Urteil des LG Berlin vom 15.03.2017

LG Berlin: einstweilige verfügung, werbung, veranstaltung, akte, wiederholungsgefahr, verkehr, sondernutzung, eigentum, androhung, genehmigung

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Gericht:
LG Berlin 5.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 O 162/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1
S 2 BGB
Unterlassungsanspruch des Inhabers des ausschließlichen
Sondernutzungsrechts an öffentlichen Straßen in der Baulast
Berlins gegen das Wildplakatieren
Tenor
1.Der Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise
Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den
Geschäftsführern der Beklagten, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr im öffentlichen Straßenland des Landes Berlin auf
Werbesäulen, Werbetafeln, Werbebannern/-flaggen, Mastenschildern, Uhrenkandelabern
und/oder
an Baulichkeiten der B. xxx, xxx dxx xxx xxx (XXX),
Plakatwerbung zu betreiben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte - nach vorheriger Durchführung eines einstweiligen
Verfügungsverfahrens (Landgericht Berlin - 5 O 319/06 -) nunmehr im
Hauptsacheverfahren auf Unterlassung von Werbemaßnahmen im öffentlichen
Straßenland von Berlin in Anspruch.
Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.nxx.de ein Internetportal rund um
das Nachtleben und veranstaltete in Kooperation mit anderen Firmen eine Party auf der
Love-Parade in Berlin. Im Rahmen dieser Kooperation kümmerte sich die Beklagte
teilweise um Werbemaßnahmen. So beauftragte sie die “Firma Ixx” mit der Platzierung
von Werbeplakaten für die Werbeaktionen “Lx Fxx” und “Vxx Der B. SMS
Veranstaltungsfinder”. Der unter der Geschäftsbezeichnung “Ixx” handelnde xxx Dxx
ließ Plakate dieser Werbeaktionen an so genannten Drängelgittern am Rande des
Bürgersteigs und an Schaltkästen der XXX anbringen, ohne hierfür eine
Sondernutzungserlaubnis eingeholt zu haben. Wegen der Einzelheiten der
Werbemaßnahmen und der Standorte wird auf die Anlage K5 Bezug genommen.
Die Klägerin - damals noch unter der Firma “XXX-Bxx GmbH” - hat durch die Verträge
vom 02./03.03.2006 von der XXX Rechte betreffend die Werbung im öffentlichen
Straßenland von Berlin und auf U-Bahnhöfen und sonstigen Immobilien der XXX
erworben (Anlagen K4 und K14). Die XXX ihrerseits hat das Recht zur Nutzung der
öffentlichen Straßen in der Baulast Berlins (“öffentliches Straßenland”) für Werbung an
den im Tenor zu 1.) genannten Werbeanlagen durch Vertrag mit dem Land Berlin vom
12./17.12.2005 erworben (Anlage K3). Wegen des genauen Inhalts der Verträge wird auf
die als Anlagen K3, K4 und K14 eingereichten Kopien Bezug genommen. Mit Schreiben
vom 01.12.2006 (Anlage A15 = Blatt 65 der Beiakte Landgericht Berlin - 5 O 319/06 -)
bevollmächtigte die XXX die Klägerin im Wege der Prozessstandsschaft ihre Rechte
gegen die Beklagte wegen Eigentums- und Besitzstörungen durch die
streitgegenständlichen Plakate im eigenen Namen geltend zu machen.
Mit einstweiliger Verfügung vom 21.09.2006 hat das Landgericht Berlin der
Verfügungsbeklagten in dem einstweiligen Verfügungsverfahren - 5 O 319/06 -
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Verfügungsbeklagten in dem einstweiligen Verfügungsverfahren - 5 O 319/06 -
untersagt, im geschäftlichen Verkehr im öffentlichen Straßenland des Landes Berlin auf
Werbesäulen, Werbetafeln, Werbebannern/-flaggen, Mastenschildern, Uhrenkandelabern
und/oder an Baulichkeiten der B. Vxx, xxx xxx xxx Rxx (XXX) Plakatwerbung zu betreiben.
Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 10.10.2006 Widerspruch
eingelegt. Daraufhin hat das Landgericht Berlin die einstweilige Verfügung mit inzwischen
rechtskräftigem Urteil vom 22.02.2007 bestätigt. Mit Schreiben vom 31.10.2006 (Anlage
K1) und 27.03.2007 (Anlage K2) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die einstweilige
Verfügung vorbehaltlos anzuerkennen und auf ihre Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO
zu verzichten. Die Beklagte ist lediglich bereit - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht -
eine Unterlassungserklärung daraufhin abzugeben, dass sie es zu unterlassen hat
1. ein Werbeplakat zur Veranstaltung “Lx Fxx” am 15.07.2006 in Berlin an den
Stellen a) “Drängelgitter” der XXX an der Stelle P.Allee an der Ecke D. Straße und b)
“Werbetafel” der XXX an der P. Allee an der Ecke Sstraße anzubringen oder kerngleiche
Werbemaßnahmen zu tätigen oder tätigen zu lassen;
2. das nachfolgend dargestellte Werbeplakat “Vxx Der B. SMS
Veranstaltungsfinder” an den Stellen anzubringen “Schaltkästen” der XXX auf dem
Mittelstreifen WStraße xx und xx und “Schaltkästen” der XXX an der P. Straße an der
Ecke zum B Platz anzubringen oder kerngleiche Werbemaßnahmen zu tätigen oder
tätigen zu lassen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Begrenzung der Unterlassungserklärung auf die
konkret vorgenommene Werbemaßnahme und den konkreten Ort des bisherigen
Vorfalls nicht geeignet sei, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, da die Beklagte dann
an anderen Orten mit anderen Werbeplakaten das gewerbsmäßige Plakatieren an Orten,
an denen der Klägerin das Werberecht auf Grund der eingereichten Verträge zustünde,
weiter betreiben könne.
Die Klägerin beantragt,
der Beklagten unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro,
ersatzweise Ordnungshaft,
oder
einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den
Geschäftsführern der Beklagten,
zu untersagen
im geschäftlichen Verkehr im öffentlichen Straßenland des Landes Berlin auf
Werbesäulen, Werbetafeln, Werbebannern/-flaggen, Mastenschildern, Uhrenkandelabern
und / oder
an Baulichkeiten der B. Vxx, xxx dxx xxx xxx (XXX),
Plakatwerbung zu betreiben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, durch eine Unterlassungserklärung, die sich auf die bestimmte, von ihr in der
Vergangenheit vorgenommene Werbemaßnahme an den bestimmten Ort beziehe, sei
die Wiederholungsgefahr beseitigt. Darüber hinaus sei die Beklagte aber auch nicht in
der Lage - angeblich - rechtswidrige Plakatierungen durch die von ihr beauftragte
Spezialfirma zu verhindern. Durch die Erteilung eines Auftrags zur legalen Plakatierung
und - falls rechtswidrig plakatiert werde - die Untersagung gegenüber ihrem
Auftragnehmer, weitere Plakate aufzuhängen, habe sie alles ihr zumutbare getan. Es
könne ihr - im Falle der Verhängung von Ordnungsgeldern - nicht zugemutet werden,
ihren Auftragnehmer in Regress zu nehmen, da sie dann sein Insolvenzrisiko trage.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Die Akte des Landgerichts Berlin - 5 O 319/06 - lag vor und war zur Information
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Plakatwerbung
im öffentlichen Straßenland des Landes Berlin auf den im Tenor benannten Baulichkeiten
aus § 823 Abs. 1, i.V. mit § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung.
Unterlassungsansprüche aus den genannten Vorschriften setzen die Verletzung eines
“sonstigen Rechts” voraus, wozu Rechte mit Ausschließlichkeitscharakter nicht hingegen
bloße Forderungsrechte gehören (vgl.: Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 67.
Aufl., § 823 Rnr. 11). In § 1 Abs. 1 des Vertrages vom 12./17. Dezember 2005 hat das
Landgericht Berlin der XXX das ausschließliche Recht zur Nutzung der öffentlichen
Straßen in der Baulast Berlins (“öffentliches Straßenland”) durch Werbung in den im
Tenor zu 1.) genannten Arten von Werbeanlagen eingeräumt. Dieses ausschließliche
Recht hat die XXX der Klägerin mit § 1 des Vertrages vom 02./03.03.2006 abgetreten.
