Urteil des LG Berlin vom 14.11.2006

LG Berlin: wiederherstellung des ursprünglichen zustandes, wohnung, vermieter, beendigung, bestandteil, versiegelung, mietvertrag, genehmigung, verwaltung, verzicht

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Gericht:
LG Berlin 63.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
63 S 385/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 133 BGB, § 157 BGB, § 535
BGB , § 28 BVO 2
Wohnraummiete: Teilwirksamkeit der formularmäßigen
Überbürdung von Schönheitsreparaturen trotz Verpflichtung des
Mieters zur Aufarbeitung des Parketts und zum Streichen der
Fenster
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts
Schöneberg vom 14.11.2006 - 11 C 360/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. l
Satz l Nr. l ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands
gemäß § 313 a Abs. l Satz l ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten dem Grunde nach und in der geltend
gemachten Höhe von 5.281,60 Euro einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 I,
III i.V.m. 281 I BGB wegen Unterlassens von Schönheitsreparaturen.
Die vertragliche Vereinbarung über die Schönheitsreparaturen ist vorliegend wirksamer
Bestandteil des Schuldverhältnisses geworden. Nach schlüssigem Vortrag der Klägerin
hat der Beklagte durch das Unterlassen von Schönheitsreparaturen eine
leistungsbezogene Pflicht aus dem Mietvertrag verletzt.
Denn nach Rückgabe der Wohnung forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben
vom 19.05.2006 unter Fristsetzung zum 6. Juni 2006 zur Durchführung von
Schönheitsreparaturen auf, was nicht geschehen ist.
Nach § 4 Nr. 2 des Mietvertrages vom 28.02.1973 hatte der Beklagte die
Schönheitsreparaturen zu tragen. Deren Inhalt war in § 13 Nr. 1 wie folgt festgelegt:
"Trägt der Mieter die Schönheitsreparaturen, hat er folgende Arbeiten fachgerecht
auszuführen: Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das
Streichen der Fußböden und Abziehen und Wiederherstellung der Versiegelung von
Parkett, das Streichen der Heizkörper einschließlich der Heizrohre sowie der Türen und
Fenster."
a) § 13 Nr. 1 ist nicht wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot nach § 307 I BGB
unwirksam. Es kann dahinstehen, wie die Klägerin zunächst vorgetragen hat, ob eine im
Allgemeinen unzulässige Verpflichtung zur Aufarbeitung von Parkettböden dann für die
Wirksamkeit der übrigen Schönheitsreparaturverpflichtung ohne Bedeutung ist, wenn
diese Regelung gegenstandslos ist, weil es in der Wohnung keine Parkettböden gibt.
Entscheidend ist vielmehr, dass die Unwirksamkeit der Verpflichtung zum Abschleifen
und zur Neuversiegelung des Parketts – weil nicht Schönheitsreparatur, sondern
Instandhaltung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.10.2003, 10 U 46/03, GE 2003, 1608
m.w.N.) – jedenfalls nicht auch die Unwirksamkeit der gesamten
Schönheitsreparaturklausel zur Folge hat (vgl. OLG Düsseldorf, WM 2003, S. 623; LG
Berlin, GE 1999, S. 1427 gegebene). Vielmehr ist eine Schönheitsreparaturklausel in
einem Formularmietvertrag dann aufrecht zu erhalten, wenn sich die Klausel aus sich
heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen
Regelungsteil trennen lässt (vgl. BGH NJW 2003, S. 2899, BGH NJW 1985, S. 480, LG
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Regelungsteil trennen lässt (vgl. BGH NJW 2003, S. 2899, BGH NJW 1985, S. 480, LG
Berlin a.a.O.). Die Klausel in § 13 Nr. l des streitgegenständlichen Mietvertrages kann
sprachlich ohne Weiteres ohne die Formulierung "reinigen und abziehen und
Wiederherstellung der Versiegelung von Parkett" bestehen. Die Klausel bleibt
verständlich, ohne dass eine inhaltliche Umgestaltung erforderlich ist.
b) § 13 Nr. 1 des Mietvertrages ist weiterhin auch nicht wegen Überwälzung der
generellen Verpflichtung des Streichens der Türen und Fenster auf den Mieter
unwirksam.
Es entspricht geltender Rechtslage, dass die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf
den Mieter es nicht erfordert, dass der Umfang der geschuldeten Arbeiten ausdrücklich
festgelegt ist (vgl. schon BGH NJW 1985, 480, LG Berlin, a.a.O.).
Daher war der Inhalt der hier in Rede stehenden Klausel durch ergänzende
Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) näher zu bestimmen. Der Beklagte ist mit der
Regelung in § 13 Ziff. l des Mietvertrages nicht zum Anstrich der Außenfenster
verpflichtet worden. Die Klausel enthält vielmehr nur eine allgemeine Regelung zu
Fensterarbeiten und ist i.S.d § 28 der zweiten Berechnungsverordnung dahingehend zu
verstehen, dass das Streichen der Fenster von innen gemeint ist.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen
Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise
verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen
Vertragspartners zugrunde zu legen sind (vgl. insbes. BGH WM 2005, S. 717).
