Urteil des LG Bielefeld vom 07.06.2010

LG Bielefeld (vollstreckung der strafe, stgb, betrieb, ware, dokumentation, persönliche verhältnisse, teil, futter, schutz der gesundheit, kaufpreis)

Landgericht Bielefeld, 1 KLs - 6 Js 9/09 - 1/10
Datum:
07.06.2010
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
I. große Strafkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 KLs - 6 Js 9/09 - 1/10
Rechtskraft:
Das Urteil ist rechtskräftig bzgl. S. F. seit dem 18.05.2010
Tenor:
Der Angeklagte U. F. wird wegen Betrugs in 119 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von
1 (einem) Jahr und
10 (zehn) Monaten
verurteilt.
Die Angeklagte S. F. wird wegen Betrugs in 20 Fällen, wobei es in
einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
10 (zehn) Monaten
verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafen wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften:
Bzgl. U. F.: §§ 263 I, III 1, 2 Nr. 1, 53, 56 StGB
Bzgl. S. F.: §§ 263 I, III 1, 2 Nr. 1, 22, 23, 49 I, 53, 56 StGB
G r ü n d e
1
A. Persönliche Verhältnisse
2
I. U. F.
3
Der heute 55 Jahre alte Angeklagte U. F. ist in F., einem heutigen Ortsteil von E., als
einziges Kind seiner Eltern geboren und aufgewachsen. Er ist seit dem Jahre 1982 mit
E. F. verheiratet. Aus dieser Ehe sind vier Kinder hervorgegangen, die Mitangeklagte S.
F. (26 Jahre), C. F. (24 Jahre), die eine Ausbildung zur Landwirtin absolviert hat, L. F.
(14 Jahre) und C. F. (11 Jahre). Alle Kinder wohnen noch im gemeinsamen Elternhaus.
4
Der Angeklagte U. F. besuchte in F. die Schule, die er im Alter von 14 Jahren mit einem
Hauptschulabschluss beendete. Anschließend absolvierte er eine dreijährige
Ausbildung zum Tischler. Nach der erfolgreichen Ablegung seiner Gesellenprüfung
übernahm ihn sein Ausbildungsbetrieb in ein Anstellungsverhältnis. Im Jahre 1988
machte sich der Angeklagte als Tischler selbstständig. Ab dem Jahre 1991 betrieb er
die Tischlerei gemeinsam mit einem ehemaligen Arbeitskollegen als GbR weiter.
5
Nebenbei bewirtschaftete er einen ca. 5 ha großen Landwirtschaftsbetrieb, zunächst mit
Sauenhaltung, ab dem Jahre 1989 auch mit Gallowayrindern. Die Rinderzucht hat er
jedoch wegen der BSE-Krise und des damit verbundenen Absatzrückgangs
zwischenzeitlich wieder eingestellt.
6
Im Jahre 1995 überließ er die Geschäftsführung der Tischlerei seinem Mitgesellschafter,
um sich auf den Bau eines Mehrfamilienhauses zu konzentrieren, bei dem er einen
erheblichen Teil der Bauleistungen in Eigenarbeit erbrachte.
7
Der Tischlereibetrieb schrieb in der Folgezeit rote Zahlen, so dass der Angeklagte U. F.
und sein Mitgesellschafter überein kamen, die GbR im Jahre 1999 abzuwickeln. Den
Tischlereibetrieb führte er sodann alleine weiter.
8
Im Jahre 2000 entschloss sich der Angeklagte gemeinsam mit seiner Familie, den
landwirtschaftlichen Betrieb auf ökologischen Landbau umzustellen. In den Folgejahren
weitete er seinen landwirtschaftlichen Betrieb aus. Er pachtete Ackerflächen und
Grünland hinzu und weitete die Sauenhaltung aus.
9
Da sich der landwirtschaftliche Betrieb zunächst gut entwickelte, betrieb er diesen ab
dem Jahre 2002 als Haupterwerb und verpachtete die Tischlerei. Die in dem
Schweinezuchtbetrieb erwirtschafteten Überschüsse reinvestierte er umgehend.
10
Diese positive Geschäftsentwicklung setzte sich jedoch in den Folgejahren nicht fort.
Seine im Jahre 2005 bereits angespannte finanzielle Situation verschlechterte sich
nochmals, als Mitte des Jahres 2005 im Kreis Borken, wo sich einige der von ihm
beauftragten Schweinemäster befanden, die Schweinepest ausbrach und eine von ihm
abgeschlossene Ertragsausfallversicherung mangels Ablauf der Karenzzeit nicht in
Anspruch genommen werden konnte.
11
Den landwirtschaftlichen Betrieb musste der Angeklagte im November 2006 einstellen,
als im Zuge der Ermittlungen des hier gegenständlichen Strafverfahrens ein
12
Vermarktungsverbot des Landesamts für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz
(LANUV) verhängt wurde. Die Hofflächen und die Wirtschaftsgebäude hat er seitdem
verpachtet.
Sein Hofgelände nebst dem Mehrfamilienhaus steht derzeit unter Zwangsverwaltung;
die Zwangsversteigerung steht unmittelbar bevor. Es bestehen insgesamt
Verbindlichkeiten i.H.v. rund € 370.000,00, die der Angeklagte nicht bedienen kann.
13
Der Angeklagte U. F. befindet sich in Privatinsolvenz und bestreitet seinen
Lebensunterhalt mit Hilfe von Sozialleistungen (Hartz IV); gelegentlich übt er einen
Aushilfsjob als Kraftfahrer aus.
14
Im Zuge der Errichtung des Mehrfamilienhauses erlitt er einen massiven
Bandscheibenschaden, der inzwischen dreimal operativ behandelt wurde, ohne dass
sich eine nachhaltige Besserung seiner Beschwerden einstellte, unter denen er bis
heute leidet.
15
Aufgrund des hier gegenständlichen strafrechtlichen Vorwurfs haben diverse Freunde,
Bekannte, Nachbarn und teils auch Verwandte den Kontakt zum Angeklagten U. F.
abgebrochen.
16
Der Angeklagte U. F. ist wie folgt vorbestraft:
17
1.
18
Das Amtsgericht Rahden verurteilte ihn zum Aktenzeichen 24 Js 696/08 – 5 Cs 226/08
durch Strafbefehl vom 12.06.2008 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 20
Tagessätzen zu je € 30,00. Der Strafbefehl ist seit dem 03.07.2008 rechtskräftig.
19
Der Verurteilung liegen folgende Feststellungen zugrunde: Der für den Kreis Minden-
Lübbecke zuständige Veterinär des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamts, Dr.
S., wollte am 27.02.2008 einen Kontrolltermin auf der Betriebsstätte der Fa. Biohof M.,
an der damals seine Töchter C. und S. F. beteiligt waren, wahrnehmen. Nach einem
kurzen Wortwechsel ergriff der Angeklagte U. F. den Dr. S. und drückte ihn mit Wucht
ca. 2 m zurück an eine Stallwand. Er drohte, dass er ihm etwas antun werde, wenn er
Schwierigkeiten machen würde und forderte ihn auf, auf der Stelle zu verschwinden,
was dieser daraufhin auch tat.
20
Die Geldstrafe hat der Angeklagte U. F. am 07.11.2008 gezahlt.
21
2.
22
Das Amtsgericht Rahden verurteilte ihn zum Aktenzeichen 22 Js 173/09 – 5 Ds 235/09
durch Strafbefehl vom 27.11.2009 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu
einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je € 15,00. Der Strafbefehl ist seit dem
22.12.2009 rechtskräftig.
23
Der Verurteilung liegen folgende Feststellungen zugrunde: Der Angeklagte U. F.
verhinderte am 02.02.2009 die Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme des
Zwangsverwalters B., indem er diesen an der Besichtigung des Grundstücks I. X, E.,
hinderte. Er erfasste den Zwangsverwalter am Kragen und schob ihn durch die Diele
24
seines Wohnhauses bis an die Wand und forderte ihn auf, das Grundstück zu verlassen,
was dieser daraufhin auch tat.
Der Angeklagte U. F., dem nachgelassen wurde, die Geldstrafe in Raten zu zahlen, hat
diese bislang noch nicht vollständig bezahlt.
25
II. S. F.
26
Die Angeklagte S. F. ist in E. geboren und aufgewachsen. Sie ist liiert mit C. H., von
dem sie in Kürze ein Kind erwartet; zum Zeitpunkt der Hauptverhandlungstermine
befand sie sich in der 27. Schwangerschaftswoche.
27
Sie ist altersgerecht eingeschult worden und hat nach der Grundschule die Hauptschule
besucht, die sie mit einem entsprechenden Abschluss verlassen hat. Daraufhin hat sie
eine Lehre zur Landwirtin begonnen, die sie jedoch wegen gesundheitlicher Probleme
abgebrochen hat. Sodann begann sie eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin,
die sie nach einer dreijährigen Ausbildungszeit erfolgreich abschloss. In diesem Beruf
ist sie nach wie vor tätig; sie arbeitet derzeit 27 Stunden pro Woche. Ihr Verdienst
beträgt rund € 700,00 netto pro Monat.
28
Ab Mitte 2005 führte sie zusätzlich einen landwirtschaftlichen Betrieb, mit dem sie
Schweinezucht betrieb. Auch die Angeklagte S. F. musste diesen Betrieb im November
2006 aufgeben, als im Zuge der Ermittlungen des hier gegenständlichen Strafverfahrens
ein Vermarktungsverbot des LANUV verhängt wurde. Da bei dem Betrieb Schulden
i.H.v. rund € 90.000,00 bestanden, hat sie Privatinsolvenz angemeldet.
29
Für einen kurzen Zeitraum war sie als Kommanditistin an der Fa. Biohof M. GmbH & Co.
KG beteiligt; dieses Unternehmen besteht jedoch inzwischen nicht mehr.
30
Die Angeklagte S. F. ist wie folgt vorbestraft:
31
Das Amtsgericht Gütersloh verurteilte sie zum Aktenzeichen 16 Js 278/07 – 3 Cs durch
Strafbefehl vom 11.03.2008 wegen Tierquälerei zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen
zu je € 20,00. Der Strafbefehl ist seit dem 02.04.2008 rechtskräftig.
32
Der Verurteilung liegen folgende Feststellungen zugrunde: Bei einer am 29.03.2007
durchgeführten Kontrolle eines von ihr unterhaltenen Hofs durch das Kreisveterinäramt
wurde festgestellt, dass ein Schwein seit mindestens zwei Wochen erheblich erkrankt
war und hätte ärztlich behandelt werden müssen.
33
Die Geldstrafe hat die Angeklagte S. F. am 16.09.2008 gezahlt.
34
B. Feststellungen zum Tatgeschehen
35
I. Feststellungen zum Gesamtgeschehen
36
Beide Angeklagten waren in den Jahren 2005 und 2006 als Schweine- und
Ferkelzüchter tätig, der Angeklagte U. F. mindestens im Zeitraum vom 04.01.2005 bis
27.11.2006, die Angeklagte S. F. mindestens vom 18.11.2005 bis zum 27.11.2006. Sie
waren beide von der zuständigen Behörde als sogenannter Betrieb für "Erzeugnisse
aus ökologischem Landbau" (im Folgenden: Öko-Betrieb) i.S.d. der "Verordnung (EWG)
37
aus ökologischem Landbau" (im Folgenden: Öko-Betrieb) i.S.d. der "Verordnung (EWG)
Nr. 2092/91 des Rates vom 24.06.1991 über den ökologischen Landbau und die
entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel"
(im Folgenden: EG-Öko-VO) zertifiziert.
Gem. Art. 5 I EG-Öko-VO darf ein tierisches Produkt nur dann mit dem Hinweis auf
ökologischen Landbau vermarktet werden, wenn es nach Maßgabe der Anforderungen
des Art. 6 EG-Öko-VO erzeugt wurde und sich zudem das Erzeugerunternehmen den in
Art. 8 und Art. 9 EG-Öko-VO i.V.m. Anhang III niedergelegten Kontrollmaßnahmen
unterworfen hatte.
38
Art. 6 EG-Öko-VO i.V.m. Anhang I und Anhang II legt fest, auf welche Art und Weise die
Erzeugung stattzufinden hat. Insbesondere werden dort die Anforderungen an die
Herkunft der Tiere, die Krankheitsvorsorge und tierärztliche Behandlung und das zu
verwendende Futter sowie die bei der Produktion von eigenen Futtermitteln erlaubten
Einsatzstoffe (Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, etc.) bestimmt.
39
In Anlage III sind die Mindestanforderungen beschrieben, die eine wirksame Kontrolle
des Öko-Betriebs gewährleisten sollen. Insbesondere muss die konkrete Betriebseinheit
exakt umrissen sein. D.h. bei der Aufnahme des Kontrollverfahrens muss eine
vollständige Beschreibung der Betriebseinheit vorliegen; ferner ist der Unternehmer
verpflichtet, der Kontrollbehörde jede diesbezügliche Änderung mitzuteilen.
40
Außerdem müssen Tiere und tierische Erzeugnisse auf allen Stufen der Erzeugung,
Aufbereitung, Beförderung und Vermarktung zu identifizieren sein. Dies umfasst
einerseits die Pflicht zur Buchführung in Bezug auf Lieferanten, Art und Menge der
Erzeugnisse nebst zugekauften Materialien und deren Verwendung sowie Art, Menge
und Empfänger der Abgänge, wobei der Öko-Betrieb in der Lage sein muss, die
vorgenannten Angaben durch geeignete Belege zu verifizieren. Darüber hinaus besteht
die Verpflichtung zur Führung von Haltungsbüchern, in denen Neuzugänge, Abgänge,
Tierverluste, das verwendete Futter sowie die Maßnahmen der Krankheitsvorsorge
niederzulegen sind.
41
Die mindestens zweimal pro Jahr zu erfolgende Kontrolle der Öko-Betriebe hat das
LANUV auf private Anbieter delegiert, die in dessen Auftrag auch das Zertifikat nach der
EG-Öko-VO ausstellen. Dieses Zertifikat bestätigt lediglich die kontrollierten
Unternehmensbereiche, nicht den Status einzelner Produkte; für die Einhaltung der EG-
Öko-VO und die verordnungskonforme Deklaration ist der Unternehmer selbst
verantwortlich.
42
Neben den Angeklagten waren auch weitere Familienmitglieder sowie der
Lebensgefährte der Angeklagten S. F. – C. H. - in der Schweinezucht tätig. E. F. betrieb
ab dem Jahre 2006 einen nach der EG-Öko-VO zertifizierten Schweinezuchtbetrieb,
ging aber in den Jahren 2005 und 2006 auch ihrem Ehemann, dem Angeklagten U. F.,
bei der Bewirtschaftung seiner Betriebe zur Hand. C. H. hatte seinen Betrieb ebenfalls
nach der EG-Öko-VO zertifizieren lassen. Der C. F. zuzuordnende Betrieb hatte einen
konventionellen Status. Dieser Betrieb ist jedoch am Markt nicht in Erscheinung
getreten. Der Betrieb war der Tierseuchenkasse nicht gemeldet, hat keine Meldungen
über Tierbewegungen in der dafür vorgesehenen Datenbank ("HIT") vorgenommen und
verfügte nicht über eine Steuernummer; zudem konnten im Rahmen einer
Durchsuchung der Betriebsstätte keinerlei Belege über Verkäufe von Schweinen
aufgefunden werden.
43
Die einzelnen Betriebe der Beteiligten tätigten im Zeitraum 2005/2006 folgende
Transaktionen:
44
Einkauf konventionell
Verkauf konventionell
Verkauf ökologisch
U. F. 414
21
6.025
S. F. 130
5
2.267
C. H. 971
1
638
C. F. 2.600
45
Gesamt
4.115
27
8.930
46
Am 20.11.2006 wandte sich der Landwirt B. H. aus W., der einen konventionellen
Schweinemastbetrieb unterhielt und der mit dem Angeklagten U. F. wegen
ausstehender Zahlungen für Schweineverkäufe in Streit geraten war, an die Fa. O. und
berichtete dem dort angestellten Zeugen T. über Unregelmäßigkeiten bei den Betrieben
der Angeklagten. Der Zeuge T. teilte seine Erkenntnisse am 21.11.2006 dem LANUV
mit, welches am 23. und 27.11.2006 Sonderprüfungen der Betriebe der Angeklagten
durchführte. Am 27.11.2006 sprach das LANUV ein vorläufiges Vermarktungsverbots für
die Betriebe der Angeklagten aus. Mit – mangels Rechtmittel der Angeklagten
bestandskräftig gewordener - Verfügung des LANUV vom 05.01.2007 wurde den
Angeklagten die Zertifizierung nach der EG-Öko-VO entzogen und ihnen aufgegeben,
die Vermarktung ihrer Tiere unter Hinweis auf die EG-Öko-VO in Zukunft zu unterlassen.
47
Zum jetzigen Zeitpunkt sind seit mindestens zwei Jahren weder Mitglieder der Familie
F. noch Personen aus dem der Familie zuzurechnenden Umfeld in der ökologischen
Landwirtschaft tätig.
48
II. Feststellungen bzgl. U. F.
49
Der Angeklagte U. F. unterhielt in dem o.g. Zeitraum mindestens die folgenden vier
Betriebstätten:
50
Stallanlage Hofstelle, I. X, E.;
Stallanlage H., F. X, E.;
Stallanlage V., G. X, E.;
Stallanlage S., B. X, E..
51
52
Er verfügte in dem gesamten o.g. Zeitraum über eine Zertifizierung nach der EG-Öko-
53
VO. Er wurde von der Kontrollstelle für ökologisch erzeugte Lebensmittel, der B. GmbH
(B.), entsprechend den Kriterien der EG-Öko-VO überprüft.
Im Jahre 2000 hatte er sich – damals zunächst für Galloway-Rinder – hinsichtlich der
Betriebsstätte Hofstelle, I. X, E. von den zuständigen Behörden als Öko-Betrieb
zertifizieren lassen. Später stellte er seinen Betrieb auf Schweine- und Ferkelzucht um
und weitete seine Zucht auf die Betriebsstätten Stallanlage H., F. X, E. sowie
Stallanlage V., G. X, E., aus, was er den zuständigen Behörden auch mitteilte.
54
Außerdem betrieb er Schweinezucht in der weiteren Stallanlage S., B. X, E., was er
zwar dem Veterinäramt und der Landwirtschaftskammer, nicht aber den Kontrollstellen
i.S.d. EG-Öko-VO anzeigte. Der Angeklagte hatte diese Stallanlage ausweislich des
Mietvertrags vom 28.05.2003 zu dem ausschließlichen Zweck des Betriebs eines
Zuchtstalls für den Zeitraum vom 01.06.2003 bis zum 31.12.2012 angemietet. Dass der
Angeklagte U. F. diese weitere Betriebsstätte unterhielt, stellte sich erst im Rahmen der
am 23./27.11.2006 durchgeführten Sonderprüfungen des LANUV heraus. Der Hof S.
war aufgrund der dort bestehenden baulichen Gegebenheiten zur Aufzucht von Tieren
nach den Vorgaben der EG-Öko-VO ungeeignet.
55
Während des gesamten Zeitraums unterließ der Angeklagte U. F. – und zwar
hinsichtlich aller Betriebsstätten - die nach Art. 5, 8, 9 EG-Öko-VO i.V.m. Anlage III
erforderliche Dokumentation. Er verfügte weder über ordnungsgemäße
Buchführungsunterlagen noch über Haltungsbücher. Er konnte im Nachgang zu der
Sonderprüfung vom 23.11.2006 lediglich handschriftliche Berechnungen hinsichtlich der
Fütterung eines Teils der produzierten Schweine sowie eine Kalkulation mit der
Aufstellung von Geburten pro Sau vorlegen, die jedoch den o.g. Anforderungen nicht
ansatzweise genügten und die zudem nicht laufend, sondern erst nachträglich erstellt
worden sind, um die Dokumentationsversäumnisse zu vertuschen.
56
Bei den Kontrollen der privaten Prüfstellen vom 21.09.2005, 17.11.2005, 22.06.2006
und 23.10.2006 ist die fehlende Dokumentation jedoch entweder nicht bemängelt
worden oder das Zertifikat ist trotz Bemerkens der unzureichenden Dokumentation
gleichwohl erteilt worden.
57
Bereits aufgrund dieser beiden Umstände – unterbliebene Meldung einer weiteren
Betriebsstätte sowie fehlende Dokumentation – war eine Vermarktung unter Hinweis auf
ökologischen Landbau gem. der EG-Öko-VO nicht erlaubt, wenngleich der Genuss des
Fleisches für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich war, da es sich insoweit um
nach den üblichen Regeln erzeugte – d.h. konventionelle und nicht ökologische -
Schweine handelte.
58
Gleichwohl verkaufte der Angeklagte U. F. die von ihm erzeugten Schweine als
Erzeugnisse des ökologischen Landbaus i.S.d. EG-Öko-VO an folgende Abnehmer:
EZG SH, Fa. G., H., N., Fa. O., I. K. S., I.. K. T. sowie K. U.. Bei jeder Lieferung bestätigte
er - bzw. seine für ihn mit seinem Wissen und seiner Billigung als Vertreterin handelnde
Ehefrau E. F. - auf dem Lieferschein mit einer Unterschrift, dass es sich um Erzeugnisse
handele, die entsprechend den Anforderungen der EG-Öko-VO produziert worden
seien.
59
Aufgrund der Vermarktung der Schweine als Erzeugnisse des ökologischen Landbaus
i.S.d. EG-Öko-VO durch den Angeklagten U. F. gingen die vorgenannten Abnehmer
60
auch davon aus, in entsprechender Weise von dem Angeklagten beliefert worden zu
sein und zahlten jeweils den mit ihm vereinbarten Kaufpreis, der unter Zugrundelegung
der Tatsache, dass es sich um Schweine i.S.d. EG-Öko-VO handele, zustande
gekommen war.
Mangels Einhaltung der Voraussetzungen der EG-Öko-VO hatten die Schweine indes
nicht den Wert, der bei der Vereinbarung des Kaufpreises zugrundegelegt worden ist,
sondern allenfalls den Wert konventionell erzeugter Schweine, der deutlich geringer
war.
61
Im Einzelnen führte der Angeklagte folgende Verkäufe an seine Abnehmer durch:
62
Nr. Datum
Abnehmer Ware
Stück
Verein-
barter
Kaufpreis
Preis
konven-
tioneller
Schweine
Differenz
1
06.01.2005 S.
Bio-
Ferkel
156
13.116,00 6.797,28
6.318,72
2
10.01.2005 U.
Bio-
Kastrate
17
1.667,50
1.088,00
579,50
3
10.01.2005 U.
Bio-
Ferkel
25
2.315,00
1.115,20
1.199,80
4
16.01.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.300,00
1.904,00
2.396,00
5
26.01.2005 O.
Öko-
Ferkel
188
15.031,90 7.506,52
7.525,38
6
03.02.2005 S.
Bio-
Ferkel
100
8.084,00
4.380,48
3.703,52
7
04.02.2005 H.
Bio-
Ferkel
52
4.530,00
2.138,40
2.391,60
8
17.02.2005 S.
Bio-
Ferkel
51
3.922,00
2.089,44
1.832,56
9
18.02.2005 U.
Bio-
Ferkel
50
3.950,00
1.872,00
2.078,00
10 23.02.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.640,00
2.260,80
2.379,20
11 04.03.2005 O.
Öko-
Schweine
18
3.410,20
2.330,23
1.079,97
12 11.03.2005 N.
