Urteil des LG Berlin vom 07.12.2005

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Gericht:
LG Berlin 67.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
67 S 26/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 554 BGB
Duldung von Modernisierungsmaßnahmen: Üblichkeit einer
Sammelheizung mit Warmwasserversorgung bei Berliner
Zwischenkriegsbauten
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im
Übrigen das am 07. Dezember 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte - 15 C
61/05 - dahin geändert, dass die Klage auch zu Nr. I/6 (Bodenbeläge) und Nr. I/7 (Balkon)
des amtsgerichtlichen Tenors abgewiesen und Nr. I/3 des amtsgerichtlichen Tenors wie
folgt neu gefasst wird:
3. Verfliesung von Wand- und Bodenflächen, Verfliesung des Bodens im Bad,
Herd in der Küche
Im Bad erhalten alle Wände und Fußböden einen Fliesenbelag auf einem
entsprechend vorbereiteten und gegen Feuchtigkeit abgedichteten Untergrund.
Es wird eine neue Fußbodenkonstruktion aus Trockenestrichelementen und
dämmender Ausgleichsschüttung eingebaut. Anschließend wird der Fußboden mit
diagonal verlegten grau-weiß-melierten quadratischen Fliesen (im Format 20cm x 20cm)
komplett gefliest.
Die Badezimmerwände werden allseitig mit grau-weiß-melierten rechteckigen
Fliesen (im Format 15cm x 20cm) inklusive der Installationsschächte bis ca. Oberkante
Türkante neu gefliest. Nicht geflieste Wandbereiche im Bad (zwischen Wandfliesen und
Decke) sowie die Decken werden mit Raufasertapete tapeziert und weiß gestrichen.
Zur Vorbereitung der Maßnahmen werden im Bad vorhandene Wand-,
Decken- und Bodenbeläge entfernt.
Die Küche wird mit einem 4-Platten-Elektrostandherd mit Backofen
ausgerüstet.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 48% und die
Beklagte 52% zu tragen. Die Kosten des zweiten Rechtszuges fallen der Klägerin zu 21%
und der Beklagten zu 79% zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1
ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§
517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
II. Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Duldung der Instandsetzungs-
und Modernisierungsmaßnahmen aus § 554 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.
Mit Vertrag vom 12. April 2001 mietete die Beklagte von der Klägerin die Wohnung in der
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Mit Vertrag vom 12. April 2001 mietete die Beklagte von der Klägerin die Wohnung in der
... , zweites Obergeschoss links, ...
Unter dem 15. Oktober 2004 kündigte die Klägerin umfangreiche Instandhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen an, wie zum Beispiel:
- Einbau einer Zentralheizung
- zusätzliche elektrische Fußbodenheizung im Bad
- komplett neue Sanitärinstallation
- Verfliesung von Bad und Küche
- neue Elektroinstallation
- Austausch von Fenstern
- Überarbeitung von Fenstern
- neue Bodenbeläge
- Sanierung der Gebäudehülle und des Balkons
- Einbau von Erfassungsgeräten für Heizungs- und Wasserverbrauch
Die Beklagte duldete die Maßnahmen nicht. Soweit Maßnahmen außerhalb ihrer
Wohnung durchzuführen waren, sind sie zum Teil bereits abgeschlossen.
Soweit das Amtsgericht der Klage stattgegeben hat und dies mit der Berufung
angegriffen ist, ist das amtsgerichtliche Urteil zunächst hinsichtlich des Balkons (Nr. I/7
des amtsgerichtlichen Tenors) zu ändern, da die Arbeiten dort (nunmehr unstreitig)
abgeschlossen waren.
Das Urteil ist weiter zu den Bodenbelägen (Nr. I/6 des amtsgerichtlichen Tenors) zu
ändern. Insoweit ist der Antrag der Klägerin zu unbestimmt. Für eine Duldungsklage
muss gerade der tatsächliche Zustand zugrunde gelegt werden. Die Klägerin hätte
angegeben müssen, inwieweit Instandsetzungsbedarf vorliegt. So ist der Antrag zu
allgemein. Das Berufungsgericht hat auf diesen Umstand in den Erörterungen in der
mündlichen Verhandlung vom 21. September 2006 hingewiesen. Auch nachdem die
Klägerin inzwischen unstreitig die Wohnung am 06. Dezember 2006 besichtigt hat, hat
sie zum Zustand der Böden ihren Vortrag nicht mehr ergänzt.
Die Instandsetzungs- und Modernisierungsankündigung vom 15. Oktober 2004 ist
ansonsten formell ordnungsgemäß.
Die Maßnahmen werden hinreichend beschrieben. Dabei muss keine genaue
Leistungsangabe für die Heizung gemacht werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die
Leistung zu gering sein könnte. Im Übrigen ergeben sich der Strangverlauf usw. aus dem
der Ankündigung unstreitig beigefügten Plan. Es ist nicht erkennbar, inwieweit dieser Plan
erhebliche Abweichungen zur tatsächlichen Wohnung aufweisen soll. Auch in der
mündlichen Verhandlung vom 21. September 2006 konnte die persönlich gehörte
Beklagte dazu nur auf einen Einbauschrank in der Küche verweisen, der aber keine
wesentliche Abweichung - insbesondere etwa hinsichtlich des Strangverlaufs von
Leitungen - darstellt.