Insoweit wurde substantiiert vorgetragen, dass der Anstrich der Außenfenster
regelmäßig eine besondere Fachkunde erfordert, die von einem Mieter nicht verlangt
werden kann. Fenster werden im Außenbereich mit einem witterungsbeständigen
Anstrich versehen, wobei zunächst fachmännische Vorarbeiten, etwa eine besondere
Grundierung oder ein besonderer Voranstrich, erforderlich sind. Solche Kenntnisse und
Fertigkeiten sind von einem Mieter regelmäßig nicht zu erwarten. Aus der Sicht eines
verständigen Mieters kann die Formulierung in § 13 Ziff. l des streitgegenständlichen
Mietvertrages zum Streichen der Fenster nur so verstanden werden, dass er die
Innenfenster zu streichen hat.
Auch bei einer anderen Auslegung wäre die Überbürdung aus Gründen der
Teilunwirksamkeit wirksam (s.o.).
Der Vortrag des Beklagten, dass die Renovierung, und damit deren Kosten für nicht
erforderlich erachtet worden, folglich auch nicht als Schadensersatz zu erstatten
gewesen seien, ist unsubstantiiert und daher unerheblich. Denn das Bestreiten des
Beklagten führt nicht zur Umkehr der Darlegung- und Beweislast wegen fehlender
Fristenregelung, die durch übliche Fristen ergänzt wird. Insoweit ist seit 1973 keine
Renovierung dargetan.
II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten dem Grunde nach und in der geltend
gemachten Höhe auch weiterhin einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 I, III
i.V.m. 281 I BGB i.V.m. § 14 II 3 des Mietvertrages wegen unterlassenen Rückbaus des
Badezimmers.
Der Beklagte hat wegen unterlassenen Rückbaus des Badezimmers eine weitere
leistungsbezogene Pflicht aus dem Mietvertrag verletzt.
Insoweit ist die Vereinbarung über die Rückbauverpflichtung jedenfalls unstreitig
wirksamer Bestandteil des Mietvertrages geworden.
Denn in § 14 des Mietvertrages war weiterhin Folgendes vereinbart:
- "Will der Mieter Einrichtungen, mit denen er die Mieträume versehen hat, bei
Beendigung des Mietverhältnisses wegnehmen, hat er sie zunächst dem Vermieter zur
Übernahme anzubieten. Wenn der Vermieter die Einrichtungen übernehmen will, hat er
dem Mieter die Herstellungskosten abzüglich eines angemessenen Betrages für die
Abnutzung zu erstatten. Macht der Vermieter von diesem Recht keinen Gebrauch und
nimmt der Mieter die Einrichtungen weg, so ist der Mieter zur Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustandes verpflichtet."
Der Beklagten ist seiner Verpflichtung zur Entfernung der Einbauten und
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht nachgekommen. Hierzu wurde
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Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht nachgekommen. Hierzu wurde
von der Klägerin vorgetragen, dass der Beklagte im Verlauf der Mietzeit im Badezimmer
der streitgegenständlichen Wohnung insoweit bauliche Veränderungen vorgenommen
habe, als er nach seiner Vorstellung eine Dusche, ein Waschbecken nebst Waschtisch
und eine WC-Anlage eingebaut sowie Wände und Boden verfliest habe. Ferner habe er
eine Ablageplatte montiert. Alle diese Einbauten wollte die Klägerin nach Beendigung
des Mietverhältnisses nicht übernehmen.
a) Der Vortrag der Klägerin ist hinreichend substantiiert, wenn sie darlegt, dass die
Kosten für den Rückbau des Badezimmers der Wohnung nach einem Kostenangebot der
Firma ... + ... Technik GmbH vom 09.08.2006 einen Nettobetrag von 901,35 Euro
erforderten und der dem Grunde nach bestehende Kostenerstattungsanspruch für die
Rückbaumaßnahmen im Badezimmer weder verwirkt ist, noch die Klägerin darauf
verzichtet hat, da es sich bei dem zeitlich vorausgegangenen Schreiben der Verwaltung
vom 19.05.2006 nur um eine fristgebundene Aufforderung zur Vornahme von
Schönheitsreparaturen handelt. Ein weitergehender Erklärungswert ist ihm nicht zu
entnehmen.
Das Schreiben vom 19.05.2006 hat auch nicht den Erklärungswert eines schriftlichen
Wohnungsabnahmeprotokolles, in welchem etwa Rückbauansprüche wegen
ungenehmigt vorgenommener Veränderungen des Badezimmers nicht vorbehalten
sind. Das Schreiben ist keine abschließende (gemeinsame) Bestandsaufnahme über in
der Wohnung erforderliche Maßnahmen. Zweck des Schreibens ist vielmehr die
Sicherung eines Schadensersatzanspruches wegen nicht durchgeführter
Schönheitsreparaturen. Ein solcher Anspruch entsteht nämlich regelmäßig erst nach
fruchtlosem Ablauf einer zur Durchführung gesetzten Frist.
Insoweit ist die Klägerin zutreffend davon ausgegangen, dass der
Schadensersatzanspruch wegen nicht erfüllter Rückbauverpflichtung grundsätzlich schon
dann besteht, wenn die Verpflichtung bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht erfüllt
ist. Schon aus diesem Grunde ist die Klägerin nicht gehalten gewesen, im Schreiben
vom 19.05.2006 auch auf den Rückbauanspruch hinzuweisen.
Unerheblich ist letztlich auch die Behauptung der Genehmigung des Einbaus durch den
Beklagten, da dies kein Verzicht auf die Rückbaupflicht ist.
IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 F
ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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