Urteil des LG Berlin vom 29.03.2017

LG Berlin: insolvenz, wiederaufnahme, zahlungsunfähigkeit, auszahlung, zahlungsfähigkeit, anfechtung, kaufvertrag, anteil, zwangsvollstreckung, verrechnung

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Gericht:
LG Berlin 4.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 O 356/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 17 InsO, § 131 Abs 1 Nr 1 InsO,
§ 139 Abs 2 InsO, § 143 InsO
Insolvenzanfechtung: Keine absolute Zeitgrenze für
Rückbeziehung gemäß § 139 Abs. 2 InsO bei inkongruenter
Deckung
Leitsatz
1. Einer Inkongruenzanfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO kann auch ein zehn Jahre vor
der letztlich erfolgten Verfahrenseröffnung mangels Masse zurückgewiesener Insolvenzantrag
zugrunde gelegt werden. Eine absolute Zeitgrenze ist nicht zu ziehen, zumal die
Rückbeziehung gemäß § 139 Abs. 2 InsO der materiellen Voraussetzung der sog.
einheitlichen Insolvenz unterliegt (BGH vom 15.11.2007 - IX ZR 212/06, MDR 2008, 346),
deren Nachweis sich mit zunehmendem Zeitraum schwieriger ge-staltet. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn für die Feststellung der Insolvenz nicht auf Überschuldung (§ 19 InsO), sondern
auf die im Vergleich hierzu im Laufe der Zeit eher Schwankungen unterworfene
Zahlungsfähigkeit (§ 17 InsO) abzustellen ist.
2. Der Anfechtungsgegner ist darlegungs- und beweisbelastet für den zwischenzeitlichen
Wegfall des bei Stellung des ersten Eröffnungsantrages und auch bei der späteren
Verfahrenseröffnung vorliegenden Insolvenzgrundes, also - bei Zahlungsunfähigkeit - für die
zwischen-zeitliche, allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen durch den Schuldner
(Anschluss OLG Schleswig vom 03.11.2006 - 1 U 120/06, ZInsO 2006, 1224). Hierfür ist der
Nachweis nicht ausreichend, dass der Insolvenzschuldner zwischenzeitlich in der Lage war,
regelmäßig einen Monatsbeitrag von etwas über einhundert Euro auf eine im eigenen
Interesse abgeschlossene Kapitallebensversicherung einzuzahlen.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.976,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2009 zu zahlen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 14 % und die Beklagte 86 % zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Kläger kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen ihn
zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Insolvenzanfechtung in Anspruch.
… (fortan: der Insolvenzschuldner) war Geschäftsführer und teilweise auch Gesellschafter
u. a. der mbH, der xxx mbH und der xxx GmbH. Über das Vermögen der xxx mbH wurde
in 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren betrieben. Die dort bestellte Verwalterin
stellte ihrerseits am 12.12.1998 Antrag auf Eröffnung des
Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners. Am
12.02.1999 erwirkte die Beklagte gegen den Insolvenzschuldner das Versäumnisurteil
des Landgerichts Potsdam zu dem Geschäftszeichen 31 O 288/98 auf Erstattung von
Arbeitnehmerbeitragsanteilen, welches der Insolvenzschuldner als Geschäftsführer der
xxx mbH nicht abgeführt habe, gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 266a, 14 Abs. 1
StGB sowie nachfolgend einen Kostenfestsetzungsbeschluss. Auf die Ermittlungen des
Gesamtvollstreckungsgerichts wurde sodann festgestellt, dass der Insolvenzschuldner
zahlungsunfähig, indes auch eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht
vorhanden war, so dass der Eröffnungsantrag am 21.06.1999 mangels Masse
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vorhanden war, so dass der Eröffnungsantrag am 21.06.1999 mangels Masse
abgewiesen wurde.
Im August 2002 ließ die Beklagte auf Grundlage des Versäumnisurteils den
Auszahlungsanspruch des Insolvenzschuldners gegen die xxx Berlin Brandenburg AG
(fortan: xxx) pfänden, welcher dieser aufgrund einer dort unterhaltenen und noch bis
2007 monatlich bedienten Kapitallebensversicherung hatte. Nach Fälligwerden der
Versicherung mit einem Auszahlbetrag von € 10.433,27 zahlte die xxx an die Beklagte
am 01.10.2008 nach Verrechnung eigener Forderungen gegen den Insolvenzschuldner €
8.976,06, teilte jedoch mit Schreiben vom 13.05.2009 irrtümlich mit, sie habe den vollen
Betrag von € 10.433,27 an die Beklagte ausgezahlt.
Auf einen erneuten Insolvenzantrag vom 27.04.2009 wurde sodann am 19.05.2009 das
Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und der Kläger
zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 10.08.2009 forderte er die Beklagte
unter Fristsetzung bis zum 20.08.2009 auf, die Summe von € 10.433,27 zu erstatten,
weil die Zahlung auf die Zwangsvollstreckung angesichts einer seit 1998 fortdauernden
Insolvenz anfechtbar erlangt sei.
Mit der Klage verfolgt der Kläger diesen Anspruch weiter. Er macht geltend, die Beklagte
habe eine inkongruente Befriedigung nach Insolvenzantragstellung erlangt, weil der
Antrag aus 1998 hierfür maßgebend sei. Es liege seit 1998 eine einheitliche Insolvenz im
Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, nachdem der
Insolvenzschuldner die Zahlungen bereits damals eingestellt habe. Jedenfalls habe die
Beklagte die Befriedigung innerhalb von zehn Jahren vor der Insolvenzantragstellung von
2009 erlangt und zudem von der Insolvenz des Insolvenzschuldners Kenntnis gehabt, so
dass sich der Klaganspruch auch aus § 133 InsO ergebe.
Der Kläger hat davon abgesehen, die Klage in Höhe des unstreitig durch die xxx
einbehalten Differenzbetrages zu ermäßigen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 10.433,27 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass aus Rechtsgründen eine einheitliche Insolvenz sich nicht
über den Zeitraum von zehn Jahren erstrecken könne. Jedenfalls sei der
Insolvenzschuldner auch nicht durchgehend seit 1998 zahlungsunfähig gewesen. Aus
einem Kaufvertrag vom 12.01.1996 habe er DM 48.500,00 erlöst. Auch die Verurteilung
wegen Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeitragsanteilen setze begrifflich voraus, dass er
zur Zahlung imstande gewesen wäre. Laut Vermögensverzeichnis vom
10.03./02.11.1998 habe er über zwei xxx verfügt, die ihm zur Sicherheit übereignet seien
und zudem über erhebliche Gehaltsforderungen gegen die xxx mbH. Zudem habe er
noch am 20.12.1999 einen Anteil an der xxx GmbH im Nennwert von DM 30.000,00
gehalten. Er habe tatsächlich auch weit höhere Einkünfte erzielt als im
Vermögensverzeichnis vom 18.04.2002 angegeben und zudem Zahlungen auf einen
Einkommensteuererstattungsanspruch erhalten. Die Angaben in den
Vermögensverzeichnissen seien unglaubhaft und widersprüchlich. Der
Insolvenzschuldner habe umfangreich Vermögen zwischen den Gesellschaften
verschoben. Sollte der Insolvenzschuldner dennoch zahlungsunfähig gewesen sein, habe
sie davon jedenfalls bei Erhalt der Zahlung der xx keine Kenntnis gehabt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten
gelangten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
I.
Der Kläger kann von der Beklagten Auszahlung des im Oktober 2008 von der xxx an sie
ausgekehrten Betrages von € 8.976,06 unter dem Gesichtspunkt der
Insolvenzanfechtung verlangen, §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 139 Abs. 2 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO,
§§ 819, 818 BGB. Die weiter gehende Klage ist dagegen unbegründet.
