Urteil des LG Bielefeld vom 20.05.2010

LG Bielefeld (liste, verhältnis zwischen, betrag, kläger, haftungsbeschränkung, zahlung, ermittlung, berechnung, zpo, eignung)

Landgericht Bielefeld, 21 S 46/09
Datum:
20.05.2010
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
21 Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 S 46/09
Tenor:
wird gemäß § 522 II 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung keine
Aussicht auf Erfolg hat.
Gründe
1
I.
2
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.01.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts
Bielefeld ist ohne Erfolgsaussicht. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch
auf Schadensersatz gem. § 3 Nr. 1 PflVG a.F. i.V.m. §§ 7 I, 17 StVG, § 823 I BGB in
einer über die vom Amtsgericht zuerkannten Beträge hinausgehenden Höhe.
3
1.
4
Soweit mit der Berufung der Anspruch auf Zahlung der Wertminderung i.H.v. € 600,00
ungeachtet der beiderseitigen Erledigungserklärung in erster Instanz wieder aufgegriffen
wird, besteht aufgrund der unstreitigen Zahlung der Beklagten kein Anspruch des
Klägers.
5
2.
6
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer
Mietwagenkosten. Insoweit ist er durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten i.H.v.
€ 1.133,00 bereits vollumfänglich befriedigt worden.
7
a)
8
Grundsätzlich kann der Geschädigte nach § 249 II 1 BGB als Herstellungsaufwand den
Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich
vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Erforderlichkeit nach § 249 II 1 BGB bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten,
dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für
Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren
Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den
günstigeren Mietpreis verlangen kann (st. Rspr. des BGH, zuletzt: BGH, NJW 2009, 58,
9
58; BGH, Beschluss vom 13.01.2009, VI ZR 134/08).
Diesen als "Normaltarif" bezeichneten Mietpreis schätzt die Kammer in Abweichung von
ihrer bisherigen ständigen Rechtsprechung auf der Grundlage des Mittelwerts zwischen
dem Wert des sog. "Mietpreisspiegels" der Fa. "Eurotax Schwacke" (im Folgenden:
Schwacke-Liste) für das Jahr 2007 und dem Wert des sog. "Marktpreisspiegels
Mietwagen Deutschland 2008" des "Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und
Organisation IAO" (im Folgenden: Fraunhofer-Liste). Dies stellt nach Ansicht der
Kammer nach derzeitigem Sachstand die am besten geeignete Methode für eine
Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO dar.
10
Der Bundesgerichtshof hat unter Hinweis auf die besondere Freiheit des Tatrichters in
der Zwischenzeit diverse unterschiedliche Ansätze der Instanzgerichte gebilligt (BGH,
NJW 2009, 58: Schwacke-Liste 2003 zzgl. Inflationsausgleich; BGH, NJW 2008, 1519
sowie BGH, Beschluss vom 13.01.2009, VI ZR 134/08: Schwacke-Liste 2006; BGH,
NJW 2008, 2910: Schwacke-Liste 2003).
11
Eine Fallgestaltung, bei der es um die Eignung der Fraunhofer-Liste als
Schätzgrundlage ging, lag ihm bislang noch nicht zur Entscheidung vor. Die Fraunhofer-
Liste wurde jedoch bereits von diversen Obergerichten der Schwacke-Liste als
geeignetere Grundlage einer Schätzung vorgezogen (u.a. OLG München, r + s 2008,
439; OLG Köln, r + s 2008, 528; OLG Jena, Urteil vom 27.11.2008, 1 U 555/07).
12
Unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof in seinen o.g. Entscheidungen
ausdrücklich betonten tatrichterlichen Freiheit bei der Schadenschätzung übt die
Kammer das ihr nach § 287 ZPO eingeräumte Ermessen mangels zur Verfügung
stehender besserer Erkenntnismöglichkeiten – insbesondere ist die Einholung eines
Sachverständigengutachtens nicht veranlasst; dazu unten – dahingehend aus, dass die
Höhe des Normaltarif auf der Grundlage des jeweiligen Mittelwerts zwischen der
Schwacke-Liste 2007 und der Fraunhofer-Liste geschätzt wird, auch und insbesondere,
um den hinsichtlich beider Listen bestehenden Einwänden und Unsicherheiten
Rechnung zu tragen und zu einem angemessenem Ausgleich zu bringen.
