Urteil des LG Bochum vom 28.08.2002

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Landgericht Bochum, 13 O 106/02
Datum:
28.08.2002
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
13. Zivilkammer des Landgerichts - Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 O 106/02
Nachinstanz:
Bundesgerichtshof, I ZR 127/03
Tenor:
Die Beklagten werden verurteilt, es unter Androhung eines
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro oder Ord-nungshaft bis zu 6
Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, die
Zeichenfolgen (Second-Level-Domain) "B" oder "B1" unter der Top-
Level-Domain "de" im Internet zu benutzen oder benutzen zu lassen.
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es unter Androhung eines
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro oder Ord-nungshaft bis zu 6
Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, die Fa. "H"
im geschäftlichen Ver-kehr zu benutzen oder benutzen zu lassen.
Die Beklagte zu 1. wird zur Löschung der "H GmbH" verurteilt.
Der Beklagte zu 3. wird verurteilt, die Internet-Domains "B.de" und
"B1.de" gegenüber der DENIC eG freizugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin und den Gerichtskosten
tragen die Klägerin 36 %, die Beklagte zu 1. 32 %, der Beklagte zu 2. 14
% und der Beklagte zu 3. 18 %.
Die Beklagte zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. tragen dieser
selbst 44 % und die Klägerin 56 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. tragen dieser und die
Klägerin je zur Hälfte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, und zwar
für die Klägerin hinsichtlich der Vollstre-ckung gegen die Beklagte zu 1.
gegen Sicherheit in Höhe von 92.000,-- Euro, hinsichtlich der
Vollstreckung gegen den Beklagten zu 2. gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 41.000,-- Euro, hinsichtlich der Vollstreckung gegen den
Beklagten zu 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 52.000,-- Euro,
für den Beklagten zu 2. gegen Sicher-heitsleistung in Höhe von 1.800,--
Euro und für den Beklagten zu 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
1.600,-- Euro. Die Sicherheit kann auch durch eine unbedingte,
unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und
Steuerbürgen zugelassenen Geldinstituts erbracht werden.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Unternehmensgruppe B2, die ein
Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Verkaufsstellen betreibt. Die
Klägerin ist u.a. Inhaberin der Wortmarke "B2" (Registernummer ###), die in
Deutschland seit dem 20.12.1990 für die Warenklassen 3, 4, 16, 24, 25, 29, 30, 31 und
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Die Beklagte zu 1. wurde am 17.10.2001 von dem Beklagten zu 3. und dessen Bruder
Herrn B3 gegründet. Alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1. ist der Beklagte zu
2., der ferner Geschäftsführer der Reisebüro S GmbH ist, die ihren Sitz - ebenso wie
nunmehr die Beklagte zu 1.- in der Q-straße ## in Erfurt hat.
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Im Januar 2002 wurde die Klägerin darauf aufmerksam, dass die Fa. S GmbH unter der
Internetadresse *Internetadresse*, auf die von der Internetseite "B.de" verwiesen wurde,
Werbung für Pauschalreisen machte. Zu diesem Zeitpunkt war die Fa. Reisebüro S
GmbH als Domaininhaberin und der Beklagte zu 2. als administrativer Ansprechpartner
angegeben. Inzwischen wirbt die Beklagte zu 1. unter der Domainadresse "B1.de" für
Pauschalreisen.
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Mit Schreiben vom 29.01.2002 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den
Beklagten zu 2. vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
auf.
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Am 08.02.2002 wurde die Domain "B.de" auf den Beklagten zu 3., der ebenfalls Inhaber
der Domain "B1.de" ist, umgeschrieben.
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Die Klägerin trägt vor: Das Zeichen "B2" genieße eine überragende Verkehrsgeltung.
Nach einer Marktstudie aus dem Jahre 2000 sei die Marke "B2" zumindest seit 1993 als
"stärkste" deutsche Marke anzusehen. Die Beklagten lehnten sich mit dem
Stammbestandteil ihres Zeichens offensichtlich an das Zeichen der Klägerin an und
versuchten, dessen Bekanntheitsgrad für die geschäftlichen Zwecke des Betriebs eines
Reisebüros auszunutzen. Dies geschehe in unlauterer Weise. Die Beklagten machten
sich den Ruf der Klägerin, qualitativ hochwertige Ware zu niedrigsten Preisen zu
veräußern, zu Nutze. Kunden der Klägerin müssten bei Auffinden der Website der
Beklagten zu 1. vermuten, dass die Klägerin nun auch Reisen anbiete, wie es z. B.
