Urteil des LG Berlin vom 14.03.2017

LG Berlin: zustellung, darlehensvertrag, disagio, einzahlung, verjährungsfrist, rückzahlung, vertragsschluss, rückführung, vollstreckung, sicherheitsleistung

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Gericht:
LG Berlin 21.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 O 426/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 VerbrKrG, § 6 VerbrKrG, §
199 BGB, § 167 ZPO
Verbraucherkredit: Rückzahlung überbezahlter Zinsen bei einem
endfälligen Darlehen mit Tilgung durch eine
Kapitallebensversicherung; Verjährungsbeginn; Kenntnis der
den Anspruch begründenden Umstände bei Fehlen einer
Gesamtbetragsangabe bei Vertragsschluss; demnächst erfolgte
Zustellung einer vor Verjährungseintritt erhoben Klage bei
Eingang des Vorschusses 15 Tage nach Verjährungseintritt
Leitsatz
1) Die im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. zum Verjährungsbeginn erforderliche
Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände hat der Verbraucherkreditnehmer
hinsichtlich des Fehlens einer gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b) Satz VerbrKrG gebotenen
Gesamtbetragsangabe bereits bei Vertragsschluss.
2) Ist zu diesem Zeitpunkt die Rechtsfolge des Fehlens geklärt (hier: endfälliges Darlehen mit
Tilgung durch anzusparende Kapitallebensverischerung, vgl. BGH vom 18.12.2001 -XI ZR
156/01- BGHZ 149, 302), beginnt die Verjährung bereits mit dem Schluss des Jahres, in dem
der Verbraucherkreditvertrag abgeschlossen ist.
3) Ist eine Klage zwar Monate vor Verjährungseintritt erhoben, auf die postwendende
Vorschussanforderung der Vorschuss aber erst 15 Tage nach Verjährungseintritt bei Gericht
eingegangen, liegt eine "demnächst" erfolgte Zustellung jedenfalls dann vor, wenn eine
zulässigerweise erst am letzten Tag vor Verjährungseintritt angebrachte Klage auch nicht zu
einem früheren Zeitpunkt hätte zugestellt werden können.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger € 7.133,09 nebst Zinsen in Höhe von 5,75%
p.a. aus € 260,97 seit dem 31.03.2003 sowie aus weiteren € 260,97 seit dem 30.06.2003
sowie nebst weiteren Zinsen in Höhe von 7,8% p.a. aus jeweils € 188,89 seit dem
31.07.2003 und seit jedem weiterem Monatsletzten bis einschließlich des 31.05.2006 zu
zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Kläger der Beklagten aus dem zwischen den Parteien
abgeschlossenen Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer 729 020 206 ab dem
01.06.2006 bis zum Ende des Darlehensverhältnisses Zinsen in Höhe von nicht mehr als
4% p.a. schulden.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 32% und die Beklagte 68% zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages. Die Kläger dürfen die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil gegen sie
zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den geschuldeten Zinssatz hinsichtlich eines Darlehens,
welches die Beklagte den Klägern zur Finanzierung des Erwerbs eines Anteils an einem
Immobilienfonds gewährte.
Mit Vertrag vom 08./17.07.1998 gewährte die Beklagte den Klägern ein endfälliges
Darlehen von DM 116.666,67 bei einem Disagio von 10% zu 5,75% Zins p.a. nominal
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Darlehen von DM 116.666,67 bei einem Disagio von 10% zu 5,75% Zins p.a. nominal
fest bis zum 30.06.2003, zu tilgen in einer Summe spätestens am 30.06.2018. In dem
Darlehensvertrag (Anlage K1) heißt es u.a.:
Die Klägerin zu 2) schloss mit der ... durch Versicherungsschein vom 20.07.1998 einen
Kapitallebensversicherungsvertrag, welcher der Beklagten auf den Todesfall abgetreten
wurde. Die Beklagte zahlte das Darlehen aus und behielt ein Disagio in Höhe von 10%
ein, was (DM 11.666,67 =) € 5.965,07 entspricht.