13
Nach Ansicht der Kammer ist sowohl die Schwacke-Liste als auch die Fraunhofer-Liste
bei der Schadenschätzung zu berücksichtigen, da hinsichtlich beider Listen nicht
feststellbar ist, dass sie dafür offensichtlich ungeeignet sind. Da beide Listen auf realen
Erhebungen beruhen, ist ihnen eine grundsätzliche Eignung trotz der teilweise erheblich
differierenden Ergebnisse nicht von vornherein abzusprechen.
14
Umgekehrt ist aber auch nicht der einen Liste gegenüber der anderen Liste der Vorrang
zu geben. Es steht nicht fest, dass eine der beiden Listen gegenüber der anderen Liste
eine höhere Eignung aufweist. Es lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit
der einen oder der anderen Liste feststellen.
15
aa)
16
Die Erhebung des Fraunhofer-Instituts bietet den Vorteil, dass sie aufgrund der
anonymen Abfrage von Mietpreisen die konkrete Anmietsituation besser abbildet und
etwaige Manipulationen durch bewusste Nennung von höheren Preisen seitens der
befragten Mietwagenunternehmen vermeidet. Ferner liegt der Erhebung ein
umfangreicheres Zahlenmaterial bzw. eine größere Anzahl von Nennungen zugrunde.
17
Auch unter dem Aspekt eines Vergleichs der Höhe der auf ihrer Grundlage ermittelten
Mietwagenkosten mit der Höhe einer entsprechenden Nutzungsentschädigung
bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die grundsätzliche Eignung der
Fraunhofer-Liste als Schätzgrundlage. Selbst wenn die Mietwagenkosten im Einzelfall
geringer bemessen sein sollten, als die nach Maßgabe der allgemein anerkannten
Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch ermittelte Nutzungsentschädigung
(abgedruckt in NJW-Beilage 2008, 3 ff.), lässt sich daraus nicht der zwingende Schluss
ziehen, dass die in der Fraunhofer-Liste ausgewiesenen Werte nicht dem auf dem Markt
geltenden Mietpreis entsprechen.
18
Diese Werte sind nämlich nur bedingt vergleichbar, so dass der Ansatz fehl geht, die
Mietwagenkosten könnten aufgrund der betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten nicht
geringer als die Nutzungsentschädigung sein. Die Tabellen von
Sanden/Danner/Küppersbusch orientieren sich zwar bei der Ermittlung der
Nutzungsentschädigung grundsätzlich daran, wie hoch die Mietwagenkosten wären, die
der Geschädigte für einen vergleichbaren Mietwagen aufwenden müsste. Als
Ausgangspunkt diente dabei jedoch in der Vergangenheit nicht der Normaltarif, sondern
der sog. Unfallersatztarif, der jedoch nach Maßgabe der o.g. Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur Ermittlung der nach § 249 I BGB erforderlichen
Mietwagenkosten ungeeignet ist. Ungeachtet dessen ist in der Folgezeit bei der
Erstellung des Tabellenwerks bewusst darauf verzichtet worden, entsprechend der
Entwicklung der Mietwagenkosten eine Anpassung nach unten vorzunehmen, u.a. auch
im Hinblick darauf, dass der Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Nutzungsausfall
ohnehin eher die Vorhaltekosten seien (vgl. Nutzungsausfallentschädigung 2008, NJW-
Beilage 2008, 3, 3).