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erfolgreiche Einzelhandelsunternehmen wie Neckermann oder Tchibo täten. Aus den
früheren Auftritten des Beklagten zu 2. im Internet unter der Adresse "B.de" ergebe sich,
dass dieser schon vor der Übertragung der Domain auf den Beklagten zu 3. den Namen
"B2" in der Reisebranche ausgenutzt habe, um Profit zu erzielen. Es liege eine
offensichtliche Strohmanngründung vor. Die Klägerin meint, dass ihr ein
Unterlassungsanspruch aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG, 12 BGB, 18 Abs. 3
MarkenG, 1001 BGB zustehe. Bezüglich des Klageantrags zu 2. hafteten alle Beklagten,
weil der Beklagte zu 2. als treibende Kraft für die Eintragung im Handelsregister
anzusehen sei und der Beklagte zu 3. seinen Familiennamen zur Verfügung gestellt
habe, so dass sie als Störer persönlich verantwortlich seien. Da bereits die Eintragung
ins Handelsregister eine Verletzungshandlung darstelle, seien die Beklagten als Störer
zur Löschung oder Unfirmierung verpflichtet.
Die Klägerin beantragt,
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1.
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die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft,
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monate, zu unterlassen, die Zeichenfolgen (Second-Level-
Domain) "B" oder "B1" unter der Top-Level-Domain ".de" im Internet zu benutzen oder
benutzen zu lassen und/oder diese Zeichenfolge dort registriert zu halten;
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2.
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die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft,
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monate, zu unterlassen, die Firma "H" im geschäftlichen
Verkehr zu benutzen oder benutzen zu lassen;
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3.
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die Beklagten zu verurteilen, durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung die
Umfirmierung oder Löschung der "H GmbH", Amtsgericht Leverkusen, 12 HRB ###, zu
veranlassen;
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4.
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den Beklagten zu 3. zu verurteilen, durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung die
Löschung der Domains "B.de" und "B1.de" zu veranlassen.
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Hilfsweise beantragt die Klägerin zum Klageantrag zu 1.
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die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft,
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monate, zu unterlassen, über die Internet-Domains "B.de"
und "B1.de" Internet-Seiten zu konnektieren, deren jeweilige Startseite keinen
deutlichen, eindeutigen Hinweis beinhalten, dass es sich bei diesen Seiten nicht um ein
Angebot der Unternehmensgruppen B2 und/oder B4 handelt.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten tragen vor: Die Klageschrift sei dem Beklagten zu 2. nicht
ordnungsgemäß zugestellt worden, weil keine beglaubigte, sondern lediglich eine
einfache Abschrift der Klageschrift zugestellt worden sei. Daher werde die Rüge nicht
ordnungsgemäßer Klageerhebung erhoben. Dem Beklagten zu 3. und seinem
Mitgesellschafter könne nicht die Benutzung ihres natürlichen Namens verwehrt
werden. Durch die Zusätze "Gebrüder" und die dem Unternehmensgegenstand
entnommene Branche "Reisen" werde jegliche Verwechselungsgefahr ausgeräumt. Die
Klägerin könne sich auch nicht auf den erweiterten Schutz einer bekannten Marke
berufen, weil sie im Verkehr nicht als "B2" auftrete, sondern - wie durch die
wöchentliche traditionelle Print-Werbung bekannt - als "B4" und "B2". Die von der
Klägerin betriebenen Discount-Ketten würden von den Verbrauchern nicht mit der
Tourismusbranche in Verbindung gebracht. Der Beklagte zu 3. und sein Bruder hätten
den Beklagten zu 2. Anfang 2001 bei einer Tourismus-Messe kennen gelernt und ihre
Pläne, ein Reisebüro zu eröffnen, beginnend mit einem Online-Reisebüro, spezialisiert
auf Ferienreiseziele in die Türkei, erörtert. Sie hätten den Beklagten zu 2. sodann als
Geschäftsführer der Beklagten zu 1. gewonnen. Im Hinblick darauf, dass eine
Kooperation mit dem von dem Beklagten zu 2. ebenfalls geschäftsführend betreuten
Reisebüro S GmbH in Erfurt beabsichtigt gewesen sei, sei vorläufig als Domaininhaber
