Urteil des LG Berlin vom 29.03.2017

LG Berlin: genehmigung, belastung, widerklage, erfüllung, verfügung, schweigen, unterlassen, zugang, saldo, agb

1
2
Gericht:
LG Berlin 5.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 O 110/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 177 Abs 1 BGB, § 185 Abs 2 S
1 BGB, § 267 Abs 1 S 1 BGB, §
362 Abs 1 BGB
Lastschrifteneinzug: Erfüllung eines Anspruchs auf Zahlung von
Leasingraten; Genehmigungsfiktion für Kontobelastungen in den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der kontoführenden Bank;
konkludente Genehmigung bei Unterlassen fristgerechter
Einwendungen gegen Belastungsbuchungen nach Zugang des
quartalsmäßigen Rechnungsabschlusses
Leitsatz
1. Wenn nach den AGB der kontoführenden Bank Einwendungen gegen Belastungsbuchungen
aus Lastschriften spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des
quartalsmäßigen Rechnungsabschlusses zu erheben sind, und hierauf bei Übersendung des
Rechnungsabschlusses hingewiesen wird, stellt das Unterlassen fristgemäßer Einwendungen
die konkludente Genehmigung des Lastschrifteinzugs dar (vgl. BGH Urteil vom 25.10.2007 -
IX Zr 217/06 -).
2. Diese Genehmigung stellt im Außenverhältnis zu dem Zahlungsempfänger die
Genehmigung der zunächst unberechtigten Verfügung der kontoführenden Bank dar (§§ 185
Abs. 2 Satz 1, 177 Abs. 1 BGB).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 837,52 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 430,66 € seit dem 13. Juni
2007 und aus weiteren 406,86 € seit dem 30. November 2007 zu zahlen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Leasingraten sowie vorgerichtlicher
Anwaltskosten in Anspruch. Widerklagend begehrt die Beklagte den Ersatz
vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Die Klägerin, eine gewerbliche Leasinggeberin, schloss mit der Beklagten unter dem
26./29.08.2002 einen schriftlichen Leasingvertrag (Anlagen K 1 und K 2) bezüglich eines
Pkw-M. B. ... … mit einer Laufzeit von 48 Monaten und monatlichen Leasingraten in Höhe
von 960,89 € netto. Die Leasingraten wurden in der Zeit von August 2002 bis
einschließlich Mai 2005 im Lastschriftverfahren von dem Konto des damaligen
Lebensgefährten der Beklagten, ... K., eingezogen. Im Juli und August 2005 nicht
gezahlte Raten wurden von der Beklagten gezahlt. Auf der Grundlage einer
Einzugsermächtigung vom 06.09.2005 (Anlage K 4 = Bl. 18) wurden die Leasingraten ab
September 2005 bis Juli 2006 von einem Konto der ... A. GmbH, deren damaliger
Geschäftsführer ... K. war, bei der ... Bank abgebucht. Am 06.07.2006 widerrief die ... A.
GmbH die erteilte Einzugsermächtigung und am 27.07.2006 widersprach sie den
Lastschrifteinzügen für die Monate Juni und Juli 2006, die dann von der Beklagten gezahlt
wurden. Das Fahrzeug wurde nach dem Ende der Grundmietzeit am 29.08.2006 an die
Klägerin zurückgegeben. Mit Schreiben vom 30.08.2006 (Anlage K 5 = Bl. 19 d. A.) teilte
die ...-Bank der ... Diskontbank, der Gläubigerbank der Klägerin, mit, dass die ... A.
