Urteil des LG Berlin vom 05.06.2007

LG Berlin: einstweilige verfügung, vertragsschluss, unternehmer, schutzwürdiges interesse, rücksendung, widerrufsrecht, ware, mitbewerber, muster, wettbewerbshandlung

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Gericht:
LG Berlin Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
96 O 138/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 UWG, § 8 Abs 1 S 1 UWG, §
312c Abs 1 S 1 BGB, § 357 Abs
2 S 2 BGB, § 1 Abs 1 Nr 10 BGB-
InfoV
Wettbewerbsverstoß: Unzureichende Belehrung über den
vorvertraglichen Widerruf im Internet-Handel
Tenor
1. Die einstweilige Verfügung vom 5. Juni 2007 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass
gerichtete Antrag zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch
den Antragsgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden
Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Tatbestand
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung auf
Unterlassung einer Information in Anspruch, die in einem Angebot auf der
Internetplattform ... enthalten ist.
Die Parteien vertreiben beide jedenfalls über die Internethandelsplattform ...
Computerkomponenten in Form von Speicherbausteinen (RAM-Modulen).
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bot der Antragsgegner bei ... einen solchen
Speicherbaustein an. In der auf der Angebotsseite erteilten Widerrufsbelehrung heißt es
unter teilweiser Verwendung des in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV vorgeschlagenen
Mustertextes für eine Widerrufsbelehrung zu den Widerrufsfolgen:
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangen[en]
Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen)
herauszugeben. Paketversandfähige Waren sind zurückzusenden. Nicht
paketversandfähige Waren werden bei Ihnen abgeholt. Sie haben die Kosten der
Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der [b]estellten entspricht und wenn
der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von 40,00 Euro nicht übersteigt
oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch
nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilleistung erbracht haben.
Andernfalls ist die Rücksendung für sie kostenfrei. Verpflichtungen zur Erstattung der
Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer
Widerrufsbelehrung erfüllen. Ende der Widerrufsbelehrung.
Ergänzend wird auf den als Anlage Ast 2 eingereichten Bildschirmausdruck der
Angebotsseite verwiesen.
Mit Schreiben seiner jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 3. Mai 2007 (Anlage Ast
3) mahnte der Antragstellerin den Antragsgegner wegen des
verfahrensgegenständlichen und eines weiteren, später nicht weiter verfolgten
Verstoßes ab. Der Antragsgegner weigerte sich mit Schreiben eines von ihm
beauftragten Rechtsanwaltes vom 14. Mai 2007 (Anlage Ast 4) die verlangte
Unterwerfungserklärung abzugeben und forderte den Antragsteller unter Übersendung
einer Vollmacht auf, weitere Korrespondenz ausschließlich mit ihm vornehmen.
Die vom Antragsteller darauf hin beantragte einstweilige Verfügung ist durch Beschluss
der Kammer vom 5. Juni 2007 erlassen worden, wobei dem Antragsgegner unter
Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber privaten
Endverbrauchern bei Fernabsatzverträgen über Speicherbausteine (RAM-Module) auf der
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Endverbrauchern bei Fernabsatzverträgen über Speicherbausteine (RAM-Module) auf der
Internetplattform "..." über die Rechtsfolgen der Ausübung des gesetzlichen
Widerrufsrechts zu informieren, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass im Falle des
Widerrufs die Ware auf Gefahr des Verkäufers zurückgesandt werden kann.
Der Antragsgegner hat gegen den seinem seinerzeitigen anwaltlichen Vertreter am 15.
Juni 2007 zugestellten Beschluss Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin aufrechtzuerhalten.
Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und auf ihren Erlass gerichteten Antrag
zurückzuweisen.
Die Parteien streiten unter anderem über die Frage, ob die Rechtsverfolgung durch den
Antragsteller rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist. Insoweit und auch
wegen der weiteren Einzelheiten des Streitstandes, der Rechtsfragen betrifft, wird auf die
von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Auf den Widerspruch des Antragsgegners ist die einstweilige Verfügung aufzuheben (§
925 ZPO).
I. Der Antrag ist – soweit für die Entscheidung von Bedeutung – zulässig.
1. Das Landgericht Berlin ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 UWG örtlich und gemäß § 13 Abs. 1
UWG sachlich und funktionell zuständig.
2. Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, so dass die Klägerin
zur Geltendmachung von Ansprüchen prozessführungsbefugt ist (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG).
3. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Geltendmachung des Anspruchs
rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG erfolgt, lässt die Kammer aus
Gründen der Prozessökonomie dahin stehen, da die Prüfung des Anspruchs ergibt, dass
der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung jedenfalls unbegründet ist (vgl. BGH,
GRUR 1999, 509, 510 - ).
