Urteil des LG Berlin vom 21.06.2007

LG Berlin: einstweilige verfügung, recht am eigenen bild, schutz der persönlichkeit, person des öffentlichen lebens, absolute person der zeitgeschichte, öffentliches interesse, privatsphäre

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Gericht:
LG Berlin 27.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
27 O 591/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 823 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2
BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, §
22 KunstUrhG, § 23 KunstUrhG
Persönlichkeitsrechtsverletzende Text- und
Bildberichterstattung in der Presse: Anforderungen an die
Formulierung eines Unterlassungsanspruchs;
Interessenabwägung bei der Berichterstattung über die
Nebentätigkeit des Lebensgefährten einer bekannten Person
als Pornodarsteller
Tenor
1. Die einstweilige Verfügung vom 21. Juni 2007 wird bestätigt.
2. Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin ist Verlegerin der Zeitschrift "...", in deren Ausgabe Nr. 24/07 vom
7. Juni 2007 auf Seite 32 der nachfolgend in Fotokopie wiedergegebene Artikel erschien,
der sich mit dem Antragsteller als neuem Lebensgefährten der Schauspielerin ...
befasst:
...
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch.
Er meint, die Bild- und Textberichterstattung verletzten sein Persönlichkeitsrecht. Weder
müsse er sich eine Berichterstattung über seine "Vergangenheit" als Pornodarsteller
gefallen lassen noch die Veröffentlichung einer von bei der Vertragsunterzeichnung mit
dem Filmproduzenten allein aus Beweiszwecken gefertigten Privataufnahme .
Er hat die einstweilige Verfügung vom 21. Juni 2007 erwirkt, durch die der
Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel
verboten worden ist,
1. Bildnisse des Antragstellers wie bei dem Bild mit der Bildunterschrift:
" ... zeigt seinen Darstellervertrag"
zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder
verbreiten zu lassen, wie in ... Nr. 24 vom 07.06.2007 auf Seite 32 geschehen.
2. über den Antragsteller zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder
veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
"... Jetzt kam raus: Er dreht Pornos...
Letzte Woche die nächste Enthüllung: Medien berichten, ... habe in einigen Hardcore-
Pornos mitgespielt. Das sind Filme mit Titeln wie "..." und "...", wo es einzeln oder
gruppenweise zur Sache geht, mal auf billigen Plastiksesseln oder schäbigen Stühlen,
mal auf Matratzen, die mit blauen Schutzhüllen überzogen sind, und meist in einem
kahlen Raum mit grellroten Vorhängen...
Wie kommt ein Bildhauer dazu, Billigpornos zu drehen?...
"Nein, er hat Geld bekommen. Bei mir verdient man zwischen 350 und 550 Euro am
Tag, ein netter Nebenverdienst. Aber es geht den Männern nie ums Geld. Es geht auch
um das Ausleben sexueller Fantasien."
Ex-Freundin ... hat nichts von den Pornos gewusst, ist entsetzt, zumal er nur wenige
Tage vor ihrem gemeinsamen Weihnachtsfest im vergangenen Jahr seinen letzten Porno
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Tage vor ihrem gemeinsamen Weihnachtsfest im vergangenen Jahr seinen letzten Porno
drehte. "Ich bin total wütend, verletzt und enttäuscht", sagte sie zu ... ."
Gegen die ihr zwecks Vollziehung zugestellte einstweilige Verfügung richtet sich der
Widerspruch der Antragsgegnerin.
Ihres Erachtens ist der Antrag zu 1. wegen der Verwendung des "doppelten Wies" bereits
mangels Bestimmtheit unzulässig. Jedenfalls habe der als Lebensgefährte einer äußerst
prominenten Schauspielerin in den Mittelpunkt des Medieninteresses getretene
Antragsteller die Berichterstattung hinzunehmen. Es bestehe ein berechtigtes
öffentliches Interesse daran zu erfahren, welchen Zweitberuf der Lebensgefährte von ...
ausübt. Angesichts seiner freien Entscheidung für die Mitwirkung in für die interessierte
Öffentlichkeit gedrehten Pornofilmen müsse der Antragsteller als "Kristallisationskern"
einer öffentlichen Debatte über die Offenbarungspflichten zu Beginn einer neuen
Partnerschaft herhalten. Bei der Fotoaufnahme handele es sich um eine neutrale
Porträtaufnahme. Das Persönlichkeitsrecht diene nicht dem Zweck, in der Öffentlichkeit
nur den eigenen Wünschen entsprechend – etwa als "Künstlertyp" - dargestellt zu
werden, und auch nicht dem Zweck, prominenten Persönlichkeiten Peinlichkeiten zu
ersparen. Wer nicht öffentlich mit seiner Tätigkeit als Pornodarsteller konfrontiert werden
wolle, der sollte eben solche Filme nicht drehen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten
Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Er verteidigt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch und vertieft sein bisheriges
Vorbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer wechselseitigen
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil sie zu Recht ergangen ist, §§ 936, 925
ZPO.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist der Antrag zulässig.