GmbH nun auch den neun Lastschrifteinzügen in Höhe von jeweils 1.118,11 € brutto in
der Zeit vom 16.09.2005 bis zum 03.05.2006 widersprochen habe und von ihr nun eine
entsprechende Rückbelastung vorgenommen werde. Mit der Klage begehrt die Klägerin
die Zahlung dieser neun Leasingraten von der Beklagten und berechnet ihre
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
die Zahlung dieser neun Leasingraten von der Beklagten und berechnet ihre
Klageforderung wie folgt:
Die Klägerin behauptet, die Lastschriftrückgabe in Höhe von 10.062,99 € sei am
04.09.2006 erfolgt, und meint, nunmehr einen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten
gegen die Beklagte als ihre Leasingnehmerin zu haben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.256,70 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.062,99 € seit dem
23.12.2006, nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 361,90 € zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt die Beklagte,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 430,66 € seit dem 13.06.2007 und aus
weiteren 406,86 € seit dem 30.11.2007 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte meint, der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Leasingraten sei durch
Erfüllung erloschen, da den Lastschrifteinzügen nicht mehr wirksam habe widersprochen
werden können.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, die Widerklage hingegen begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten für
die Zeit von September 2005 bis Mai 2006 aus dem als Anspruchsgrundlage einzig in
Betracht kommenden Leasingvertrag vom 26./29.08.2002, da dieser Anspruch gemäß §
362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen ist.
Die Erfüllung ist durch neun Lastschrifteinzüge von dem Konto der ... A. GmbH bei der
...-Bank erfolgt (§ 267 Abs. 1 Satz 1 BGB), denen die ... A. GmbH aufgrund einer zuvor
erfolgten Genehmigung der Lastschrifteinzüge nicht mehr wirksam am 29.8.2006
widersprechen konnte. Es ist davon auszugehen, dass der Widerspruch der ... A. GmbH
am 29.08.2006 erfolgt ist, da die ...-Bank der Gläubigerbank dies mit Schreiben vom
30.08.2006 mitgeteilt hat, und die Klägerin dem Vortrag dieses Datums durch die
Beklagte nicht entgegengetreten ist, so dass dieses Datum unstreitig ist.
Nach der vom Bundesgerichtshof nunmehr seit drei Jahrzehnten in ständiger
Rechtsprechung vertretenen Genehmigungstheorie (vgl. BGHZ 69, 82, 85; 144, 349,
353; 167, 171, 174; BGH NJW 2005, 675, 676; BGH Urteil vom 25.10.2007 - IX ZR 217/06
-, zitiert nach Juris, dort Seite 6 f.) wird die Belastung des Schuldnerkontos bei einer Bank
im Wege des Lastschrifteinzugsverfahrens erst durch die Genehmigung des Schuldners
wirksam. Die dem Gläubiger erteilte Einzugsermächtigung enthält keine Befugnis, das
Weisungsrecht des Schuldners gegenüber seiner Bank auszuüben, sondern nur die
Gestattung, das von der Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des
Lastschrifteinzugs zu benutzen. Da die Belastung des Schuldnerkontos erst durch die
Genehmigung des Schuldners wirksam wird, ist die Forderung des Gläubigers auch nach
der Gutschrift auf dessen Konto und der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto
noch nicht erfüllt; vielmehr hat der Gläubiger gegen den Schuldner weiterhin den
Erfüllungsanspruch, der nunmehr auf die Genehmigung der Belastung gerichtet ist.
Bevor der Schuldner die Genehmigung nicht erklärt hat, ist die zur Einziehung gegebene
Forderung nicht erfüllt. Da der Schuldner in den Verfügungen über sein Konto frei ist und
somit im Verhältnis zur Schuldnerbank keiner Beschränkung bei der Entscheidung
unterliegt, ob und warum er eine Einzugsermächtigungslastschrift widerspricht, ist sein
19
20
21
22
23
24
25
unterliegt, ob und warum er eine Einzugsermächtigungslastschrift widerspricht, ist sein
Widerspruch für die Schuldnerbank grundsätzlich immer verbindlich und kann zeitlich
unbegrenzt erfolgen (BGH NJW 2000, 2667, 2668). Die Belastung des Schuldnerkontos
wird erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam, wobei die Genehmigung
sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen kann (BGH NJW 2005, 675, 676).