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht begründet. Der
Antragsteller hat gegen den Antragsgegner nicht den geltend gemachten
Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG.
1. Es kommt für die Entscheidung nicht darauf an, ob die vom Antragsgegner
verwendete Widerrufsbelehrung in ihrem vom Antragsteller beanstandeten Teil als
unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 312c Abs. 1 S.
1 BGB anzusehen ist. Nach diesen Vorschriften hat ein Unternehmer dem Verbraucher
klar und verständlich die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die diese gemäß
Art. 240 Nr. 1 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bestimmt ist. Hierzu gehören
grundsätzlich nicht nur Informationen über das Bestehen des Widerrufsrechts, sondern
auch über dessen Bedingungen, die Einzelheiten der Ausübung und die Rechtsfolgen des
Widerrufs (vgl. KG, NJW 2006, 3215; KG, MMR 2007, 185).
Gemäß § 357 Abs. 2 S. 2 BGB ist für das hier gemäß §§ 312d Abs. 1, 355 BGB
bestehende Widerrufsrecht geregelt, dass Kosten und Gefahr der Rücksendung einer
Sache bei einem Widerruf (oder einer Rückgabe im Sinne von § 356 BGB) der
Unternehmer trägt. Die aufgrund der Verordnungsermächtigung des Art. 240 Nr. 1
EGBGB erlassene BGB-InfoV sieht insoweit in dem für eine Belehrung in Textform
vorgesehene Widerrufsbelehrung vorgeschlagenen Muster (Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV)
zur Erfüllung der Informationspflichten des § 1 Abs. 1 BGB-InfoV grundsätzlich den
ausdrücklichen Hinweis vor, dass im Falle des Widerrufs "paketversandfähige Sachen …
(auf Kosten und auf Gefahr) des Unternehmers vom Verbraucher zurückzusenden" sind.
Der Mustertext kann gemäß dem "Gestaltungshinweis" in der Fußnote 7 dahin
abgeändert werden, dass der in Klammern gesetzte Teil des Satzes entfallen kann, wenn
in Ausübung des gemäß § 357 Abs. 2 S. 3 BGB für den Unternehmer bestehenden
Wahlrechts der dort vorgesehene und auch vom Antragsgegner verwendete Hinweis
("Sie haben die Kosen der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der
bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von
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bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von
40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum
Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte
Teilleistung erbracht haben. Andernfalls ist die Rücksendung für sie kostenfrei")
verwendet wird. Soweit hierbei die in § 357 Abs. 2 S. 2 BGB zu Gunsten des
Verbrauchers getroffene Regelung zur Gefahrtragung nicht erwähnt wird, handelt es sich
jedoch um ein offensichtliches Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Dies zeigt nicht
zuletzt das Muster für die Rückgabebelehrung gemäß § 356 BGB in der Anlage 3 zu § 14
BGB-InfoV. Dort wird der Vorschrift des § 357 Abs. 2 S. 2 BGB ebenfalls in der Weise
Rechnung getragen, dass auch auf die Gefahrtragung des Unternehmers hingewiesen
wird ("In jedem Falle erfolgt die Rücksendung auf unsere Kosten und Gefahr.").
Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, dass gemäß § 1 Abs. 4 BGB-InfoV für
den Unternehmer die Erfüllung seiner Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB
durch Verwendung des in der Anlage zu § 14 BGB-InfoV bestimmten Musters
vorgesehen ist. Insoweit wird auf die Ausführungen des Kammergerichts in dem den
Parteien bekannten Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 5 W 295/06 - verwiesen (MMR
2007, 185, 186). Das Muster gilt nur für die nach Vertragsschluss in Textform
geschuldete Information gemäß § 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB, nicht dagegen für die
ohne Einhaltung der Textform mögliche vorvertragliche Unterrichtung des Verbrauchers.
2. Der Verstoß des Antragsgegners ist jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb im Sinne
von § 3 UWG zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen
Marktteilnehmer mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.
Mit der Formulierung "zum Nachteil" bringt § 3 UWG zum Ausdruck, dass die Lauterkeit
im Wettbewerb nicht um ihrer selbst willen geschützt wird, sondern nur insoweit, als die
Wettbewerbsmaßnahmen tatsächlich geeignet sind, zu einer Beeinträchtigung
geschützter Interessen der Marktteilnehmer zu führen. Die Verfälschung des
Wettbewerbs muss darüber hinaus "nicht unerheblich" sein. Damit soll zum Ausdruck
kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das
Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein muss.