Bio-
Ferkel
50
4.414,00
2.039,80
2.374,20
13 12.03.2005 H.
Bio-
Ferkel
50
4.074,00
1.801,80
2.272,20
14 18.03.2005 O.
Öko-
Schweine
17
3.423,89
2.462,32
961,57
63
15 20.03.2005 T.
Bio-
Ferkel
51
4.227,00
1.887,90
2.339,10
16 29.03.2005 G.
Bio-
Schweine
16
3.391,01
2.238,38
1.152,63
17 31.03.2005 U.
Bio-
Ferkel
50
4.220,00
1.904,00
2.316,00
18 05.04.2005 G.
Bio-
Schweine
15
2.660,03
1.597,52
1.062,51
19 08.04.2005 O.
Öko-
Schweine
31
6.515,16
4.079,08
2.436,08
20 15.04.2005 H.
Bio-
Ferkel
50
4.170,00
1.722,15
2.447,85
21 18.04.2005 N.
Bio-
Ferkel
92
7.178,00
3.605,55
3.572,45
22 25.04.2005 O.
Öko-
Schweine
10
2.260,75
1.459,69
801,06
23 25.04.2005 O.
Öko-
Schweine
3
647,41
428,97
218,44
24 30.04.2005 O.
Öko-
Schweine
12
2.645,70
1.748,62
897,08
25 03.05.2005 U.
Bio-
Ferkel
51
4.608,00
2.108,43
2.499,57
26 21.05.2005 S.
Bio-
Ferkel
50
3.879,50
1.770,04
2.109,46
27 23.05.2005 G.
Bio-
Schweine
14
2.630,51
1.735,31
895,2
28 28.05.2005 H.
Bio-
Ferkel
50
4.256,00
1.887,86
2.368,14
29 30.05.2005 G.
Bio-
Schweine
14
2.498,94
1.578,62
920,32
30 31.05.2005 N.
Bio-
Ferkel
55
4.477,00
2.313,24
2.163,76
31 11.06.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.140,00
1.914,00
2.226,00
32 20.06.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
52
4.769,90
2.452,67
2.317,23
33 21.06.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
18
3.566,59
2.094,90
1.471,69
34 24.06.2005 U.
Bio-
Ferkel
50
4.540,00
2.204,00
2.336,00
35 27.06.2005 G.
Bio-
Schweine
13
2.453,87
1.691,38
762,49
Bio-
36 30.06.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.022,00
1.828,45
2.193,55
37 08.07.2005 H.
Bio-
Ferkel
27
2.502,00
1.138,41
1.363,59
38 13.07.2005 N.
Bio-
Ferkel
50
4.369,00
1.854,95
2.514,05
39 16.07.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.370,00
1.994,65
2.375,35
40 23.07.2005 H.
Bio-
Ferkel
50
4.238,00
1.833,41
2.404,59
41 29.07.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
52
4.488,00
2.091,95
2.396,05
42 05.08.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.380,00
2.088,00
2.292,00
43 09.08.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
16
3.325,67
2.174,69
1.150,98
44 10.08.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.344,00
2.124,25
2.219,75
45 23.08.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
15
3.363,89
2.040,00
1.323,89
46 29.08.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
51
4.280,00
2.030,00
2.250,00
47 06.09.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
37
6.799,12
3.997,19
2.801,93
48 09.09.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
54
4.480,00
2.030,00
2.450,00
49 15.09.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
3.900,00
1.680,00
2.220,00
50 23.09.2005 H.
Bio-
Ferkel
50
4.700,00
2.170,00
2.530,00
51 27.09.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
40
8.727,50
5.196,57
3.530,93
52 30.09.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
31
2.757,60
1.327,90
1.429,70
53 03.10.2005 O.
Öko-
Schweine
11
2.404,34
1.618,86
785,48
54 05.10.2005 N.
Bio-
Ferkel
50
4.757,00
2.231,04
2.525,96
55 05.10.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.092,00
1.775,52
2.316,48
56 11.10.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
27
5.532,08
3.247,83
2.284,25
Bio-
57 14.10.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
52
4.233,60
1.844,02
2.389,58
58 20.10.2005 O.
Öko-
Ferkel
150
13.737,00 6.518,46
7.218,54
59 25.10.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.815,00
2.342,70
2.472,30
60 02.11.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
15
2.894,11
1.701,66
1.192,45
61 11.11.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.216,00
1.925,15
2.290,85
62 15.11.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
42
9.615,06
5.572,65
4.042,41
63 15.11.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.674,00
2.107,24
2.566,76
64 22.11.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
30
6.505,63
3.839,16
2.666,47
65 22.11.2005 H.
Bio-
Ferkel
53
5.151,40
2.422,77
2.728,63
66 25.11.2005 N.
Bio-
Ferkel
45
4.172,00
1.961,29
2.210,71
67 06.12.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
34
6.945,74
4.096,15
2.849,59
68 09.12.2005 EZG SH
Bio-
Ferkel
49
4.436,00
2.228,40
2.207,60
69 13.12.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
35
7.868,80
4.692,24
3.176,56
70 20.12.2005 EZG SH
Bio-
Schweine
41
8.922,63
5.329,37
3.593,26
71 22.12.2005 T.
Bio-
Ferkel
50
4.554,00
2.211,84
2.342,16
72 27.12.2005 N.
Bio-
Ferkel
50
4.807,50
2.455,20
2.352,30
73 30.12.2005 H.
Bio-
Ferkel
50
4.448,00
2.050,56
2.397,44
74 03.01.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
18
3.479,54
1.953,46
1.526,08
75 06.01.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
51
4.626,00
2.142,45
2.483,55
76 13.01.2006 T.
Bio-
Ferkel
50
4.143,00
1.784,02
2.358,98
77 17.01.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
34
7.532,96
4.319,81
3.213,15
Bio-
78 21.01.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
51
4.752,00
2.239,65
2.512,35
79 23.01.2006 O.
Öko-
Schweine
10
2.016,80
1.273,94
742,86
80 24.01.2006 H.
Bio-
Ferkel
50
4.300,00
1.822,50
2.477,50
81 31.01.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
27
5.801,68
3.233,42
2.568,26
82 06.02.2006 T.
Bio-
Ferkel
50
4.714,50
2.234,48
2.480,02
83 21.02.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
25
5.562,95
3.233,62
2.329,33
84 22.02.2006 N.
Bio-
Ferkel
51
4.268,00
1.861,84
2.406,16
85 24.02.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.138,25
1.807,44
2.330,81
86 25.02.2006 H.
Bio-
Ferkel
60
4.968,00
2.072,64
2.895,36
87 07.03.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
43
8.571,56
5.052,17
3.519,39
88 07.03.2006 T.
Bio-
Ferkel
88
7.258,00
3.324,96
3.933,04
89 21.03.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
34
6.744,69
4.124,15
2.620,54
90 29.03.2006 N.
Bio-
Ferkel
50
4.220,00
1.958,40
2.261,60
91 08.04.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
44
8.826,36
5.327,85
3.498,51
92 03.05.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
41
7.979,86
4.890,21
3.089,65
93 04.05.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
159
13.884,63 6.728,72
7.155,91
94 16.05.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
38
7.859,64
4.652,36
3.207,28
95 29.05.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
49
3.951,50
1.802,35
2.149,15
96 30.05.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
37
6.937,23
4.207,70
2.729,53
97 31.05.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
51
4.137,75
1.896,60
2.241,15
98 09.06.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
64
13.456,66 8.800,90
4.655,76
Bio-
99 10.06.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.295,75
2.256,21
2.039,54
100 26.06.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.365,75
2.319,81
2.045,94
101 27.06.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
33
6.815,62
4.583,37
2.232,25
102 04.07.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
33
7.270,04
4.815,76
2.454,28
103 07.07.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
49
4.047,75
2.089,78
1.957,97
104 18.07.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
14
2.785,31
1.745,65
1.039,66
105 31.07.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.465,60
2.481,01
1.984,59
106 01.08.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
38
7.609,90
5.132,37
2.477,53
107 15.08.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
32
7.299,76
4.787,34
2.512,42
108 18.08.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
50
4.076,80
2.193,62
1.883,18
109 29.08.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
39
8.989,32
5.957,86
3.031,46
110 31.08.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
48
3.990,50
2.173,34
1.817,16
111 12.09.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
20
4.360,42
2.610,45
1.749,97
112 15.09.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
40
3.399,50
1.726,70
1.672,80
113 18.09.2006 O.
Öko-
Schweine
31
7.404,78
5.030,82
2.373,96
114 26.09.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
65
14.589,39 8.932,81
5.656,58
115 29.09.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
54
4.510,75
2.261,45
2.249,30
116 13.10.2006 O.
Öko-
Schweine
27
6.109,75
3.732,12
2.377,63
117 24.10.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
41
10.269,71 5.646,61
4.623,10
118 06.11.2006 EZG SH
Bio-
Ferkel
42
3.832,50
1.808,40
2.024,10
119 07.11.2006 EZG SH
Bio-
Schweine
22
5.674,79
3.073,14
2.601,65
630.737,78 340.085,42
290.652,36
Die o.g. Abnehmer verkauften das Fleisch der Schweine ihrerseits mit der Maßgabe an
ihre Kunden weiter, dass es sich dabei um Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO handele und
vereinnahmten den entsprechenden (höheren) Kaufpreis.
64
Dem Angeklagten U. F. war bewusst, dass er aufgrund der unterbliebenen Anzeige der
weiteren Betriebsstätte und der nicht ordnungsgemäßen Dokumentation sämtliche von
ihm produzierten Schweine nicht als Erzeugnisse nach Maßgabe der EG-Öko-VO hätte
vermarkten dürfen und die Abnehmer den vereinbarten Preis nur deshalb zahlten, weil
sie von einem entsprechenden Öko-Status der Schweine ausgingen. Es kam ihm darauf
an, die Differenz zwischen Öko-Ware und konventioneller Ware zu verdienen, wobei
ihm bewusst war, dass ihm aufgrund des konventionellen Status der Schweine insoweit
kein Anspruch zustand.
65
Durch das Unterlassen der Meldung der weiteren Betriebsstätte und der Dokumentation
wollte er gegenüber den Kontrollstellen spätestens ab dem Jahre 2005 verschleiern,
dass bei dem weitaus überwiegenden Teil der von ihm vermarkteten Tiere - zusätzlich
zu den vorgenannten fehlenden formellen Anforderungen – auch die nachfolgend
genannten materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO nicht eingehalten waren.
66
Der Angeklagte U. F. kaufte – über seine Tochter C. F. als Strohfrau - in erheblichem
Umfang konventionell erzeugte Schweine hinzu, um sie direkt als Öko-Schweine
weiterzuverkaufen. Insbesondere überließ er dem Landwirt H. einen sog. Schlagstempel
– ein Stempel, mit dem die Schweine vor dem Verkauf mit der Betriebsnummer des
erzeugenden Betriebs versehen werden – mit seiner Betriebsnummer. Dies geschah zu
dem Zweck, dass der Angeklagte U. F. die von H. konventionell erzeugten Tiere direkt
als vermeintlich von ihm – dem Angeklagten – produzierte Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-
VO an die jeweiligen Abnehmer weiterverkaufen konnte.
67
Ferner verwendete er bei den von ihm aufgezogenen Schweinen in erheblichem
Umfang nach Art. 5, 6 EG-Öko-VO i.V.m. Anlage I und II unzulässiges Futter. Im
Tatzeitraum erwarb er für die Stallanlage Hofstelle, I. X, E., insgesamt 218.087,8 kg
konventionelles Futtermittel; dem steht lediglich ein Bezug von 55.387 kg ökologischem
Futtermittel gegenüber.
