Urteil des LG Bielefeld vom 01.12.2003

LG Bielefeld: telekommunikation, aufzeichnung, unbeteiligter dritter, rufnummer, schutzwürdiges interesse, beschwerdebefugnis, karte, anschrift, betreiber, konkretisierung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, Qs 495-498/03 IX
01.12.2003
Landgericht Bielefeld
9. Strafkammer
Beschluss
Qs 495-498/03 IX
Amtsgericht Bielefeld, 9 Gs 3957-3960/03
Die Beschwerden werden auf Kosten der Beteiligten verworfen.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt gegen die Beschuldigten wegen des Verdachts
der Bildung krimineller Vereinigungen sowie der Steuerhehlerei in Tateinheit mit
Geldwäsche. Die Beschuldigten sollen als Mitglieder einer britisch/polnisch/deutschen
Tätergruppe seit dem Jahr 2000 umfangreiche Lieferungen unverzollter und unversteuerter
Zigaretten über Deutschland nach Großbritannien organisieren, um diese gewinnbringend
abzusetzen. Unter Beteiligung weiterer Personen sollen bislang etwa 9,5 Mio. Stück
unverzollter und unversteuerter Zigaretten in das Bundesgebiet eingeschmuggelt worden
sein, wodurch ein Steuerschaden von etwa 1,4 Mio. € entstanden sei. Die Beschuldigten
sollen mit Lieferanten und Abnehmern geschmuggelter Zigaretten in Verbindung stehen,
wobei es sich sowohl auf der Lieferantenebene als auch auf der Umschlags- und
Abnehmerebene jeweils um einen einheitlichen Verband handeln soll, dessen
Gruppenwille darauf gerichtet ist, Zigaretten in erheblichem Ausmaß zu schmuggeln,
umzuschlagen und abzunehmen. Die Beschuldigten und die weiteren Gruppenmitglieder
sollen sich als einheitlicher Verband fühlen und ihren Willen dem der Gesamtheit
unterordnen, um den gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Dabei sollen sie in Kauf nehmen,
durch ihre Tätigkeit eine kriminelle Vereinigung zu unterstützen oder ihr anzugehören.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld hat das Amtsgericht Bielefeld durch
Beschlüsse vom 30.09.2003 – 9 Gs 3957-3960/03 – mit einer Befristung bis zum
31.12.2003 die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation über den
jeweiligen Anschluss u. a. folgender Mobilfunkgeräte einschließlich der regelmäßig
erfolgenden Positionsmeldungen – auch im Ruhezustand – angeordnet sowie die
Sicherung und Auswertung von Hintergrundgesprächen gestattet:
1.) IMEI-Nummer 44921................... (9 Gs 3957/03) 2.) IMEI-Nummer 35015...................
(9 Gs 3958/03) 3.) IMEI-Nummer 44933................... (9 Gs 3959/03) 4.) IMEI-Nummer
44920................... (9 Gs 3960/03).
Die von der Beteiligten sodann durchgeführten IMEI-Suchläufe erbrachten keine neuen
Mobilfunknummern. Auf die weitere Durchführung von Suchläufen wurde verzichtet,
nachdem auf andere Weise eine nunmehr genutzte Rufnummer in Erfahrung gebracht
worden war. Zu Überwachungsmaßnahmen aufgrund der ergangenen Anordnungen des
Amtsgerichts kam es nachfolgend nicht mehr.
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Gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Bielefeld vom 30.09.2003 – 9 Gs 3957-3960/03 –
richten sich die Beschwerden der Beteiligten vom 02.10.2003.
Die Beteiligte vertritt die Auffassung, dass sie als Betroffene i. S. d. § 304 II StPO
beschwerdeberechtigt sei, denn die angefochtenen Beschlüsse seien an sie als Betreiberin
des Telekommunikationsnetzes gerichtet und verpflichteten sie zur Ermöglichung der
Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation. Auch wenn die angeordneten
Maßnahmen bereits abgeschlossen sein sollten, bestehe aufgrund Wiederholungsgefahr
ein fortdauerndes Interesse an einer gerichtlichen Überprüfung, denn die Beteiligte müsse
als Netzbetreiberin auch in Zukunft mit der Anordnung derartiger Maßnahmen rechnen.