die S GmbH und der Beklagte zu 2. als Administrator eingetragen worden. Von Anfang
an habe Einvernehmen darüber bestanden, dass nach Gründung und Eintragung der
Beklagten zu 1. in das Handelsregister die Domains auf die Beklagte zu 1. bzw. einen
der Gesellschafter übertragen werden sollten. Die Ummeldung sei nicht durch die
Abmahnung veranlasst worden. Vielmehr sei die Ummeldung bereits im Januar 2002 in
Auftrag gegeben worden. Der Beklagte zu 2. sei als ehemaliger administrativer
Ansprechpartner für den Antrag zu 1. nicht passivlegitimiert. Der Antrag auf
Umfirmierung sei unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Der Einwand des Beklagten zu 2., die Klage sei ihm gegenüber nicht ordnungsgemäß
erhoben, weil er lediglich eine unbeglaubigte Abschrift der Klageschrift zugestellt
erhalten habe, greift nicht durch. Die Kammer folgt der Auffassung des BGH (BGH LM
Nr. 12 zu § 170 ZPO), wonach ein etwaiger Mangel der Zustellung als geheilt
anzusehen ist, wenn der Beklagte - wie im vorliegenden Fall - unstreitig die Klage in
inhaltlich richtiger Form übergeben erhalten hat, weil damit der Zweck der Zustellung
erreicht ist, dem Empfänger eine zuverlässige Kenntnis des Inhalts des zuzustellenden
Schriftstücks zu verschaffen. Die von dem Beklagten für seine Gegenauffassung zitierte
BGH-Entscheidung ist nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Die zitierte
Entscheidung betraf eine Urteilszustellung, durch die Rechtsmittel, also Notfristen, in
Lauf gesetzt werden sollten, auf die - im Gegensatz zur heutigen Regelung in § 189
ZPO n.F .- § 187 ZPO a.F. nach seinem Satz 2 nicht anwendbar war.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
auf Unterlassung der Benutzung der Domains "B.de" und "B1.de". Die Marke "B2" der
Klägerin ist eine bekannte Marke im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Es ist
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gerichtsbekannt, dass die Marke B2 der überwiegenden Mehrzahl der deutschen
Verbraucher bekannt ist. Dies wird auch durch die von der Klägerin vorgelegte
Meinungsumfrage bestätigt. Der Einwand der Beklagten, auf den Prospekten der
Unternehmensgruppen B4 und B2 werde mit diesen Bezeichnungen und nicht mit dem
Schlagwort "B2" geworben, vermag nicht zu überzeugen. Es ist gerichtsbekannt, dass
die Unternehmensgruppe B2 insbesondere auf den regelmäßig erscheinenden
Handzetteln sowie in Zeitungsanzeigen unter der Bezeichnung "B2" auftritt.
Durch die Verwendung des Zeichens "B2" durch die Beklagten wird die
Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der Marke der Klägerin ohne
rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt und beeinträchtigt. Die von der
Beklagten zu 1. angesprochenen Verbraucherkreise sind mit den von der Klägerin
angesprochenen Konsumentenkreisen, die aus der gesamten Bevölkerung stammen,
identisch. Die angesprochenen Konsumentenkreise verbinden mit dem Zeichen "B2"
die Vorstellung, dass Produkte zu günstigen Preisen angeboten werden. Es besteht die
Gefahr, dass die von den Beklagten angesprochenen Verbraucher die Güte- und
Preisvorstellungen, die sie mit der Marke "B2" verbinden, auf die von der Beklagten
angebotenen Reisen übertragen. Jedenfalls kommt der Marke "B2" ein Signalwert zu,
der die Aufmerksamkeit der Verbraucher aufgrund positiver Assoziationen weckt. Es
besteht auch die Gefahr einer Markenverwässerung, da durch die Verwendung des
Zeichens "B2" durch die Beklagten die Unterscheidungskraft der Marke der Klägerin
beeinträchtigt wird. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung sind die
Zusätze "Gebrüder" und "Reisen" nicht geeignet, einen hinreichenden Abstand zur
Marke der Klägerin zu schaffen. Der Zusatz "Gebrüder" ist schon deswegen hierfür
ungeeignet, weil weite Kreise der angesprochenen Verbraucher wissen, dass die
Unternehmensgruppe der Klägerin von den Brüder B5 gegründet wurde. Der Zusatz
"Reisen" ist ebenfalls nicht geeignet, eine Verwechselungsgefahr auszuschließen, weil
dieser Zusatz hinter dem überragenden Schlagwort "B2" als bloße
Branchenbezeichnung weitgehend zurücktritt und zudem lediglich die angebotenen
Produkte kennzeichnet. Der Klägerin ist darin beizupflichten, dass angesichts des
Umstands, das auch andere Einzelhandelsunternehmen wie Tchibo Reisen anbieten,
ein wesentlicher Teil der Verbraucher davon ausgehen wird, dass die
Unternehmensgruppe der Klägerin ebenfalls auf dem Reisemarkt tätig ist.