68
Auch bei der Medikamentation der Tiere verstieß er in einer Vielzahl von Fällen gegen
die Vorgaben der vorgenannten Vorschriften, indem er im ökologischen Landbau
unzulässige Medikamente einsetzte bzw. die nach einem Medikamenteneinsatz
erforderlichen Wartefristen nicht einhielt.
69
Zudem verwendete er teilweise bei der Produktion des selbst erzeugten Futters
unzulässigerweise konventionelles Saatgut und setzte nicht erlaubte Dünge- und
Pflanzenschutzmittel ein. Dies erfolgte allerdings in vergleichsweise geringem Rahmen
und blieb hinter dem Ausmaß der Verwendung derartiger Stoffe bei einem
konventionellen Betrieb deutlich zurück.
70
Die Bezahlung der Einkäufe der konventionellen Schweine, des nach der EG-Öko-VO
unzulässigen Futters und Saatguts sowie der nicht erlaubten Dünge- und
Pflanzenschutzmittel erfolgte zwecks Verschleierung der tatsächlichen Verwendung
71
über das Bankkonto von C. F.. Die dafür benötigten Mittel wurden dieser jeweils vom
Geschäftskonto des Angeklagten U. F. zur Verfügung gestellt.
Zwar konnte nicht mehr im Einzelnen aufgeklärt werden, welche konkreten Schweine,
die als Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO veräußert wurden, zuvor als konventionelle
Schweine eingekauft wurden, an welche konkreten Schweine das nach den EG-Öko-
VO unzulässige Futter verabreicht wurde, welche konkreten Tiere in unzulässiger Weise
medikamentiert wurden und inwieweit auf welchen Flächen das konventionelle Saatgut
und die unzulässigen Dünge- und Pflanzenschutzmittel zum Einsatz gekommen sind, so
dass nicht auszuschließen ist, dass ein Teil der veräußerten Schweine den materiellen
Anforderungen der EG-Öko-VO entsprach. Gleichwohl steht aufgrund der vorgenannten
Umstände fest, dass bei dem weitaus überwiegenden Teil der verkauften Schweine die
materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO nicht erfüllt waren.
72
Im Rahmen der Prüfungen der Kontrollstellen zeigte sich der Angeklagte U. F. wenig
kooperativ, wenngleich es ihm jedenfalls bei den Kontrollen der privaten Prüfstellen vom
21.09.2005, 17.11.2005, 22.06.2006 und 23.10.2006 gelang, durch gezielte
Falschangaben bzw. Verschweigen von angabepflichtigen Sachverhalten (z.B.
Futtermittelzukäufe) den Prüfern ein vermeintlich plausibles Bild eines Betriebs i.S.d.
EG-Öko-VO zu vermitteln. Dies hatte ebenfalls lediglich den Zweck, gegenüber dem
Prüfunternehmen zu verschleiern, dass die von ihm produzierten Schweine gänzlich
nicht den formellen und zum weitaus überwiegenden Teil nicht den materiellen
Anforderungen der EG-Öko-VO genügten.
73
Er verlegte des Öfteren bereits vereinbarte Termine, lehnte Prüfungen – letztlich
erfolglos - ab und kündigte im Nachgang zu der Prüfung vom 23.10.2006 ohne Angabe
von Gründen den Prüfvertrag mit der Fa. B..
74
Während der Prüfungen gewährte der Angeklagte U. F. nur schleppend Einblick in
seine Unterlagen. Teils brachte er vor, die Unterlagen befänden sich beim
Steuerberater, was nicht zutreffend war. Der Frage nach dem Stallbuch versuchte er
durch den Hinweis zu entgehen, dass insoweit gerade eine Umstellung auf ein per EDV
geführtes Stallbuch stattfinde, was ebenfalls nicht der Wahrheit entsprach.
75
Bei der Prüfung vom 22.06.2006 untersagte er der Prüferin der Fa. B., der Zeugin G.,
den Zutritt zu seinen Schweineställen. Dies begründete er damit, dass die Prüferin
wenige Tage zuvor eine Prüfung in einem Gebiet vorgenommen hatte, in dem die
Schweinepest ausgebrochen war. Trotz des Hinweises der Prüferin, dass sie dabei
Schutzkleidung getragen habe, so dass eine Ansteckung der von ihm gehaltenen
Schweine ausgeschlossen sei, blieb der Angeklagte U. F. bei dem von ihm
ausgesprochenen Betretungsverbot.
76
Außerdem hat er im Nachgang zu den Prüfungen vom 23./27.11.2006, bei denen ihm
von den Prüfern eine Liste überreicht wurde, in der die von der Fa. C. gelieferten
konventionellen Futterlieferungen aufgeführt waren, falsche Angaben hinsichtlich der
Verwendung dieses Futters gemacht. Er hat wahrheitswidrig behauptet, diese
Futtermittel seien in dem konventionellen Betrieb seiner Tochter C. F. verbraucht
worden, wobei er diese Behauptung durch nachträglich erstellte Lieferscheine zu
belegen versucht hat.
77
Der Angeklagte U. F. bestritt im Tatzeitraum seinen Lebensunterhalt durch den
78
dargestellten Verkauf von Schweinen, die unzulässigerweise als Erzeugnisse i.S.d. EG-
Öko-VO deklariert worden waren; über anderweitige Einnahmequellen verfügte er nicht.
III. Feststellungen bzgl. S. F.
79
Die Angeklagte S. F. unterhielt in dem o.g. Zeitraum mindestens die folgenden zwei
Betriebstätten:
80
Stallanlage R., H. X, V.;
Stallanlage des Betriebs des C. H., F. X, E..
81
82
Auch sie verfügte in dem gesamten o.g. Zeitraum für diese Betriebe über eine
Zertifizierung nach der EG-Öko-VO.
83
Die nach Art. 5, 8, 9 EG-Öko-VO i.V.m. Anlage III erforderliche Dokumentation wurde
auch von ihr während des gesamten Zeitraums nicht ordnungsgemäß geführt. Sie
verfügte weder über adäquate Buchführungsunterlagen noch über Haltungsbücher.
84
Bei den Kontrollen der privaten Prüfstellen in den Jahren 2005 und 2006 ist die fehlende
Dokumentation jedoch entweder nicht bemängelt worden oder das Zertifikat ist trotz
Bemerkens der unzureichenden Dokumentation gleichwohl erteilt worden.
85
Bereits aufgrund der fehlenden Dokumentation war eine Vermarktung der von ihr
produzierten Tiere unter Hinweis auf ökologischen Landbau gem. der EG-Öko-VO nicht
erlaubt, wenngleich der Genuss des Fleisches für den Verbraucher gesundheitlich
unbedenklich war, da es sich um nach den üblichen Regeln erzeugte – d.h.
konventionelle und nicht ökologische - Schweine handelte.
86
Gleichwohl verkaufte die Angeklagte S. F. die von ihr erzeugten Schweine als
Erzeugnisse des ökologischen Landbaus i.S.d. EG-Öko-VO an die Fa. O., die aufgrund
dessen davon ausging, entsprechende Ware zu erhalten und – mit Ausnahme eines
Falls (Nr. 20), dazu unten - den jeweils vereinbarten Kaufpreis zahlte, der unter
Zugrundelegung der Tatsache, dass es sich um Schweine i.S.d. EG-Öko-VO handele,
vereinbart worden war. Bei jeder Lieferung bestätigte die Angeklagte auf dem
Lieferschein mit ihrer Unterschrift, dass es sich um Erzeugnisse handele, die
entsprechend den Anforderungen der EG-Öko-VO produziert worden seien.
87
Mangels Einhaltung der Voraussetzungen der EG-Öko-VO hatten die Schweine indes
nicht den Wert, der bei der Vereinbarung des Kaufpreises zugrundegelegt worden ist,
sondern allenfalls den Wert konventionell erzeugter Schweine, der deutlich geringer
war.
88
Im Einzelnen führte die Angeklagte S. F. folgende Verkäufe durch:
89
90
Nr. Datum
Ware
Stück Verein-
barter
Kaufpreis
Preis konventio-
neller Schweine
Differenz
1
18.11.2005
Öko-
Schweine
30
6.361,95
4.515,22
1.846,73
2
05.12.2005
Öko-
Schweine
20
4.630,07
3.747,73
882,34
3
23.01.2006
Öko-
Schweine
32
7.699,77
4.952,47
2.747,30
4
17.02.2006
Öko-
Schweine
50
10.463,80
6.341,80
4.122,00
5
17.03.2006
Öko-
Schweine
55
11.971,18
7.609,39
4.361,79
6
06.04.2006
Öko-
Schweine
92
18.800,69
12.288,39
6.512,30
7
12.05.2006
Öko-
Schweine
121
27.615,59
17.420,55
10.195,04
8
31.05.2006
Öko-
Schweine
74
16.598,76
14.707,22
1.891,54
9
13.06.2006
Öko-
Schweine
59
13.066,92
8.804,72
4.262,20
10 16.06.2006
Öko-
Schweine
74
15.935,66
10.912,24
5.023,42
11 05.07.2006
Öko-
Schweine
68
14.626,21
10.297,12
4.329,09
12 19.07.2006
Öko-
Schweine
40
8.360,59
5.673,85
2.686,74
13 02.08.2006
Öko-
Schweine
93
19.982,22
14.504,25
5.477,97
14 16.08.2006
Öko-
Schweine
40
8.752,62
6.252,70
2.499,92
15 08.09.2006
Öko-
Schweine
53
12.013,23
7.743,73
4.269,50
16 13.09.2006
Öko-
Ferkel
75
6.704,59
3.410,00
3.294,59
17 29.09.2006
Öko-
Schweine
56
12.882,94
9.157,17
3.725,77
18 09.10.2006
Öko-
Schweine
80
17.791,15
10.360,41
7.430,74
19 25.10.2006
Öko-
Ferkel
100
9.816,00
5.301,00
4.515,00
156.530,89
107.124,71
49.406,48
In einem weiteren Fall - Fall 20 der Anklage – lieferte die Angeklagte S. F. am
03.11.2006 101 Öko-Schweine zu einem Kaufpreis von € 21.496,00. Aufgrund des
konventionellen Status der Tiere betrug deren Wert indes nur € 12.659,89. Da die Fa. O.
aufgrund der Angaben des Landwirts H. jedoch bereits den Verdacht hatte, dass es sich
nicht um Erzeugnisse gem. der EG-Öko-VO handelte, zahlte sie den Kaufpreis nicht
mehr aus. Stattdessen veräußerte sie die Tiere dieser Lieferung zu den Konditionen
konventioneller Tiere und vereinnahmte den Erlös unter Hinweis auf ihr wegen der
anderweitigen Lieferungen zustehender Schadensersatzansprüche.
91
In den übrigen Fällen (Fälle 1-19) verkaufte die Fa. O. das Fleisch der Schweine
ihrerseits mit der Maßgabe an ihre Kunden weiter, dass es sich dabei um Erzeugnisse
i.S.d. EG-Öko-VO handele und vereinnahmte den entsprechenden (höheren) Kaufpreis.
92
Der Angeklagten S. F. war bewusst, dass sie aufgrund der nicht ordnungsgemäßen
Dokumentation sämtliche von ihr produzierten Schweine nicht als Erzeugnis nach
Maßgabe der EG-Öko-VO hätte vermarkten dürfen und die Fa. O. den vereinbarten Preis
nur deshalb zahlte, weil sie von einem entsprechenden Öko-Status der Schweine
ausging. Es kam ihr darauf an, die Differenz zwischen Öko-Ware und konventioneller
Ware zu verdienen, wobei ihr bewusst war, dass ihr aufgrund des konventionellen
Status der Schweine insoweit kein Anspruch zustand.
93
Durch das Unterlassen der Dokumentation wollte sie gegenüber den Kontrollstellen
spätestens ab dem 18.11.2005 verschleiern, dass der weitaus überwiegende Teil der
von ihr vermarkteten Tiere nicht nur den vorgenannten formellen, sondern auch den
nachfolgend genannten materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO nicht genügte.
