Urteil des LG Bielefeld vom 10.11.2009

LG Bielefeld (zpo, freigabe, auszahlung, zug, betrag, notar, verhalten, beweisaufnahme, leistung, eintritt)

Landgericht Bielefeld, 3 O 296/06
Datum:
10.11.2009
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 O 296/06
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Gründe
1
I.
2
Die Beklagte kaufte von der Klägerin zum Preis von 110.000,-- € eine
Eigentumswohnung. Auf den Kaufpreis zahlte die Beklagte insgesamt 100.000,-- €. Den
restlichen Kaufpreis von 10.000,-- € hinterlegte die Beklagte bei einem Notar und berief
sich zur Begründung dafür auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihr von der Klägerin
arglistig verschwiegener Mängel.
3
Die Klägerin hat das Vorliegen von Mängeln sowie arglistiges Handeln bestritten und
beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Notar anzuweisen, den hinterlegten
4
Betrag an die Klägerin auszuzahlen.
5
Die Beklagte hat beantragt, sie zu verurteilen, den Notar anzuweisen, den hinterlegten
Betrag an die Klägerin auszuzahlen Zug um Zug gegen Mangelbeseitigung und dazu
behauptet, die Mängelbeseitigungskosten überstiegen den hinterlegten Betrag.
6
Durch Vernehmung eines Zeugen und die Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens wurde der Vortrag der Beklagten jedenfalls im
Wesentlichen bestätigt. Die Parteien traten daraufhin in außergerichtliche
Vergleichsverhandlungen ein und die Klägerin beseitigte die Mängel, woraufhin die
Beklagte die Freigabe des hinterlegten Betrages erklärte.
7
Nach Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Klägerin haben die Parteien den
Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
8
II.
9
Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung war gem. § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO
durch Beschluss, der gem. § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen
konnte, über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes
10
nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Entscheidungsgrundlage ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage vor Eintritt
des erledigenden Ereignisses, d. h. es ist diejenige Kostenverteilung auszusprechen,
die derjenigen des zu erwartenden Verfahrensausgangs ohne Erledigung entspricht;
anzuwenden ist jedoch insoweit auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO betr. das
sofortige Anerkenntnis (Zöller-Vollkommer § 91 a ZPO, Rdnr. 24 m.w.N.).
11
Erledigendes Ereignis war die Freigabe und Auszahlung des hinterlegten Betrages an
die Klägerin.
12
Vor Mangelbeseitigung konnte sich die Beklagte gegenüber der Klägerin wegen des
hinterlegten Kaufpreisteils gem. §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 und 320 BGB auf ein
Zurückbehaltungsrecht berufen (vgl. Palandt-Weidenkaff § 437 BGB, Rdnr. 14 und
Palandt-Grüneberg § 320 BGB, Rdnr. 9). Rechtsfolge wäre gem. § 322 BGB die
Verurteilung Zug um Zug gegen Mangelbeseitigung gewesen, wie es die Beklagte
beantragt hatte.
13
Nach Mängelbeseitigung und vor Freigabe und Auszahlung des hinterlegten Betrages
an die Klägerin, d. h. unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses wäre
hingegen die Beklagte uneingeschränkt gemäß dem Antrag der Klägerin zu verurteilen
gewesen.
14
Die daran anschließende Freigabe des hinterlegten Betrages durch die Beklagte und
dessen Auszahlung an die Klägerin verhindert jedoch die danach grundsätzlich
vorzunehmende Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits auf die Beklagte, da dieses
Vorgehen dem Rechtsgedanken des sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO
entspricht. Die Beklagte hat von jeher klargestellt, zur Freigabe, d. h. Leistung des
restlichen Kaufpreises bereit zu sein, sobald die Mängelbeseitigung erfolgt ist und sich
im Weiteren auch dementsprechend verhalten. Sie hat dementsprechend der Klägerin
keine Veranlassung zur Erhebung der Klage in dem streitgegenständlichen Umfang
gegeben und insbesondere auch nicht uneingeschränkte Klageabweisung beantragt.
15
Billigkeitserwägungen rechtfertigen keine Abweichung von Vorstehendem:
16
Die Klägerin hat eine zunächst unbegründete Klage erhoben. Nachdem sich dies durch
Durchführung der Beweisaufnahme bestätigt hatte, hat sie diejenigen Maßnahmen
ergriffen, die notwendig waren, um der Klage zur Begründetheit zu verhelfen, genauso
wie es von der Beklagten, die daraufhin ihrerseits die von der Klägerin begehrte
Leistung erbracht hat, von jeher begehrt und angekündigt wurde, sie hat in sämtlichen
Punkten obsiegt.
17
Dementsprechend waren die Kosten der Klägerin aufzuerlegen (vgl. OLG Celle BauR
2003, 1762).
18
Schließlich wäre unter keinem Gesichtspunkt ein anderes Ergebnis gerechtfertigt, wenn
das Verhalten der Parteien nach durchgeführter Beweisaufnahme als Abschluss eines
außergerichtlichen Vergleichs anzusehen sein sollte.
19