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Die Beklagte hat die genannte Zahlung anfechtbar erlangt, weil sie ungeachtet des
zuvor erstrittenen Versäumnisurteils hierdurch nach Insolvenzantragstellung eine
Befriedigung erhielt, die sie nicht zu dieser Zeit zu beanspruchen hatte. Eine während
der in § 131 InsO definierten, kritischen Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte
Sicherung oder Befriedigung ist stets als inkongruent anzusehen (BGH vom 15.12.1994 -
IX ZR 24/94, WM 1995, 446ff; BGH vom 20.11.2001 - IX ZR 159/00, ZIP 2002, 228, 229
m. w. N.).
Die im Oktober 2008 erfolgte Auszahlung fand auch nach Insolvenzantragstellung im
Sinne des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO statt, weil der Insolvenzantrag vom 12.12.1998
maßgeblich ist, § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO. Dass der Insolvenzantrag aus 1998
rechtskräftig abgewiesen worden ist, steht dem nicht entgegen, weil dies mangels Masse
erfolgte, § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO.
Es begegnet auch keinen Bedenken, einer Anfechtung einen zehn Jahre vor der letztlich
erfolgten Verfahrenseröffnung zurückgewiesenen Insolvenzantrag zugrunde zu legen.
Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Rückbeziehung
überhaupt zeitliche Grenzen zu setzen sind (BGH vom 15.11.2007 - IX ZR 212/06, MDR
2008, 346). Die Kammer hat zugleich von der Wertung des Bundesgerichtshofes
auszugehen, dass der erste, mangels Masse abgewiesene Antrag grundsätzlich auch
dann maßgebend sein soll, wenn zwischen ihm und dem Antrag, der zur
Verfahrenseröffnung geführt hat, ein beträchtlicher Zeitraum liegt (vgl. BGH a. a. O. Tz.
13). Eine absolute zeitliche Einschränkung ist umso weniger geboten, als die
Rückbeziehung nach der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugleich
der materiellen Voraussetzung der sog. einheitlichen Insolvenz zu unterwerfen ist, deren
Nachweis sich mit zunehmendem Zeitraum naturgemäß schwieriger gestaltet. Somit
sind der Anknüpfung auch rein tatsächlich die im Einzelfall sich aus der Sachlage
ergebenden Grenzen gesetzt, was sachgerecht erscheint. Dies gilt umso mehr für den
Fall, dass es - wie hier - nicht auf die Überschuldung (§ 19 InsO), sondern auf die im
Vergleich hierzu eher Änderungen unterworfene Zahlungsfähigkeit (§ 17 InsO) ankommt.
Es ist auch dem vom Bundesgerichtshof einschränkend eingeführten Erfordernis Genüge
getan, dass die Rückbeziehung nach § 139 Abs. 2 InsO nur innerhalb derselben Insolvenz
des Schuldners in Betracht kommt (vgl. BGH a. a. O. Tz. 11). Eine sog. einheitliche
Insolvenz hat der Kläger - dem dies zunächst obliegt (vgl. nur Kirchhof, in: MK-InsO, Rn.
13 zu § 139 InsO) - schlüssig dargelegt. Es steht nämlich fest, dass der
Insolvenzschuldner am 21.06.1999 zahlungsunfähig war, dass er am 10.03./02.11.1998,
12.02.1999 und am 18.04.2002 gezwungen war, die eidesstattliche Versicherung
abzugeben und schließlich, dass er auch bei Eröffnung des nunmehrigen
Insolvenzverfahrens zahlungsunfähig war, wie sich aus dem Beschluss vom 19.05.2009
ergibt. Hinzu tritt, dass die Gläubiger in dem ersten Verfahren auch diejenigen des
zweiten Verfahrens sind, also eine zwischenzeitliche substantielle Befriedigung nicht
stattgefunden hat, wenn auch nunmehr eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse
gegeben sein mag.