94
Die Angeklagte S. F. kaufte – über ihre Schwester C. F. als Strohfrau - in nicht
unerheblichem Umfang konventionell erzeugte Schweine hinzu, um sie direkt als Öko-
Schweine weiterzuverkaufen.
95
Ferner verwendete sie bei den von ihr aufgezogenen Schweinen in erheblichem
Umfang nach Art. 5, 6 EG-Öko-VO i.V.m. Anlage I und II unzulässiges Futter.
96
Auch bei der Medikamentation der Tiere verstieß sie in einer Vielzahl von Fällen gegen
die Vorgaben der vorgenannten Vorschriften, indem sie unzulässige Medikamente
einsetzte bzw. die nach einem Medikamenteneinsatz erforderlichen Wartefristen nicht
einhielt.
97
Zudem verwendete sie – allerdings in vergleichsweise geringem Rahmen - teilweise bei
der Produktion des selbst erzeugten Futters unzulässigerweise konventionelles Saatgut
und setzte nicht erlaubte Dünge- und Pflanzenschutzmittel ein.
98
Die Bezahlung der Einkäufe der konventionellen Schweine, des nach der EG-Öko-VO
unzulässigen Futters und Saatguts sowie der nicht erlaubten Dünge- und
Pflanzenschutzmittel erfolgte zwecks Verschleierung der tatsächlichen Verwendung
über das Bankkonto von C. F.. Die dafür benötigten Mittel wurden dieser jeweils vom
Geschäftskonto der Angeklagten S. F. zur Verfügung gestellt.
99
Zwar konnte nicht mehr im Einzelnen aufgeklärt werden, welche konkreten Schweine,
die als Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO veräußert wurden, zuvor als konventionelle
100
Schweine eingekauft wurden, an welche konkreten Schweine das nach den EG-Öko-
VO unzulässige Futter verabreicht wurde, welche konkreten Tiere in unzulässiger Weise
medikamentiert wurden und inwieweit auf welchen Flächen das konventionelle Saatgut
und die unzulässigen Dünge- und Pflanzenschutzmittel zum Einsatz gekommen sind, so
dass nicht auszuschließen ist, dass ein Teil der veräußerten Schweine den materiellen
Anforderungen der EG-Öko-VO entsprach. Gleichwohl steht aufgrund der vorgenannten
Umstände fest, dass bei dem weitaus überwiegenden Teil der verkauften Schweine die
materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO nicht erfüllt waren.
Die Angeklagte S. F. zeigte sich im Rahmen Kontrollen der privaten Prüfstellen in den
Jahren 2005 und 2006 nur mäßig kooperativ. Sie bat ebenfalls einige Male um
Terminverlegung und ließ sich bei den Prüfungen teils von dem Angeklagten U. F.
vertreten. Auch sie verfolgte damit die Absicht, gegenüber dem Prüfunternehmen zu
verschleiern, dass die von ihr produzierten Schweine gänzlich nicht den formellen und
zum weitaus überwiegenden Teil nicht den materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO
genügten.
101
Die Angeklagte S. F. verschaffte sich im Tatzeitraum durch den dargestellten Verkauf
von Schweinen, die unzulässigerweise als Bio-Ware deklariert worden waren, eine
Einnahmequelle von einigem Umfang. Mit Ausnahme ihres geringen Verdienstes als
Fleischereifachverkäuferin verfügte sie über keinerlei anderweitige Einnahmequellen.
102
IV. Feststellungen zum Verfahrensgang
103
Die umfangreichen Ermittlungen der Polizei hinsichtlich des im Nachgang zu den
Sonderprüfungen vom 23./27.11.2006 gegen die Angeklagten eingeleiteten Verfahrens
waren mit dem Schlussbericht vom 03.01.2008 abgeschlossen. Das Verfahren wurde
daraufhin an die Staatsanwaltschaft abgegeben, wo es am 08.01.2008 einging und der
Abteilung 16 zugewiesen wurde. Ohne dass das Verfahren gefördert worden ist, legte
die Abteilung 16 mit Verfügung vom 07.01.2009 die Angelegenheit der Abteilung 6
(Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen) mit der Bitte um Übernahme vor,
welche das Verfahren mit Verfügung vom 14.01.2009 übernahm und – nachdem ab Juni
2009 weitere umfangreiche Nachermittlungen durchgeführt wurden - am 27.11.2009
Anklage erhob.
104
C. Beweiswürdigung
105
I. Persönliche Verhältnisse
106
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und den Vorstrafen hat die
Kammer auf der Grundlage der eigenen glaubhaften Angaben der Angeklagten
gegenüber der Kammer, durch Verlesen der Bundeszentralregisterauskunft sowie durch
teilweises Verlesen der Beiakten – wie es aus dem Sitzungsprotokoll hervorgeht –
getroffen.
107
II. Tatgeschehen
108
Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen auf den glaubhaften Teilgeständnissen
der Angeklagten und im Übrigen auf der von der Kammer durchgeführten
Beweisaufnahme, wie sie sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt.
109
1.
110
Die Angeklagten haben beide eingeräumt, dass die von Ihnen in den jeweiligen, o.g.
Stallanlagen erzeugten und an die einzelnen, o.g. Abnehmer verkauften Tiere mangels
ordnungsgemäßer Dokumentation nicht als Öko-Schweine hätten vermarktet werden
dürfen, was Ihnen auch bewusst war.
111
Der Angeklagte U. F. hat darüber hinaus zugestanden, dass er die Stallanlage S., B. X,
E. betrieben hat, ohne sie den Kontrollstellen zu melden, obwohl ihm bewusst war, dass
er dies hätte tun müssen.
112
Die Angeklagte S. F. hat ferner zugegeben, dass sie die Tiere teilweise mit
Medikamenten behandelt hat, die im Öko-Bereich unzulässig bzw. nur zulässig sind,
wenn anschließend eine gewisse Wartezeit verstrichen ist, die jedoch nicht eingehalten
worden ist, was ihr alles auch bewusst war.
113
Im Übrigen haben sich die Angeklagten nicht zur Sache eingelassen, sind jedoch den
im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalten – teilweise durch
ausdrückliche Erklärung - nicht "entgegen getreten".
114
2.
115
Dass die von den Angeklagten produzierten Tiere nicht nur in Gänze in formeller
Hinsicht, sondern auch zum weit überwiegenden Teil in materieller Hinsicht nicht den
Vorgaben der EG-Öko-VO entsprachen, steht fest aufgrund der Aussagen des Zeugen
G. (welcher die Ermittlungen des LANUV federführend geleitet hat), der Zeugen N. und
U. (Ermittlungsbeamte der Polizei) und des Zeugen T. (Angestellter der Fa. O.) sowie
aufgrund der im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Aufstellungen und
Tabellen über die Einkäufe und Verkäufe konventioneller und ökologischer Schweine
durch den Familienverbund der F.s (Bl. 375-390 d.A. sowie BMO 4, Fach 0).
116
Die Zeugen G., N. und U. haben den o.g. Feststellungen entsprechende Bekundungen
hinsichtlich der von den Angeklagten getätigten Einkäufe in Bezug auf Futtermittel,
Dünge- und Pflanzenschutzmittel, Saatgut, den Umfang des Zu- und Verkaufs von
konventionellen und ökologischen Schweinen – wobei sich die konkreten Zahlen aus
den vorgenannten Tabellen und Aufstellungen ergeben -, die dazugehörige
Kontobewegungen sowie das Auffinden von Medikamenten bzw.
Medikamentenverpackungen im Rahmen der Durchsuchungen der Betriebsstätten der
Angeklagten gemacht.
117
Der Zeuge T. hat außerdem berichtet, dass er im Zuge eines Besuchs des Hofs des
konventionellen Landwirts B. H. den Schlagstempel mit der Betriebsnummer des
Angeklagten U. F. in Augenschein habe nehmen können, von dem er außerdem einen
Abdruck auf einem DIN A4-Blatt gemacht habe. Dieser Abdruck – den die Kammer in
Augenschein genommen hat - zeigt auf dem Blatt Papier kleinste punktuelle Lochungen,
die in ihrer Gesamtheit die Buchstaben- und Ziffernfolge "12 IM 0082023" ergeben.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Blatt Papier auf Bl. 558 der Hauptakte verwiesen.
118
Die Kammer hatte keinen Grund an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen zu
zweifeln. Soweit sie teilweise als Zeugen vom Hörensagen Bekundungen gemacht
haben, hatte die Kammer keine Veranlassung zu einer weitergehenden Sachaufklärung,
119
da die Angeklagten dem Inhalt der Zeugenaussagen - teils ausdrücklich – nicht
entgegen getreten sind.
3.
120
Dass die produzierten Tiere nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht
den Anforderungen der EG-Öko-VO nicht entsprachen, war demgegenüber nicht
hinsichtlich sämtlicher, sondern nur hinsichtlich der weit überwiegenden Anzahl der
Tiere feststellbar.
121
Es kann jedenfalls im Hinblick auf einzelne Tiere nicht ausgeschlossen werden, dass
sie im Sinne der EG-Öko-VO produziert worden sind, d.h. dass einzelne Tiere
ordnungsgemäß aufgezogen, gefüttert und medikamentiert wurden.
122
Zunächst ist nicht feststellbar, dass die Angeklagten bei jedem getätigten Verkauf zuvor
gekaufte konventionelle Schweine als Schweine i.S.d. EG-Öko-VO weiterverkauft
haben. Denn die Angeklagten haben insbesondere eine größere Anzahl von
Schweinen als Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO verkauft, als vom Familienverbund
konventionelle Schweine eingekauft worden sind.
123
Auch ist nicht bewiesen, dass sämtliche von den Angeklagten an die vorgenannten
Anbieter verkauften Schweine aufgrund der ihnen verabreichten Futtermittel oder
Medikamente gegen die materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO verstießen.
124
Da die Angeklagten jedenfalls teilweise auch nach den EG-Öko-VO zulässiges Futter
eingekauft haben und – was der Zeuge G. glaubhaft bestätigt hat - nicht im Einzelnen
feststellbar ist, an welche konkreten Schweine welches Futter verabreicht worden ist,
kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Schweine ordnungsgemäß i.S.d.
EG-Öko-VO ernährt worden sind.
125
Entsprechendes gilt in Bezug auf das eigenproduzierte Futter, bei dem – was der
insoweit sachverständige Zeuge G. glaubhaft bekundet hat - nur zu einem
vergleichsweise geringen Anteil unzulässiges Saatgut und unzulässige Dünge- und
Pflanzenschutzmittel eingesetzt worden sind. Insoweit kann nicht festgestellt worden,
wo diese Erzeugnisse ausgebracht worden sind und welches konkrete Schwein dieses
- infolgedessen in unzulässiger Weise produzierte - Futter verabreicht bekommen hat.
126
In Bezug auf die verabreichten Medikamente ist nicht ermittelbar und im Übrigen auch
unwahrscheinlich, dass alle Tiere in unzulässiger Weise medikamentiert worden sind.
127
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass konventionelles
Futtermittel nicht nur an die den Angeklagten jeweils zuzuordnenden Höfe, sondern
darüber hinaus an zwei weitere Höfe – Stallanlage B. in K. und Stallanlage B. in S. –
geliefert worden ist.
128
Zum einen ist nicht feststellbar, wem diese Futtermittellieferungen zuzurechnen sind,
d.h. an wessen Schweine dieses Futtermittel verabreicht worden ist.