Der Antrag entspricht im Hinblick auf die hinreichende Bestimmtheit des Verbots den
nachfolgend wiedergegebenen Anforderungen der Rechtsprechung des 9. Zivilsenats
des Kammergerichts (Beschluss vom 13. 9. 2005, 9 U 71/05):
Im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Unterlassungsantrag – und nach § 313
Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – so deutlich gefasst sein, dass der
Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des
Gerichts klar umrissen sind, sich der Beklagte umfassend verteidigen kann und die
Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht im Ergebnis dem
Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH NJW 2005, 2550, 2551; NJW 2003, 3046,
3047; WRP 1992, 560, 561).
Ein Antragsteller muss sich bei der Formulierung des Verbotsantrages jedoch nicht auf
eine konkrete Verletzungsform, beispielsweise auf die Veröffentlichung eines einzelnen
konkreten Fotos, beschränken. Bei der Formulierung eines Unterlassungsantrages sind
im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen
zulässig, weil eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur
für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern
gleichartigen Verletzungshandlungen (BGH NJW 2000,2195,2196), wobei auch in der
verallgemeinerten Form des Antrages das Charakteristische der konkreten
Verletzungsform zum Ausdruck kommen muss (BGH WRP 2000, 1258, 1260).
Hierbei ist einerseits zu beachten, dass auslegungsbedürftige Begriffe im Antrag und in
der Urteilsformel nicht generell unzulässig sind (BGH NJW 2000, 2195, 2196). Der
Gebrauch solcher Begriffe kann hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten
Verurteilung zweckmäßig und sogar geboten sein (BGH WRP 1998, 42, 46). Zum
anderen kann zur Konkretisierung eines begehrten Verbotes eine Auslegung des
Antragsinhalts unter Heranziehung des Sachvortrages des Antragstellers erfolgen (BGH
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Antragsinhalts unter Heranziehung des Sachvortrages des Antragstellers erfolgen (BGH
NJW 1995, 3187, 3188). Vorliegend wendet sich der Antragsteller hiernach gegen eine
Veröffentlichung von lediglich zu Beweiszwecken gefertigten Privataufnahmen wie dem
im Beitrag rechts verwandten Bildnis. Das "wie" dient offensichtlich lediglich der
Konkretisierung und Unterscheidung von der links bei einem öffentlichen Auftritt
gefertigten Aufnahme.
Gleichermaßen ergibt sich dies aus Tatbestand und Entscheidungsgründen des Urteils,
welche bei der Auslegung des Tenors für die Prüfung der Frage, ob der Urteilsausspruch
den Inhalt und Umfang eines Verbotes hinreichend bestimmt erkennen lässt, als ebenso
maßgebend mit heranzuziehen sind (BGH GRUR 1987,172, 174).
Der vom Antragsteller formulierte Unterlassungsantrag erfährt auch durch die
verwendete Formulierung "wie in ... geschehen" eine hinreichende Konkretisierung, um
den Bestimmtheitsanforderungen zu genügen (BGH GRUR 2001, 529, zu 11.2.). Durch
diesen Zusatz ist klargestellt, dass sich der Antragsteller gegen die konkrete
Verletzungsform und gegen solche weiteren Verletzungsformen wendet, die – ersterer
unmittelbar vergleichbar – das für die konkrete Verletzungsform Charakteristische
enthalten (BGH WRP 1998, 42, 46; NJW 1991, 1114, 1115). Hierdurch wird deutlich, dass
es dem Antragsteller darum geht, die Veröffentlichung von lediglich zu Beweiszwecken
gefertigten Privataufnahmen zu unterbinden.
Der Antrag ist auch begründet. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, analog
1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 22 f. KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, weil die
angegriffene Bild- und Textberichterstattung rechtswidrig war.
Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden
(§ 22 Satz 1 KUG), an der es vorliegend fehlt. Das Recht am eigenen Bild ist eine
besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass
grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und
in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (BGH AfP 2007, 121, 122 m.
w. Nachw ).
Von diesem Grundsatz nimmt § 23 Abs. 1 KUG unter anderem Bildnisse aus dem
Bereich der Zeitgeschichte aus (Nr. 1). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine
Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23
Abs. 2 KUG).
Zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei der Bildveröffentlichungen von
Prominenten hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 6. März 2007 (AfP 2007,
121) Grundsätze aufgestellt. Maßgebend ist danach das Interesse der Öffentlichkeit an
vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des
Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem
weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos.
Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, sodass eine Berichterstattung keineswegs
immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der
Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter
Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
Der Begriff der Zeitgeschichte darf jedenfalls nicht zu eng verstanden werden. Schon
nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken
der bildenden Künste und der Photographie vom 09.01.1907 (KUG), vor allem aber im
Hinblick auf
den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-
politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von
allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der
Öffentlichkeit
bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung
stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar
nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen.
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in
den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie
nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse
beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine
Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Deshalb muss die Presse zur
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Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Deshalb muss die Presse zur
Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst
entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält. Auch wenn die
Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz
untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie
berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre
derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
Entscheidend ist für die Güterabwägung zwischen dem Interesse des Abgebildeten an
dem Schutz seiner Privatsphäre einerseits und dem Informationsinteresse der
Öffentlichkeit andererseits ist in erster Linie der Informationswert.
Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das
Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen
der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der
Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die
Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem
Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht.
Als zeitgeschichtlicher Vorgang wird nach der sog. Begleiterrechtsprechung insoweit
auch die vertraute Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte in der
Öffentlichkeit angesehen. Bildnisse von Begleitpersonen dürfen danach verbreitet
werden, wenn diese zusammen mit dem betreffenden Partner in der Öffentlichkeit
auftritt oder wenn sie mit ihm zusammen oder an seiner statt öffentlich repräsentiert.
Maßgebend wird ein abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit, das nicht um der
abgebildeten Person willen, sondern wegen des Interesses an der absoluten Person der
Zeitgeschichte besteht, das aber auf die Person ausstrahlt, von dem jene in der
Öffentlichkeit begleitet wird (BVerfG AfP 2001, 212, 214).
Vorliegend kommt die Begleiterrechtsprechung – unabhängig davon, ob die
Schauspielerin ... überhaupt eine absolute Person der Zeitgeschichte ist - nicht zum
Tragen, weil die streitgegenständliche Aufnahme den Antragsteller – anders als auf dem
nebenstehenden und nicht beanstandeten Foto - gerade nicht bei einem öffentlichen
Auftritt an der Seite der Schauspielerin zeigt.
Zwar kann die Begleitsituation sich, etwa aufgrund des Verhaltens der Begleitperson,
derart entwickeln, dass auch ein anerkennenswertes Berichterstattungsinteresse an der
Begleitperson entsteht (BVerfG a. a. O., c, bb m. w. Nachw.). Auch wenn der
Antragsteller als Begleiter der im Licht der Öffentlichkeit stehenden Schauspielerin die
Aufmerksamkeit einer breiten Leserschaft auf sich zieht und sich ein
Unterhaltungsinteresse der Leserschaft daran, wie die beiden mit der Aufarbeitung
seiner "Vergangenheit" umgehen, nicht leugnen lässt, ist ein schützenswertes
Informationsinteresse der Allgemeinheit an der Bildberichterstattung im vorliegenden
Fall nicht ersichtlich. Mag auch im der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
zugrunde liegenden Fall die Berichterstattung nicht nur aufgrund der allgemeinen
Begleitsituation, sondern auch aufgrund der in dem Begleitkontext erfolgten strafbaren
Gewalttätigkeit des Prinzen ... ein Informationsinteresse der Presse betroffen haben (so
BVerfG a.a.O.), ist dieses vorliegend mangels Begleitsituation und herausragender Tat
des Antragstellers, der lediglich einem anrüchigen Hobby nachgeht, nicht erkennbar.
Auch die Angaben zu seiner Vergangenheit als Pornodarsteller verletzen rechtswidrig
das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Zwar hat der Antragsteller sich
des absoluten Schutzes seiner Intimsphäre begeben, weil er aus freien Stücken an
Pornofilmaufnahmen teilgenommen hat und diesen sexuellen Bereich selbst und
bewusst der Öffentlichkeit preisgegeben hat; jedoch greift die Berichterstattung
unzulässig in seine Privatsphäre ein.
