Urteil des LG Bielefeld vom 11.12.2006

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Landgericht Bielefeld, 9 O 257/06
Datum:
11.12.2006
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
9. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 O 257/06
Tenor:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.500,00 € zu zahlen, nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem
24.08.2006, abzüg-lich am 13.09.2006 gezahlter 15.000,00 €, zuzüglich
vorprozessualer Kosten von 510,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über Basiszinssatz seit 15.09.2006.
2.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu
vollstreckenden Be-trages vorläufig vollstreckbar; der Kläger kann diese
Sicherheit auch durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und
unbefristete Bürgschaft eines im In-land zum Geschäftsbetrieb befugten
Kreditinstituts erbringen.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger nimmt den Beklagten aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein
Reitpferd (Springpferd) in Anspruch.
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Unter dem 01.06.2006 schlossen die Parteien einen schriftlichen Kaufvertrag, wonach
der Beklagte dem Kläger das im Einzelnen nähere bezeichnete Reitpferd für 15.000,00
€ verkaufte, wobei 10.000,00 € in bar gezahlt und bezüglich des Restkaufpreises von
Seiten des Klägers ein wiederum im Einzelnen bezeichnetes Reitpferd beim Beklagten
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Seiten des Klägers ein wiederum im Einzelnen bezeichnetes Reitpferd beim Beklagten
in Zahlung gegeben wurde.
Dabei versicherte der Beklagte dem Kläger, das vom Kläger gekaufte Pferd habe einen
"1-2er TÜV".
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Schon wenige Tage nach der Übergabe des Pferdes am 01.07.2006 stellte der Kläger
fest, dass das Pferd "krumm lief". Als sich dieses Verhalten nicht legte, ließ der Kläger
das Pferd am 24.07.2006 bei einem Fachtierarzt untersuchen. Die röntgenologische
Untersuchung des Pferdes hat nach Behauptung des Klägers schwerwiegende
gesundheitliche Mängel offenbart, allein der Zustand er Rückenwirbel verbiete das
Reiten des Pferdes.
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Im Folgenden verhandelten die Parteien über eine Rückabwicklung bzw. Abänderung
des Kaufvertrages. Unter dem 02.08.2006 forderten die jetzigen
Prozessbevollmächtigten des Beklagten den Kläger auf, insoweit konstruktive
Vorschläge zu unterbreiten.
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Unter dem 21.08.2006 teilte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers den
Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, die Parteien hätten sich "längst geeinigt",
dass der Beklagte das Pferd beim Kläger abholt, und zwar Zug um Zug gegen
Barzahlung von 15.000,00 €. Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass der Beklagte
einige Tage später ein anderes Pferd zum Austausch angeboten habe. Sämtliche fest
vereinbarten Übergabetermine habe der Beklagte ohne Angaben von Gründen
scheitern lassen und sich im Übrigen bei persönlichen Besuchen des Klägers beim
Beklagten verleugnen lassen.
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Abschließend setzte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Beklagten zur
Zahlung der 15.000,00 € in bar am Wohnsitz des Klägers gegen zeitgleiche
Aushändigung von Pferd und Papieren eine auf den 23.08.2006, 11.00 Uhr vormittags
datierte Frist verbunden mit der Ankündigung, anderenfalls noch am Nachmittag des
gleichen Tages Zahlungsklage bei Gericht einzureichen.
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Unter dem 24.08.2006 erhob der Kläger Klage. Am 13.09. wurde das Pferd nebst
Papieren zurückgegeben und vom Beklagten an den Kläger 15.000,00 € in bar
ausgehändigt.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 15.800,00 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen
Zentralbank seit dem 24.08.2006 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen
Herausgabe des am 05.04.1999 geborenen Rappwallachs "G.", Lebensnummer
xxx des Verbundes hannoverscher Warmblutzüchter nebst Papieren.
2. Festzustellen, dass a)
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sich der Beklagte mit der Annahme des vorbezeichneten Pferdes in Verzug
befindet sowie b)
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der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle künftigen Aufwendungen für das
vorbezeichnete Pferd, insbesondere die Kosten für Stall, Futter, Stallmatratze,
artgerechte Bewegung, Wurmkuren, Hufschmied, Tierarzt,
Tierhalterhaftpflichtversicherung zu ersetzen.
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3. Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 510,28 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 15.09.2006 zu zahlen,
abzüglich am 13.09.2006 gezahlter 15.000,00 €.
