Urteil des LG Bochum vom 22.06.2007

LG Bochum: arglistige täuschung, treu und glauben, lieferung, installation, besteller, gespräch, vollstreckbarkeit, krankheit, treppenlift, witwe

Landgericht Bochum, 3 O 51/07
Datum:
22.06.2007
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
Zivilkammer - Einzelrichter -
Entscheidungsart:
Grundurteil
Aktenzeichen:
3 O 51/07
Tenor:
Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
T a t b e s t a n d :
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Die Beklagte ist die Witwe des am 12.09.2006 verstorbenen H; sie ist dessen Erbin.
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Der Ehemann der Beklagten beauftragte die Klägerin unter dem 18.08.2006 mit der
Herstellung, Lieferung und Installation eines Treppenliftes zum Preis von 13.920,00 €.
3
Die Klägerin behauptet:
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Herr H habe Wert auf eine möglichst schnelle Lieferung gelegt und habe deshalb eine
verkürzte Lieferzeit von drei bis vier Wochen vereinbart. Die Beklagte habe am
11.09.2006 mitgeteilt, dass ihr Mann ins Krankenhaus eingeliefert worden sei und habe
darum gebeten, die Installation des Treppenliftes zu stoppen; am 13.09.2006 sei der
Auftrag storniert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Anlage in vollem Umfang
hergestellt gewesen.
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Die Klägerin verlangt die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen
gem. § 649 Satz 2 BGB und beziffert ihre Forderung in Höhe der Klagesumme. Wegen
der Berechnung wird auf die Aufstellung in der Klageschrift, Seite 6 bis 11 (Blatt 6 bis 11
der Akte) Bezug genommen.
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Die Klägerin stellt den Antrag,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.510,01 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten für das Jahr über dem Basiszinssatz seit
Klagezustellung zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor:
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Ihr Ehemann sei gesundheitlich stark angegriffen gewesen. Obwohl besprochen
gewesen sei, dass alle vertraglichen Angelegenheiten über den Verwalter der
Eigentumswohnung laufen sollten, sei der Mitarbeiter der Klägerin unter einem Vorwand
noch einmal bei dem Ehemann der Beklagten erschienen und habe sich die Unterschrift
des Ehemannes unter dem schriftlichen Angebot verschafft.
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Der Ehemann sei am Tag der Unterschriftsleistung nicht mehr geschäftsfähig gewesen.
Vorsorglich werde die Bestellung wegen arglistiger Täuschung angefochten. Im Übrigen
beruft sich die Beklagte auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
Weiterhin bestreitet die Beklagte die Richtigkeit der Berechnung der Klageforderung.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen zu Protokoll Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
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Es erschien angemessen, durch Grundurteil zu entscheiden, weil der Streit über den
Grund des Anspruchs entscheidungsreif ist, während über die Höhe der Forderung noch
Beweis erhoben werden muss.
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Unstreitig hat der inzwischen verstorbene Ehemann der Beklagten eigenhändig den
Auftrag an die Klägerin unterzeichnet.
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Zur behaupteten Geschäftsunfähigkeit des Ehemannes hat die Beklagte nicht
substantiiert vorgetragen.
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Der Umstand, dass Vertragsverhandlungen über den Wohnungsverwalter laufen sollten,
rechtfertigen auch dann, wenn man diesen Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt,
nicht den Schluss darauf, dass dem Ehemann der Beklagten ein eigener
Vertragsschluss verwehrt sein sollte.
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Für eine arglistige Täuschung ist ebenfalls nichts ersichtlich. Die Beklagte blendet bei
ihrem Sachvortrag völlig aus, dass unstreitig am Tag des Vertragsschlusses der
Ehemann der Beklagten nicht allein mit dem Mitarbeiter der Klägerin verhandelt hat,
sondern dass die Tochter der Beklagten und ihres verstorbenen Ehemannes sowie eine
weitere Bekannte an dem Gespräch teilgenommen haben. Ebenso ist unbestritten, dass
eine der beiden Frauen dem Mitarbeiter der Klägerin 10,00 € angeboten und schließlich
übergeben hat, weil dem Ehemann der Beklagten eine schnelle Lieferung wichtig war.
Unter diesen Umständen ist für das Gericht nicht ansatzweise eine arglistige Täuschung
des Ehemannes der Beklagten zu sehen; die Beklagte hat auch im Termin keine
vernünftige Erklärung dafür angegeben, warum sie für den Ablauf des
Vertragsgespräches keine Zeugen benannt hat.
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Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liegt nicht vor. Das Risiko, wegen schwerer
Krankheit den bestellten Treppenlift möglicherweise nicht nutzen zu können, liegt
einseitig beim Besteller; nach Treu und Glauben kann der Besteller nicht erwarten, dass
wegen seines sich möglicherweise verschlechternden Gesundheitszustandes die
Klägerin die Kosten für die Anfertigung eines Treppenliftes selbst tragen müsste.
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Eine Kostenentscheidung und eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
sind nicht veranlasst.
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