Auf dieser vertraglichen Grundlage steht der Klägerin insoweit ein ausschließliches Recht
zur Sondernutzung zu. Dies bedeutet, dass ein Eingriff seitens eines Dritten in dieses
Recht (bei Wiederholungsgefahr) einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach den
genannten Vorschriften auslöst (KG, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 W 125/06 -). Nach §
10 Abs. 1 Berliner Straßengesetz ist das Eigentum an öffentlichen Straßen
Privateigentum, das durch die Bestimmung der Straße für den Gemeingebrauch
beschränkt ist. Nach § 11 Abs. 1 Berliner Straßengesetz ist jeder Gebrauch der
öffentlichen Straße, der - wie die hier in Rede stehende Plakatwerbung der Beklagten -
über den Gemeingebrauch hinaus, eine (erlaubnispflichtige) Sondernutzung, die den
Berechtigten eine gleichsam dingliche Position einräumt. Ihre Beeinträchtigung
rechtfertigt es grundsätzlich, in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB der Klägerin
den insoweit geltend gemachten Unterlassungsanspruch zuzusprechen (vgl.: BGH NJW
1965, 1712, 1713 zu einer für den Strand der Insel Norderney erteilten Badekonzession;
KG, Beschluss vom 13.07.2006 - 5 W 125/06 -; Landgericht Berlin, Urteil vom 12.10.2006
- 5 O 122/06 -).
In dieses der Klägerin zustehende ausschließliche Sondernutzungsrecht hat die Beklagte
eingegriffen, indem sie im Juli 2006 an einem “Drängelgitter” der XXX an der Ecke P.
Allee/D Straße und auf einer Werbetafel der XXX an der Ecke P. Allee/Sstraße
Plakatwerbung für die Veranstaltung “Lx Fxx” am 15.07.2006 durch xxx Dxx hat
anbringen lassen. Darüber hinaus hat sie in das ausschließliche Sondernutzungsrecht
der Klägerin eingegriffen, indem sie ebenfalls im Juli 2006 durch xxx Dxx Werbeplakate zu
der Veranstaltung “Vxx Der B.SMS Veranstaltungsfinder” an Schaltkästen der XXX auf
dem Mittelstreifen der W Straße und an der Ecke P Straße/B Platz hat anbringen lassen.
Die Beklagte ist passivlegitimiert, denn sie ist als Auftraggeberin des unter der
Geschäftsbezeichnung “Ixx” handelnden xxx Dxx zumindest mittelbare Störerin (vgl.:
BGHZ 106, 229). Damit ist die Beklagte Adressatin der Unterlassungsansprüche der
Klägerin, denn sie hat die Störung der Klägerin veranlasst, indem sie xxx Dxx mit der
Durchführung der streitgegenständlichen Werbeaktion beauftragt hat, und sie verfügt
aus ihrer vertraglichen Beziehung zu dem handelnden xxx Dxx oder nachfolgend
beauftragter Personen über die Rechtsmacht, gegen weitere Störungen des
Selbstbestimmungsrechts der Klägerin einzuschreiten. Deshalb ist sie gehalten, alle ihr
zur Verfügung stehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auszuschöpfen,
um weitere Rechtsbeeinträchtigungen der Klägerin auszuschließen (vgl.: BGHZ 106, 229,
235). Dabei trifft sie die Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast für die Schritte, die
sie in dieser Richtung unternommen hat (vgl.: BGH NJW 1982, 440, 441). Die Beklagte
hat nicht dargelegt, dass sie alle in Betracht kommenden und Erfolg versprechenden
Aktivitäten entfaltet hat, um weitere Belästigungen der Klägerin durch ihre
Werbemaßnahmen zu verhindern. Die Anweisung an den die Werbemaßnahmen
durchführenden xxx Dxx, nur legale Plakatierungen vorzunehmen, ist insoweit nicht
ausreichend. Vielmehr ist die Beklagte gehalten geeigneten Schutzvorkehrungen gegen
so genanntes “Wildplakatieren” zu treffen; etwa ihren Auftragnehmer in dem
erforderlichen Umfang zu überwachen und - bei dem Bemerken von Verstößen - die zur
Verfügung stehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Sanktionen zu ergreifen. Zu
denken ist insoweit etwa an eine Vertragsstrafen-Vereinbarung (vgl.: BGHZ 106, 229
236; BGH NJW 1982, 440, 441).