129
Zum anderen ändern diese weiteren Futtermittellieferungen im Ergebnis nichts an den
o.g. Feststellungen. Dass die Angeklagten in erheblichem Ausmaß konventionelles
Futter bezogen und auch verfüttert haben, so dass der weitaus überwiegende Teil der
130
Schweine in materieller Hinsicht nicht entsprechend der EG-Öko-VO erzeugt worden ist,
steht bereits durch die o.g. Futtermittellieferungen an die den Angeklagten
zuzuordnenden Höfe fest. Auch wenn die weiteren Futtermittellieferungen an die beiden
o.g. Stallanlagen (B. und B.) mit in die Betrachtungen einbezogen würden und
infolgedessen feststünde, dass in einem noch größeren Ausmaß konventionelles Futter
zugekauft worden wäre, kann immer noch nicht festgestellt werden, dass sämtliche von
den Angeklagten verkauften Schweine aufgrund des ihnen verabreichten Futters nicht
den materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO entsprachen. Insoweit wird auf die
obigen Ausführungen verwiesen, insbesondere auf die Tatsache, dass die Angeklagten
in nicht zu vernachlässigendem Umfang Futter gekauft haben, welches nach der EG-
Öko-VO zulässig war.
4.
131
Dass die Angeklagten die Führung der Dokumentation spätestens ab dem 04.01.2005
(U. F.) bzw. ab dem 18.11.2005 (S. F.) bewusst unterlassen haben, um zu verschleiern,
dass ihre Schweine nicht nur vollumfänglich den formellen, sondern vor allem auch zu
einem weit überwiegenden Teil den materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO
widersprachen und es sich dabei nicht nur um ein buchhalterisches Versehen der
Angeklagten handelte, ergibt sich im Wege der Gesamtschau aus den unter Ziffer 2.
geschilderten Umständen sowie aufgrund der Tatsache, dass – wie die Zeugen G., N.,
U. und G. glaubhaft bekundet haben – die Angeklagten den Kontrollstellen im Rahmen
der Prüfungen Informationen vorenthalten bzw. Falschangaben gemacht und sich bei
den Prüfungen wenig kooperativ verhalten haben. Hinsichtlich des Angeklagten U. F. ist
insoweit zusätzlich noch der Umstand zu nennen, dass er ausweislich des Mietvertrags
vom 28.05.2003 die Stallanlage S., B. X, E., zu dem ausschließlichen Zweck des
Betriebs eines Zuchtstalls für den Zeitraum vom 01.06.2003 bis zum 31.12.2012
angemietet hatte - was aufgrund der teilweisen Verlesung des vorgenannten
Mietvertrags feststeht – und er dies den Kontrollstellen i.S.d. EG-Öko-VO nicht mitteilte,
obwohl er dies – was aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen G. bewiesen ist –
dem Veterinäramt und der Landwirtschaftskammer angezeigt hat.
132
5.
133
Dass die Angeklagten die einzelnen ihnen vorgeworfenen Verkäufe der Schweine an
die jeweiligen Abnehmer getätigt haben, die Abnehmer jeweils den vereinbarten
Kaufpreis nur deshalb gezahlt haben (mit Ausnahme des Falls 20 der Angeklagten S.
F.), da sie davon ausgingen, dass es sich um Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO handele,
und die Abnehmer das Schweinefleisch ihrerseits an ihre Abnehmer als Erzeugnisse
i.S.d. EG-Öko-VO weitervermarktet haben, steht fest aufgrund der Aussage des Zeugen
T. sowie den Aussagen der Zeugen N. und U., die als Zeugen vom Hörensagen
Bekundungen über die von ihnen durchgeführten Vernehmungen der anderen
Abnehmer gemacht haben.
134
Dass die Fa. O. die letzte Lieferung der Angeklagten S. F. (Fall 20) nicht mehr bezahlt
und die insoweit gelieferten Tiere als konventionelle Erzeugnisse weiterveräußert hat,
steht fest aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen Sonntag.
135
Die jeweils (lediglich) erzielbaren Preise für konventionelle Schweine stehen fest
aufgrund der glaubhaften Bekundungen der Zeugin Kallweit (Buchhalterin bei der
Staatsanwaltschaft), die die von der ZMP (Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für
136
land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse) herausgegebenen Marktübersichten
ausgewertet hat.
Auch in diesem Zusammenhang hatte die Kammer weder einen Grund, an der
Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen zu zweifeln, noch bestand Veranlassung zu
einer weitergehenden Sachaufklärung, da die Angeklagten auch hier dem Inhalt der
Zeugenaussagen - teils ausdrücklich – nicht entgegen getreten sind.
137
6.
138
Aufgrund der übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der – insoweit
sachverständigen – Zeugen G. und T. steht fest, dass der Genuss des von den
Angeklagten produzierten Fleisches für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich
war, da die Verstöße gegen die EG-Öko-VO (lediglich) dazu führten, dass die
Erzeugnisse konventionellen Status hatten und nicht als Öko-Ware hätten vermarktet
werden dürfen, damit jedoch keine Qualitätsminderung des Fleisches im Sinne eines
lebensmittelrechtlich unzulässigen, da gesundheitsschädlichen Zustandes verbunden
gewesen ist.
139
7.
140
Aus diesen vorgenannten objektiven Umständen ergibt sich ohne weiteres, dass es den
Angeklagten darauf an kam, die Differenz zwischen ökologischer und konventioneller
Ware zu verdienen, wobei ihnen ferner bewusst war, dass ihnen aufgrund des
konventionellen Status der Schweine insoweit kein Anspruch zustand.
141
8.
142
Die Umstände der Kontrollen der privaten Prüfstellen vom 21.09.2005, 17.11.2005,
22.06.2006 und 23.10.2006 – insbesondere dass die fehlende Dokumentation entweder
nicht bemängelt worden oder das Zertifikat trotz Bemerkens der unzureichenden
Dokumentation gleichwohl erteilt worden ist – ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen
G. und G., die den Inhalt der schriftlichen Prüfberichte aus dem Sonderheft Öko-
Kontrollstellen 1 auf entsprechenden Vorhalt glaubhaft bestätigt haben, ohne dass die
Kammer insoweit Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung hatte.
143
9.
144
Nicht feststellbar war, dass die Angeklagten sowie E. F., C. F. und/oder C. H. eine
Abrede des Inhalts getroffen haben, dass sie für eine gewisse Dauer eine Verbindung
eingehen, um mehrere selbstständige im Einzelnen noch ungewisse Taten zu begehen.
Auch wenn sich eine entsprechende (stillschweigende) Bandenabrede bereits aus
einem wiederholten deliktischen Verhalten ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom
06.03.2008, 3 StR 514/07, Rn. 11), hält die Kammer diesen Beweis vorliegend für nicht
geführt, da für ein entsprechendes – möglicherweise naheliegendes - Zusammenwirken
von mindestens drei der vorgenannten Personen keine hinreichend sicheren
Feststellungen haben getroffen werden können. Die Angeklagten haben sich insoweit
nicht eingelassen. Die Zeugin E. F. hat von ihrem Zeugnis- bzw.
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
145
Eine weitere Aufklärung war nach Ansicht der Kammer auch nicht möglich.
146
Insbesondere haben die Angeklagten und ihre Verteidiger hinsichtlich C. F. und C. H.
glaubhaft angegeben, dass auch diese sich auf ihr Zeugnis- bzw.
Aussageverweigerungsrecht berufen und vor der Kammer keine Aussage machen
werden, so dass die Kammer auf eine Ladung dieser Zeugen mangels
Erfolgsaussichten für eine weitere Sachaufklärung verzichtet hat.
Nur am Rande sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass ungeachtet dessen selbst
im Falle der Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise insbesondere im
Hinblick auf die enge familiäre Verbundenheit der Beteiligten ohnehin voraussichtlich
die Annahme eines minder schwerer Fall angezeigt gewesen wäre.
147
III. Maßregel (Berufsverbot)
148
Gleichfalls nicht feststellbar war, dass die Angeklagten in Zukunft bei weiterer
Unterhaltung eines landwirtschaftlichen Öko-Betriebs weitere erhebliche rechtswidrige
Taten begehen werden. Zum einen ist seit der Tatbegehung bzw. ihrer Aufdeckung im
November 2006 inzwischen eine geraume Zeitspanne verstrichen, in denen die
Angeklagten nicht auffällig geworden sind. Zum anderen ist aufgrund der nachhaltigen
Schädigung ihres Rufs nicht zu erwarten, dass die Angeklagten – selbst wenn sie eine
entsprechende Zertifizierung erlangen sollten - in dem Segment des ökologischen
Landbaus in absehbarer Zeit einen Kundenstamm werden aufbauen können.
149
D. Rechtliche Würdigung
150
Der Angeklagte U. F. hat sich wegen Betrugs gem. § 263 I StGB in 119 Fällen strafbar
gemacht.
151
Die Angeklagte S. F. hat sich wegen Betrugs gem. § 263 I StGB in 20 Fällen strafbar
gemacht, wobei es sich im Fall 20 lediglich um versuchten Betrug handelt, da der
vereinbarte Kaufpreis seitens der Fa. O. nicht mehr ausgezahlt worden ist.
152
Beide haben ihre Kunden über die Öko-Eigenschaft der veräußerten Schweine
getäuscht.
153
Allein aufgrund eines entsprechenden Irrtums haben die Kunden den für Öko-Ware zu
zahlenden höheren Kaufpreis gegenüber konventioneller Ware gezahlt.
154
Ihnen ist ein Schaden in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis für Öko-Ware und
dem Preis für konventionelle Waren entstanden.
155
Der Umstand, dass die geschädigten Abnehmer die Schweine ihrerseits als Schweine
i.S.d. EG-Öko-VO weitervermarktet haben, lässt den Schaden i.S.d. § 263 I StGB nicht
entfallen. Bei der insoweit vorzunehmenden Ermittlung des negativen Saldos der
Vermögenslage der Abnehmer ist auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung
abzustellen, d.h. eine Vermögensmehrung beim Geschädigten ist nur dann
einzubeziehen, wenn diese unmittelbar aufgrund der Vermögensverfügung eintritt;
spätere Kompensationen stehen der Entstehung des Schadens nicht entgegen, diese
können ihn nur wieder gutmachen (Fischer, StGB, 57. Aufl., § 263, Rn. 111). Dass die
Abnehmer im Ergebnis das Fleisch – zu Lasten ihrer eigenen Abnehmer und damit im
Ergebnis zu Lasten des Endverbrauchers – zu den Preisen eines Erzeugnisses
entsprechend den Anforderungen der EG-Öko-VO weiterverkauft haben, stellt folglich
156
lediglich eine – zufällige – Schadenswiedergutmachung dar, die die Entstehung des
tatbestandlichen Schadens jedoch unberührt lässt.
Die einzelnen Taten der Angeklagten stehen in Realkonkurrenz zueinander, § 53 StGB.
157
E. Strafzumessung
158
I. U. F.
159
Im Rahmen der hinsichtlich des Angeklagten U. F. vorzunehmenden Strafzumessung
ließ sich die Kammer unter Beachtung der in § 46 StGB genannten Gesichtspunkte von
folgenden Erwägungen leiten.
160
1.
161
Da der Angeklagte sich mangels anderweitiger Einnahmequellen durch den oben
dargestellten, wiederholten Verkauf von Schweinen, die unzulässigerweise als Öko-
Ware deklariert worden waren, eine Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft,
mithin gewerbsmäßig gehandelt hat, hat die Kammer bei der Bildung der jeweiligen
Einzelstrafen für jede Einzeltat den Strafrahmen des § 263 III 1, 2 Nr. 1 StGB
zugrundegelegt, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Besondere
Gründe, die Indizwirkung des vorliegenden Regelbeispiels als widerlegt anzusehen, hat
die Kammer im Ergebnis nicht gesehen.
162
a)
163
Zu Gunsten des Angeklagten U. F. war seine teilgeständige Einlassung sowie der
Umstand zu werten, dass er den von der Kammer erhobenen Beweisen in keiner Weise
– teils ausdrücklich – nicht entgegen getreten ist, wodurch das Verfahren in ganz
erheblichem Maße abgekürzt worden ist.
164
Ferner war er zum Zeitpunkt der Begehung der Taten nicht vorbestraft.
