Urteil des LG Arnsberg vom 30.05.1988

LG Arnsberg (kläger, kaskoversicherung, schaden, umfang, fahrzeug, zweck, wagen, höhe, zpo, einstellung)

Landgericht Arnsberg, 5 S 47/88
Datum:
30.05.1988
Gericht:
Landgericht Arnsberg
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 S 47/88
Vorinstanz:
Amtsgericht Menden, 3 C 262/87
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts
Menden vom
27. Januar 1988 - 3 C 262/87 - abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
630,-- DM (in Worten: sechshundertdreißig Deutsche Mark) nebst 4 %
Zinsen seit dem 09.05.87 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende
Berufung zurück-gewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen der Kläger 87 % und
die Beklag-ten als Gesamtschuldner 13 %.
Von den Kosten des Rechtsstreits II. Instanz tragen der Kläger 78 % und
die Beklag-ten als Gesamtschuldner 22 %.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO
abgesehen.
Entscheidungsgründe:
1
Die zulässige Berufung der Beklagten hat im wesentlichen Erfolg. Der Kläger kann als
weiteren Schaden lediglich Nutzungsausfall in dem von dem Amtsgericht
ausgewiesenen Umfang, nämlich 630,--DM, verlangen; weitere Ansprüche stehen ihm
nicht zu.
2
Der Kläger hat Anspruch auf Nutzungsausfall in Höhe von 630,--DM. Er selbst war zwar
infolge der Verletzung an der Nutzung des Fahrzeuges gehindert, dieses Fahrzeug hat
aber von seinen Familienangehörigen genutzt werden können. Für einen solchen
Ausfallschaden reicht es nämlich regelmäßig aus, "wenn der Eigentümer den Wagen
dadurch nutzt, dass er ihn einem Dritten ohne Entgelt verleiht oder aus bloßer
3
Gefälligkeit überlässt und diese Nutzungsmöglichkeit weiterhin gegeben ist" (vgl. BGH
NJ\-1 1974 S. 33,34). Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn der Wagen neben
dem Kläger auch von Familienangehörigen benutzt wird und wenn das Fahrzeug auch
zu diesem Zweck angeschafft worden ist. Da auf Seiten des Klägers neben seiner
Ehefrau auch noch ein Sohn als Nutzungsberechtigter in Betracht kommt, ist die
Nutzungsmöglichkeit durch Familienangehörige gegeben und sogar naheliegend.
Auch der Hinweis der Beklagten auf das Zweitauto führt jedenfalls im vorliegenden Fall
nicht weiter, da mehrere Nutzungsberechtigte vorhanden sind, sodass trotz des
Zweitwagens eine Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten besteht. Dies muss
umso mehr gelten, wenn, wie vorgetragen wurde, der Zweitwagen für längere Zeit bei
auswärtigen Aufenthalten des Sohnes genutzt wird.
4
Die Höhe des Nutzungsausfalles ist in zweiter Instanz nicht mehr streitig, nachdem das
Amtsgericht diesen mit 630,--DM festgesetzt hat.
5
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz des Verlustes des Schadensfreiheitsrabattes
in der Kaskoversicherung, da jedenfalls aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden
Falles dieser Schaden nicht in den Rechtswidrigkeitszusammenhang der §§ 7 StVG, 1
PflVG fällt.
6
Zwar sind die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers und die damit verbundenen
Prämiennachteile durch den Unfall mit dem Beklagten zu 1) ausgelöst worden, aber es
ist nicht zu verkennen, dass als weiterer, wesentlicher Umstand hinzukam, dass der
Kläger seinerseits, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, von Beginn an keine
Schadensregulierung mit der Beklagten als der Haftpflichtversicherung des
Unfallgegners versucht hat, sondern vielmehr ausschließlich darauf konzentriert war, die
für ihn vorteilhaftere Kaskoregelung abzuwickeln. Im Wege dieses Vorgehens hat der
Kläger letztlich über den reinen Fahrzeugschaden, der hier bei 18.500,--DM liegt, hinaus
nicht unerhebliche weitere Beträge für sein Fahrzeug erhalten. Der Kläger hat jedenfalls
den vollen Fahrzeugschaden gem. §§ 7, 1 PflVG, 823, 249 BGB ersetzt erhalten.