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Darüber hinaus beantragt der Kläger, den Beklagten zur Zahlung von weiteren 8.000,00
€ zu verurteilen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit
dem 11.12.2006.
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Hierzu trägt der Kläger vor:
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Im Vertrauen auf die schriftliche Eigenschaftszusicherung bezüglich des verkauften
Pferdes habe er, der Kläger, das Pferd nach Amerika verkauft. Der Käufer habe auf
Erfüllung des Kaufvertrages bestanden, worauf er, der Kläger genötigt gewesen sei, sich
ein Ersatzpferd zu beschaffen, was nicht unter einem Mehrpreis von 8.000,00 €
bekommen werden konnte. Auf den Kaufvertrag vom 30.07.2006 werde verwiesen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei verfrüht erhoben worden, da die Parteien noch über die vom
gegnerischen Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 21.08.2006 gesetzte Frist
hinaus in Verhandlungen über Modalitäten der Rückabwicklung des Kaufvertrages
gestanden hätten. Die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Stall- und Berittkosten
für Juli und August 2006 im Volumen von 800,00 € werde bestritten.
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Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist nur zum Teil begründet.
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Nachdem die Parteien sich im Verlaufe des Verfahrens über eine Rückabwicklung des
Kaufvertrages verständigt und der Kläger das streitgegenständliche Pferd nebst
Papieren an den Beklagten zurückgegeben und dieser ihm den Kaufpreis von
15.000,00 € in bar ausgehändigt hat, geht es zum einen nur noch um die vom Kläger
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geltend gemachten Beritt- und Stallkosten, welche das Gericht gemäß
übereinstimmender Erklärung beider Parteien gemäß § 287 ZPO schätzen soll.
Das Gericht bringt insoweit pro Monat 250,00 € in Ansatz, so dass der Beklagte weitere
500,00 € gemäß §§ 437 f BGB an den Kläger zu zahlen hat.
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Was die Klageerhöhung gemäß Schriftsatz vom 07.12.2006 anbelangt, so erachtet das
Gericht den einer Mehrforderung von 8.000,00 € zugrundegelegten Vortrag als
unschlüssig:
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Der Kläger behauptet, ihm sei wegen der Mangelhaftigkeit des vom Beklagten
gekauften Pferdes ein weiterer Schaden in Höhe von 8.000,00 € dadurch entstanden,
dass er seiner aus einem Weiterverkauf des Pferdes in die Vereinigten Staaten von
Amerika resultierenden Verpflichtung, das Pferd an den Käufer zu übergeben nicht
nachkommen konnte. Er habe ein Ersatzpferd kaufen müssen, was jedoch 8.000,00 €
teurer gewesen sei.
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Weder hat der Kläger nähere Angaben über den Zeitpunkt dieses Kaufvertrages
gemacht, noch entsprechende Kaufantragsunterlagen vorgelegt. Auch über die Höhe
des Verkaufspreises ist kein Wort verloren worden. Der sehr knapp gehaltene Vortrag
des Klägers insoweit ist für den Beklagten nicht einlassungs- und für das Gericht nicht
beurteilungsfähig.
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Die weitergehende Klage war daher abzuweisen.
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Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die Klage sei angesichts der fortdauernden
Verhandlung zwischen den Parteien über die Art der Rückabwicklung des Pferdes zu
früh erhoben worden, so vermag sich das Gericht dieser Ansicht nicht anzuschließen:
Maßgeblich ist das anwaltliche Schreiben vom 21.08.2006, wo der jetzige
Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Beklagten eine abschließende Frist zur
Rückabwicklung des Kaufvertrages bis zum 23.08.2006 gesetzt und für den fruchtlosen
Fristablauf die unverzügliche Klageerhebung angekündigt hat. Auch wenn die Parteien
noch diesem Schreiben in Verhandlungen bzw. in Gesprächen gestanden haben
mögen, so bestand aus Sicht des Beklagten angesichts des völlig eindeutigen, keine
alternative Lösung zulassenden Inhalts des genannten Schreibens kein Zweifel, dass
der Kläger es mit seinem Rückabwicklungsbegehren in Gestalt einer Aushändigung des
Pferdes Zug um Zug gegen Bezahlung des vollen Kaufpreises ernst meinte.
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Von einem sofortigen Anerkenntnis bzw. zu früh erhobenen Klage kann daher nach
Überzeugung des Gerichts nicht die Rede sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 ZPO, wobei mit Blick auf die festgesetzten
Streitwerte eine Quotelung je nach Obsiegen bzw. Unterliegen vorzunehmen war.
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