Die Verfolgung von Bagatellfällen, an deren Verfolgung kein schutzwürdiges Interesse
der Allgemeinheit besteht, soll ausgeschlossen werden. Die Feststellung, ob ein
Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu verfälschen,
setzt eine nach objektiven und subjektiven Momenten unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles zu treffende Wertung voraus. Bei der Prüfung, ob die
beanstandete Wettbewerbshandlung zu einer nicht unerheblichen
Wettbewerbsbeeinträchtigung geeignet ist, ist dementsprechend eine
Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller vom Schutzzweck der Norm erfasster
Umstände vorzunehmen. In diese sind neben der Art und Schwere des Verstoßes die zu
erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie der Schutzzweck des
Wettbewerbsrechts einzubeziehen. Eine nicht nur unerhebliche Verfälschung kann auch
bei Verstößen mit nur geringen Auswirkungen auf den Marktteilnehmer im Einzelfall
vorliegen, wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist
oder eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. Eine Eignung zur nicht nur
unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der betroffenen
Mitbewerber ist dann anzunehmen, wenn ihre Marktchancen durch die unlautere
Wettbewerbshandlung spürbar beeinträchtigt sein können. Letzteres hängt auch von der
Größe eines erzielten Wettbewerbsvorsprungs ab. Es reicht nicht aus, dass der Verstoß
lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen.
Von Bedeutung sind vielmehr die jeweiligen Marktverhältnisse, wie die Größe des
Unternehmens und die Zahl der Mitbewerber auf dem Markt sowie die Art, Schwere,
Häufigkeit oder Dauer des Wettbewerbsverstoßes. In Bezug auf die Verbraucher und
sonstigen Marktteilnehmer ist darauf abzustellen, ob ihre Informationsinteressen, ihre
Entscheidungsfreiheit und ihre sonstigen durch das Gesetz geschützten Interessen
spürbar beeinträchtigt sein können. Auch bezüglich der Verbraucher und sonstigen
Marktteilnehmer ist das Ausmaß der Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit oder
sonstigen Interessen maßgebend. Dementsprechend kann sich ein Anwendungsbereich
besagter "Bagatellklausel" des § 3 UWG beispielsweise dann eröffnen, wenn zwar gegen
zum Schutz des Verbrauchers erlassene Vorschriften verstoßen wird, der Inhalt des
gebotswidrig unterlassenen Hinweises sich aber aus dem übrigen Kontext dem
Verbraucher erschließt, aus sonstigen Umständen für den Verbraucher nahe liegt oder
für die Kaufentscheidung von zu vernachlässigender Bedeutung ist (vgl. Kammergericht,
Beschluss vom 11. Mai 2007 – 5 W 116/07 – (zugänglich unter anderem über die
Homepage des Kammergerichts www.kammergericht.de ) mit Hinweisen unter anderem
auf OLG Koblenz GRUR-RR 2007, 23f; KG, GRUR-RR 2005, 357, 358; in:
Ullmann, jurisPK-UWG, 2006, § 3 Rn. 42).
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Danach ist der hier verfahrensgegenständliche Verstoß nicht geeignet, den Wettbewerb
zum Nachteil der Marktteilnehmer mehr als nur unerheblich im Sinne von § 3 UWG zu
beeinträchtigen. Der Antragsteller wendet sich in diesem Verfahren ausschließlich gegen
die im Angebot des Antragsgegners auf der Internethandelsplattform ... erteilte
Information gemäß § 312c Abs. 1 S. 1 BGB, die vom Unternehmer vor der Abgabe der
Vertragserklärung des Verbraucher gegeben werden muss. Bei dieser handelt es sich
nach der Regelungssystematik des § 312c BGB nicht um die einzige Information des
Verbrauchers. Vielmehr muss der Unternehmer – den Vorgaben der Richtlinie 97/7/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den
Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie)
folgend, die unter anderem mit § 312c Abs. 1 S. 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt
worden ist – den Verbraucher nach Vertragsschluss noch einmal eine schriftliche
Bestätigung der vorher erteilten Informationen übermitteln, die dann insbesondere einen
Hinweis über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrecht
enthalten muss (vgl. Art. 5 der Richtlinie). Im deutschen Recht ist dies in § 312c Abs. 2 S.
1 Nr. 2 BGB geregelt, wonach die in Art. 240 Nr. 3 EGBGB genannten Informationen in
dem in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bestimmten Umfang und der in § 1 Abs. 4 BGB-InfoV
bestimmten Art und Weise in Textform mitzuteilen sind. Obwohl damit auch ohne die
gemäß § 312c Abs. 1 S. 1 BGB vor Vertragsschluss geschuldete Information der
Verbraucher in der Regel durch die nach Vertragsschluss in Textform geschuldete
Bestätigung über seine Rechte informiert wird, bedeutet dies natürlich nicht, dass ein
Unternehmer nicht unlauter handelt, wenn er den Verbraucher nicht nach § 312c Abs. 1
S. 1 BGB über dessen Widerrufsrecht informiert. Vielmehr beeinträchtigt er insbesondere
die Belange der Verbraucher, die grundsätzlich ein Interesse haben, in der vom Gesetz
vorgesehenen Weise über zu ihrem Schutz erlassene Vorschriften informiert zu werden.
