Urteil des LG Berlin vom 30.01.2007
LG Berlin: erlöschen des anspruchs, anpassung, rechtskraft, betriebskosten, hauptsache, senkung, ermessen, link, sammlung, quelle
1
2
3
4
5
Gericht:
LG Berlin 63.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
63 S 50/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 BGB, § 556 BGB, § 560
Abs 4 BGB
Wohnraummiete: Änderung der Mietstruktur durch
stillschweigende Vereinbarung von Betriebskostenvorschüssen;
Anspruch des Mieters auf Anpassung der Vorauszahlungen;
Erlöschen des Anspruchs des Vermieters auf die
Vorauszahlungen
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Berufung im
Übrigen - das am 30. Januar 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 3 C
434/06 - abgeändert und neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 1.496,05 EUR nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 74,50 EUR seit
dem 6. November 2005 und aus jeweils 157,95 EUR seit dem 6. Januar 2006, 6. Februar
2006, 6. März 2006, 6. April 2006, 6. Mai 2006, 6. Juni 2006, 6. Juli 2006, 6. August 2006
und 6. September 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des
Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO
abgesehen.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.
Die Beklagten sind gemäß § 535 Abs. 2 BGB zur Zahlung der restlichen
Betriebskostenvorschüsse für Januar bis September 2006 in Höhe von jeweils 157,95
EUR, d.h. insgesamt 1.421,55 EUR verpflichtet. Die Beklagten schulden Vorauszahlungen
auf die kalten Betriebskosten in Höhe von monatlich 277,95 EUR und nicht nur die von
ihnen im genannten Zeitraum tatsächlich geleisteten Zahlungen in Höhe von monatlich
120,-- EUR.
Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass hinsichtlich der Höhe der von den
Beklagten geschuldeten Vorauszahlungen das Urteil vom 13. Februar 2006 (7 C 97/05 -
Amtsgericht Schöneberg) keine Rechtskraft entfaltet. Denn dieses hatte Mieten von
August 2004 bis Oktober 2005 zum Streitgegenstand. Die Höhe der Mieten und der
darin enthaltenen Vorschüsse ist insoweit nur Vorfrage und erwächst nicht in Rechtskraft
(Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., vor § 322 ZPO, Rn 28). Eine darüber hinaus gehende
Feststellung war nicht Teil des Streitgegenstands.
Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Vorschüssen auf die kalten
Betriebskosten in Höhe von monatlich 277,95 EUR ergibt sich jedoch aus einer
Vereinbarung der Parteien. Es steht zwischen ihnen außer Streit, dass entgegen der
ursprünglich vereinbarten Mietzinsstruktur die Beklagten seit 1998 eine Nettomiete
nebst Betriebskostenvorschüssen schulden. Die Beklagten haben ausweislich der von
der Klägerin eingereichten Betriebskostenabrechnungen jedenfalls von 1999 bis 2003
Vorschüsse in der eingangs genannten Höhe geleistet, und zwar von 1999 bis 2001
monatlich 543,63 DM = 277,95 EUR (6.523,56 DM : 12) und 2002 und 2003 monatlich
277,95 EUR (3.335,40 EUR : 12). Auf Grundlage dieser Vorschüsse sind - von den
Beklagten unbeanstandet - die Abrechnungen erfolgt. Die Beklagten tragen keine
6
7
8
9
10
11
Beklagten unbeanstandet - die Abrechnungen erfolgt. Die Beklagten tragen keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Zahlungen ohne Grund erfolgt sind. Unter diesen
Umständen ist davon auszugehen, dass sich die Parteien stillschweigend auf die
Zahlung von Betriebskostenvorschüssen in dieser Höhe geeinigt haben. Das jahrelange
Zahlen eines unveränderten Betriebskostenvorschusses kann aus der Sicht der Klägerin
nur so verstanden werden, dass die Beklagten hiermit einverstanden waren (BGH GE
2000, 1614). Bei dieser Sachlage können die Beklagten die Höhe der geltend
gemachten Betriebskostenvorschüsse auch nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten,
zumal sie in dem bereits oben erwähnten Vorverfahren der Parteien mit Schriftsatz vom
14. Juni 2005 die Zusammensetzung der nach ihrer Auffassung geschuldeten Miete
unter Ansatz eines Betriebskostenvorschusses von ebenfalls 277,95 EUR angegeben
haben.
Die von den Beklagten vorgenommene Reduzierung ihrer Zahlungen auf monatlich 120,-
- EUR ist nicht aufgrund ihrer inhaltlichen Einwendungen gegen die
Betriebskostenabrechnung für 2004 gerechtfertigt. Ein Zurückbehaltungsrecht steht
dem Mieter nur zu, wenn vom Vermieter keine Abrechnungen nach Eintritt der
Abrechnungsfälligkeit erstellt werden. Das ist hier indes nicht der Fall. Der Streit über die
zutreffende Höhe der Kostenansätze ist im Rahmen des Abrechnungssaldos zu klären.
Auswirkungen auf die Verpflichtung zur Zahlungen der weiteren laufenden Vorschüsse
ergeben sich daraus grundsätzlich nicht. Zwar kann auch der Mieter nach § 560 Abs. 4
BGB eine Anpassung der Vorschüsse verlangen, sofern die Höhe der zutreffend
umzulegenden Kosten deutlich hinter den Vorschüssen zurückbleibt. Das bloße
Geltendmachen von Einwänden genügt hierfür indes nicht. Vielmehr haben die
Beklagten die Höhe der Überzahlungen im Einzelne darzulegen. Im Übrigen haben sie
eine nachvollziehbar Erklärung nach § 560 Abs. 4 BGB nicht abgegeben.
Aus der Abrechnung vom 19. Dezember 2006 betreffend die Abrechnungsperiode 2005
ergibt sich kein Anspruch auf eine nachträgliche Senkung der Vorschüsse im
zurückliegenden streitgegenständlichen Zeitraum. Ein verbleibendes Guthaben kann
gemäß § 560 Abs. 4 BGB nur zur Anpassung der künftigen Vorschüsse führen.
Für November 2005 steht der Klägerin hingegen ein Anspruch auf Zahlung des
restlichen Vorschusses von 157,95 EUR nicht mehr zu, nachdem für die
Abrechnungsperiode 2005 die Abrechnungsfälligkeit eingetreten ist und die Klägerin auf
der Grundlage der tatsächlich geleisteten Vorschüsse abgerechnet hat.
Unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Verurteilung zur Zahlung von 74,50 EUR
stehen der Klägerin insgesamt 1.496,05 EUR zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 Abs. 2 ZPO. Soweit die Parteien nach
Eintritt der Abrechnungsfälligkeit hinsichtlich des Vorschusses für Dezember 2005 den
Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache erledigt erklärt haben, entsprach es
billigem Ermessen, die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, denn sie wären insoweit
nach den obigen Ausführungen unterlegen gewesen, wenn nicht durch Zeitablauf die
Abrechnungsfälligkeit eingetreten wäre.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum