Urteil des LG Berlin vom 01.12.2006

LG Berlin: gesellschaft mit beschränkter haftung, kommanditgesellschaft, handelsregister, gesetzliche vertretung, ausländische gesellschaft, gesellschafter, geschäftsführer, komplementär, vertreter

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Gericht:
LG Berlin Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
102 T 4/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 15 Abs 4 HGB
Eintragung einer englischen Limited als Komplementärin einer
KG im Handelsregister: Eintragungsfähigkeit der
organschaftlichen Vertreter der Komplementärin
Tenor
Die Beschwerde gegen die Eintragungsverfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom
1. Dezember 2006 wird bei einem Beschwerdewert in Höhe von 3.000,00 Euro
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft bestehende Gesellschaft wurde
erstmalig am 23. Dezember 2003 in das Handelsregister eingetragen. Persönlich
haftende Gesellschafterin war seinerzeit die Sxx Management GmbH, die im Mai 2004
aus der Gesellschaft ausschied und durch die Komplementärin xxx GmbH Internet Oxx
xxx ersetzt wurde. Mit Anmeldung vom 4. Mai 2005 wurde der abermalige Wechsel der
Komplementärin bekannt gemacht. In dieser Stellung in die Gesellschaft eingetreten war
nunmehr die Cxx Consulting Ltd., eine private company limited by shares mit Sitz in B.,
England, was am 14. Juli 2005 in das Handelsregister eingetragen wurde.
Am 29. November 2006 ging eine weitere Anmeldung bei dem Amtsgericht
Charlottenburg ein, mit der neben der Änderung der Firma der Gesellschaft in "Sxx
Sonderxxx Berlin Ltd. & Co. KG" die Eintragung begehrt wurde, dass zur Vertretung der
Komplementärin Cxx Consulting Ltd. deren Director, xxx Uxx xxx Rxx, berechtigt ist, der
stets einzeln vertrete. Das Registergericht veranlasste am 1. Dezember 2006 die
Eintragung der Firmenänderung in das Handelsregisterblatt der Gesellschaft, lehnte die
Eintragung der besonderen Vertretungsregelung aber mit dem Hinweis ab, dass die
Einzelvertretungsbefugnis und die namentliche Nennung des Organs des gesetzlichen
Vertreters der Gesellschaft nicht eintragungsfähig seien.
Hiergegen richtet sich die von den Verfahrensbevollmächtigten der Gesellschaft als
Erinnerung bezeichnete Beschwerde vom 12. Dezember 2006. Darin machen sie
geltend, dass bei einer GmbH & Co. KG die Eintragung des Organs der persönlich
haftenden Gesellschafterin zwar nicht nötig, aber möglich sei. Bei der Beteiligung einer
Limited als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft sei eine solche Eintragung
sogar geboten, da die englische Registereintragung keine Gutglaubensschutz genieße
und zudem auch keine Angaben über die Vertretungsbefugnisse der Gesellschaft
enthalte. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Transparenz des deutschen
Rechtsverkehrs könne die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Tatsachen nicht
verneint werden.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Eine
weitergehende Begründung ist im Beschwerdeverfahren nicht erfolgt.
II.
Die Beschwerde war zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet und daher
zurückzuweisen.
1. Die als Erinnerung bezeichnete Beschwerde war zulässig, da sie sich nicht gegen den
Bestand der durch das Registergericht unter dem 1. Dezember 2006 vorgenommenen
Eintragung richtet. Soweit lediglich der Umfang oder Wortlaut einer Eintragung
angegriffen werden, ist ein entsprechendes Rechtsmittel als so genannte
Fassungsbeschwerde zulässig (vgl. Krafka, Registerrecht, 6. Aufl., Rz. 2442). Die
Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ergibt sich aus dem Anspruch der Beteiligten an
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Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ergibt sich aus dem Anspruch der Beteiligten an
das Registergericht auf richtige Registerführung und eine eindeutige und rechtlich
richtige Fassung beantragter Registereintragungen.
2. Gemäß § 162 Abs. 1 in Verbindung mit § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist bei einer
Kommanditgesellschaft die Vertretungsmacht der voll haftenden Gesellschafter
einschließlich der Befreiung von § 181 BGB anzumelden und in das Handelsregister
einzutragen. Dabei beziehen sich Anmeldung und Eintragung auf die Rechtsverhältnisse
der Kommanditgesellschaft selbst, wie auch § 125 HGB zeigt, nicht aber auf die
Verhältnisse ihrer Gesellschafter. Aus diesem Grunde ist im Fall einer GmbH & Co. KG
eine Anmeldung der gesetzlichen Vertreter der GmbH nicht angezeigt (vgl.
Keidel/Krafka/Willer, a.a.O., Rz. 807). Anzumelden und einzutragen sind lediglich die
Firma der GmbH, nicht aber der Geschäftsführer oder der Name des Geschäftsführers
der Komplementärin (vgl. Langenhain in Münchener Kommentar zum HGB, Rz. 20 zu §
106 HGB).
3. Über die gesetzlich zur Eintragung in das Handelsregister vorgesehenen Tatsachen
hinaus können Eintragungen nicht nach Belieben des Anmeldenden oder des
Registergerichts erfolgen (vgl. BayObLGZ 1987, 449, 451). Das Handelsregister ist nicht
dazu bestimmt, ein lückenloses Bild der Verhältnisse einer eingetragenen Firma oder
ihres Inhabers zu geben, da dies schnell zu einer Unübersichtlichkeit des Registers
führen würde. Darüber hinaus kann es nicht vom Willen der Beteiligten abhängen, welche
Tatsachen an der Publizitätswirkung des § 15 HGB teilhaben (vgl. auch Münchener
Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 2. Aufl., § 4 KG Rz. 5). Es ist grundsätzlich
davon auszugehen, dass der Kreis der eintragungsfähigen Tatsachen im Gesetz
abschließend geregelt ist und eine Eintragung damit nur dann erfolgen kann, wenn das
Gesetz diese entweder anordnet oder wenigstens ausdrücklich zulässt (vgl. LG Berlin,
Rpfleger 1982, 427).
4. Eine Erweiterung der eintragungsfähigen Tatsachen ist nur im Einzelfall im Wege der
Auslegung oder Analogie möglich. Dabei ist mit Blick auf die gebotene Beschränkung
des Registerinhalts die Feststellung erforderlich, ob nach Sinn und Zweck
Handelsregisters ein sachliches Bedürfnis besteht, gesetzlich nicht vorgesehene
Tatsachen einzutragen (vgl. BGH, DNotZ 1993, 176, 180). In diesem Zusammenhang
weist die Beschwerdeführerin allerdings zutreffend darauf hin, dass im Recht der
Kommanditgesellschaft in der Vergangenheit Ausnahmefälle angenommen worden sind,
die zur Eintragung von gesetzlich nicht geregelten Tatsachen geführt haben:
a) So wird zum Teil die Eintragungsfähigkeit der Befreiung des Geschäftsführers der
Komplementär-GmbH von dem in § 181 BGB verankerten Verbot des
Selbstkontrahierens angenommen, obwohl § 162 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 106
Abs. 2 HGB keine der Regelung des § 8 Abs. 4 GmbHG entsprechende Bestimmung
enthalten, nach der in der Anmeldung anzugeben ist, welche Befugnis die gesetzlichen
Vertreter der GmbH & Co. KG haben. Nach § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB, der gemäß § 162
Abs. 2 HGB auch für die Kommanditgesellschaft gilt, hat eine Anmeldung nur hinsichtlich
der Vertretungsmacht der Gesellschafter innerhalb der Gesellschaft, nicht aber
hinsichtlich der Vertretungsverhältnisse der einzelnen Gesellschafter zu erfolgen.
Unabhängig davon, ob auf diese Bestimmung die Eintragungsfähigkeit der Befreiung der
persönlich haftenden Gesellschafter vom Verbot des Selbstkontrahierens gestützt
werden könnte (auf der Grundlage des engeren § 125 Abs. 4 HGB a.F. bejahend etwa
OLG Hamm, BB 1983, 858, 859; OLG Hamburg, ZIP 1986, 1186), wird von einer
Auffassung die Eintragungsfähigkeit der Befreiung von den Beschränkungen des § 181
BGB bejaht, wenn es dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gestattet ist,
Rechtsgeschäfte mit sich im eigenen Namen und der KG vorzunehmen (vgl. BayObLG,
NJW-RR 2000, 562 m.w.N.). Von einer anderen Auffassung wird dies allerdings unter
Hinweis auf die fehlende gesetzliche Grundlage abgelehnt (vgl. LG Berlin, Rpfleger 1982,
427).
Einer solchen Eintragung, welche die organschaftlichen Vertretungsverhältnisse der
Gesellschaft betrifft, kann eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Rechtsverhältnisse
der Kommanditgesellschaft zukommen, etwa für den Fall, dass der Geschäftsführer der
Komplementär-GmbH im eigenen Namen Rechtsgeschäfte mit der KG abschließen will.
Die Eintragung der Gestattung des Selbstkontrahierens hat eine Warnfunktion, die den
Rechtsverkehr auf die Gefahr hinweisen soll, dass zwischen Gesellschaft und
Geschäftsführer Vermögen verlagert und die rechtliche Zuordnung bewusst unklar
gehalten werden kann (BGH, NJW 1983, 1676). Diese Warnfunktion kann auch als
erforderlich angesehen werden, weil die durch das Selbstkontrahieren gegebene Gefahr
nicht nur zwischen der GmbH & Co. KG und der Komplementär-GmbH, sondern auch im
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nicht nur zwischen der GmbH & Co. KG und der Komplementär-GmbH, sondern auch im
Verhältnis zu deren Geschäftsführern besteht.
Eine hinreichende Parallele zu dem hier zu entscheidenden Fall vermag die Kammer
nicht zu erkennen, da die von der Beschwerdeführerin beantragte Eintragung des
Directors der persönlich haftenden Gesellschafterin nicht unmittelbar die
Kommanditgesellschaft und deren Handlungsmöglichkeiten im Rechtsverkehr, sondern
ausschließlich die Komplementärin betrifft.
b) Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die in GmbHR 2003, 719 ff. abgedruckte
Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 8. April 2003 bezieht, ergeben sich auch
hieraus keine hinreichenden Anhaltspunkte für ihre Rechtsauffassung, dass die von ihr
angemeldeten Tatsachen eintragungsfähig sind.
In dem genannten Beschluss ging es vorrangig um die Frage, ob eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer
Kommanditgesellschaft einnehmen kann. In diesem Zusammenhang finden sich auch
Erwägungen, ob dies an der fehlenden Registerpublizität einer GbR scheitern muss. Die
Kammer verneinte dies seinerzeit mit dem Argument, dass dem Informationsbedürfnis
des Rechtsverkehrs dadurch hinreichend Genüge getan werden könne, dass der
Gesellschafterbestand der GbR in das Handelsregister eingetragen wird und spätere
Änderungen angemeldet werden müssen. Hierzu konnte sie sich auf eine analoge
Anwendung des § 162 Abs. 1 Satz 2 HGB stützen, der eine solche Handhabung für den
Fall vorsieht, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Kommanditist ist. Insoweit war
es in der Tat nahe liegend, eine gleichartige registerrechtliche Behandlung auch für den
gesetzlich nicht geregelten Fall anzunehmen, dass eine GbR Komplementär ist.
Eine public company limited by shares ist gesellschaftsrechtlich aber nicht mit der
deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts gleichzusetzen, bei der kein besonderes
Vertretungsorgan im Sinne eines Geschäftsführer oder Directors existiert, sondern mit
der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Vor diesem Hintergrund können aus dem
Umstand, dass bei Beteiligung einer GbR an einer Kommanditgesellschaft stets
sämtliche Gesellschafter in das Handelsregister einzutragen sind, keine Rückschlüsse
auf die Möglichkeit der Eintragung des Vertretungsorgans der Limited gezogen werden.
c) Soweit die Auffassung vertreten wird, die gesetzliche Vertretung der Limited sei zum
Handelsregister der Kommanditgesellschaft anzumelden und dort auch einzutragen (vgl.
Heinz, Die englische Limited, 2. Aufl., § 20 Rz. 8; Werner, GmbHR 2005, 288, 292),
geschieht dies unter Hinweis auf eine Entscheidung des BayObLG (GmbHR 1986, 305,
309), in der diese Schlussfolgerung unter Bildung einer Analogie zu § 33 Abs. 2 Satz 2
HGB gezogen wurde. Dies überzeugt aber bereits aus dem Grunde nicht, dass eine
solche Analogie nicht nur für ausländische, sondern auch für inländische juristische
Personen gelten müsste, für die eine Eintragungsfähigkeit ihrer gesetzlichen Vertreter –
wie oben ausgeführt – aber gerade abgelehnt wird. Zum anderen befasste sich die
Entscheidung des BayObLG grundsätzlich mit der Beteiligungsfähigkeit einer Limited an
einer deutschen Kommanditgesellschaft und dürfte wegen deren zwischenzeitlich
anerkannter Komplementärfähigkeit überholt sein (so Langenhain, a.a.O.).
5. Die Kammer sieht darüber hinaus für den Fall der britischen limited company by
shares zum einen kein praktisches Bedürfnis für die Eintragung des
vertretungsberechtigten Organs im Handelsregister der Kommanditgesellschaft. Wenn
sich der Rechtsverkehr über die Verhältnisse der Komplementärin informieren will,
ermöglicht das britische Handelsregister einen einfachen Zugriff auf deren Registerdaten
über das Internet.
Zum anderen spricht die von der Beschwerdeführerin als Argument für ihr
Eintragungsbegehren problematisierte fehlende Publizitätswirkung des englischen
Handelsregisters gerade gegen die namentliche Eintragung eines Directors einer Limited
in das Registerblatt der KG. Eine Vertretungsregelung muss nämlich aus sich heraus
verständlich und eindeutig sein. Eine Vertretungsregelung, die auf anderen Eintragungen
beruht, hier als Director einer Limited im englischen Register, erfüllt diese
Voraussetzung nur dann, wenn sie nicht außerhalb der verfahrensgegenständlichen
Eintragung unrichtig werden kann (so zutreffend BayObLG, DB 2000, 1066, 1067).
Das Handelsregister der Kommanditgesellschaft kann aber keine verlässliche Auskunft
darüber geben, ob der von der Beschwerdeführerin angemeldete Director tatsächlich
das vertretungsberechtigte Organ der Komplementärin ist. Soweit die ausländische
Gesellschaft, wie im vorliegenden Fall, keine inländische Zweigniederlassung unterhält,
besteht auch keine Möglichkeit, die Gesellschafter der KG nach einem entsprechenden
"Registerabgleich" zur Anmeldung eines auf diese Art und Weise bekannt gewordenen
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"Registerabgleich" zur Anmeldung eines auf diese Art und Weise bekannt gewordenen
Wechsels des Directors anzuhalten. Aus eben diesem Grunde sähe es die Kammer auch
als äußerst problematisch an, wenn die Eintragung des Organs der Limited an der
Publizitätswirkung des inländischen Handelsregisters nach § 15 HGB teilhaben würde,
obwohl sich die zugrunde liegenden Rechtsakte außerhalb des Registers im Ausland
vollziehen. Es kann nicht Aufgabe des deutschen Handelsregisters sein, für ausländische
Kapitalgesellschaften über deren Beteiligung an Unternehmen inländischer Rechtsform
eine Ersatzpublizität betreffend die Rechtsverhältnisse der ausländischen Gesellschaft
herzustellen. Soweit das Heimatregister der ausländischen Gesellschaft keinen dem
deutschen Handelsregister vergleichbaren Schutz des Rechtsverkehrs bietet, wird dieser
sich im Zuge der zunehmenden internationalen Verflechtungen hierauf einzustellen
haben.
6. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.
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