Dieses Interesse besteht jedoch im Hinblick auf das gemäß §§ 312d Abs. 1, 355 BGB
eingeräumte Widerrufsrecht je nach Art der in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV vorgesehenen
Information in unterschiedlicher Intensität. Unzweifelhaft besteht dieses Interesse
hinsichtlich des Bestehens eines Widerrufsrechts überhaupt, da dies für den
Verbraucher, der bei Geschäftsabschlüssen über ... vor Vertragsschluss keine
Möglichkeit hat, die Sache in (unmittelbaren) Augenschein zu nehmen, von besonderer
Bedeutung ist. Daher ist in der Regel die Bagatellschwelle des § 3 UWG überschritten,
wenn der Verbraucher über ein ihm zustehendes Widerrufsrecht nicht oder nicht
zutreffend belehrt wird (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 232, 234; in:
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 25. Aufl., 2007, § 2, Rn. 79). Dagegen ist vor
Vertragsschluss für den Verbraucher die Information darüber, dass er im zu diesem
Zeitpunkt nur möglicherweise erfolgenden Kaufes einer Sache im hypothetischen Falle
eines Widerrufs das Recht hat die Sache zurückzusenden, ohne hierbei das Risiko des
zufälligen Untergangs oder Verschlechterung, etwa des Verlustes auf dem Postweg, zu
tragen, für den Verbraucher von ungleich geringerer Bedeutung.
Bei der Gewichtung des vom Antragsgegner unterlassenen Hinweises zu berücksichtigen
ist dabei auch, dass das weder die Fernabsatzrichtlinie noch die Richtlinie 2005/29/EG
des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere
Geschäftspraktiken so weitgehende Informationspflichten vorsehen, wie dies in § 1 Abs.
1 Nr. 10 BGB-InfoV geschieht. Gemäß Art. 4 der Fernabsatzrichtlinie ist für die
Unterrichtung des Verbrauchers vor Vertragsschluss lediglich eine Information über das
Bestehen des Widerrufsrechts vorgesehen. Auch in Art. 7 Abs. 4 lit. e) der Richtlinie über
unlautere Geschäftspraktiken, wird als irreführende Unterlassung nicht etwa das Fehlen
jeder Information zum Widerrufsrecht angesehen, sondern im Falle einer Aufforderung
zum Kauf zu Produkten, für die ein Rücktritt- oder Widerrufsrecht besteht, wird als
wesentlich nur die Information über das Bestehen dieses Rechts angesehen (vgl. auch
in: Ullmann, jurisPK-UWG, § 3 Rn. 41, wo für die Erheblichkeitsschwelle des § 3
UWG ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 4 lit. e) der Richtlinie hingewiesen wird). Im
Diskussionsentwurf eines "Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb (UWG)" vom 8. Mai 2007 ist zur Umsetzung des Art. 7 der
Richtlinie daher als § 5 Abs. 4 UWG n.F. auch (nur) vorgesehen, dass es bei der
Beurteilung, ob das Verschweigen eines Umstandes irreführend ist, insbesondere darauf
ankommt, ob dieser Umstand nach der Verkehrsauffassung für die geschäftliche
Entscheidung wesentlich und dazu geeignet ist, die Entscheidung zu beeinflussen, wobei
zu berücksichtigen ist, ob das für die Wettbewerbsbeschränkung verwendete
Kommunikationsmittel räumlichen oder zeitlichen Beschränkungen unterliegt und ob
eine unterbliebene Angabe in einem solchen Fall anderweitig mitgeteilt wird.
Mit diesen Erwägungen ist das Fehlen einer Angabe zur Gefahrtragung bei Rücksendung
einer Sache nach Ausübung des Widerrufsrechts vor Vertragsschluss nicht als geeignet
anzusehen, den Wettbewerb mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. Ausreichend
ist die nach Vertragsschluss erfolgende Belehrung, die vom Unternehmer in Textform
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ist die nach Vertragsschluss erfolgende Belehrung, die vom Unternehmer in Textform
und in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form geschuldet ist. Hiervon zu
trennen ist die – gegebenenfalls zu bejahende – Frage, ob der der Antragsgegner nach
Vertragschluss im Rahmen der gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB geschuldeten
Informationen zu einem Hinweis auch auf § 357 Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet ist. Das
Unterlassen einer solchen Information ist nicht Gegenstand des Antrages des
Antragsstellers und damit auch nicht Gegenstand der Entscheidung der Kammer.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 S. 1 u. 2, 709 S. 2 ZPO.
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