akromionkante sowie ACG-Teilresektion (Entfernung des lateralen
Clavikulaendes (ca. 1cm breit).
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Die Klägerin hat jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer den ihr obliegenden
Beweis geführt, dass der von ihr am 20.10.2003 erlittene Unfall hierfür kausal gewesen
ist. Zwar hat das Amtsgericht diesen Beweis als geführt angesehen. Hieran war die
Kammer aber nach § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO nicht gebunden, da konkrete
Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen
des Amtsgerichts begründen.
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Sowohl nach dem Arztbericht des F-Hospitals als auch aus dem
Sachverständigengutachten des Prof. L kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei
der Klägerin degenerativ verlaufende Verschleißerkrankungen in der linken Schulter
vorgelegen haben und durch den Unfall die (bereits bestehende)
Beschwerdesymptomatik bei der Klägerin allenfalls "höchstwahrscheinlich"
verschlimmert wurde. Die Klägerin ist am 18.12.1931 geboren, war also zum
Unfallereignis 71 Jahre alt. In der Alterstufe ab 60 Jahren ist gehäuft mit degenerativen
Rupturen der Rotatorenmanschette zu rechnen. Eine derartige degenerative Ruptur liegt
bei der Klägerin sogar nahe, weil sie ausweislich des Röntgenbefundes vom
06.11.2003 auch andere degenerative Veränderungen des Schultergelenkes
aufgewiesen hat, nämlich eine AC-Gelenksathrose linksseitig, die zweifelsfrei nicht mit
dem Unfallereignis in Verbindung steht. Zudem hat der Sachverständige auch
ausgeführt, dass die Befunde nahe legen, dass ein Verschleiß schon lange bestanden
hat.
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Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kann auch nicht festgestellt
werden, dass eine der möglichen Schädigungsmechanismen vorgelegen hat, die zu
einer traumatisch bedingten Ruptur der Rotatorenmanschette führen können. Umstände,
die auf starke Verdrehungen der Schulter bzw. Spreizung (Abduktion) des Arms
schließen lassen, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Der Umstand, dass sie sich vor
dem Unfall beschwerdefrei fühlte, reicht vor diesem Hintergrund nicht aus, um feststellen
zu können, dass die Ruptur nur durch den Unfall herbeigeführt worden ist.
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Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die höchstwahrscheinlich durch den Unfall
eingetretene Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik letztlich der Grund für den
Krankenhausaufenthalt und die dort durchgeführte Operation gewesen ist. Insoweit
können sich auch die bereits bestehenden degenerativen Veränderungen verschlimmert
und die Schmerzsymptomatik bei der Klägerin hervorgerufen oder verstärkt haben. Der
Sachverständige Prof. L hat zwar eine vorübergehende unfallbedingte Verschlimmerung
für möglich gehalten, hat aber auch ausgeführt, dass bei zunehmendem zeitlichen
Abstand zum Unfallereignis die Folgen der sturzbedingten Verschlimmerung immer
weiter in den Hintergrund treten würden und die Beschwerden, die aufgrund des
verschleißbedingten Vorschadens bestanden, weiter in den Vordergrund traten. Da die
Indikation für die Operation der Klägerin und den dadurch bedingten stationären
Krankenhausaufenthalt im März 2004 erst am 22.01.2004 gestellt worden ist, und eine
genaue Abgrenzung nicht möglich ist, bleibt die Klägerin auch insoweit beweisfällig.
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Die amtsgerichtliche Entscheidung war daher abzuändern.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht
vorliegen.
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