Angesichts dessen hätte nun der Beklagten der Nachweis oblegen, dass der
Insolvenzschuldner zwischenzeitlich zahlungsfähig gewesen sei. Der Anfechtungsgegner
ist dabei darlegungs- und beweisbelastet für den zwischenzeitlichen Wegfall des bei
Stellung des ersten Eröffnungsantrages vorliegenden Insolvenzgrundes, also - bei
Zahlungsunfähigkeit - die zwischenzeitliche, allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen
durch den Schuldner (OLG Schleswig vom 03.11.2006 - 1 U 120/06, ZInsO 2006, 1224;
Kirchhof a. a. O. Rn. 12 m. w. N. in Note 25). Es entspricht nämlich den allgemeinen
Grundregeln der Darlegungslastverteilung, dass die Wiederaufnahme der Zahlungen
auch im Rahmen des § 139 Abs. 2 InsO derjenige zu beweisen hat, der sich auf den
nachträglichen Wegfall einer zuvor eingetretenen Zahlungseinstellung beruft.
Eine solche Darlegung ist der Beklagten jedoch nicht gelungen. Ist Insolvenzgrund die
Zahlungsunfähigkeit und hat der Schuldner die Zahlungen eingestellt, erfordert die
Annahme des Endes der Insolvenz nämlich nicht nur den Nachweis, dass er in der Lage
war, Zahlungen zu leisten, sondern darüber hinaus den Nachweis des Wegfalls des bei
Stellung des ersten Eröffnungsantrages vorliegenden Insolvenzgrundes, also die
zwischenzeitliche, allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen durch den Schuldner (vgl.
OLG Schleswig a. a. O. zu juris-Tz. 44). Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen
durch den Insolvenzschuldner ist indes ungeachtet des umfänglichen Vorbringens der
Beklagten weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Aus dem Kaufvertrag vom 12.01.1996, der noch vor dem ersten Insolvenzantrag
abgeschlossen wurde, ergeben sich bereits keine Anhaltspunkte für eine
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abgeschlossen wurde, ergeben sich bereits keine Anhaltspunkte für eine
Wiederaufnahme der Zahlungen nach dem Insolvenzantrag. Das Versäumnisurteil vom
12.02.1999 kann allenfalls die Zahlungsfähigkeit der xxx mbH in 1995 zur
Schlüssigkeitsvoraussetzung gehabt haben. Zur tatsächlichen Zahlung durch den
Insolvenzschuldner sagt es nichts aus.
Die dem Insolvenzschuldner zur Sicherheit übereigneten xxx waren mit der schon
titulierten Verpflichtung belastet, diese der Masse der xxx mbH wieder zuzuführen. Dies
ergibt sich aus dem Vermögensverzeichnis. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass der
Insolvenzschuldner hieraus eine Zahlung erlöst hätte, die ihn dazu bewegt hätte, die
Zahlungen wieder aufzunehmen. Gleiches gilt für den wohl wertlosen Anspruch auf
rückständige Vergütung gegen die xxx mbH.
Auch der Umstand, dass der Insolvenzschuldner per 20.12.1999 Inhaber eines
Geschäftsanteils im Nominalwert von DM 30.000,00 an der xxx GmbH war, führt nicht
zur Annahme einer Zahlungsaufnahme. Auch dieser Anteil war vielmehr mutmaßlich
wertlos, wie die aus Gründen der Insolvenz der genannten Gesellschaft an dem
fraglichen Datum erfolgte Einziehung der Geschäftsanteile zeigt.
Dass der Insolvenzschuldner - wie die Beklagte behauptet - weit mehr als die
angegebenen Beträge aus der Beschäftigung bei der xxx mbH erlöst hätte, steht nicht
fest. Die Beklagte hat ihren streitig gebliebenen Sachvortrag schon nicht zu erhärten
vermocht. Jedenfalls dürfte feststehen, dass der Insolvenzschuldner ihm etwa neben der
Buchführung zugeflossene Beträge nicht dazu verwendet hat, seine Zahlungen an die
Gläubiger insgesamt wieder aufzunehmen. Lebensnah dürfte im Gegenteil sein, dass der
Insolvenzschuldner ihm etwa über die angegebenen Beträge hinaus zugeflossene
Beträge zum Lebensunterhalt verbraucht und sie seinen Gläubigern nicht zugewandt,
sondern gerade vorenthalten hat.
Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der im Termin eingehend diskutierte Umstand,
dass der Insolvenzschuldner offenbar bis 2007 Zahlungen an die xxx von zuletzt €
137,00 monatlich erbracht hat. Es ist schon zweifelhaft, ob die Zahlung auf ein selbst
abgeschlossenes Kapitalanlageinstrument überhaupt als “Zahlung” im Sinne des § 17
Abs. 2 Satz 2 InsO verstanden werden kann, denn es handelte sich insoweit - wenn
überhaupt - allenfalls um eine Art von Verbindlichkeit, die der Insolvenzschuldner im
eigenen Interesse eingegangen war und von der er sich jederzeit durch
Beitragsfreistellung hätte lösen können. Jedenfalls folgt aus der Zahlung im Eigennutz
kein Anhaltspunkt dahin gehend, der Insolvenzschuldner habe damit begonnen, seine
Verbindlichkeiten bei Dritten zu begleichen. Demgemäß wäre es auch insoweit untunlich,
dem Kläger aufgrund der ihn als Sachnäheren grundsätzlich treffenden sekundären
Darlegungslast (vgl. hierzu OLG Schleswig a. a. O.) nun Ausführungen dazu
abzuverlangen, ob nicht angesichts des Vorhandenseins bescheidener freier Mittel nicht
auch auf Verbindlichkeiten Dritter gezahlt worden ist.
Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen folgt schließlich auch nicht aus dem
Bestehen eines Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs für 2001, von dem noch nicht
einmal ersichtlich ist, ob er überhaupt zur Auszahlung an den Insolvenzschuldner
gelangt ist.
Selbst wenn man nach alledem - entgegen dem OLG Schleswig - der eigentlich zur
Erleichterung der Feststellung des Eintrittes der Insolvenz eingesetzten
Vermutungsregel nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO für den Wegfall der Insolvenz keine
Bedeutung zumessen wollte, führte dies nicht zu einem anderen Ergebnis. In diesem Fall
erforderte der Wegfall der Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit den Nachweis, dass der
Insolvenzschuldner wieder in der Lage gewesen wäre, innerhalb von drei Wochen 90%
seiner fälligen und ernsthaft eingeforderten Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen (vgl.
BGH vom 24.05.2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134). Dies ist auch im Hinblick auf die
erhebliche Verschuldung des Insolvenzschuldners nicht im Ansatz zu erkennen.
Soweit die Beklagte schließlich die Auffassung vertritt, der Insolvenzschuldner habe
womöglich falsche Angaben in den Vermögensverzeichnissen gemacht und zudem
Vermögen verschoben und der Vollstreckung entzogen, ist dies weder nach der einen
wie nach der anderen Sichtweise geeignet, die Annahme zu erhärten, die Insolvenz sei
zwischenzeitlich beendet gewesen.
Auf eine etwaige Kenntnis der Beklagten von der Insolvenz kommt es im Rahmen des
Anfechtungstatbestandes nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht an.
Die erfolgreiche Anfechtung hat zur Folge, dass zur Insolvenzmasse zurückzugewähren
ist, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners
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ist, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners
weggegeben worden war, § 143 Abs. 1 InsO. Der Beklagten gegenüber anfechtbar ist
indes allein die tatsächlich an diese geleistete Ausschüttung von - unstreitig - €
8.976,06. Daran ändert auch die unzutreffende Mitteilung der xxx nichts, sie habe
tatsächlich € 10.433,27 ausgekehrt. Inwieweit die von der xxx durchgeführte
Verrechnung in Höhe des Differenzbetrages ihrerseits der Anfechtung unterliegt, ist
jedenfalls im Rechtsverhältnis zur Beklagten nicht von Bedeutung.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 Sätze
1 und 2, 711 ZPO.
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