In der Sache sei die Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung anhand der IMEI
(International Mobile Equipment Identity) nicht zulässig, da die Endgerätekennung kein
Telekommunikationsdatum darstelle. Darüber hinaus lasse die IMEI nicht den Schluss auf
eine bestimmte Mobilfunknummer zu. Es gebe bereits Mobilfunkhersteller, die ihre
Endgeräte mit identischen IMEI-Nummern versehen. Zudem könne die IMEI nachträglich
vom Nutzer/Kunden geändert werden. Schließlich bestehe die Möglichkeit, eine fremde
SIM-Karte in das Endgerät einzulegen, so dass nicht davon ausgegangen werden könne,
dass eine IMEI stets derselben SIM-Karte und damit immer derselben Mobilfunknummer
zuzuordnen ist. Aus diesen Gründen sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein unbeteiligter
Dritter in die Überwachung gerate. Die angefochtenen Beschlüsse seien daher
aufzuheben.
Die Staatsanwaltschaft vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Beteiligte nicht
beschwerdebefugt sei, denn sie sei als Telekommunikationsnetzbetreiberin ohne Prüfung
der gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes zur Ausführung der angeordneten
Maßnahmen verpflichtet.
In der Sache stelle die IMEI eine "andere Kennung" i. S. d. § 100b II 2 StPO dar. So erfasse
die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) die IMEI als "andere
Kennung", d. h. als ein personenbezogenes technisches Merkmal zur Bezeichnung der zu
überwachenden Telekommunikation. § 100g III Nr. 1 StPO fasse unter den Begriff der
"Telekommunikationsverbindungsdaten" ausdrücklich die "Kennung der Endeinrichtung". §
100i Nr. 1 StPO erlaube schließlich den Einsatz technischer Mittel zwecks Ermittlung der
Gerätenummer zur Vorbereitung einer Maßnahme nach § 100a StPO. Insgesamt ergebe
sich hieraus, dass eine gerätenummerbezogene Telekommunikationsüberwachung
zulässig sei.
Die Gefahr etwaiger Manipulationen oder der Nutzung des Mobilfunktelefons durch einen
unbeteiligten Dritten erhalte ihr ausreichendes Korrektiv durch die Regelungen über die
Verwendungsbeschränkung (§ 100b V, VI StPO) sowie durch das im besonderen Maße zu
berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch
bei der Überwachung einer Rufnummer die Gefahr bestehe, dass diese Rufnummer (SIM-
Karte) mit oder ohne das bislang benutzte Mobilfunkgerät an einen unbeteiligten Dritten
weitergegeben wird. Die IMEI gestützte Telekommunikationsüberwachung biete
demgegenüber den Vorteil, dass der Überwachungsmaßnahme nicht allein durch einen
Wechsel des Mobilfunkanschlusses, sondern erst durch einen Wechsel des für die
Telekommunikation verwendeten Endgerätes entgangen werden könne.
II.
Die Beschwerden der Beteiligten vom 02.10.2003 sind nicht begründet.
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1.)
Soweit sich die Beteiligte gegen die Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung der
Telekommunikation durch Bezeichnung der elektronischen Gerätekennung (IMEI) wendet,
sind die dahingehenden Beschwerden zulässig. Der Beteiligten als
Telekommunikationsnetzbetreiberin steht in diesem Umfange eine – sachlich
eingeschränkte – Beschwerdebefugnis zu.
a.) Grundsätzlich findet gegen alle Entscheidungen der Gerichte im ersten Rechtszug das
Rechtsmittel der Beschwerde statt, § 304 I StPO. Beschwerdeberechtigt sind gemäß § 304
II StPO auch andere Personen, die durch die ergangene Entscheidung betroffen werden.
Der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes ist insoweit von der gerichtlichen
Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation rechtlich
betroffen, als er gemäß § 100b III StPO verpflichtet ist, die Überwachung und Aufzeichnung
der Telekommunikation zu ermöglichen und hierfür Vorkehrungen nach Maßgabe des § 88
des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zu treffen. Insoweit wird der Netzbetreiber als
Adressat einer pflichtenbegründenden gerichtlichen Anordnung unmittelbar in seiner
Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG berührt. Im Hinblick auf diese rechtlichen Auswirkungen der
Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation ist der
Netzbetreiber als betroffene "andere Person" i. S. d. § 304 II StPO und mithin als
beschwerdeberechtigt anzusehen (vgl. dazu: Ermittlungsrichter beim BGH, MMR 1999, 99,
100; Anm. Bär, MMR 1999, 101 ff.; LG Bremen, StV 1999, 307, 308, m. w. N.; LG
Ravensburg, NStZ-RR 1999, 84; zum Anordnungsbeschluss nach § 12 FAG: LG Stuttgart,
MMR 2001, 255, 256; LG Dortmund, MMR 2001, 324, 325; Anm. Bär, MMR 2001, 325 f.;
ders., MMR 2002, 358, 364).
b.) Die Beschwerdeberechtigung gemäß § 304 II StPO besagt jedoch noch nichts über die
Beschwerdebefugnis für die Anfechtung einer konkreten Maßnahme nach §§ 100a f. StPO.
Vielmehr muss für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels neben der grundsätzlichen
Beschwerdeberechtigung auch eine entsprechende Beschwerdebefugnis gegeben sein.
Diese ist demjenigen insoweit zuzuerkennen, als er durch die angefochtene Maßnahme
unmittelbar in seinen Rechten verletzt, d. h. in Freiheit, Vermögen oder einem sonstigen
subjektiven Recht in sachlichrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art beeinträchtigt sein
kann (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, Komm., 45. Aufl. 2001, § 304, Rdnr. 6; Bär, MMR
1999, a. a. O.).
Bei der Telekommunikationsüberwachung wird in erster Linie in die Rechtssphäre des
Beschuldigten und dessen Nachrichtenmittlers eingegriffen. Insbesondere soweit die
gesetzlichen Eingriffsvoraussetzungen unmittelbar das strafrechtliche Ermittlungsverfahren
betreffen, namentlich die Frage des Verdachts gegen den Beschuldigten und die
Bedeutung der Maßnahme für die strafrechtlichen Ermittlungen, ist der Netzbetreiber –
ungeachtet seiner Pflichten gemäß § 100b III StPO – nicht in schutzwürdiger Weise in
eigenen Rechten oder Interessen betroffen. Vielmehr handelt es sich um Bestimmungen,
die unmittelbar die Sphäre des Beschuldigten und dessen Nachrichtenmittlers berühren,
nicht hingegen darauf gerichtet sind, ein etwaiges Verfahrensinteresse Dritter zu schützen.
Einwendungen gegen originär das strafrechtliche Ermittlungsverfahren betreffende
rechtliche Voraussetzungen der Eingriffsnorm stehen dem Betreiber eines
Telekommunikationsnetzes daher nicht zu, denn damit würde diesem das Recht zuerkannt,
unter Wahrnehmung fremder Interessen eine inhaltliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der
ergangenen Überwachungsanordnung zu erreichen. Dies entspricht nicht dem
Regelungszweck des Gesetzes, das den Ermittlungsbehörden unter den Voraussetzungen
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der §§ 100a f. StPO den sofortigen Zugriff auf die Telekommunikation gestattet und den
Netzbetreiber zur Ausführung der Maßnahme verpflichtet (dazu insgesamt:
Ermittlungsrichter beim BGH, a. a. O. mit Anm. Bär, a. a. O.; LG Bremen, a. a. O.; Nack,
Karlsruher Kommentar., StPO, 5. Auflage 2003, § 100b, Rdnr.14).
c.) Außerhalb dieses Bereichs der originären strafrechtlichen Eingriffsvoraussetzungen
kann dem Telekommunikationsnetzbetreiber jedoch im Einzelfall ein schutzwürdiges
Interesse an einer gerichtlichen Überprüfung der ergangenen Überwachungsanordnung im
Wege der Beschwerde zuzuerkennen sein.
Insoweit bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob dem Netzbetreiber generell eine
Überprüfung der formellen Anordnungsvoraussetzungen der §§ 100a f. StPO obliegt und er
insoweit dazu befugt ist, das Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen im Wege der
Beschwerde geltend zu machen (so: LG Bremen, a. a. O.). Ihm steht jedoch das
Rechtsmittel der Beschwerde hinsichtlich solcher Bestimmungen der Eingriffsnorm zu, die
unmittelbar die Sphäre des Telekommunikationsnetzbetreibers betreffen. Hierzu gehören
die Modalitäten der technischen Umsetzung der Überwachungsanordnung, soweit sie in
der Anordnungsentscheidung ihre Grundlage finden. In diesem Umfange ist der
Netzbetreiber als Adressat einer pflichtenbegründenden gerichtlichen Anordnung
unmittelbar in seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG berührt. Er
ist gemäß § 100b III 1 StPO verpflichtet, die Überwachung und Aufzeichnung der
Telekommunikation zu ermöglichen und hierfür Vorkehrungen nach Maßgabe des § 88 des
Telekommunikationsgesetzes (TKG) zu treffen. Im Falle der Weigerung ist er staatlichen
Zwangsmitteln ausgesetzt, §§ 100b III 3, 95 II StPO. Insoweit ist ihm die Möglichkeit
zuzuerkennen, die ergangene Anordnung im Wege der Beschwerde zur gerichtlichen
Überprüfung zu stellen, denn es handelt sich in diesem Bereich nicht in erster Linie um
einen Eingriff in die Rechtssphäre des Beschuldigten oder dessen Nachrichtenmittlers,
sondern um eine die Rechtsstellung des Netzbetreibers unmittelbar berührende
gesetzliche Rechtswirkung der Anordnung der Telekommunikationsüberwachung (vgl.
Nack, a. a. O.; Bär, MMR 1999, a. a. O.).
Der Zuerkennung einer in dieser Weise eingeschränkten Beschwerdebefugnis steht der
Regelungszweck der §§ 100a f. StPO nicht entgegen. Zwar gestattet das Gesetz den
Ermittlungsbehörden unter den Voraussetzungen dieser Vorschriften den sofortigen Zugriff
auf die Telekommunikation. Dieser Gesetzeszweck gebietet es aber nicht, eine
Beschwerdemöglichkeit des Netzbetreibers vollständig auszuschließen (so der
Ermittlungsrichter beim BGH, a. a. O.). Es ist ausreichend zu verhindern, dass die
Durchsetzung eines die Telekommunikationsüberwachung anordnenden Beschlusses
durch ein Rechtsmittel zeitweilig blockiert wird. Dieses Ziel wird bereits dadurch erreicht,
dass der Vollzug der gerichtlichen Entscheidung durch die Beschwerde nicht gehemmt
wird, § 307 StPO (LG Stuttgart, a. a. O.).
d.) Im vorliegenden Falle wendet sich die Beteiligte gegen die Zulässigkeit einer IMEI
gestützten Telekommunikationsüberwachung. In diesem Umfange ist die Beteiligte in ihrer
geschützten Rechtssphäre betroffen und mithin beschwerdebefugt.
Gemäß § 100b II 2 StPO muss neben dem Namen und der Anschrift des Betroffenen auch
die "Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses" in dem
Anordnungsbeschluss enthalten sein. Hierdurch soll einerseits eine klare Begrenzung und
Konkretisierung des Grundrechtseingriffs für den Fall erreicht werden, dass etwa die zu
überwachende Person über mehrere Telekommunikationsanschlüsse verfügt. Insoweit
erfasst der Schutzzweck der Norm den Beschuldigten und dessen Nachrichtenmittler. Mit
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dem Erfordernis der Bezeichnung der "Rufnummer oder anderen Kennung des
Telekommunikationsanschlusses" soll darüber hinaus aber auch verhindert werden, dass
ein Netzbetreiber, der in keiner Vertragsbeziehung zu dem von der Überwachung
betroffenen Beschuldigten oder Nachrichtenmittler steht und deshalb allein aufgrund des
angegebenen Namens und der Anschrift den zu überwachenden Anschluss gar nicht
feststellen kann, nach § 100b III StPO in Anspruch genommen wird (vgl. Ermittlungsrichter
beim BGH, a. a. O. mit zust. Anm. Bär, a. a. O.). Insoweit schützt das gesetzliche Erfordernis
der Bezeichnung des zu überwachenden Telekommunikationsanschlusses auch den nach
§ 100b III StPO verpflichteten Betreiber eines Telekommunikationsnetzes. In diesem
Umfange ist vorliegend die Beteiligte als Netzbetreiberin befugt, eine unzureichende
Bezeichnung des zu überwachenden Telekommunikationsanschlusses gerichtlich geltend
zu machen.
Dem steht nicht entgegen, dass es zu konkreten Überwachungsmaßnahmen aufgrund der
ergangenen Anordnungen des Amtsgerichts bislang nicht gekommen ist und
dahingehende Maßnahmen nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft auch nicht mehr
beabsichtigt sind. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob bereits die zeitliche Befristung
der Telekommunikationsüberwachung bis zum 31.12.2003 ein schutzwürdiges
Rechtsschutzinteresse der Beteiligten fortbestehen lässt. Aus dem Gebot der Gewährung
effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV 1 GG) folgt auch bei erledigten Grundrechtseingriffen
eine gerichtliche Überprüfungspflicht, wenn es dem Rechtsmittelführer in schutzwürdiger
Weise darum geht, eine noch fortdauernde Beeinträchtigung auszuräumen oder einer
Wiederholungsgefahr zu begegnen (vgl. BVerfG NJW 1999, 273). Diese Voraussetzungen
sind vorliegend gegeben, denn die Beteiligte ist als Telekommunikationsnetzbetreiberin
erkennbar der Gefahr ausgesetzt, auch zukünftig aufgrund einer IMEI gestützten Anordnung
der Überwachung der Telekommunikation in Anspruch genommen zu werden.