Im Juni 2003 prolongierten die Kläger das Darlehen zu 7,8% p.a. nom. fest bis
30.06.2008. Die Prolongationsvereinbarung weist die auf die Kapitallebensversicherung
zu zahlenden Beträge im Gesamtbetrag aller Zahlungen aus.
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zinsherabsetzung in Anspruch. Auf die am
28.11.2006 bei Gericht eingegangene Klage hat die Kostenbeamtin am 29.11.2006 bei
der Klägerin die Einzahlung des Vorschusses angefordert. Dieser ist am 15.01.2007 bei
dem Gericht eingegangen, worauf die Klage der Beklagten am 29.01.2007 zugestellt
worden ist.
Die Kläger sind der Auffassung, sie schuldeten aus dem Darlehensvertrag lediglich 4%
Zins, denn dieser ermangele der nach dem Verbraucherkreditgesetz erforderlichen
Gesamtbetragsangabe, weil er über die Lebensversicherung, die 64% der Valuta
abdecke (dies ist unstreitig), zu tilgen sei. Der Gesamtbetrag fehle auch, weil sich die
Angabe in dem Darlehensformular ausdrücklich nur auf den ersten
Festschreibungszeitraum erstreckt habe.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie Kläger € 14.142,04 nebst Zinsen in
Höhe von 5,75% p.a. aus € 5.965,07 für die Zeit vom 01.01.2002 bis zum
30.06.2003 sowie in Höhe von 7,8% p.a. ab dem 01.07.2003 sowie weitere
Zinsen in Höhe von 5,75% p.a. aus € 260,97 seit dem 31.03.2003 und aus
weiteren € 260,97 seit dem 30.06.2003 sowie Zinsen in Höhe von 7,8% p.a.
aus jeweils € 188,89 seit dem 31.07.2003 und seit jedem weiterem
Monatsletzten bis einschließlich des 31.05.2006 zu zahlen,
festzustellen, dass sie der Beklagten aus dem zwischen den Parteien
abgeschlossenen Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer 729 020 206
ab dem 01.06.2006 bis zum Ende des Darlehensverhältnisses Zinsen in
Höhe von nicht mehr als 4% p.a. schuldeten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wendet ein, der Darlehensvertrag sei formgültig abgeschlossen, nachdem er nicht in
Teilzahlungen zu tilgen gewesen sei. Es sei vorliegend eine Rentenversicherung
geschlossen und lediglich auf den Todesfall abgetreten worden. Was in der
Prolongationsurkunde stehe, sei ohne Belang, nachdem diese von juristisch nicht
ausgebildeten Kreditsachbearbeitern der Beklagten erstellt würden. Jedenfalls hätten die
Kläger das Darlehen anstandslos prolongiert. Zumindest seien die Forderungen verjährt.
Die Kläger replizieren, die Forderungen seien nicht verjährt, nachdem sie erstmals im
Jahr 2006 nach Beratung durch ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten erfahren
hätten, dass sie überhaupt Rückzahlungsansprüche hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten
gelangten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist lediglich hinsichtlich der Zinsen ab dem Jahr 2003 begründet, im Übrigen ist
sie wegen Verjährung unbegründet.
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sie wegen Verjährung unbegründet.
I.
Die Kläger können von der Beklagten Rückzahlung überzahlten Zinses von € 6.611,23
aus 2003 bis Mai 2006 gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt BGB verlangen. In dieser Höhe
ist die Beklagte überzahlt, denn die Kläger schuldeten und schulden der Beklagten aus
dem geschlossenen Darlehensvertrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b) VerbrKrG iVm. §
6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG lediglich 4% p.a. an Zins.
1. Das Darlehen bedurfte der Gesamtbetragsangabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b)
Satz 2 VerbrKrG, nachdem die Parteien einen Kredit zu veränderlichen Bedingungen
vereinbart haben, der in Teilzahlungen zu tilgen war. Dabei wurden bei der ... sowohl eine
Rentenversicherung des Klägers zu 1) zur Nr. R 7812750.3 als auch eine
Kapitallebensversicherung der Klägerin zu 2) zur Nr. T 8284071-452 abgeschlossen. Da
der Beklagten aber lediglich die Kapitallebensversicherung abgetreten wurde, erübrigen
sich Ausführungen zur Rentenversicherung.
Das endfällige Darlehen war auch aus der - maßgeblichen (vgl. BGH NJW 2004, 2820,
2822) - Sicht der Kläger mit der abgetretenen Kapitallebensversicherung so eng
verbunden, dass es sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung um eine Sonderform
eines Tilgungsdarlehens handelte, die eine Gesamtbetragsangabe erforderte. Die
Kammer sieht sich durch die eingereichten Entscheidungen des OLG Hamm insoweit in
ihrer bisherigen Rechtsprechung bestätigt (vgl. zuletzt etwa Urteil vom 09.11.2006 -21 O
56/06- Rnrn. 51 ff). Insbesondere ist von Bedeutung, dass die Beklagte sich ausweislich
ihrer Vertragspassagen die Kosten der Kapitallebensversicherung selbst als
grundsätzlich angabepflichtig nach VerbrKrG ansah und sich in keinem Fall schlechter
stellen lassen wollte als bei annuitätischer Tilgung. Es ist auch nicht erforderlich, dass
das Versicherungskapital zur Rückführung des Darlehens insgesamt ausreichte, einmal
ganz abgesehen davon, dass eine allzu große Diskrepanz zwischen Ablaufleistung und
endfälligem Betrag die Beklagte eher be- als entlasten dürfte.
Der Darlehensvertrag ermangelt auch der erforderlichen Angabe des Gesamtbetrages
aller von Seiten des Verbrauchers zu erbringender Leistungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4
Nr. 1 b) VerbrKrG. Bezieht sich der angegebene Betrag nämlich - wie hier - nur auf den
Zeitraum der Zinsfestschreibung, so wird damit bewusst ausschließlich die
entsprechende Teilbelastung des Darlehensnehmers und damit etwas anderes als der
Gesamtbetrag angegeben (vgl. BGH vom 09.05.2006 -XI ZR 119/05- NJW-RR 2006,
1419).
2. Soweit die Kläger Rückerstattung des in 1998 verrechneten Disagios sowie die
Erstattung der in 2002 gezahlten Zinsen verlangen, ist die Forderung indes nicht
durchsetzbar gemäß § 241 BGB, weil Verjährung eingetreten ist.
a) Das Disagio dürfte zwar grundsätzlich zurück zu gewähren sein. Ermäßigt sich ein
Zinssatz nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG aF., so sind in die Erstattung darüber
hinausgehender Zinszahlungen nicht nur im Vertrag als Zinsen bezeichnete, sondern
auch sonstige laufzeitabhängige Vergütungen mit zinsähnlichem Charakter
einzubeziehen (BGH vom 14.09.2004 -XI ZR 11/04- NJW-RR 2005, 483 ff). Ob Entgelte als
von § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG erfasste laufzeitabhängige Zinsen oder als
laufzeitunabhängige und damit von dieser Vorschrift nicht erfasste Kosten einzuordnen
sind, ist zwar im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln (vgl. BGHZ 111, 287, 288;
BGH WM 1995, 1617). Diese Auslegung führt vorliegend indes ohne weiteres zu dem
Ergebnis, dass es sich bei dem vereinbarten Damnum von 10% um laufzeitabhängige
Zinsen handelt. Dies ergibt sich schon daraus, dass bei steuerwirksamen Investments
wie dem vorliegenden gerade aus der in Abschlussjahr vorgezogenen Zinszahlung ein
Steuereffekt generiert wird. Zum anderen lässt sich ein Auszahlungsverlust von 10% mit
dem einmaligen Aufwand der Klägerin bei der Darlehensgewährung nicht rechtfertigen,
nachdem dieser Betrag deutlich über den bei einer Darlehensgewährung entstehenden
laufzeitunabhängigen Kosten liegt (vgl. BGHZ 111, 287, 292f; BGH WM 1995, 1617). In
die Erstattung der Zinszahlungen ist das Disagio mithin einzubeziehen (so auch BGH
vom 04.04.2000 - XI ZR 200/99 - NJW 2000, 2816).
Der Anspruch auf Erstattung des Disagios ist aber verjährt. Der Rückzahlungsanspruch
entstand mit Zahlung, mithin Einbehalt, also 1998. Die Hauptforderung aus Darlehen
verjährte nach § 195 BGB aF. in 30 Jahren ab Gesamtfälligkeitsstellung, mithin vorliegend
2028. Dass es sich materiell um Zinsen handelte, rechtfertigt nicht die Anwendung des §
197 BGB aF., weil das Disagio nur einmalig zu entrichten und mit Verrechnung bei
Auszahlung des Darlehens in einem Zug beglichen war (vgl. BGH vom 14.09.2004 -XI ZR
11/04- NJW-RR 2005, 483 ff mN.). Nach der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Regelung
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11/04- NJW-RR 2005, 483 ff mN.). Nach der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Regelung
des § 195 BGB nF. beträgt die Verjährungsfrist indes nunmehr drei Jahre. Nachdem die
neue Verjährungsfrist kürzer ist als die alte, ist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB die neue
Frist ab dem 01.01.2002 zu berechnen und daher mit Ablauf des 31.12.2004 verstrichen.
Klage wurde erst in 2006 erhoben.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der
Kläger, sie hätten erst im April 2006 von ihrer Zinsüberzahlung erfahren. Auf die Frage,
ob eine bereits im Laufen befindliche Verjährung unabhängig von der ab 01.01.2002
gemäß § 199 Abs. 1 BGB für den Verjährungsbeginn erforderlichen Kenntnis von den den
Anspruch begründenden Umständen weiter liefe, kommt es nicht an. Selbst wenn eine
Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu fordern wäre, was von einigen
Obergerichten neuerdings so vertreten wird, hätte dies auf den Lauf der Frist keinen
Einfluss. Im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nF. genügend ist nämlich im
Allgemeinen die Kenntnis der tatsächlichen Umstände; nicht vorausgesetzt wird die
zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts. Rechtlich fehlerhafte
Vorstellungen des Geschädigten beeinflussen den Beginn der Verjährung dabei nicht.
Daher kommt es etwa nicht darauf an, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des
Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden
Kausalverlauf richtig einschätzt (BGHZ 138, 247, 252; BGHZ 150, 172, 186; BGH NJW
1999, 2041, 2042 mwN., alle zu § 852 BGB aF.). Nur wenn die Rechtslage unübersichtlich
oder so zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig
einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn ausnahmsweise auch wegen
Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein (BGHZ 6, 195, 202; BGHZ 138, 247, 252; BGH
NJW 2005, 429, 433).
Anspruchsbegründend als Tatsache war hier das Fehlen der Gesamtbetragsangabe.
Hiervon hatten die Kläger bereits bei Vertragsschluss Kenntnis. Dass bei einem
Verbraucherkredit, der vermittels einer Kapitallebensversicherung ganz oder teilweise
getilgt werden soll, die vom Verbraucher zu unterzeichnende Vertragserklärung den
Gesamtbetrag aller von ihm zu erbringenden Leistungen angeben muss, war auch
spätestens durch die Entscheidung des BGH vom 18.12.2001 (-XI ZR 156/01- BGHZ 149,
302) höchstrichterlich geklärt. Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass sich der
BGH in der genannten Entscheidung der bis dahin ohnehin herrschenden Meinung im
Schrifttum angeschlossen hat und abweichende Voten von Obergerichten seinerzeit
nicht vorlagen.
b) Ausgehend hiervon können auch die in 2002 gezahlten Zinsen nicht mehr zurück
gefordert werden. Die bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche sind im Jahr
2002 entstanden. Deren Verjährung begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des
31.12.2002 und war mit Verstreichen des 31.12.2005 vollendet. Klage wurde erst in 2006
erhoben.
3. Hinsichtlich der ab 01.01.2003 gezahlten Zinsen verfängt die Einrede der Verjährung
dagegen nicht. Deren Verjährung begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des
31.12.2003 und war bei Erhebung der Rückzahlungsklage im November 2006 noch nicht
vollendet. Die Klage ist der Beklagten zwar erst am 29.01.2007 zugestellt worden. Dies
war jedoch im Hinblick auf den Eingang des Kostenvorschusses bei Gericht am
15.01.2007 noch „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO, so dass die gemäß § 204 Abs. 1
Nr. 1 BGB mit der Zustellung verbundene Hemmung der Verjährung auf unverjährte Zeit
zurückwirkt.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen
oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung
bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst
erfolgt, § 167 ZPO. Ein bestimmender Schriftsatz ist dann „demnächst" zugestellt, wenn
die Partei und ihr Prozessbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtumstände
alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben (vgl. BGHZ 145, 358, 362 f).
Zwar haben die klägerischen Prozessbevollmächtigten trotz Anforderung schon am
29.11.2006 die Einzahlung der Kosten erst zum 15.01.2007 bewirkt. Zu berücksichtigen
ist jedoch lediglich die Zeit, die seit dem Fristablauf verstrichen ist (vgl. etwa BGH vom
27.05.1993 -I ZR 100/91- NJW 1993, 2320 mwN.). Dies sind hier 29 Tage zwischen Ablauf
der Verjährungsfrist und Zustellung, wobei die Zeit ab Eingang des Vorschusses
wiederum den Klägern nicht zur Last fällt, weil die Verzögerung der Zustellung bei
Gericht nicht in ihren Verantwortungsbereich fällt (vgl. BGH vom 25.11.1985 -II ZR
236/84- NJW 1986, 1347, 1348). Unabhängig davon, wann die Einzahlung des
Vorschusses von den Klägern in Auftrag gegeben wurde, beträgt die vorwerfbare
Verzögerung nach alledem lediglich 15 Tage.
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Damit ist die Zustellung „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO bewirkt. Zwar hat der
BGH wiederholt entschieden, dass als geringfügig nur Zustellungsverzögerungen von bis
zu 14 Tagen anzusehen seien (vgl. BGH vom 09.11.1994 -VIII ZR 327/93- NJW-RR 1995,
254, sub II.2.a. mwN.; BGH vom 20.04.2000 -VII ZR 116/99- NJW 2000, 2282 sub II.1.
mwN.; BGH vom 24.05.2005 -IX ZR 135/04- Grundeigentum 2005, 1420). Diese
Bewertung ist jedoch nicht starr, sondern folgt aus einer Auslegung des Begriffs
„demnächst“, bei der auch andere Aspekte zu berücksichtigen sind. Ein solcher Aspekt
ist hier die Erwägung, dass trotz Verzögerung eine Zustellung rechtzeitig ist, wenn sie zu
keinem späteren Zeitpunkt erfolgt, als dies bei normaler und ungestörter Bearbeitung
einer am letzten Tag der Frist eingegangenen Klage der Fall wäre (vgl. BGH vom
12.02.1969 -IV ZR 539/68- NJW 1969, 928; KG vom 18.04.2000 -6 U 5472/99- KGR Berlin
2000, 233 f). Hätten die Kläger am 31.12.2006 Klage erhoben, wäre ihnen eine
Kostenanforderung - deren Eingang sie auch nach Ablauf der Verjährungsfrist hätten
abwarten dürfen (vgl. etwa BGH vom 25.11.1985 -II ZR 236/84- NJW 1986, 1347, 1348) -
nicht vor dem 03. oder 04.01.2007 zugegangen, worauf sie wiederum zwei Wochen mit
der Einzahlung des Vorschusses hätten zuwarten dürfen. Dass in diesem Fall die
Zustellung früher hätte bewirkt werden können als tatsächlich geschehen, ist nicht
erkennbar.
4. Nicht verjährt ist auch der Anspruch auf Rückzahlung des ab 2004 überzahlten Zinses,
nachdem die Verjährung vor ihrer Vollendung mit Verstreichen des 31.12.2007 ab
Klagezustellung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden ist. Der Zinsanspruch
folgt insoweit aus § 818 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Herausgabe
gezogener Nutzungen.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 Sätze
1 und 2, 711 ZPO.
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