Urteil des LG Berlin vom 31.10.2006

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Gericht:
LG Berlin 67.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
67 S 459/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 307 Abs 1 S 1 BGB, § 535 Abs
1 S 2 BGB
Wohnraummiete: Inhaltskontrolle für eine
Schönheitsreparaturklausel bei Zustimmungsvorbehalt des
Vermieters bezüglich einer Abweichung von der „bisherigen
Ausführungsart“
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. Oktober 2006 verkündete Urteil des
Amtsgerichts Wedding - 16 C 217/05 - geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.666,59 € nebst Zinsen in Höhe von
5 % über dem Basiszinssatz seit dem 8. September 2005 zu zahlen.
Von den Kosten des I. Rechtszuges hat die Klägerin 48 % und der Beklagte 52 %
zu tragen.
Die Kosten des II. Rechtszuges werden der Klägerin zu 80 % und dem Beklagten
zu 20 % auferlegt.
Im Übrigen wird die Berufung verworfen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestands wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Berufung:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft sowie form- und
fristgerecht im Sinne der §§ 517, 519 ZPO eingereicht und auch begründet, § 520 ZPO.
2. Begründetheit der Berufung:
Die Berufung des Beklagten ist überwiegend begründet.
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von weiteren 981,58
€ gemäß §§ 280, 281 BGB besteht nicht.
Die Auffassung des Beklagten, die Überbürdung der vom Vormieter geschuldeten
Schönheitsreparaturen sei unwirksam, weil dort eine Klausel enthalten sei, die für eine
Abweichung von der Ausführungsart die Zustimmung der Vermieterin erfordere, trifft zu.
Der Beklagte hat durch die dreiseitige Vereinbarung vom 31.8.2004 die Pflicht des
Vormieters zur Durchführung fälliger Schönheitsreparaturen im Wege der befreienden
Schuldübernahme übernommen und ist mithin an dessen Stelle in diese Verpflichtung
eingetreten. Wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, ist hinsichtlich dieser
Vereinbarung von einer Individualvereinbarung auszugehen, so dass die §§ 305 ff BGG
hierauf keine Anwendung finden. Demgemäß richtet sich der Inhalt dieser Pflicht nach
der ursprünglich zwischen der Klägerin und dem Vormieter getroffenen Vereinbarung.
Dieser hat gemäß § 2 (8) des Vertrages vom 26.1.1981 die Ausführung der
Schönheitsreparaturen auf der Grundlage der Allgemeinen Vertragsbestimmungen in
der Fassung “D 1981” (im Folgenden AVB) übernommen. In den von der Klägerin
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der Fassung “D 1981” (im Folgenden AVB) übernommen. In den von der Klägerin
überreichten AVB sind in der Nr. 5 Abs. 2 sowohl der Umfang als auch die
Ausführungsfristen geregelt, die dem Üblichen entsprechen und in ihrer Wirksamkeit
nicht zu beanstanden sind. In Satz 4 dieser Regelung ist folgender Satz enthalten:
”Das Mitglied ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung der Genossenschaft von der
bisherigen Ausführungsart abzuweichen. ...”
Bei dieser Vertragsbestimmung handelt es sich um eine allgemeine
Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, weil dieser Vertragteil seiner
Gestaltung nach für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist und von der Klägerin
ihren Mietern gegenüber gestellt wird.
Diese Regelung hält der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff BGB nicht stand.
Die Klausel ist jedenfalls wegen Unklarheit (§ 305 c Abs. 2 ) und Unangemessenheit (§
307 Abs. 1 S. 1 BGB) unwirksam (BGH Urteil vom 28.03.2007 – VIII ZR 199/06 - ;
Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht Kommentar, 9. Auflage 2007, zu § 538 BGB,
Rn.: 172). Zum einen ist die Klausel unklar, weil nicht eindeutig ist, worauf die
Ausführungsart zu beziehen ist, ob damit auf die Grundausstattung (Wände/Decken mit
Rauputz/Glattputz, Tapete/Raufaser, Paneele) verwiesen wird oder die konkrete
Ausgestaltung (etwa bestimmter Farbton) im Einzelnen gemeint ist oder beides. Der
Umfang der Zustimmungspflicht ist schon nicht erkennbar (BGH, aaO).
Zudem schränkt die Klausel bei der dem Vertragsgegner des Verwenders ungünstigsten
Auslegung den Mieter unangemessen ein. Eine Wohnung ist der Mittelpunkt der privaten
Lebensgestaltung und damit auch der Ort der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 GG).
Aus dieser sozialen Komponente der Wohnnutzung und dem verfassungsrechtlichen
Schutz des häuslichen Bereichs folgt auch das Recht und die Freiheit des Mieters, sich in
der Mietwohnung entsprechend seinem dekorativen Geschmack während der Mietzeit
einzurichten, solange berechtigte Interessen des Vermieters nicht betroffen sind
(Langenberg, aaO Rn 228).
Durch die Art der Renovierung oder dekorativen Herrichtung der Räume können sich so
lange keine Beeinträchtigungen der Rechte des Vermieters ergeben, wie nicht die
konkrete Ausführung Substanzschäden nach sich ziehen kann (etwa Ölfarbe in
Nassräumen oder Styroportapeten an ungedämmten Außenwänden).
Hat der Mieter eine besonders eigenwillige Dekoration vorgenommen, die dem
allgemeinen Geschmack widerspricht, ist diese erst bei Mietende zu beseitigen.
Ob sich das Zustimmungserfordernis dadurch im Ergebnis wie eine unwirksame
Endrenovierungsklausel auswirkt, weil sie den Mieter bei jeder Abweichung von der
bisherigen Dekoration zur Endrenovierung zwingt (so: LG Berlin MM 2006, 297 (ZK 62),
kann angesichts der, wie ausgeführt, schon gegebenen Unangemessenheit, hier
dahinstehen (so auch BGH aaO.).
Mithin ist diese Klausel unwirksam.
Grundsätzlich führt die Unwirksamkeit einer Klausel dazu, dass die Klausel insgesamt
unwirksam ist, weil die Rückführung auf einen gerade noch zulässigen Inhalt dem Verbot
der geltungserhaltenden Reduktion widerspricht und unzulässig ist. Nur wenn die Klausel
mehrere Regelungen zu verschiedenen Sachgebieten enthält, die nur äußerlich in einer
Klausel zusammengefasst sind, kann die Klausel mit dem wirksamen Inhalt aufrecht
erhalten werden.
Vorliegend betrifft die Klausel die Art und Weise der Ausführung, weshalb die an anderer
Stelle erfolgte Überbürdung der Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen
nicht aufrecht erhalten werden kann, weil dies eine inhaltliche Veränderung der dem
Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen wäre (BGH, aaO.)
und der Umfang der geschuldeten Leistung selbst damit in Zweifel stünde. Dies wäre
eine geltungserhaltende Reduktion der unangemessenen Formularklausel, die auch
dann nicht zulässig ist, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche
Ausgestaltung in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind (BGH Urteil vom 22.9.2004
– VIII ZR 360/03 – in: NJW 2004, 3775).
Angesichts dieser Unwirksamkeit der Überbürdung der Schönheitsreparaturen kommt
es auf die Einwände des Beklagten zur Höhe des zuerkannten Schadensersatzes nicht
an.
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Die Berufung ist aber nur beschränkt eingelegt.
Der Beklagte hat entsprechend seiner Auflistung auf Seite 7 der Berufungsbegründung
die Verurteilung zum Schadensersatz wegen der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der
dort im Einzelnen benannten Positionen, die insgesamt einen Gesamtbetrag in Höhe
von 800,08 € betreffen, ausdrücklich nicht angegriffen. Mithin betrifft die Berufung
bezogen auf den Schadensersatz wegen der Schönheitsreparaturen, den das
Amtsgericht insgesamt in Höhe von 1.781,66 € zuerkannt hat, nur einen Teilbetrag in
Höhe von 981,58 € (1.781,66 € - 800,08 € = 981,58 €).
Weiterhin wendet sich die Berufung ausdrücklich nicht gegen die Verurteilung zur
Zahlung der Aprilmiete 2005 und der Rücklastgebühren.
Zu der weiteren Verurteilung des Amtsgerichts zur Zahlung des für den Rückbau der
Fliesen erforderlichen Betrages in Höhe von 249,65 € ist zwar aufgrund der konkreten
Antragsabfassung dahingehend, dass Berufung hinsichtlich der über 1.416,94 €
hinausgehenden Verurteilung eingelegt wird, Berufung eingelegt. Es fehlt aber
hinsichtlich dieses Verurteilungspostens jegliche Begründung, so dass es diesbezüglich
an einer zulässigen Berufung fehlt und die Verwerfung der Berufung insoweit als
unzulässig auszusprechen war.
Die im Antrag zur Klarstellung ausgesprochene Verurteilung erfasst daher die
nachfolgend aufgelisteten Positionen:
1.666,59 €
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen
Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.
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