Urteil des LG Berlin vom 25.04.2007
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Gericht:
LG Berlin 63.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
63 S 186/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 Abs 2 BGB, § 536 BGB, §
556 Abs 3 BGB
Wohnraummiete: Betriebskostenabrechnung ohne Erläuterung
eines Vorwegabzugs; Mieterpflicht zur Konkretisierung der
Mietminderungsgründe
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen -
das am 25. April 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 103 C 94/06 -
abgeändert und neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.376,94 Euro
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 27. Mai 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 69% und die Beklagten 31%
zu tragen. von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 31% und die
Beklagten 69% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des
Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO
abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
Die Klägerin kann nicht gemäß § 535 Abs. 2 BGB Zahlung des Abrechnungssaldos aus
der Betriebskostenabrechnung für 2004 vom 14. Dezember 2005 in Höhe von 836,70
EUR verlangen. Die Abrechnung begründet keinen fälligen Nachzahlungsanspruch. Sie
entspricht nicht den Anforderungen von § 259 BGB. Eine danach ordnungsgemäße
Abrechnung erfordert die Angabe des Abrechnungszeitraums, die Zusammenstellung
der für die einzelnen Kostenarten angefallenen Gesamtkosten, die Angabe und
Erläuterung des Umlegungsmaßstabs, die Berechnung des Anteils des Mieters und die
Vorauszahlungen des Mieters und den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag
(BGH, Urteil vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 116/04 - GE 2005, 360; ständige
Rechtssprechung seit NJW 1982, 573). Die dem Beklagten erteilte Abrechnung war in
Bezug auf die Angabe der Gesamtkosten insofern fehlerhaft, als die Klägerin nach ihren
eigenen Angaben im Schriftsatz vom 21. November 2006 die ihr entstandenen
Gesamtkosten vorab um Kosten für andere hier nicht zur Abrechnung anstehenden
Flächen bereinigt hat, ohne dies in der Abrechnung vollständig mitzuteilen. Der von der
Klägerin vorgenommene Vorwegabzug ist in der Abrechnung nicht erkennbar. Die
Gesamtkosten sind auch dann anzugeben, wenn einzelne Kostenteile nicht umlagefähig
sind. Es genügt nicht, nur die insoweit schon bereinigten Kosten mitzuteilen. Dem Mieter
muss auch ersichtlich sein, ob und in welcher Höhe nicht umlagefähige Kosten vorab
abgesetzt worden sind, denn auch dies hat Einfluss auf die dem Mieter angelasteten
Kosten. Fehlt es an einer solchen Offenlegung, liegt ein formeller Mangel der Abrechnung
vor, der zu ihrer Unwirksamkeit führt (BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 – VIII ZR 1/06,
GE 2007, 438).
Hingegen hat das Amtsgericht die Beklagten zu Recht gemäß § 535 Abs. 2 BGB zur
Zahlung restlicher Mieten für Dezember 2003 bis März 2006 in Höhe von insgesamt
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Zahlung restlicher Mieten für Dezember 2003 bis März 2006 in Höhe von insgesamt
4.085,77 EUR verurteilt.
Die von den Beklagten geschuldete Miete war nicht über den vom Amtsgericht
berücksichtigten Umfang hinaus gemäß § 536 BGB gemindert. Soweit die Beklagten
Schimmel- und Rissbildungen an den Fenstern rügen, fehlen jegliche nähere Angaben zu
Art, Umfang und Ausmaß sowie zu den jeweils betroffenen Fenstern. Die Angabe, dass
die Nutzbarkeit des Duschbads aufgrund der Mängel der Entlüftung eingeschränkt bis
weggefallen sei, erlaubt keine Beurteilung der sich daraus ergebenden tatsächlichen
Beeinträchtigung. Entsprechendes gilt für die von den Beklagten eingewandte
fortschreitende und verstärkte allgemeine Verwahrlosung der Wohnanlage. Auch hier
kann nicht nachvollzogen werden, inwiefern und in welchem Umfang der Gebrauch der
von ihnen gemieteten Wohnung eingeschränkt ist und hierbei vor allem die
Erheblichkeitsschwelle gemäß § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB überschritten ist. Letzteres gilt
auch für das Absacken der Duschtasse und den Kinderspielplatz. Hier legt auch bereits
die von den Beklagten angesetzte Minderungsquote von 0,3 % bzw. 0,7 % nahe, dass
keine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB vorgelegen
hat. Die Beklagten können sich insoweit auch nicht auf ein Vorverfahren (Amtsgericht
Schöneberg - 4 C 442/01 -) berufen. Der pauschale Hinweis, dort sei für
Kellerfeuchtigkeit und Schimmelbildungen an Innenfenstern u.a. eine Minderung von 5 %
anerkannt worden, genügt für ein substantiiertes Vorbringen in diesem Rechtsstreit
nicht. Weder ist das Urteil eingereicht, noch ersichtlich, dass sich an der Sachlage nichts
geändert hat. Im Gegenteil, aus dem Schreiben der Beklagten vom 7. März 2004 ergibt
sich beispielsweise, dass ihnen ein Ersatzkeller zur Verfügung gestellt worden ist.
Hinsichtlich der Beeinträchtigungen durch Bauarbeiten in der Siedlung ist eine über die
vom Amtsgericht berücksichtigte Minderung hinausgehende weitere Minderung ebenfalls
nicht gerechtfertigt. Zwar haben in der Siedlung im streitgegenständlichen Zeitraum
unstreitig nicht unerhebliche Bauarbeiten zur Sanierung der Wohnungen stattgefunden.
Das allein genügt indes nicht für die Annahme einer mehr als nur unerheblichen
Beeinträchtigung, die sich auf die Nutzbarkeit der von den Beklagten gemieteten
Wohnung ausgewirkt hat. Die Klägerin hat für Oktober bis Dezember 2004 den Beklagten
eine Minderung von 70 % bis 100 % zugestanden. Diese ist vom Amtsgericht im
angefochtenen Urteil berücksichtigt worden. Welche Bauarbeiten in anderen Zeiten zu
welchen konkreten Nachteilen geführt haben, ist von den Beklagten nicht substantiiert
dargetan worden.
Es obliegt ihnen, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Minderungsanspruch
durch Angabe der tatsächlichen Umstände und Auswirkungen nach hinreichend in einer
Weise vorzutragen, dass das Gericht in der Lage ist, die Beeinträchtigungen
nachzuvollziehen und die Angemessenheit einer Minderungsquote beurteilen zu können.
Gerade wenn, wie hier, die Arbeiten in einzelnen Häusern und Wohnungen gestaffelt
stattfinden, müssen die Beklagten die Auswirkungen auf ihre Wohnung näher
konkretisieren. Bauarbeiten in einem 100 bis 150 m entfernten Komplex in der Siedlung
führen nicht ohne weiteres zu mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigungen. Lediglich
der Umstand, dass in der Siedlung Bauarbeiten stattfinden und diese von den Beklagten
wahrnehmbar sind, genügt hierfür nicht.
Abzüge der Beklagten sind auch nicht in Bezug auf die Nebenkostenvorschüsse für 2006
berechtigt. Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass Einwände gegen die
Richtigkeit der Abrechnungen kein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die laufenden
Vorschüsse begründen. Vorschüsse können nur zurückgehalten werden, wenn der
Vermieter keine Abrechnung erstellt. Die Einwände gegen die Richtigkeit erstellter
Abrechnungen sind im Streit über die Höhe der Nachforderung bzw. des Guthabens
geltend zu machen.
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur Betriebskostennachzahlung für
2004 folgt, dass den Beklagten aus der Abrechnung vom 14. Dezember 2005 noch ein
Heizkostenguthaben in Höhe von 708,76 EUR zusteht. Mit diesem haben die Beklagten
hilfsweise die Aufrechnung erklärt. Die Aufrechnung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Sie
ist sachdienlich und die Forderung ist unstreitig.
Danach ist der begründete Mietzinsanspruch von 4.085,77 EUR um diesen Betrag zu
vermindern, sodass sich eine begründete Klageforderung von 3.376,94 EUR ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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