Der Schutz der Privatsphäre, der ebenso wie das Recht am eigenen Bild im allgemeinen
Persönlichkeitsrecht wurzelt, umfasst zum einen Angelegenheiten, die wegen ihres
Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche
Erörterung oder Zurschaustellung als peinlich empfunden wird oder als unschicklich gilt
oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen
mit sich selbst, bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten, im Bereich der
Sexualität, bei sozial abweichendem Verhalten oder bei Krankheiten der Fall ist. Zum
anderen erstreckt sich der Schutz auf einen räumlichen Bereich, in dem der Einzelne zu
sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann. Ein Schutzbedürfnis
besteht dabei auch Personen, die aufgrund ihres Rangs oder Ansehen, ihres Amtes oder
Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche Beachtung finden. Wer, ob
gewollt oder ungewollt, zur Person des öffentlichen Lebens geworden ist, verliert damit
nicht sein Anrecht auf eine Privatsphäre, die den Blicken der Öffentlichkeit entzogen
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nicht sein Anrecht auf eine Privatsphäre, die den Blicken der Öffentlichkeit entzogen
bleibt (vgl. BVerfG NJW 2000, 1021, 1022).
Allerdings ist die Privatsphäre anders als die Intimsphäre nicht absolut geschützt.
Vielmehr ist zu beachten, dass bei einer Presseveröffentlichung das Persönlichkeitsrecht
zu der mit gleichem Rang gewährleisteten Äußerungs- und Pressefreiheit in ein
Spannungsverhältnis tritt, weswegen auch eine ungenehmigte Veröffentlichung zulässig
sein kann, wenn eine alle Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigende
Interessenabwägung ergibt, dass das Informationsinteresse die persönlichen Belange
des Betroffenen überwiegt (vgl. BVerfGE 35,202, 221; Wenzel-Burkhardt, Das Recht der
Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rdz. 5.60). Dabei ist zu berücksichtigen, dass
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes
nicht nur "wertvolle" Informationen der Presse unter die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1
Satz 2 GG fallen, sondern dass diese Freiheit grundsätzlich auch zugunsten der
Unterhaltungs- und Sensationspresse und damit auch für Mitteilungen besteht, die in
erster Linie das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach
oberflächlicher Unterhaltung befriedigen (vgl. BGH NJW 1999, 2893, 2894; BVerfGE 35,
202, 222 f.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss
das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den
Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der
Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der
Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer
Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres
Gewicht. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte
nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem
Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt
es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer
Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann.
In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um
ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens
handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden
Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind (BGH AfP
2007, 121,123 m. w. Nachw.).
Dies ist hier zu verneinen. Zwar muss der Antragsteller als neuer Lebensgefährte von ...
, die aus dieser Beziehung keinen Hehl macht, eine öffentliche Erwähnung hinnehmen
und sich darauf einstellen, dass an ihrer Partnerschaft in weiten Kreisen gesteigertes
Interesse besteht. Auch unter Berücksichtigung der Prominenz von ... ist ein
berechtigtes Informationsinteresse an seiner Nebentätigkeit als Pornodarsteller jedoch
nicht ersichtlich. Der Antragsteller muss es nicht hinnehmen, dass seine jedenfalls nicht
hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als Pornodarsteller an die Öffentlichkeit getragen
wird. Mit ihrer Offenbarung der neuen Beziehung – ohne Preisgabe jeglicher Details zum
Vorleben des Antragstellers - hat sich das Paar selbstverständlich nicht gänzlich des
Schutzes seiner Privatsphäre begeben, schon gar nicht das Privatleben des
Antragstellers zur Veröffentlichung freigegeben. Der Umstand, dass von der
Liebesbeziehung das Persönlichkeitsrecht zweier Personen betroffen ist, führt ohnehin
nicht dazu, dass die Privatsphäre des einen der Verfügungsbefugnis des anderen
preisgegeben wäre (so KG, Urteil vom 27. Juni 2000, 9.U.8609/99).
Dem Beitrag selbst ist zu entnehmen, dass sich der Antragsteller gerade nicht öffentlich,
ja nicht einmal gegenüber seinen jeweiligen Freundinnen zu seinen Pornofilmen bekannt
hat. Einem größeren Publikum als dem Zuschauerkreis seiner wenigen Pornofilme hat er
seine Tätigkeit gerade nicht zugänglich gemacht. Es war nicht Sache der
Antragsgegnerin, die nach wie vor von weiten Teilen der Bevölkerung als peinlich
empfundene Nebenerwerbstätigkeit des Antragstellers nunmehr der breiten
Öffentlichkeit zu offenbaren.
Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits eingetretenen Rechtsverletzung zu
vermuten hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
ausgeräumt werden können (BGH NJW 1994, 1281), an der es fehlt.
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