19
Die Fraunhofer-Liste hat allerdings den Nachteil, dass ihre Auswertung im Wesentlichen
auf Anfragen per Telefon und Internet beruht. Insoweit hat die Kammer jedoch bereits
mehrfach entschieden, dass Internetangebote bei der Ermittlung des Normaltarifs nicht
zu berücksichtigen sind. Deren Erreichbarkeit setzt die konkrete Verfügungsmöglichkeit
über einen Internet-Anschluss voraus. Es handelt sich danach von vornherein weder um
allgemein noch – in aller Regel – um in der konkreten Unfallsituation zugängliche
Angebote, die bei der Ermittlung des zugänglichen Normaltarifs zu berücksichtigen
wären. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob derartige Tarife der genannten
Unternehmen tatsächlich günstiger sind, als die unmittelbar an den Anmietstationen
dieser Vermieter angebotenen Tarife (st. Rspr. der Kammer, zuletzt: Urteil vom
13.02.2008, 21 S 207/07 sowie Urteil vom 13.05.2009, 21 S 27/09).
20
bb)
21
Die Schwacke-Liste hat den Vorteil, dass sie die Internettarife unbeachtet lässt und eine
etwas höhere örtliche Genauigkeit aufweist, da sie im Gegensatz zur Fraunhofer-Liste
nicht nur die ersten beiden, sondern die ersten drei Postleitzahlstellen berücksichtigt.
22
Sie hat jedoch insbesondere den Nachteil, dass sie die Daten nicht anonymisiert
abfragt, so dass zum einen die konkrete Anmietsituation des Geschädigten nicht
originalgetreu abgebildet wird und zum anderen nicht ausgeschlossen werden kann,
dass einzelne Mietwagenanbieter aus Eigeninteresse höhere Preise als bei einer
anonymen Abfrage angeben.
23
cc)
24
Trotz der oben dargestellten Sachlage, wonach bei einer isolierten Anwendung einer
der beiden Listen ihre jeweilige Eignung als Schätzgrundlage in Zweifel gezogen
werden könnte, ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht geboten, da
im Ergebnis eine geeignete Grundlage der Schadensschätzung durch die Kombination
beider Schätzgrundlagen gleichwohl gegeben ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich,
dass die von einem Sachverständigen anzuwendenden Erhebungsmethoden denen der
Fa. Eurotax Schwacke oder des Fraunhofer-Instituts überlegen sind. Einem gerichtlich
bestellten Sachverständigen stünden keine Erkenntnismöglichkeiten offen, die eine
bessere und realistischere Ermittlung der Mietwagenkosten zum Unfallzeitpunkt
erwarten ließen. Die Ermittlung von Mietpreisen für einen vergangenen Zeitraum könnte
ebenfalls nur durch eine Markterhebung in Form einer Befragung der im einschlägigen
Postleitzahlenbereich ansässigen Mietwagenunternehmer erfolgen. Damit wären jedoch
dieselben Fehlerquellen und Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, aus denen die
Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Schwacke-Liste bzw. der Fraunhofer-Liste
herleitet werden.
25
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Bestimmung des § 287 ZPO es nicht
rechtfertigt, in einer für die Sachentscheidung zentralen Frage auf eine – ggf. durch
Beweisaufnahme in Gestalt eines Sachverständigengutachtens zu erfolgende –
Ermittlung einer Schätzungsgrundlage zu verzichten; dies gilt jedoch nur, wenn zu
erwarten ist, dass diese Ermittlung zu einer verbesserten, weil genaueren Schätzung
führt (vgl. BGH, BB 2007, 2475, 2476 f.). Dass dies bei der Frage der Erforderlichkeit der
Mietwagenkosten aber gerade nicht der Fall ist, ergibt sich bereits aus den obigen
Ausführungen.
26
b)
27
Unter Zugrundelegung der oben dargelegten Grundsätze ergibt sich folgende
Berechnung.
28
aa)
29
Die (Vor-)Frage, welche der Schwacke-Listen (2006 oder 2007) Anwendung finden soll,
ist im Sinne der Schwacke-Liste 2007 zu beantworten. Es ist nicht ersichtlich, dass die
Schwacke-Liste 2006 bessere Erkenntnisse bringt, als die Schwacke-Liste 2007,
insbesondere basieren beide Listen auf der gleichen Erhebungsmethode. Da die
Schwacke-Liste 2007 jedoch eine engere zeitliche Nähe zum Unfallereignis (vom
07.04.2007) aufweist, ist sie im Verhältnis zur Schwacke-Liste 2006 für eine
Schadensschätzung besser geeignet.
30
bb)
31
Der maßgebliche Markt ist der Mietwagenmarkt in J. – Postleitzahlengebiet 986
(Schwacke) bzw. 98 (Fraunhofer) –, da dort die streitige Anmietung erfolgte (vgl. dazu
BGH, r + s 2008, 258, 259, Rn. 11).
32
cc)
33
Der Kläger hat unstreitig ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 6 angemietet.
34
dd)
35
Die erforderliche Anmietdauer von 12 Tagen steht ebenfalls außer Streit.
36
ee)
37
Hinsichtlich der Schwacke-Liste ist bei der Bemessung des Normaltarifs vom
gewichteten Mittel des Automietpreisspiegels 2007 (sog. "Modus") auszugehen (st.
Rspr. der Kammer). Das gewichtete Mittel gibt im Gegensatz zum ebenfalls
ausgewiesenen arithmetischen Mittel die tatsächlich angebotene Preise wieder.
Entsprechend stellt dieses – auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(NJW 2007, 3782; NJW 2007, 1449) – eine geeignete Grundlage für die Schätzung des
Normaltarifs dar.
38
ff)
39
Bei der Berechnung des Normaltarifs ist zunächst eine Wochenpauschale in Ansatz zu
bringen. Für die fünf weiteren Tage sind nicht die in den Listen aufgeführten Einzel- oder
Dreitagespreise zugrundezulegen, sondern nur der anteilige Wochenpreis, d.h. 5/7 der
Wochenpauschale. Denn die – höheren – Einzeltagespreise beruhen ersichtlich auf den
Besonderheiten und dem höheren Aufwand für den Vermieter im Rahmen von
Kurzzeitmieten. Die Annahme, dass Vermieter bei längerfristigen Anmietungen
überschießende, nicht mehr in Wochenpauschalen aufgehende Miettage mit dem
Kurzzeittarif berechnen, erscheint der Kammer fernliegend (st. Rspr. der Kammer,
zuletzt: Urteil vom 13.02.2008, 21 S 207/07 sowie Urteil vom 13.05.2009, 21 S 27/09).
Diese Art der Berechnung ist auch vom Bundesgerichtshof unbeanstandet geblieben
(NJW 2009, 58, 60).
40
gg)
41
Der Normaltarif ist demnach wie folgt im Einzelnen zu berechnen.
42
(1)
43
Die Schwacke-Liste 2007 weist für das Postleitzahlengebiet 986 in der
Mietwagenklasse 6 einen Wochenpreis im Modustarif i.H.v. € 632,50 aus, so dass sich
für 12 Tage (1 5/7 Wochen) ein Betrag i.H.v. € 1.084,29 ergibt.
44
(2)
45
Die Fraunhofer-Liste weist für das Postleitzahlengebiet 98 in der Mietwagenklasse 6
einen mittleren Wochenpreis i.H.v. € 306,05 aus, so dass sich für 12 Tage (1 5/7
Wochen) ein Betrag i.H.v. € 524,66 – allerdings bereits inklusive
Haftungsbeschränkung; dazu gleich – ergibt.
46
hh)
47
Die Kosten der Haftungsbeschränkung gehören grundsätzlich zu den erforderlichen
Kosten i.S.d. § 249 II 1 BGB.
48
(1)
49
Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Betrag der Haftungsbeschränkung vorliegend im
Hinblick auf eine etwaige Vorteilsausgleichung unter Anwendung des § 287 ZPO um
50 % zu reduzieren ist, weil das beschädigte Fahrzeug nicht vollkaskoversichert war,
bei der Haftungsbeschränkung jedoch eine Vollkaskoversicherung vereinbart wurde.
Selbst wenn dies zu Gunsten des Klägers unterbleibt, sind die erforderlichen
Mietwagenkosten durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten i.H.v. € 1.133,00
vollumfänglich ausgeglichen worden (vgl. unten stehende Berechnung).
50
(2)
51
In der Schwacke-Liste 2007 sind die Kosten der Haftungsbeschränkung gesondert
ausgewiesen. Für die Mietwagenklasse 6 wird dort eine Wochenpauschale im
Modustarif i.H.v. € 156,00 angegeben, so dass sich für 12 Tage (1 5/7 Wochen) ein
Betrag i.H.v. € 267,43 ergibt.
52
(3)
53
In den Mietpreisen der Fraunhofer-Liste sind die Kosten der Haftungsbeschränkung
bereits enthalten.
54
ii)
55
Der Normaltarif inklusive Haftungsbeschränkung beträgt nach der Schwacke-Liste 2007
€ 1.351,72 und nach der Fraunhofer-Liste € 524,66, so dass sich ein Mittelwert von
€ 938,19 ergibt.
56
jj)
57
Mietwagenkosten in einer über den Normaltarif hinausgehenden Höhe kann der Kläger
nicht beanspruchen.
58
Der Kläger hat ausdrücklich einen solchen Aufschlag wegen unfallbedingter
Mehrleistungen nicht beansprucht, sondern hat seine erforderlichen Mietwagenkosten
auf der Basis des Normaltarifs berechnet.
59
Ob wegen etwaiger unfallbedingter Mehrleistungen ein pauschaler Aufschlag auf den
Normaltarif vorzunehmen ist (vgl. dazu z.B. BGH, NJW 2007, 2758), bedarf daher keiner
Entscheidung.
60
Aufgrund dessen kann ebenfalls offen bleiben, ob die Prüfung der Erforderlichkeit i.S.d.
§ 249 II 1 BGB nicht notwendig ist, weil dem Geschädigten ein Normaltarif in der
konkreten Situation nicht zugänglich war und er im Hinblick auf die subjektbezogene
Schadensbetrachtung einen den Normaltarif übersteigenden Betrag auch dann
verlangen kann, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Mehrleistungen
gerechtfertigt ist (vgl. BGH, zuletzt NJW 2009, 58; BGH, Beschluss vom 13.01.2009,
VI ZR 134/08).
61
kk)
62
Ob die Prüfung der Erforderlichkeit des streitgegenständlichen Tarifs der
Autovermietung deshalb entbehrlich ist, weil deren Mitarbeiter den Geschädigten bei
Abschluss des Mietvertrages möglicherweise nicht hinreichend aufgeklärt haben, bedarf
in Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger durch die vorprozessuale Zahlung der
Beklagten i.H.v. € 1.133,00 vollumfänglich befriedigt worden ist, keiner Entscheidung.
63
In rechtlicher Hinsicht ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine
Aufklärungspflichtverletzung im mietvertraglichen Verhältnis zwischen
Mietwagenunternehmer und Geschädigtem den Anspruch des Geschädigten gegen den
Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer ohnehin nicht berührt (BGH, NJW-RR
2009, 130, 131).