Hierbei kommt es nicht darauf an, dass dieser Fahrzeugschaden von der
Kaskoversicherung reguliert worden ist, da insoweit keine Haftungsfreistellung der
Beklagten als der Schädiger eingetreten ist, sondern gem. § 67 VVG diese aufgrund
gesetzlichen Forderungsüberganges im Innenverhältnis zur Kaskoversicherung in
vollem Umfang verpflichtet bleiben.
7
Wenn der Kläger vor einem solchen Hintergrund allein zur Erlangung weiterer Vorteile
die mit der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung zwangsläufig verbundene
Rückstufung der Rabatte in Kauf nimmt, können diese Nachteile bezüglich der Rabatte
nicht mehr vom Sinn und Zweck des § 249 BGB gedeckt werden. Zum einen steht
diesem Schaden bereits ein ganz erheblicher Vorteil gegenüber, der die Rabattverluste
bei weitem übersteigt, zum anderen ist aufgrund der völlig freien Entscheidung des
Klägers zur Inanspruchnahme der Kaskoversicherung der Zusammenhang von dem
ursprünglichen Schadensereignis jedenfalls so weit gelöst, dass eine
Schadensregulierung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. OLG Saarbrücken, NJW RR
1986 S. 194 f sowie Landgericht Osnabrück in NJW RR 87, S. 18). Diesem Ergebnis
steht auch nicht, wie der Kläger meint, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in
BGHZ 44, S. 387, 388 entgegen, da es dabei nur um die Frage ging, ob bei einer
Schadensquote überhaupt die Möglichkeit der Einstellung von Rabattverlusten in die
Schadensberechnung steht. Keinesfalls kann der zitierten Entscheidung entnommen
8
werden, dass in allen Fällen jeder nur irgendwie kausale Rabattverlust den Schädigern
angelastet werden kann. (Vgl. auch Landgericht Trier in VersR 83, 791).
Somit war die Klage in diesem Punkt abzuweisen.
9
Die Fahrtkosten sind bereits mit zutreffender Begründung durch das Amtsgericht
abgewiesen worden.
10
Der Kläger hat auch keinen Anspruch wegen der Berücksichtigung des Händlerrabattes
bei der Anschaffung des Neuwagens. Zum einen ist davon auszugehen, dass es sich
insoweit um eine Streitigkeit ausschließlich zwischen dem Kläger und seiner
Kaskoversicherung handelt, die auch auf dieser Ebene ausgetragen werden muss. Der
Kläger hätte somit, sofern er mit dem Umfang der Kaskoregelung nicht einverstanden
gewesen wäre, sich mit der Versicherung entsprechend auseinandersetzen und ggfls.
einen Rechtsstreit durchführen müssen.
11
Zum anderen wäre ein solcher Schaden auch nicht mehr von dem Haftpflicht-
Versicherungsverhältnis gedeckt, nachdem der Kläger bereits vollen Ausgleich des
Fahrzeugschadens erhalten hat und es nunmehr allein um weitergehende Vorteile geht.
Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum Schadensfreiheitsrabatt verwiesen.
12
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld über die bereits
gezahlten 3.000,-- DM hinaus. Die Kammer hat hierbei berücksichtigt, dass sich durch
die Frakturen im Fußbereich der Heilungsprozess offensichtlich verzögert hat, dass
andererseits jedoch die Schmerzen oder die Beeinträchtigungen infolge des
eingegipsten Fußes nicht sehr groß waren, sodass der Kläger in der Lage war, sich um
berufliche Dinge zu kümmern. Im Übrigen liegen auch keine durchgreifenden
Gesichtspunkte für einen Dauerschaden vor. Soweit nunmehr ein Meniskusschaden
angeführt wird, gehört dieser im Regelfall zu dem üblichen Lebens- und
Gesundheitsrisiko, das auch vom Kläger hinzunehmen ist. Weiter ist zu berücksichtigen,
dass ein solcher Schaden üblicherweise nicht ganz plötzlich auftritt, sondern sich die
hierfür ursächlichen Verschleißerscheinungen über einen sehr langen Zeitraum
hinziehen.
13
Nach allem war daher der Klage lediglich in dem ausgeworfenen Umfang stattzugeben;
im Übrigen war sie abzuweisen.
14
Die Kostenfolge beruht auf §§ 92, 97 ZPO.
15