2.)
In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg.
Die Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation kann
bezüglich eines Mobilfunktelefons auch durch Bezeichnung der elektronischen
Gerätekennung (IMEI) erfolgen.
a.) § 100a S. 1 StPO gestattet die Überwachung und Aufzeichnung der
Telekommunikation. Der Begriff der Telekommunikation ist in § 3 Nr. 16 TKG legaldefiniert
als der "technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von
Nachrichten jeder Art in Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels
Telekommunikationsanlagen". Die Kennung des Mobilfunktelefons durch die IMEI stellt ein
Verbindungsdatum in diesem Sinne dar. Bei der digitalen Verbindungstechnik wird für jede
Kommunikationsbeziehung ein Datensatz erzeugt und gespeichert, der u. a. die Nummern
der verbundenen Anschlüsse, Datum, Uhrzeit und Art des Dienstes enthält. Bei
Mobilfunktelefonen wird zusätzlich die IMEI als weltweit anerkannte Endgerätekennung
erfasst (Nack, a. a. O., § 100a, Rdnr. 13). Auch § 100g III Nr. 1 StPO definiert die "Kennung
der Endeinrichtung" dementsprechend als Telkommunikationsdatum.
b.) Diese Besonderheit berücksichtigt § 100b II 2 StPO, indem neben dem Namen und der
Anschrift des Betroffenen auch die Rufnummer oder "eine andere Kennung des
Telekommunikationsanschlusses" in dem Anordnungsbeschluss enthalten sein muss.
Dass auch die IMEI eines Mobilfunktelefons eine "andere Kennung" in diesem Sinne ist,
ergibt sich aus dem Zweck der Norm. Durch die Angabe der Rufnummer oder einer
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anderen Kennung des Anschlusses soll, wie bereits dargelegt, u. a. eine Konkretisierung
und Begrenzung des Grundrechtseingriffs erreicht werden. Eine klare dahingehende
Abgrenzung der Überwachungsobjekte (Telekommunikationsanschlüsse) lässt sich durch
die Angabe der IMEI in besonderem Maße erreichen, denn die IMEI ist Voraussetzung für
den Zugang in das Mobilfunknetz. Über sie wird zusammen mit der SIM-Karte die
Verbindung zum Netz hergestellt. Insofern ist die Gerätekennung selbst Teil des
Telekommunikationsanschlusses i. S. d. § 100b II 2 StPO. Über sie kann eine Verbindung
zwischen dem Endgerät und sämtlichen benutzten SIM-Karten hergestellt und mithin die
Ermittlung bestimmter Rufnummern ermöglicht werden (Ermittlungsrichter beim BGH, a. a.
O. mit Bär, a. a. O.; Nack, a. a. O., § 100b, Rdnr. 4).
c.) Auch der Regelung des § 100i I Nr. 1 StPO liegt erkennbar die Einordnung der IMEI als
"Kennung des Telekommunikationsanschlusses" zugrunde, indem der Einsatz technischer
Mittel zwecks Ermittlung der Gerätenummer zur Vorbereitung einer Maßnahme nach §
100a StPO erlaubt wird. Mit der Einführung dieser gesetzlichen Regelung sollten gerade im
Hinblick auf die "Kennung" i. S. d. § 100b III 2 StPO die Voraussetzungen für die Erhebung
u. a. der Gerätenummer geschaffen werden (Bericht zum Beratungsverfahren, BDrucks.
14/9088, S. 7).
d.) Die Gefahr, dass ein unverdächtiger Dritter das Mobilfunktelefon nutzt oder sogar
manipuliert, steht der Zulässigkeit der Maßnahme – ungeachtet der insoweit nach den o. g.
Grundsätzen fehlenden Beschwerdebefugnis der Beteiligten – nicht entgegen. Eine
derartige Gefahrenlage besteht auch im Falle der Rufnummer gestützten Überwachung der
Telekommunikation. Sie erfährt ihr Korrektiv durch die gesetzlichen Regelungen des §
100b V, VI StPO über die Verwendungsbeschränkung bzgl. der erhobenen Daten und
deren Vernichtung im Falle fehlender Erforderlichkeit für Zwecke der Strafverfolgung
(Ermittlungsrichter beim BGH, a. a. O.; vgl. im übrigen zur Zulässigkeit der Bezeichnung der
elektronischen Gerätekennung bereits: BGH, Urteil vom 07.09.1998 – 2 BGs 211/98).
Die Beschwerden waren aus diesen Gründen zu verwerfen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 I 1 StPO.