64
Der Haftpflichtversicherer des Schädigers hat dem Geschädigten nach § 249 II 1 BGB
die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten zu ersetzen. Hierzu ist der mit Rücksicht
auf die Unfallsituation gerechtfertigte Preis zu ermitteln, der im Einzelfall über dem
Normaltarif liegen kann. Im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger
kommt es vor diesem Hintergrund nicht darauf an, ob dem Geschädigten als Mieter
eines Ersatzfahrzeugs möglicherweise gegen den Vermieter ein vertraglicher
Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht zusteht, den er
einer Forderung des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses entgegenhalten könnte
(BGH, NJW-RR 2009, 130, 131; BGH, NJW 2007, 3782; BGH, NJW 2005, 1043; BGH,
NJW 2005, 1726). Ein solcher Schadensersatzanspruch, den der Bundesgerichtshof im
Verhältnis der Mietvertragsparteien ausdrücklich bejaht hat (NJW 2007, 2759; NJW
2006, 2618), ändert nichts an der Verpflichtung des Schädigers, dem Geschädigten die
objektiv erforderlichen Mietwagenkosten zu erstatten. Allein hinsichtlich eines darüber
hinaus gehenden Teils einer Mietwagenrechnung kommt ein Schadensersatzanspruch
des Geschädigten gegen den Vermieter in Betracht. Insoweit besteht aber ohnehin
keine Leistungspflicht des Schädigers.
65
ll)
66
Ob die Kosten der Zustellung und Abholung erforderlich waren, kann ungeachtet der
Tatsache, dass es insoweit an jeglichen Darlegungen des Klägers in Bezug auf deren
Erforderlichkeit fehlt, dahinstehen. Selbst wenn diese als ersatzfähig angesehen werden
würden, ist der Kläger durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten vollumfänglich
befriedigt worden (vgl. dazu unten stehende Berechnung).
67
mm)
68
Aus den gleichen Gründen kann letztlich offen bleiben, ob von der erstattungsfähigen
Grundgebühr – also vom Normaltarif – nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung
die während der Mietdauer ersparten Eigenaufwendungen des Geschädigten infolge
der Nichtbenutzung des beschädigten Fahrzeugs in Abzug zu bringen sind.
69
nn)
70
Im Ergebnis kann der Kläger demzufolge lediglich Mietwagenkosten i.H.v. € 938,19
(Normaltarif inkl. Haftungsbeschränkung) zzgl. der zu seinen Gunsten unterstellten
Kosten der Zustellung und Abholung i.H.v. € 46,41 (ausweislich der Rechnung vom
26.04.2007: 2 x € 19,50 zzgl. MwSt.), insgesamt mithin maximal einen Betrag i.H.v.
€ 984,60 beanspruchen, der unter dem insoweit bereits vorprozessual regulierten Betrag
71
i.H.v. € 1.133,00 liegt.
2.
72
Der Kläger kann auch keine weiteren vorprozessualen Anwaltskosten ersetzt verlangen,
die über den vom Amtsgericht bereits zugesprochenen Betrag i.H.v. € 93,42 hinaus
gehen.
73
Der Kläger legt der Berechnung seiner Anwaltskosten nicht den gesamten,
vorprozessual berechtigterweise geltend gemachten Betrag (vgl. dazu Palandt-
Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 249, Rn. 39), sondern lediglich den ursprünglich
eingeklagten Betrag i.H.v. € 1.391,23 zugrunde, der sich aus der Wertminderung i.H.v.
€ 600,00 und (vermeintlichen) weiteren Mietwagenkosten i.H.v. € 791,23
zusammensetzt.
74
Da weitere Mietwagenkosten nicht verlangt werden können, beträgt der Streitwert der
vorliegend berechtigterweise verfolgten Forderung lediglich € 600,00, so dass sich bei
einer Geschäftsgebühr von 1,3 zzgl. der Pauschale nach Ziff. 7002 VV-RVG (20 %)
sowie zzgl. MwSt. ein Betrag ergibt, der jedenfalls nicht den bereits vom Amtsgericht
zugesprochenen Betrag übersteigt.
75
II.
76
Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts nicht erfordert, beabsichtigt die Kammer, die Berufung nach § 522 II 1
ZPO zurückzuweisen.
77
Es ist beabsichtigt, den Streitwert auf € 1.391,23 festzusetzen.
78
III.
79
Es besteht Gelegenheit zur rechtlichen Stellungnahme bzw. zur eventuellen
Zurücknahme der Berufung binnen drei Wochen.
80
81