Eine ausdrückliche Genehmigung der streitgegenständlichen Lastschrifteinzüge ist durch
die ... A. GmbH nicht erfolgt. Die ... A. GmbH hat die in der Zeit vom 16.09.2005 bis zum
03.05.2006 vorgenommenen Lastschrifteinzüge jedoch konkludent genehmigt.
Eine solche konkludente Genehmigung liegt noch nicht in dem Schweigen der ... A.
GmbH auf die ihr übersandten Tageskontoauszüge, aus denen die Lastschriften
ersichtlich sind, da der in einem solchen Auszug ausgewiesene Saldo einen reinen
Postensaldo darstellt, der u.a. für die Zinsberechnung erstellt wird und dessen
Bedeutung sich auf die Verhinderung nicht gedeckter Auszahlungen beschränkt (vgl.:
BGH NJW 2000, 2667, 2668).
Auch in dem Schweigen und widerspruchslosen Fortsetzen des Zahlungsverkehrs über
ein Konto, das mit Lastschriftbeträgen belastet worden ist, über eine längere Zeit
hinweg, ist noch keine Genehmigung der streitgegenständlichen Lastschrifteinzüge zu
sehen (vgl. BGH NJW 2000, 2667, 2668).
Auch der Ablauf der sechswöchigen Frist gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 des
Lastschriftabkommens der Banken führt nicht zu einer konkludenten Genehmigung der
Abbuchungen im Lastschriftverfahren, denn das Lastschriftabkommen der Banken
begründet nur Pflichten zwischen den beteiligten Banken (vgl.: BGH NJW 2006, 1965,
1966).
Schließlich vermag auch der Ablauf der sechswöchigen Widerspruchsfrist bezüglich der
quartalsmäßigen Rechnungsabschlüsse die Annahme einer konkludenten Genehmigung
der Lastschriftabbuchungen noch nicht zu begründen, da durch das Saldoanerkenntnis
keine Genehmigung der in dem Saldo enthaltenen Belastungsbuchungen erfolgt (vgl.:
BGH NJW 2000, 2667, 2668).
Etwas anderes gilt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur
dann, wenn das Schweigen des Kunden auf die ihm zugegangenen
Rechnungsabschlüsse - wie vorliegend - aus der Sicht der Schuldnerbank - hier der ...-
Bank - über die Anerkennung des Saldos hinaus den Erklärungswert einer
geschäftsbesorgungsrechtlichen Genehmigung der Kontobelastungen aufgrund
Einzugsermächtigungslastschriften hätte. Hierzu bedarf es einer darauf zu beziehenden
Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass die Anerkennung des Saldos
auch eine Genehmigung der darin enthaltenen Belastungen aufgrund
Einzugsermächtigungslastschriften umfasst, sowie eines entsprechenden Hinweises an
die Kunden bei Erteilung des Rechnungsabschlusses (BGH-Urteil vom 25.10.2007 - IX ZR
217/06 -, Seite 12 - 14; noch offen gelassen aber angedeutet in BGH NJW 2000, 2667,
2668). Unstreitig gilt das Unterlassen von Einwendungen gegen Belastungsbuchungen
aufgrund Lastschrifteinzug vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des
Rechnungsabschlusses bei dem Kunden nach Nr. 7.3 der für das Vertragsverhältnis ...-
Bank/... A. GmbH geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen als Genehmigung der
Belastung, wobei die ...-Bank auf diese Folge bei der Teilung des Rechnungsabschlusses
besonders hinweist. Diese Klausel konnte wirksam in den Girovertrag zwischen der ... A.
GmbH als Unternehmerin (§ 14 BGB) und der Schuldnerbank einbezogen werden (§§
307 Abs. 1 und 2, 310 Abs. 1 BGB; vgl.: BGH-Urteil vom 25.10.2007 - XI ZR 217/06 -,
Seite 12). Der Rechnungsabschluss nach dem Einzug der letzten streitgegenständlichen
Rate am 03.05.2006 ist am 30.06.2006 erfolgt, so dass die Sechs-Wochen-Frist zum
Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchs bei der ...-Bank am 29.08.2006 bereits
abgelaufen war.