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Nach Auffassung der Kammer erfolgt die Markenausbeutung und Markenverwässerung
in unlauterer Weise. Die Kammer schließt aus den Gesamtumständen, dass es den
Beklagten gerade darauf ankam, die Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin für
ihre wirtschaftlichen Zwecke auszunutzen. Dies wird insbesondere dadurch indiziert,
dass Domaininhaberin zunächst die Fa. Reisebüro S GmbH war, deren Geschäftsführer
der Beklagte zu 2. ist und das erst nach dem ersten Abmahnschreiben der Klägerin an
die Beklagte zu 2. eine Übertragung der Domain auf den Beklagten zu 3. erfolgte. Der
Vortrag der Beklagten, nur im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1. und der Fa. S
GmbH angestrebte Kooperation sei zunächst die Fa. S GmbH als Domaininhaberin
registriert worden, um Kosten zu sparen, vermag nicht zu überzeugen. Die Beklagten
haben nicht vorgetragen, dass der von ihnen angeblich von Anfang an beabsichtigte
Wechsel der Domaininhaber bereits vor Zugang des ersten Abmahnschreibens
veranlasst worden ist. Sie haben lediglich vorgetragen, dass der Wechsel bereits im
Januar 2002 in Auftrag gegeben wurde. Da die erste Abmahnung vom 29.01.2002
stammt, widerlegt dies nicht den durch den chronologischen Ablauf der Ereignisse
begründeten Verdacht, dass der Domainwechsel erst aufgrund des ersten
Abmahnschreibens erfolgte. Auch der Umstand, dass die Beklagte zu 1. ihren
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Geschäftssitz inzwischen an dieselbe Anschrift verlegt hat, unter der auch die Fa. S
GmbH tätig ist, indiziert, dass die Beklagte zu 1. keinen eigenständigen
Geschäftsbereich hat, sondern nur dazu dient, die Geschäftsinteressen der Fa. S zu
fördern.
Die Beklagten können sich auch nicht auf einen rechtfertigenden Grund berufen. Zwar
tragen der Beklagte zu 3. und sein Mitgesellschafter den Familiennamen "B2", doch
führt dies im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn grundsätzlich
niemandem verwehrt werden kann, sich in redlicher Weise im Geschäftsleben unter
seinem bürgerlichen Namen zu betätigen, unterliegt dieser Grundsatz Einschränkungen.
Wird durch den Gebrauch des Namens die Gefahr der Verwechselung mit einem
anderen Namensträger hervorgerufen, kann die Pflicht bestehen, den Namen nur in
einer Art und Weise zu verwenden, dass diese Gefahr nach Möglichkeit
ausgeschlossen ist, sofern das Interesse des Namensträgers an der uneingeschränkten
Verwendung seines Namens gegenüber dem Interesse des Gleichnamigen, eine
Verwechselung der beiden Namensträger zu vermeiden, klar zurücktritt (vgl. BGH WRP
2002,698). Kommen mehrere Personen als berechtigte Namensträger für einen Domain-
Namen in Betracht, gilt für sie hinsichtlich der Registrierung ihres Namens als Internet-
Adresse grundsätzlich das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität, es sei denn, die
Interessen der Parteien sind ausnahmsweise von so unterschiedlichem Gewicht, dass
es nicht bei Anwendung der Prioritätsregel bleiben kann (vgl. BGH WRP 2002, 698). Im
vorliegenden Verfahren sind die Interessen der Parteien nach Auffassung der Kammer
von so unterschiedlichem Gewicht, dass das Interesse des Beklagten zu 3. und seines
Mitgesellschafters an der Führung ihres Familiennamens in der Internet-Domain und in
der Firma zurücktreten muss. Die geschuldete Rücksichtnahme gebietet es, dass die
Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 3. für den Domain-Namen sowie die Firma einen
Zusatz wählen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind - wie bereits oben
dargelegt - die Zusätze "Gebrüder" und "Reisen" nicht geeignet, eine Verwechselung
bzw. Verwässerung auszuschließen. Ein hinreichender Zusatz wäre nach Auffassung
der Kammer z. B. die Voranstellung des Vornamens des Beklagten zu 3. bzw. seines
Mitgesellschafters vor dem Familiennamen "B2".
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Alle Beklagten sind verpflichtet, die Benutzung der Domains "B" und "B1" zu
unterlassen. Die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 3. ergibt sich aus dem Umstand,
dass er Inhaber der Domain ist. Für die Beklagte zu 1. folgt die
Unterlassungsverpflichtung daraus, dass sie die Internet-Domain für ihre geschäftlichen
Zwecke nutzt und für den Beklagten zu 2. aus seiner Stellung als Geschäftsführer der
Beklagten zu 1.. Hinsichtlich der Benutzung der Domains im geschäftlichen Verkehr
ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Darüber hinaus
hat die Klägerin einen Anspruch aus § 12 BGB auf Unterlassung der Nutzung der
Domains auch im privaten Verkehr, weil im vorliegenden Fall das Interesse der Klägerin
eindeutig gegenüber dem Interesse des gleichnamigen Beklagten zu 3. und seines
Mitgesellschafters überwiegt (vgl. BGH WRP 2002, 698). Soweit die Klägerin begehrt,
auch das Registrierthalten der Domain zu untersagen, überschneidet sich dieser Antrag
hinsichtlich des Beklagten zu 3. mit dem Antrag zu 4.. Die Beklagten zu 1. und 2. sind
insoweit nicht passivlegitimiert, weil ausschließlich der Beklagte zu 3. als Domain-
lnhaber über die Domains verfügen kann.
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Über den Hilfsantrag war nicht zu entscheiden, weil der Hauptantrag hinsichtlich der
Benutzung der Domains durchgreift. Nach Auffassung der Kammer greift die vom BGH
in der Vossius-Entscheidung (BGH WRP 2002, 691) aufgestellten Grundsätze, wonach
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eine Einschränkung des Unterlassungsgebots bei Gleichnamigen in Betracht kommt,
wenn dem Benutzer auf der ersten sich öffnenden Internetseite klar gemacht wird, dass
es sich nicht um die Homepage des Markeninhabers handelt, im vorliegenden Fall nicht
durch. Angesichts der überragenden Bekanntheit der Marke der Klägerin kann die
Gefahr der Verwechselung und Verwässerung nicht durch einen Hinweis auf der
Internetseite der Beklagten ausgeräumt werden. Angesichts dessen müssen die
Interessen des Beklagten zu 3. und seines Mitgesellschafters zurücktreten.
Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1. ferner verlangen, es zu unterlassen, die Fa.
H im geschäftlichen Verkehr zu benutzen und benutzen zu lassen. Dagegen sind die
Beklagten zu 2 und 3. insoweit nicht passivlegitimiert. Für die Führung der Firma ist
allein die Beklagte zu 1. verantwortlich und in der Lage, die Störung zu beseitigen.
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Die Beklagte zu 1. war zur Löschung der konkret verwendeten Firma zu verurteilen. Der
von der Klägerin begehrte Tenor bezüglich der Umfirmierung oder Löschung wäre nicht
vollstreckungsfähig.
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Auch der Löschungsanspruch ist nur gegen die Beklagte zu 1. begründet. Eine
Anspruchsgrundlage hinsichtlich der beiden weiteren Beklagten ist nicht ersichtlich.
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Der Beklagte zu 3. ist zur Freigabe der Domains verpflichtet. Da im vorliegenden Fall
die Interessen der Klägerin an dem Ausschluss einer Verwechselung und
Verwässerung das Interesse des Beklagten zu 3. an der Führung seines Namens ohne
weiteren Zusatz bei weitem überwiegt, ist auch ein berechtigtes Interesse des Beklagten
zu 3., den Domain-Namen für private Zwecke zu verwenden, zu verneinen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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