Die voraussichtliche neue Miete ist einschließlich der Betriebskosten angegeben. Dabei
kann die Klägerin insbesondere die Heizkosten nicht genau vorher bestimmen, da zum
einen bisher eine allein von der Beklagten zu bezahlende Beheizung mit Kohlen über
Ofenheizung vorlag, sodass der Klägerin keinerlei Vergleichsbasis zur Verfügung steht,
und zum anderen die künftigen Kosten maßgeblich vom Verbrauchsverhalten der
Beklagten selbst abhängen, das die Klägerin nicht beeinflussen kann.
Hinsichtlich des Einbaus einer Sammelheizung mit Warmwasserversorgung (Nr. I/1 des
amtsgerichtlichen Tenors) ist gegenüber der bisherigen Ausstattung mit Öfen eine
Wohnwertverbesserung ohne weiteres anzunehmen.
Der Anspruch ist nicht nach § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen, denn insoweit wird
nur ein üblicher Standard hergestellt. Nach der aufgrund des Beschlusses vom 23.
Oktober 2006 eingeholten Auskunft des Statistischen Landesamtes vom 09. November
2006 sind in der Baualtersklasse 1919-49 schon 86,3% der Wohnungen mit
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2006 sind in der Baualtersklasse 1919-49 schon 86,3% der Wohnungen mit
Sammelheizung ausgestattet. Eine Kombination mit zentraler Warmwasserversorgung
liegt bereits in 74,4% der Wohnungen vor. Wenn man die unbewohnten Wohnungen,
deren Zahl das Statistische Landesamt in der ergänzenden Stellungnahme vom 07.
Dezember 2006 mit 18.800 angibt, zugunsten der Beklagten vollständig als nicht mit
Sammelheizung und/oder zentraler Warmwasserversorgung ausgestattet ansieht,
verbleiben noch 73,6% bzw. 63,5%. Angesichts der Tatsache, dass zumindest zum Teil
es sich um Wohnungen handelt, die nur zeitweilig nicht vermietet, aber normal
ausgestattet sind, ist die Grenze von zwei Dritteln als überschritten anzusehen. Dabei
hat das Gericht auch berücksichtigt, dass ständig weitere Modernisierungen - gerade im
Ostteil der Stadt - erfolgen, die den Ausstattungsgrad der Wohnungen heben.
Die Klägerin kann in diesem Rahmen auch die Fußbodenheizung im Bad (ohne Umlage)
einbauen (Nr. I/1.a des amtsgerichtlichen Tenors). Gleiches gilt für die
Verbrauchserfassungsgeräte (Nr. I/8 des amtsgerichtlichen Tenors).
Eine Instandsetzung von Fenstern (Nr. I/4 und Nr. I/5 des amtsgerichtlichen Tenors) kann
die Klägerin weitgehend nach eigenem Ermessen vornehmen. In diesem Rahmen kann
sie auch Kastendoppelfenster gegen Isolierglasfenster austauschen. Es wird insoweit
gerade keine Modernisierung geltend gemacht und keine Umlage verlangt. Der
Härteeinwand aus § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB ist hier nicht zu berücksichtigen, weil er sich
nur darauf beziehen könnte, dass künftig möglicherweise ein wohnwerterhöhendes
Merkmal nach dem Mietspiegel (Isolierglasfenster) vorliegen könnte. Die Auswirkungen
sind insoweit jedoch durch das Zusammenspiel mit den übrigen Merkmalen so ungewiss,
dass ein Härteeinwand ausscheidet.
Da die Klägerin die gesamte Beheizung und Sanitärinstallation umstellt, ist eine
Umstellung von Gas- auf Elektroherd für die Beklagte zumutbar (Nr. I/3 des [geänderten]
amtsgerichtlichen Tenors).
Die Verfliesung des Bades ist eine Modernisierung (Nr. I/3 des amtsgerichtlichen Tenors).
Der Härteeinwand greift aus den Gründen des gerichtlichen Hinweises vom 11. Januar
2007, auf den verwiesen wird, nicht ein. Anknüpfend an das am 30. November 2006
verkündete Urteil der Kammer (67 S 266/06) geht das Gericht davon aus, dass ein
bereits vorhandenes Bad im Rahmen einer Modernisierung auf den zu dieser Zeit
üblichen technischen Standard gebracht werden kann. Dabei ist dieser Standard im
Vergleich zu älteren Ausstattungen "modern” im Sinne des Mietspiegels.
Die Verfliesung der Küche kann nicht verlangt werden. Insoweit ist das angegriffene Urteil
in Nr. I/3 des dortigen Tenors zu ändern. Es ist aus der Modernisierungsankündigung
nicht ersichtlich, worin die Wohnwertverbesserung liegen soll, zumal die Küche bereits
über einen Fliesenspiegel verfügt. Die Klägerin geht auf den konkreten Zustand der
Küche nicht genauer ein. Auf den Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung
am 21. September 2006 ist der Vortrag insoweit nicht ergänzt worden.
Die sonstige Sanitärinstallation (Nr. I/2 des amtsgerichtlichen Tenors) stellt eine
Modernisierung dar. Der Härteeinwand greift aus den Gründen des Hinweises vom 11.
Januar 2007 nicht ein. Auf die weiteren Ausführungen zur Verfliesung des Bades wird
Bezug genommen.
III. Die unverändert gelassene Androhung des Ordnungsgeldes und der ersatzweisen
Ordnungshaft in Nr. II des amtsgerichtlichen Tenors folgt aus § 890 ZPO.
IV. Die Kostenentscheidung folgt für beide Rechtszüge jeweils aus § 92 Abs. 1 ZPO.
V. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
VI. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1
ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist
nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
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