165
Er hat die Taten aus einer wirtschaftlichen beengten Lage begangen und sich durch die
betrügerisch erzielten Erlöse nicht unmittelbar persönlich im Sinne einer Verbesserung
seines Lebensstandards bereichert, sondern diese Erlöse direkt in seinen Betrieb
reinvestiert.
166
Anders als bei anderen lebensmittelrechtlichen Vergehen bestand vorliegend für den
Verbraucher des Fleischs keine Gesundheitsgefahr, da das Fleisch trotz der Verstöße
gegen die Anforderungen der EG-Öko-VO den Status konventioneller Ware hatte.
167
Die Tatbegehung ist zudem begünstigt worden durch die unzureichenden Kontrollen der
privaten Kontrollstellen. Unverständlicherweise haben diese teils die unterlassene
Dokumentation gar nicht bemerkt, obwohl dies offensichtlich war; teils wurde – was als
noch schwerwiegender einzustufen ist – sogar festgestellt, dass Dokumentationsmängel
bestehen und das Zertifikat gleichwohl erteilt.
168
Der Angeklagte ist infolge der Taten wirtschaftlich ruiniert; auch sein Ruf hat unter
Verwandten, Freunden und sogar Familienangehörigen massiv gelitten.
169
Zu seinen Gunsten ist ferner die äußerst lange – den Angeklagten belastende -
Verfahrensdauer zu berücksichtigen; die einzelnen Taten liegen zwischen 3 ½ und 5 ½
Jahren zurück.
170
Schließlich ist der bei den Abnehmern entstandene (juristische) Schaden wirtschaftlich
betrachtet – wenn auch zufällig – kompensiert worden, indem die Abnehmer die Ware
ihrerseits als Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO weitervermarktet haben und damit den
entsprechend höheren Marktpreis nicht nur an den Angeklagten bezahlt, sondern auch
von ihren Abnehmern erzielt haben.
171
b)
172
Demgegenüber war zu Lasten des Angeklagten U. F. zu berücksichtigen, dass es sich
hinsichtlich jeder Einzeltat um ein äußerst zielstrebiges Vorgehen mit erheblicher
krimineller Energie gehandelt hat. Er hat die Begehung der Taten in Teilbereichen
äußerst umsichtig geplant, z.B. indem er die den Kontrollstellen verschwiegene
Stallanlage S., B. X, E., bereits im Jahre 2003 langfristig angemietet hat. Ferner hat er
die Kontrollstellen bei ihrer Arbeit massiv behindert und ihnen gegenüber falsche
Angaben gemacht, wodurch es ihm gelungen ist, dass die Verstöße gegen die
materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO bei den Kontrollen vom 21.09.2005,
17.11.2005, 22.06.2006 und 23.10.2006 unentdeckt blieben.
173
Dadurch hat er für einen erheblichen und existenzgefährdenden Vertrauensverlust einer
gesamten Branche gesorgt, der nach Bekanntwerden der Vorwürfe nur durch das
schnelle Eingreifen des LANUV und der Geschädigten – insbesondere des Zeugen T.
von der Fa. O. – minimiert werden konnte.
174
Nicht zu verkennen ist auch, dass der Angeklagte U. F. in dem Familienverbund
eindeutig die führende Rolle übernommen hatte.
175
Schließlich fällt ins Gewicht, dass er bei den einzelnen Taten nahezu durchgängig eine
Schadenssumme nicht unerheblichen Ausmaßes verursacht hat. Mit Ausnahme der
Fälle 2, 14, 22-24, 27, 29, 35, 53 und 79 lagen die Schadensummen jeweils im
vierstelligen Bereich, in den Fällen 5, 58 und 93 sogar jeweils über € 7.000,00.
176
c)
177
Unter Abwägung dieser Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer unter
besonderer Berücksichtigung der jeweils unterschiedlich hohen Schadenssummen
folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
178
aa)
179
Bei den Fällen 2, 14, 22, 23, 24, 27, 29, 35, 53 und 79, bei denen die Schadenssumme
mit jeweils unter € 1.000,00 relativ niedrig gewesen ist, hat die Kammer Einzelstrafen
von jeweils
180
6 (sechs) Monaten
181
für angemessen erachtet.
182
bb)
183
Für die Fälle 1, 3, 4, 6-13, 15-21, 25, 26, 28, 30-34, 36-52, 54-57, 59-78, 80-92 und 94-
119, bei denen sich die jeweilige Schadenssumme zwischen € 1.000,00 und € 7.000,00
bewegte, hat die Kammer Einzelstrafen von jeweils
184
9 (neun) Monaten
185
verhängt.
186
cc)
187
In den Fällen 5, 58 und 93 mit Schadenssummen von über € 7.000,00 hat die Kammer
die Verhängung von Einzelstrafen von jeweils
188
1 (einem) Jahr
189
für angezeigt gehalten.
190
2.
191
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß den §§ 53, 54 StGB unter
angemessener Erhöhung der Einsatzstrafe von 1 Jahr eine Gesamtfreiheitsstrafe
gebildet, wobei sie von einem Gesamtstrafrahmen von 1 Jahr und 1 Monat bis zu
15 Jahren (§ 38 II StGB) Freiheitsstrafe ausgegangen ist.
192
a)
193
Obwohl hinsichtlich der gegen den Angeklagten U. F. verhängten Strafe aus dem
Strafbefehl des Amtsgerichts Rahden vom 27.11.2009 (30 Tagessätze zu je € 15,00
wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte) die Voraussetzungen des § 55
StGB vorlagen, insbesondere die Strafe mangels vollständiger Zahlung der Geldstrafe
noch nicht vollständig vollstreckt ist, hat die Kammer von einer Einbeziehung dieser
Strafe abgesehen, §§ 55 I, 53 II 1 1. HS StGB. Die Tat, die durch den Strafbefehl
geahndet wurde, weist einen von den hier abzuurteilenden Taten abweichenden
Unrechtsgehalt und ein vollkommen anderes Gepräge auf, so dass es der Kammer
angezeigt erscheint, die dort verhängte Geldstrafe als zusätzliche Buße neben der hier
zu verhängenden Gesamtfreiheitsstrafe – dazu gleich – bestehen zu lassen.
194
Bei der weiteren Verurteilung wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen
zu je € 30,00 durch Strafbefehl des Amtsgerichts Rahden vom 12.06.2008 stellt sich die
Frage einer Einbeziehung nach § 55 StGB nicht, da der Angeklagte U. F. die Geldstrafe
bereits bezahlt hat, die Strafe mithin vollständig vollstreckt ist.
195
b)
196
Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer zunächst die bei der Bildung der
Einzelstrafen genannten Gesichtspunkte in die Bewertung einfließen lassen.
197
Dabei sind im Rahmen der für ihn sprechenden Umstände nochmals besonders seine
teilgeständige Einlassung, die lange Verfahrensdauer sowie die Tatsache, dass für den
198
Endverbraucher keine Gesundheitsgefahr bestand, hervorzuheben.
Daneben war zusätzlich zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Taten in einem
engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Ferner hat aufgrund der
unterbliebenen bzw. aus Rechtsgründen nicht mehr möglichen Einbeziehung der
Strafen aus den beiden vorgenannten Strafbefehlen ein Härteausgleich stattzufinden.
199
Bei den gegen ihn sprechenden Umständen ist von den bei der Bemessung der
Einzelstrafen dargelegten Strafzumessungserwägungen hervorzuheben, dass es sich
um ein äußerst zielstrebiges Vorgehen mit erheblicher krimineller Energie gehandelt
hat.
200
Darüber hinaus ist der Angeklagte U. F. seiner kriminellen Tätigkeit über einen nicht
unerheblichen Zeitraum von mindestens rund 2 Jahren nachgegangen und hat dadurch
einen erheblichen Gesamtschaden i.H.v. € 290.652,36 verursacht.
201
Auch wenn dies nicht bei jeder einzelnen Tat festgestellt werden konnte, wirkt sich im
Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu Lasten des Angeklagten U. F. aus, dass bei der
weitaus überwiegenden Anzahl der verkauften Schweine nicht nur Verstöße gegen
formelle Anforderungen der EG-Öko-VO vorlagen – was bereits ausgereicht hat, um die
Strafbarkeit zu begründen -, sondern dass darüber hinaus auch die materiellen
Anforderungen der EG-Öko-VO nicht eingehalten waren.
202
Zudem dienten die Verstöße gegen die formellen Anforderungen der EG-Öko-VO
ausschließlich dem Zweck, die massiven und nahezu durchgängigen Verstöße gegen
die materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO zu verschleiern, wobei in besonderem
Maße hervorzuheben ist, dass er dem Landwirt H. einen Schlagstempel mit seiner
Betriebsnummer überlassen hat und seine Tochter C. F. als Strohfrau bei dem Erwerb
konventioneller Ware (Schweine, Futtermittel, Saatgut sowie Dünge- und
Pflanzenschutzmittel) vorgeschoben hat.
203
c)
204
Nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden
Umstände hielt die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
205
1 (einem) Jahr und
206
10 (zehn) Monaten
207
für tat- und schuldangemessen.
208
Dabei ist rein vorsorglich auf Folgendes hinzuweisen:
209
Zum einen hat die Kammer zwar im Rahmen von Gesprächen zur Erzielung einer
Verständigung für den Fall eines Geständnisses des Angeklagten U. F. eine
Strafobergrenze von 1 Jahr und 10 Monaten für möglich gehalten. Die Kammer hat sich
insoweit aber in keiner Weise gebunden gefühlt, da eine Verständigung nicht zustande
gekommen ist.
210
Zum anderen hat es sich dabei um eine Strafobergrenze gehandelt, so dass die
211
Kammer trotz der Tatsache, dass sich der Angeklagte U. F. lediglich teilgeständig
eingelassen hat, die o.g. Strafe für tat- und schuldangemessen hält.
3.
212
Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe konnte gemäß § 56 StGB zur Bewährung
ausgesetzt werden.
213
Insbesondere vor dem Hintergrund der als Folge der Taten verursachten erheblichen
finanziellen und sozialen Folgen für den Angeklagten U. F. ist zu erwarten, dass er sich
schon die erstmalige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zur Warnung dienen lassen
und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen
wird, § 56 I StGB.
214
Zudem liegen bei einer Gesamtwürdigung seiner Taten und seiner Persönlichkeit
besondere Umstände i.S.d. § 56 II StGB vor, die es rechtfertigen, die Vollstreckung der
ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Diesbezüglich ist
vor allem seine teilgeständige Einlassung, zu nennen. Ferner fällt ins Gewicht, dass die
Taten durch die unzureichenden Kontrollen der privaten Kontrollstellen begünstigt
worden sind. Schließlich bestand – anders als regelmäßig bei anderen
lebensmittelrechtlichen Vergehen – zu keinem Zeitpunkt eine Gesundheitsgefährdung
für den Endverbraucher.
215
Die Vollstreckung der Strafe ist auch nicht zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten,
§ 56 III StGB. Dabei hat die Kammer nicht verkannt, dass es aus generalpräventiven
Erwägungen bei einer Häufung vergleichbarer Vorfälle angezeigt sein kann, bei
lebensmittelrechtlichen Vergehen zur Abschreckung und zum Schutz der Gesundheit
der Bevölkerung die Vollstreckung von Freiheitsstrafen anzuordnen. Ungeachtet dessen
war dies – auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass generalpräventive
Erwägungen für sich allein genommen in der Regel nicht ausreichen, eine Aussetzung
der Vollstreckung der Strafe zu versagen (Fischer, StGB, 57. Aufl., § 56, Rn. 14) - im
vorliegenden Fall nicht erforderlich. Eine Häufung von Skandalen im Bereich des
ökologischen Landbaus war in der Vergangenheit nicht zu beobachten. Zudem bestand
keine Gefahr, dass es beim Endverbraucher durch den Verzehr des Fleisches zu einer
Gesundheitsbeschädigung kommt.