Diese zunächst das Innenverhältnis ... A. GmbH/...-Bank betreffende Genehmigung der
Lastschriftabbuchung stellt gleichzeitig die Genehmigung der Zahlung im
Außenverhältnis zu dem Gläubiger - hier der Klägerin - dar. Auch im Außenverhältnis
zum Gläubiger und der Gläubigerbank besteht zunächst keine Genehmigung des
Schuldners für die Zahlung der Schuldnerbank. Die Zahlung stellt sich zunächst als
Verfügung eines Nichtberechtigten (= Schuldnerbank) dar. Da sie nicht mit der
Einwilligung des Schuldners (= Berechtigter) erfolgt ist, ist sie zunächst unwirksam (§
185 Abs. 1 BGB). Gemäß § 185 Abs. 2 Satz 1 BGB wird sie aber wirksam, wenn der
Berechtigte (= Schuldner und Bankkunde) die Verfügung genehmigt; wobei die
Genehmigung im Innenverhältnis praktisch vielfach mit der Genehmigung der Verfügung
im Außenverhältnis zusammenfällt (vgl.: Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 66.
Aufl., § 684 Rdn. 2). Diese für das Außenverhältnis entscheidende Genehmigung kann
26
27
28
29
30
Aufl., § 684 Rdn. 2). Diese für das Außenverhältnis entscheidende Genehmigung kann
gemäß § 177 Abs. 1 BGB - bis zu der hier nicht erfolgten Aufforderung gemäß § 177 Abs.
2 BGB - sowohl gegenüber dem unberechtigten Verfügenden - also der ...-Bank -, als
auch gegenüber dem Gläubiger erklärt werden (vgl.: Palandt-Heinrichs, Bürgerliches
Gesetzbuch, 66. Aufl., § 177 Rdn. 6). Wie bereits ausgeführt wurde die Genehmigung von
der ... A. GmbH hinsichtlich der streitgegenständlichen Lastschrifteinzüge gegenüber der
...-Bank, also der unberechtigt Verfügenden, erklärt.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch ohne Berücksichtigung der
Regelung in Nr. 3.7 der AGB der ...-Bank von einer konkludenten Genehmigung der
streitgegenständlichen Lastschriftabbuchungen durch die ... A. GmbH auszugehen ist.
Eine solche Genehmigung ist nämlich auch darin zu sehen, dass die ... A. GmbH bereits
am 27.07.2006, also nach Durchführung der streitgegenständlichen Abbuchungen
(9/2005 - 5/2006) sowie zwei weiteren Abbuchungen in Juni und Juli 2006 (und nach Erhalt
des Rechnungsabschlusses zum 30.06.2006) nur den zeitlich letzten beiden
Abbuchungen im Juni und Juli 2006 widersprochen hat, nicht aber den zeitlich davor
erfolgten Lastschriftabbuchungen; und zwar in Kenntnis dieser Abbuchungen und des
eigenen Widerrufs der Einzugsermächtigung am 06.07.2006. Dieses Verhalten kann von
der ...-Bank nur dahin verstanden werden, dass die ... A. GmbH nach Prüfung der
Lastschriftabbuchungen zwar die Abbuchungen im Juni und Juli 2006 für unberechtigt
hält, die zeitlich früher erfolgten Abbuchungen aber genehmigt.
Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf
Ersatz der vorgerichtlichen Kosten.
Die Widerklage ist begründet. Der Anspruch der Beklagten auf Ersatz der
vorgerichtlichen nicht anrechenbaren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 837,52 € folgt
aus § 280 Abs. 1 BGB, da für die Beklagte aufgrund der unberechtigten Geltendmachung
von Forderungen eine anwaltliche Verteidigung und die damit verbundenen Kosten
erforderlich wurden.
Der Zinsanspruch der Beklagten folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, diejenige über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum