Urteil des LG Berlin vom 17.08.2007

LG Berlin: begründung des urteils, gemeinnützige arbeit, bewährung, widerruf, sachbeschädigung, erfüllung, vollstreckung, körperverletzung, link, belastung

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Gericht:
LG Berlin 2. Große
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
502 Qs 174/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 56f Abs 1 S 1 Nr 1 StGB
Widerruf der Strafaussetzung wegen einer in der
Bewährungszeit verhängten Bewährungsstrafe
Tenor
In der Rechtssache ... wird die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den
Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. August 2007 mit der Maßgabe
verworfen, dass
a) die 150 Stunden geleisteter gemeinnütziger Arbeit mit 25 Tagen sowie
b) die von ihm in Erfüllung der Bewährungsauflage geleistete Zahlung in Höhe von
200,00 Euro mit 8 Tagen, insgesamt 33 Tagen,
auf die Strafe anzurechnen sind.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin verhängte gegen den Verurteilten am 17. Januar
2005 - rechtskräftig seit diesem Tage - wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit
mit Sachbeschädigung sowie Sachbeschädigung in zwei Fällen, davon in einem Fall
versucht und wegen Beleidigung sowie vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit
Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte unter Einbeziehung der Strafe aus dem
Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2004 - 431-75/03 - eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, deren Vollstreckung es für die Dauer von drei
Jahren zur Bewährung aussetzte. Zugleich unterstellte es ihn für diese Zeit der Aufsicht
und Leitung eines Bewährungshelfers und legte ihm die Ableistung von 150 Stunden
gemeinnütziger Arbeit auf; zudem gab es ihm auf, 200,00 Euro an den Geschädigten xxx
Kxx zu zahlen. Die ihm auferlegten 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit hat der
Verurteilte abgeleistet; ebenso hat er die Bewährungsauflage (Zahlung von 200,00 Euro)
erfüllt.
Während des Laufes der Bewährungszeit ist er erneut, und zwar einschlägig, straffällig
geworden. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte ihn deshalb am 13. Februar 2007 -
rechtskräftig seit dem 21. Februar 2007 - wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen,
begangen am 16. April 2006, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten, deren
Vollstreckung es ebenfalls zur Bewährung aussetzte. Gegenstand dieses Verfahrens
waren wiederum Graffitisprühereien, deretwegen er u.a. schon in dem vorgreiflichen
Verfahren verurteilt worden war.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Tiergarten die dem Verurteilten
gewährte Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerrufen.
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seinem Rechtsmittel, das er im wesentlichen
damit begründet, dass der Widerruf im vorliegenden Verfahren deshalb nicht
gerechtfertigt sei, weil ihm auch in dem neuen Verfahren nochmals Strafaussetzung zur
Bewährung bewilligt worden sei; zudem weist er darauf hin, dass er sowohl die ihm
auferlegte gemeinnützige Arbeit abgeleistet sowie die Bewährungsauflage, 200,00 Euro
an den Geschädigten zu zahlen, erfüllt habe.
Die zulässige sofortige Beschwerde, die insbesondere rechtzeitig erhoben ist, ist im
wesentlichen unbegründet.
Das Amtsgericht Tiergarten hat zu Recht die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen,
da der Verurteilte innerhalb der Bewährungszeit erneut einschlägig straffällig geworden
ist und damit gezeigt hat, dass die der Strafaussetzung zugrunde liegende Annahme, er
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ist und damit gezeigt hat, dass die der Strafaussetzung zugrunde liegende Annahme, er
werde keine Straftaten mehr begehen, sich nicht erfüllt hat, § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die
Tatsache, dass der Beschwerdeführer erneut lediglich zu einer Bewährungsstrafe
verurteilt worden ist, steht dem Widerruf nicht entgegen. Denn jede Tat ist geeignet, den
Widerruf zu rechtfertigen, wenn sie von einigem Gewicht ist. Allgemein ist zwar
anerkannt, dass sich das für den Widerruf einer Strafaussetzung zuständige Gericht der
zeitnahen Prognose eines Tatrichters anschließen soll, weil diesem aufgrund der
Hauptverhandlung bessere Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies gilt aber
nur dann, wenn die Prognose durch neue Tatsachen nachvollziehbar belegt ist (vgl. KG,
Beschlüsse vom 4. Dezember 2001 - 5 Ws 713/01 und vom 20. Juni 2003 - 5 Ws 307/03 -
). Hieran fehlt es. Die insoweit in dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 13.
Februar 2007 zu der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung gemachten knappen
Ausführungen genügen diesen Anforderungen nicht. Lediglich der Hinweis auf die
positive Stellungnahme des Bewährungshelfers und der "gute Eindruck" sind keine
tragfähigen Tatsachen, die geeignet sind, eine wesentliche Änderung der Persönlichkeit
des Verurteilten anzunehmen, zumal dem erheblich vorbelasteten Verurteilten auch die
Folge erneuten Fehlverhaltens klar sein musste, da er hierauf seinerzeit in der
mündlichen Begründung des Urteils ausdrücklich und unmissverständlich - wie sich aus
den Gründen der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung ergibt - hingewiesen
worden war.
Mildere Mittel als der Widerruf der Strafaussetzung gemäß § 56f Abs. 2 StGB genügen
vorliegend nicht. Sie stellen nur dann eine angemessene Reaktion auf ein
Bewährungsversagen dar, wenn eine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht,
dass der Verurteilte zukünftig ein straffreies Leben führen wird. Für eine solche günstige
Prognose müssen gewichtige Tatsachen vorliegen, die trotz des neuerlichen
Fehlverhaltens die Annahme rechtfertigen, er werde Tatanreizen künftig widerstehen.
Derartige Tatsachen oder Anhaltspunkte, die trotz des neuerlichen Fehlverhaltens
geeignet sind, eine günstige Prognose zu rechtfertigen, fehlen. Der Verurteilte ist immer
wieder wegen gleichartiger Delikte in Erscheinung getreten; insofern sind tragfähige
objektive Anhaltspunkte für eine Korrektur seines diesbezüglichen Verhaltensmusters
nicht ersichtlich.
Die Kammer hat die von dem Verurteilten erbrachten 150 Stunden gemeinnütziger
Arbeit jedoch gemäß § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB auf die erkannte (Gesamt)-Freiheitsstrafe
mit 25 Tagen angerechnet. Der insoweit zugrunde gelegte Anrechnungsmaßstab (6
Stunden pro Tag) entspricht der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Diese
Anrechnung ist auch angemessen und stellt einen Härteausgleich dafür dar, dass
Leistungen, die zur Erfüllung einer Auflage erbracht wurden, nicht erstattet werden, § 56f
Abs. 3 Satz 1 StGB.
Ebenso war die von dem Verurteilten in Erfüllung der ihm erteilten Bewährungsauflage
geleistete Zahlung in Höhe von 200,00 Euro (Schmerzensgeld an den Geschädigten xxx
Kxxx) aus Billigkeitsgründen in Höhe von 25,00 Euro pro Tag (= insgesamt 8 Tage) auf
die erkannte (Gesamt-)Freiheitsstrafe anzurechnen, § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Tatsache, dass das
Rechtsmittel hinsichtlich der Anrechnungen und damit nur teilweise und geringfügig
Erfolg hatte, lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den Kosten des
Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Eine teilweise Belastung mit den Kosten
und Auslagen nach dieser Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn nach den Umständen
anzunehmen ist, der Beschwerdeführer hätte das Rechtsmittel nicht eingelegt, wenn
schon der angefochtene Beschluss so gelautet hätte, wie die Entscheidung der Kammer.
Dies liegt indes hier fern; denn dem Beschwerdeführer kam es vor allem darauf an, die
Aufhebung des Widerrufsbeschlusses zu erreichen.
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