216
II. S. F.
217
Im Rahmen der hinsichtlich der Angeklagten S. F. vorzunehmenden Strafzumessung
ließ sich die Kammer unter Beachtung der in § 46 StGB genannten Gesichtspunkte von
folgenden Erwägungen leiten.
218
1.
219
Da die Angeklagte sich mangels anderweitiger nennenswerter Einnahmequellen durch
den oben dargestellten, wiederholten Verkauf von Schweinen, die unzulässigerweise
als Öko-Ware deklariert worden waren, eine Einnahmequelle von einigem Umfang
verschafft, mithin gewerbsmäßig gehandelt hat, hat die Kammer bei der Bildung der
jeweiligen Einzelstrafen für jede Einzeltat den Strafrahmen des § 263 III 1, 2 Nr. 1 StGB
zugrundegelegt, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Besondere
Gründe, die Indizwirkung des vorliegenden Regelbeispiels als widerlegt anzusehen, hat
220
die Kammer auch hier im Ergebnis nicht angenommen.
Im Fall 20, bei dem es beim Versuch blieb, hat die Kammer von der
Milderungsmöglichkeit gem. §§ 22, 23, 49 I StGB Gebrauch gemacht und einen
Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe zugrundegelegt.
221
a)
222
Zu Gunsten der Angeklagten S. F. war ihre teilgeständige Einlassung sowie der
Umstand zu werten, dass sie den von der Kammer erhobenen Beweisen in keiner
Weise – teils ausdrücklich – nicht entgegen getreten ist, wodurch das Verfahren in ganz
erheblichem Maße abgekürzt worden ist.
223
Ferner war sie zum Zeitpunkt der Begehung der Taten nicht vorbestraft.
224
Anders als bei anderen lebensmittelrechtlichen Vergehen bestand vorliegend für den
Verbraucher des Fleischs keine Gesundheitsgefahr, da das Fleisch trotz der Verstöße
gegen die Anforderungen der EG-Öko-VO den Status konventioneller Ware hatte.
225
Die Tatbegehung ist zudem begünstigt worden durch die unzureichenden Kontrollen der
privaten Kontrollstellen. Unverständlicherweise haben diese teils die unterlassene
Dokumentation gar nicht bemerkt, obwohl dies offensichtlich war; teils wurde – was als
noch schwerwiegender einzustufen ist – sogar festgestellt, dass Dokumentationsmängel
bestehen und das Zertifikat gleichwohl erteilt.
226
Die Angeklagte ist infolge der Tat wirtschaftlich ruiniert; ihre Schulden belaufen sich auf
rund € 90.000,00 und sie befindet sich in der Privatinsolvenz.
227
Zu ihren Gunsten ist ferner die äußerst lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen; die
einzelnen Taten liegen zwischen 3 ½ und 4 ½ Jahren zurück.
228
Außerdem ist der bei den Abnehmern entstandene (juristische) Schaden wirtschaftlich
betrachtet – wenn auch zufällig – kompensiert worden, indem die Abnehmer ihrerseits
als Erzeugnisse i.S.d. EG-Öko-VO weitervermarktet haben und damit den entsprechend
höheren Marktpreis nicht nur an die Angeklagte bezahlt, sondern auch von ihren
Abnehmern erzielt haben.
229
b)
230
Demgegenüber war zu Lasten der Angeklagten S. F. zu berücksichtigen, dass es sich
auch bei ihr um ein äußerst zielstrebiges Vorgehen mit erheblicher krimineller Energie
gehandelt hat. Sie hat sich ferner bei den Kontrollen wenig kooperativ gezeigt und
gegenüber den Kontrollstellen und Sachverhalte verheimlicht, wodurch es ihr gelungen
ist, dass die Verstöße gegen die materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO bei den
Sonderprüfungen vom 23./27.11.2006 vorausgegangenen Kontrollen unentdeckt
blieben.
231
Dadurch hat sie für einen erheblichen und existenzgefährdenden Vertrauensverlust
einer gesamten Branche gesorgt, der nach Bekanntwerden der Vorwürfe nur durch das
schnelle Eingreifen des LANUV und der Geschädigten – insbesondere des Zeugen T.
von der Fa. O. – minimiert werden konnte.
232
Schließlich fällt ins Gewicht, dass sie bei den einzelnen Taten nahezu durchgängig eine
Schadenssumme nicht unerheblichen Ausmaßes verursacht hat. Mit Ausnahme des
Falls 2 lagen die Schadensummen jeweils mindestens im vierstelligen Bereich, in den
Fällen 7, 18 und 20 sogar jeweils über € 7.000,00.
233
c)
234
Unter Abwägung dieser Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer unter
besonderer Berücksichtigung der jeweils unterschiedlich hohen Schadenssummen
folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
235
aa)
236
Bei dem Fall 2, bei dem die Schadenssumme mit unter € 1.000,00 relativ gering
gewesen ist, hat die Kammer eine Einzelstrafe von
237
6 (sechs) Monaten
238
für angemessen erachtet.
239
bb)
240
Für die Fälle 1, 3-6, 8-17 und 19, bei denen sich die Schadenssumme zwischen
€ 1.000,00 und € 7.000,00 bewegte, hat die Kammer Einzelstrafen von jeweils
241
7 (sieben) Monaten
242
verhängt.
243
cc)
244
Bei dem Fall 7 und 18 mit einer Schadenssumme von jeweils über € 7.000,00 hat die
Kammer die Verhängung von Einzelstrafen von jeweils
245
8 (acht) Monaten
246
für angezeigt gehalten.
247
dd)
248
Im Fall 20 erschien aufgrund der relativ hohen Schadenssumme trotz des verringerten
Strafrahmens die Verhängung einer Einzelstrafe von
249
6 (sechs) Monaten
250
geboten.
251
2.
252
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß den §§ 53, 54 StGB unter
253
angemessener Erhöhung der Einsatzstrafe von 8 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe
gebildet, wobei sie von einem Gesamtstrafrahmen von 8 Monaten und 1 Woche bis zu
11 Jahren und 7 Monaten Freiheitsstrafe ausgegangen ist.
a)
254
Eine Einbeziehung der Strafe des Strafbefehls des Amtsgerichts Gütersloh vom
11.03.2008 (30 Tagessätze zu je € 20,00) gem. § 55 StGB schied aus, da die
Angeklagte S. F. die Geldstrafe bezahlt hat, die Strafe mithin vollständig vollstreckt ist.
255
b)
256
Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer zunächst die bei der Bildung der
Einzelstrafen genannten Gesichtspunkte in die Bewertung einfließen lassen.
257
Dabei ist im Rahmen der für sie sprechenden Umstände nochmals besonders ihre
teilgeständige Einlassung, die lange Verfahrensdauer sowie die Tatsache, dass für den
Endverbraucher keinerlei Gesundheitsgefahr bestand, hervorzuheben.
258
Daneben war zusätzlich zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Taten in einem
engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und sie nicht die
Hauptakteurin des Geschehens war. Ferner hat aufgrund der aus Rechtsgründen nicht
mehr möglichen Einbeziehung der Strafe aus dem vorgenannten Strafbefehl ein
Härteausgleich stattzufinden. Schließlich hat eine teilweise weitere
Schadenskompensation dadurch stattgefunden, dass die Fa. O. den Erlös aus dem
(konventionellen) Verkauf des Fleisches des Falls 20 vereinnahmt hat.
259
Bei den gegen die Angeklagte S. F. sprechenden Umständen ist von den bei der
Bemessung der Einzelstrafen dargelegten Strafzumessungserwägungen
hervorzuheben, dass es sich um ein äußerst zielstrebiges Vorgehen mit erheblicher
krimineller Energie gehandelt hat.
260
Darüber hinaus ist sie ihrer kriminellen Tätigkeit über einen nicht unerheblichen
Zeitraum von rund einem Jahr nachgegangen und hat dadurch einen erheblichen
Gesamtschaden i.H.v. € 49.406,48 verursacht.
261
Auch wenn dies nicht bei jeder einzelnen Tat festgestellt werden konnte, wirkt sich im
Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu Lasten der Angeklagten S. F. aus, dass bei der
weitaus überwiegenden Anzahl der verkauften Schweine nicht nur Verstöße gegen
formelle Anforderungen der EG-Öko-VO vorlagen – was bereits ausgereicht hat, um die
Strafbarkeit zu begründen -, sondern dass darüber hinaus auch die materiellen
Anforderungen der EG-Öko-VO nicht eingehalten waren.
262
Die Verstöße gegen die formellen Anforderungen der EG-Öko-VO dienten zudem
ausschließlich dem Zweck, die massiven und nahezu durchgängigen Verstöße gegen
die materiellen Anforderungen der EG-Öko-VO zu verschleiern.
263
c)
264
Nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen die Angeklagte S. F. sprechenden
Umstände hielt die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
265
10 (zehn) Monaten
266
für tat- und schuldangemessen.
267
3.
268
Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe konnte gemäß § 56 StGB zur Bewährung
ausgesetzt werden.
269
Insbesondere vor dem Hintergrund der erheblichen finanziellen und sozialen Folgen der
Tat für die Angeklagte S. F. sowie des Umstandes, dass sie in Kürze ein Kind erwartet,
ist zu erwarten, dass sie sich schon die erstmalige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe
zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs
keine Straftaten mehr begehen wird, § 56 I StGB.
270
Die Vollstreckung der Strafe ist auch bei der Angeklagten S. F. nicht zur Verteidigung
der Rechtsordnung geboten, § 56 III StGB. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen
verwiesen.
271
III. Verstoß gegen Art. 6 I 1 MRK
272
Die Kammer hat davon abgesehen auszusprechen, dass ein Teil der gegen die
Angeklagten verhängten Strafen infolge eines Verstoßes gegen Art. 6 I 1 MRK in Gestalt
einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt.
273
1.
274
Ein Verstoß gegen Art. 6 I 1 MRK in Gestalt einer rechtsstaatswidrigen
Verfahrensverzögerung liegt vor. Das Verfahren ist jedenfalls im Zeitraum vom
08.01.2008 (Eingang der Verfahrensakten bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld) bis zum
07.01.2009 (Verfügung zur Vorlage des Verfahrens an eine andere Abteilung der
Staatsanwaltschaft zwecks Übernahme) in keiner Weise gefördert worden, ohne dass
dafür ein Grund ersichtlich ist.
275
2.
276
Zur Kompensation dieses Verstoßes erachtet es die Kammer als ausreichend, dass
dieser Verstoß ausdrücklich festgestellt wird. Die Anordnung, dass angesichts der
Schwere des Verstoßes ein zu beziffernder Teil der Strafe als vollstreckt gilt, war nicht
erforderlich. Dies gilt in besonderem Maße vor dem Hintergrund, dass die Vollstreckung
der Freiheitsstrafen vorliegend zur Bewährung ausgesetzt wurde, so dass die
Möglichkeit besteht, eine Kompensation auch im Rahmen der Anordnung von Auflagen
gem. § 56 II Nr. 2-4 StGB vorzunehmen. Davon hat die Kammer auch Gebrauch
gemacht hat, indem sie bei dem Angeklagten U. F. von der Anordnung einer
Geldauflage abgesehen und nur eine moderate Arbeitsauflage angeordnet und bei der
Angeklagten S. F. keinerlei Auflagen angeordnet hat.
277
F. Maßregel, § 70 StGB
278
Von der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung in Gestalt eines
279
Berufsverbots nach § 70 StGB hat die Kammer abgesehen. Es war im Rahmen einer
Gesamtwürdigung der Person der Angeklagten und der Tat nicht feststellbar, dass bei
weiterer Ausübung des Berufszweigs "Öko-Landwirt" die Gefahr der Begehung weiterer
erheblicher rechtswidriger Taten besteht.
G. Kosten
280
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 I StPO.
281