Die Beklagte hat weder den mit xxx Dxx geschlossenen Vertrag vorgelegt noch konkrete
Abmahnungen des beauftragten xxx Dxx vorgetragen und durch Einreichung
entsprechender Schreiben belegt. Obwohl die Beklagte bereits in dem einstweiligen
Verfügungsverfahren sowohl im Rahmen der dortigen mündlichen Verhandlung als auch
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Verfügungsverfahren sowohl im Rahmen der dortigen mündlichen Verhandlung als auch
im Rahmen des Urteilstextes über die Rechtsprechung des Kammergerichts hinsichtlich
der Befugnisse der XXX und der Klägerin in Bezug auf Werbung auf öffentlichem
Straßenland in Berlin hingewiesen worden ist, bestreitet sie diese Befugnisse der
Klägerin weiterhin (Seite 3 des Schriftsatzes vom 28.09.2007 = Blatt 24 der Akte) und
beruft sich insoweit - trotz der beruflichen Tätigkeit ihres Geschäftsführers als
Rechtsanwalt - auf eine ihr selbst zur Bewerbung von Eigenveranstaltungen fehlende
Kompetenz. Trotz der ihr angeblich fehlenden Kompetenz nimmt die Beklagte Aufträge
zur Durchführung von Fremdwerbung an. Darüber hinaus sieht sich die Beklagte
außerstande, störende Einwirkungen des von ihr beauftragten Unternehmens in Rechte
der Klägerin zu verhindern (Seite 7 f. des Schriftsatzes vom 28.09.2007 = Blatt 28 f. der
Akte). Dieser Vortrag belegt, dass die u. a. durch einen Rechtsanwalt als Geschäftsführer
vertretene Beklagte nicht mal ernsthafte Erwägungen über die ihr zur Verfügung
stehenden Mittel zur Verhinderung des “Wildplakatierens” durch ihren Auftragnehmer
anstellt, obwohl sich rechtlich und wirtschaftlich mögliche Vorgehensweisen einem
rechtskundigen Menschen förmlich aufdrängen müssen.
Von einer Wiederholungsgefahr ist schon deshalb auszugehen, weil die Beklagte die -
schon in obergerichtlicher Entscheidung bestätigten - Rechte der Klägerin bestreitet und
meint, im Hinblick auf ihre Rechtsunkundigkeit allein durch die Beauftragung mit legalen
Werbemaßnahmen alles in ihrer Kraft stehende zur Verhinderung von
Rechtsbeeinträchtigungen der Klägerin getan zu haben. Zudem verweigert die Beklagte
die Abgabe einer den Tenor der einstweiligen Verfügung in dieser Sache entsprechenden
Unterlassungserklärung.
Schließlich sind der Klageantrag der Klägerin und der Tenor dieses Urteils - die dem
Tenor der Entscheidung des Kammergerichts in Parallelverfahren entsprechen (vgl.: KG
Beschluss vom 13.07.2006 - 5 W 125/06 -) - hinreichend bestimmt im Sinne des § 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart
undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des
Gerichts (§ 308 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die Beklagte deshalb
nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was der
Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (BGH NJW 2005,
2550; BGHZ 156, 1, 8 f.). Diesen Anforderungen entspricht der Urteilstenor, denn für die
Beklagte ist hinreichend ersichtlich, auf welchen Werbeträgern und an welchen
Örtlichkeiten ihr das Plakatieren (lassen) untersagt ist. Die von der Beklagten
vorgenommenen, vermeintlich erheblichen, Unterscheidungen in Werbung für eigene
oder fremde Veranstaltungen (Seite 13 des Schriftsatzes vom 28.09.2007 = Blatt 34 der
Akte), in Rechte deutscher und französischer Gesellschaftsmitglieder der Klägerin (Seite
15 des Schriftsatzes vom 28.09.2007 = Blatt 36 der Akte), sowie in Rechte zu Zeiten der
Durchführung einer Fußballweltmeisterschaft und in Rechte zu übrigen Zeiten (Seite 15
des Schriftsatzes vom 28.09.2007 = Blatt 36 der Akte) sind rechtlich unerheblich und
haben keinen Einfluss auf die Tenorierung des Urteils. Die Beklagte hat jederzeit die
tenorierten Handlungen - auch im Wege der Beauftragung Dritter - zu unterlassen.
Die Fassung des Tenors ist auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der
“Kernbereichstheorie” des Bundesgerichtshofes nicht zu beanstanden. Hierbei geht es
nicht nur um die Frage der etwa unzulässigen Weite und Unbestimmtheit eines Tenors,
der vermeintlich im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO enger gefasst werden muss,
sondern auch um die Frage, ob das Verhalten einer Partei auch dann gegen eine
Unterlassungsverfügung verstößt und mit einem Ordnungsmittel gemäß § 890 ZPO
sanktioniert werden kann, wenn es sich nicht 100 %-ig mit dem Wortlaut des Tenors
deckt oder ob im Hinblick auf den Sanktionscharakter des § 890 ZPO bereits ein Verstoß
gegen Artikel 103 Abs. 2 Grundgesetz vorliegt (vgl.: BGH Urteil vom 30.03.1989 - I ZR
85/97 -). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur “Kernbereichstheorie”
soll keine unzulässige erweiternde Auslegung eines Unterlassungstitels vorliegen, wenn
aus ihm gegen Verstöße vorgegangen wird, deren maßgeblicher Kern bereits im
Unterlassungstitel enthalten ist (BGH a. a. O.). Der Verbotstitel muss danach den
maßgeblichen “Kern” bzw. das für seinen Gehalt charakteristische zweifelsfrei erkennen
lassen, da nur dann der Umfang der Rechtskraft sicher feststellbar ist und eine den
Bestimmtheitsanforderungen genügende Grundlage für die Vollstreckung auch bei
abweichenden Handlungsformen vorliegt (BGH a. a. O.). Diesen Anforderungen
entspricht der Tenor dieses Urteils; denn in Berlin gibt es eine Vielzahl von im Eigentum
der XXX stehenden Gebäuden und Gegenständen, wie sie im Tenor zu 1.) aufgezählt
sind, sowie eine Vielzahl von Unternehmen, die im Auftrag Dritter oder im eigenen
Interesse ohne öffentlich-rechtliche Genehmigung und - was zivilrechtlich entscheidend
ist - ohne Genehmigung der XXX als Eigentümerin Werbung durch “wildes Plakatieren”
betreiben. Diese Werbung erfolgt für ständig wechselnde, neue Veranstaltungen an
ständig wechselnden Drängelgittern, Schaltkästen u. ä.. So liegt es auch der Beklagten
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ständig wechselnden Drängelgittern, Schaltkästen u. ä.. So liegt es auch der Beklagten
daran, für ständig wechselnde Veranstaltungen im öffentlichen Verkehrsbereich durch
das Anbringen (lassen) von Plakaten Werbung zu betreiben. Der streitgegenständliche
Kern des Verhaltens der Beklagten liegt gerade darin, dass sie diese Werbung - ohne die
erforderlichen Gegenmaßnahmen gegenüber ihrem die Werbung ausführenden
Auftragnehmer - unerlaubt an einer Mehrzahl von Drängelgittern und Schaltkästen der
XXX anbringen lässt. Es wäre daher sachfremd, wenn ständig lediglich die konkrete
Werbemaßnahme für eine im Zeitpunkt des Erlasses einer einstweiligen Verfügung oder
des Erlasses einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren schon beendeten
Veranstaltung untersagt würde, obwohl dem beteiligten Personenkreis bewusst ist, dass
schon bei Erlass der einstweiligen Verfügung oder der Entscheidung über den
Widerspruch oder der Entscheidung in der Hauptsache eine Werbung für die bereits
stattgefundene Veranstaltung nie mehr beabsichtigt sein wird. So hat auch die
streitgegenständliche Veranstaltung “Lx Fxx” bereits am 15.07.2006 stattgefunden und
bedarf jetzt hinsichtlich der Werbung für diese Veranstaltung keiner nachträglichen
Regelung. Durch die Entscheidung in der Hauptsache zu besorgen verbleibt allein der
Kern des Verhaltens der Beklagten, nämlich die unerlaubte Werbung an
unterschiedlichen Bauwerken der XXX für die unterschiedlichsten künftigen
Veranstaltungen zu verhindern. Dieser Kern des angegriffenen Verhaltens wird durch die
Fassung des Tenors zu 1.) - entsprechend der Rechtsprechung des Kammergerichts -
zutreffend und genau geregelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, diejenige über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.
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